Russland ist ultramodern. Russland ist fortschrittlich. Russland ist weltoffen. So jedenfalls will sich das Land heute zum Start der Olympischen Spiele präsentieren, wenn weltweit drei Milliarden Menschen zuschauen. Die Wirklichkeit sieht anders aus.
Russland ist auch zwei Jahrzehnte nach dem Ende der Sowjetunion ein rückständiger Staat. Mauern in den Köpfen, Wirtschaft ohne Industrie, eine Demokratie, die eigentlich keine ist: 70 Jahre Kommunismus lassen sich nicht so leicht überwinden.
Wie viel Russland noch aufholen muss, erfuhr ein Filmteam der BBC, das vor Olympia durch das größte Land der Erde reiste. Mehr als 6000 Kilometer fuhren die Reporter mit dem Auto durch Russland, von Sotschi bis Sibirien, von Wolgograd bis ins Uralgebirge. Die Dokumentation „Russia on Four Wheels“ ist am Samstag, 8. Februar, ab 10.10 Uhr und ab 21.10 Uhr auf BBC World News zu sehen.
„Das moderne Russland will westeuropäisch sein“, sagt Reporterin Anita Rani, die ihre Erfahrungen auch in einem Gastbeitrag bei Huffington Post schildert. „Vor Ort fühlte es sich aber überhaupt nicht so an.“ Sie durchquerte schon Indien und China, diese Reise aber war für sie die härteste. „Russland hat einen langen Weg vor sich. Wirtschaftlich und kulturell ist es im Vergleich zu Westeuropa noch kaum entwickelt.“
17 Millionen Quadratkilometer Fläche: Russland ist das größte Land der Erde. Landschaft, Weite, Einsamkeit. Hier hat alles eine andere Dimension. So wie die Eisenmine des Energie-Riesen Metalloinvest, die Anita Rani besuchte. Vor ihr lag eine fast fünf Kilometer breite Wüste. Schwarz, kahl - wie ein fremder Planet. Es ist der größte Roheisen-Tagebau der Welt.
Der Rohstoff-Reichtum Russlands scheint unermesslich: Hier lagern 5,6 Prozent des weltweiten Öls, die zweitgrößten Kohlereserven der Welt und knapp ein Viertel der Weltgasreserven.
Und doch ist das Land wirtschaftlich hilflos. 90 Prozent seiner Rohstoffe exportiert Russland. Nur zehn Prozent werden in russischen Fabriken weiterverarbeitet. Das Land ist extrem abhängig von der Entwicklung der Rohstoffpreise.
Die russische Industrie hat die Umwelt in unvorstellbarem Maße zerstört. Die UN erklärten die Stadt Karabasch im Südural einst zu einem der verschmutztesten Orte der Welt. Noch heute stößt die örtliche Kupfergießerei giftige Gase aus. Bis vor wenigen Jahren hatten die Bewohner eine Lebenserwartung von 45 Jahren.
Die Landschaft in der Umgebung ist Ödnis, es wird Jahrzehnte dauern, bis sie sich erholt. „Die giftigen Emissionen haben wir deutlich reduziert“ rühmt sich der Fabrikdirektor gegenüber den BBC-Reportern. Und schlägt vor: „Filmen Sie doch von der anderen Seite. Da sieht es gar nicht so kaputt aus. Hier steht sogar ein Wald.“
Russland muss Demokratie erst lernen. „Die längste Zeit wurde es von einer starken Führung geleitet. Das Prinzip war: von oben nach unten“, sagt Anita Rani. Erst die Zaren, dann die Kommunisten. Und heute?
Für Putins Regierung scheint Unterdrückung noch immer das Mittel der Wahl zu sein. Rani traf Aktivsten und Oppositionelle, die sich nicht vor die Kamera trauten. Doch sie erzählten ihr, dass die Regierung in den vergangenen Jahren ihren eisernen Griff eher verstärkt als gelockert habe.
Hoffnung auf ein neues, freieres Russland machte 2013 das Ergebnis der Bürgermeisterwahl in der Uralstadt Jekaterinburg. Sie gewann nicht Putins Partei „Einiges Russland“, sondern der Kandidat der Opposition „Bürgerplattform“: Jewgenij Roisman. Staatliche Medien unterstellten ihm im Wahlkampf Verbindungen zur Mafia. Er siegte trotzdem.
Schon feiern ihn die liberalen Kräfte als Heilsbringer. Als Beweis, dass Demokratie am Ende gewinnt. Er selbst sieht seinen Sieg nüchterner: „Ich habe nur gewonnen, weil Moskau das zugelassen hat. Wenn sie gewollt hätten, hätten sie einen Weg gefunden, es zu verhindern“, sagte er den BBC-Reportern.
Russland hat den weltweit größten Anteil von illegalen Migranten: Mehr als 3,5 Millionen Menschen halten sich ohne Papiere im Land auf. Das sind fast sieben Prozent der arbeitenden Bevölkerung. Sie kommen oft aus dem armen Zentralasien: Tadschikistan, Usbekistan. Sie suchen Arbeit, damit sie Geld an ihre Familien in der Heimat schicken können.
Rani sah sich in St. Petersburg eines der Ghettos an, in denen diese Menschen leben müssen. In den Wohnheimen bröckelt der Putz von den Wänden, die Sanitäranlagen sind schäbig. Es stinkt. Zu zehnt drängen sich die Arbeiter auf 20 Quadratmetern.
In letzter Zeit hat die Gewalt gegen Migranten zugenommen, weil rechte Parteien immer mehr Einfluss gewinnen. Extremisten töteten hunderte Ausländer in Kämpfen auf der Straße.
Russland ist auch zwei Jahrzehnte nach dem Ende der Sowjetunion ein rückständiger Staat. Mauern in den Köpfen, Wirtschaft ohne Industrie, eine Demokratie, die eigentlich keine ist: 70 Jahre Kommunismus lassen sich nicht so leicht überwinden.
Wie viel Russland noch aufholen muss, erfuhr ein Filmteam der BBC, das vor Olympia durch das größte Land der Erde reiste. Mehr als 6000 Kilometer fuhren die Reporter mit dem Auto durch Russland, von Sotschi bis Sibirien, von Wolgograd bis ins Uralgebirge. Die Dokumentation „Russia on Four Wheels“ ist am Samstag, 8. Februar, ab 10.10 Uhr und ab 21.10 Uhr auf BBC World News zu sehen.
„Das moderne Russland will westeuropäisch sein“, sagt Reporterin Anita Rani, die ihre Erfahrungen auch in einem Gastbeitrag bei Huffington Post schildert. „Vor Ort fühlte es sich aber überhaupt nicht so an.“ Sie durchquerte schon Indien und China, diese Reise aber war für sie die härteste. „Russland hat einen langen Weg vor sich. Wirtschaftlich und kulturell ist es im Vergleich zu Westeuropa noch kaum entwickelt.“
Wirtschaft: Reich an Rohstoffen, trotzdem hilflos
17 Millionen Quadratkilometer Fläche: Russland ist das größte Land der Erde. Landschaft, Weite, Einsamkeit. Hier hat alles eine andere Dimension. So wie die Eisenmine des Energie-Riesen Metalloinvest, die Anita Rani besuchte. Vor ihr lag eine fast fünf Kilometer breite Wüste. Schwarz, kahl - wie ein fremder Planet. Es ist der größte Roheisen-Tagebau der Welt.
Der Rohstoff-Reichtum Russlands scheint unermesslich: Hier lagern 5,6 Prozent des weltweiten Öls, die zweitgrößten Kohlereserven der Welt und knapp ein Viertel der Weltgasreserven.
Und doch ist das Land wirtschaftlich hilflos. 90 Prozent seiner Rohstoffe exportiert Russland. Nur zehn Prozent werden in russischen Fabriken weiterverarbeitet. Das Land ist extrem abhängig von der Entwicklung der Rohstoffpreise.
Umwelt: Fabriken verseuchen die Natur
Die russische Industrie hat die Umwelt in unvorstellbarem Maße zerstört. Die UN erklärten die Stadt Karabasch im Südural einst zu einem der verschmutztesten Orte der Welt. Noch heute stößt die örtliche Kupfergießerei giftige Gase aus. Bis vor wenigen Jahren hatten die Bewohner eine Lebenserwartung von 45 Jahren.
Die Landschaft in der Umgebung ist Ödnis, es wird Jahrzehnte dauern, bis sie sich erholt. „Die giftigen Emissionen haben wir deutlich reduziert“ rühmt sich der Fabrikdirektor gegenüber den BBC-Reportern. Und schlägt vor: „Filmen Sie doch von der anderen Seite. Da sieht es gar nicht so kaputt aus. Hier steht sogar ein Wald.“
Politik: Unterdrückung statt Demokratie
Russland muss Demokratie erst lernen. „Die längste Zeit wurde es von einer starken Führung geleitet. Das Prinzip war: von oben nach unten“, sagt Anita Rani. Erst die Zaren, dann die Kommunisten. Und heute?
Für Putins Regierung scheint Unterdrückung noch immer das Mittel der Wahl zu sein. Rani traf Aktivsten und Oppositionelle, die sich nicht vor die Kamera trauten. Doch sie erzählten ihr, dass die Regierung in den vergangenen Jahren ihren eisernen Griff eher verstärkt als gelockert habe.
Hoffnung auf ein neues, freieres Russland machte 2013 das Ergebnis der Bürgermeisterwahl in der Uralstadt Jekaterinburg. Sie gewann nicht Putins Partei „Einiges Russland“, sondern der Kandidat der Opposition „Bürgerplattform“: Jewgenij Roisman. Staatliche Medien unterstellten ihm im Wahlkampf Verbindungen zur Mafia. Er siegte trotzdem.
Schon feiern ihn die liberalen Kräfte als Heilsbringer. Als Beweis, dass Demokratie am Ende gewinnt. Er selbst sieht seinen Sieg nüchterner: „Ich habe nur gewonnen, weil Moskau das zugelassen hat. Wenn sie gewollt hätten, hätten sie einen Weg gefunden, es zu verhindern“, sagte er den BBC-Reportern.
Gesellschaft: Illegale Einwanderer leben im Elend
Russland hat den weltweit größten Anteil von illegalen Migranten: Mehr als 3,5 Millionen Menschen halten sich ohne Papiere im Land auf. Das sind fast sieben Prozent der arbeitenden Bevölkerung. Sie kommen oft aus dem armen Zentralasien: Tadschikistan, Usbekistan. Sie suchen Arbeit, damit sie Geld an ihre Familien in der Heimat schicken können.
Rani sah sich in St. Petersburg eines der Ghettos an, in denen diese Menschen leben müssen. In den Wohnheimen bröckelt der Putz von den Wänden, die Sanitäranlagen sind schäbig. Es stinkt. Zu zehnt drängen sich die Arbeiter auf 20 Quadratmetern.
In letzter Zeit hat die Gewalt gegen Migranten zugenommen, weil rechte Parteien immer mehr Einfluss gewinnen. Extremisten töteten hunderte Ausländer in Kämpfen auf der Straße.