Die Verbrechen der Nazis im Dritten Reich - sie hätten ohne die blinde Gefolgschaft des Volkes und der bedingungslosen Treue des Militärs nie ein solches Ausmaß angenommen.
Die Schreckensherrschaft begünstigt haben aber auch Unternehmen, die noch heute einen großen Namen haben.
VW, Hugo Boss, Krupp, die Deutsche Bank und viele weitere: Sie alle haben sich hinter Hitlers Politik gestellt und die Verbindung zu den Nazis mehr oder weniger für ihr Geschäft genutzt.
Einige von ihnen haben zu diesem dunklen Kapitel in ihrer Geschichte Jahrzehnte geschwiegen.
Andere sind offensiv an die Aufarbeitung gegangen. Unabhängig davon haben Historiker dieses dunkle Kapitel der deutschen Wirtschaftsgeschichte in den vergangenen Jahren intensiv beleuchtet.
Hier die 10 spannendsten Fälle:
Firmenpatriarch Günther Quandt galt zwar nicht als bekennender Nationalsozialist. Dennoch nutzte er die Verbindungen zu den Nazis clever, um Geschäfte zu machen. Profitable Geschäfte.
Das Quandt-Imperium steuerte mit satten Gewinnen durch die Zeit im Dritten Reich. Das Milliardenvermögen der Dynastie war auch auf dem Rücken vieler unschuldiger Nazi-Opfer aufgebaut.
Zu diesem Vorwurf haben die Quandt-Erben lange geschwiegen. Sie beauftragten den Bonner Sozialwissenschaftler Joachim Scholtyseck, den Vorwürfen wissenschaftlich auf den Grund zu gehen.
Das Ergebnis seiner Forschung: Die Quandts der Vorzeit waren mit den Nazis eng verbandelt - noch viel enger als angenommen.
Der Konzern beschäftigte demnach während der NS-Herrschaft mehr als fünfzigtausend Zwangsarbeiter. Die Macher, so bekräftigt es die Studie, müssen gewusst haben, dass in ihren Fabriken Zwangsarbeiter eingesetzt wurden.
Wissenschaftler Scholtyseck kommt zu dem Schluss: „Der Einsatz von Zwangsarbeit in der Quandt-Gruppe war, losgelöst von der Frage, inwieweit er sich rentierte, enorm und ermöglichte (...) den DWM (Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken) erst die umfassende Rüstungsproduktion."
Was noch wesentlich schwerer wiegt, ist die Information, unter welchen Bedingungen KZ-Häftlinge bei der Quandt-Firma Pertrix in Berlin arbeiten mussten. Sie hätten, so heißt es in der Studie, „vor Hunger das Material, aus welchem die Batterien hergestellt wurden" gegessen.
Inzwischen haben die Nachfahren Quandts, die BMW-Erben Stefan Quandt und dessen Cousine Gabriele, ihr Schweigen gebrochen und sich zu der Nazi-Historie ihrer Familie bekannt.
In einem Interview mit der „Zeit” gestand Stefan Quandt 2011 ein: „So wie unsere Vorfahren möchten wir bei der Verwaltung und Gestaltung eines großen Vermögens mit unserer Verantwortung nicht umgehen." Es sei „schmerzhaft zu sehen" welche Rolle „Günther Quandt bei einigen Arisierungen gespielt hat, also bei Übernahmen von Firmen aus jüdischem Besitz, mit denen er seinen Konzern erweiterte".
Dieses Ausmaß, so räumte Quandt ein, sei ihm nicht bewusst gewesen. Die Familie fühle sich grauenvoll und schäme sich ob der Vergangenheit, sagten die Erben in dem Interview.
Zuletzt hatte der Ingolstädter Autobauer Audi seine Vergangenheit öffentlich aufgearbeitet.
In der von Audi in Auftrag gegebenen Studie „Kriegswirtschaft und Arbeitseinsatz bei der Auto Union AG Chemnitz im Zweiten Weltkrieg" haben der Historiker Martin Kukowski und der Chemnitzer Professor Rudolf Boch die Rolle der Audi-Vorgängerfirma, Auto Union, im Dritten Reich erforscht.
Das Ergebnis: Zu Zeiten der Nazis wurden in den Ingolstädter Werken systematisch KZ-Häftlinge ausgebeutet – „in einem skandalösen Maße“.
Die Forscher werfen den damaligen Machern von Auto Union, den Herstellern DKW, Audi, Horch und Wanderer, vor, sich von den Nazis eingespannt haben zu lassen – aus wirtschaftlichen Interessen und frei von moralischen Bedenken.
Die Wissenschaftler schätzen die Zahl der KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter, die in Produktionslagern von Auto Union drangsaliert und ausgebeutet wurden, auf 14.000 bis 18.000. Mindestens ein Viertel, wenn nicht gar ein Drittel hätten das nicht überlebt.
Stimmen die Zahlen, sind die Audi-Vorgänger für den Tod von 3.500, im schlimmsten Fall sogar 6.000 Menschen mitverantwortlich.
Auf ein noch länger anhaltendes Kartell des Schweigens blickt die Familie Oetker zurück. Die Unternehmensgeschichte während des Dritten Reichs war für Oetker Jahrzehnte lang ein Tabuthema.
Gegen alle Widerstände innerhalb der Familie hat der Sohn des Firmenpatriarchen Rudolf-August Oetker, August Oetker, die ideologische Vergangenheit des Unternehmens analysieren lassen.
Inzwischen steht wissenschaftlich beglaubigt fest: Oetker senior war bekennender Anhänger der Nazis. Genau das hat sein Sohn jüngst auch in einem Interview mit der „Zeit” eingestanden.
Das, was der Unternehmer-Dynastie über Generationen hinweg Bauchschmerzen bereitet hat, liegt nun aufgedeckt auf dem Tisch: Eine der bekanntesten Unternehmerfamilien Deutschlands war in früheren Zeiten ein „nationalsozialistischer Musterbetrieb”, wie eine Studie befand.
Der Münchner Historiker Andreas Wirsching und seine beiden Mitautoren Sven Keller und Jürgen Finger werfen dem Oetker-Clan in ihrem gemeinsam veröffentlichten Buch „Dr. Oetker und der Nationalsozialismus” vor, in der Blütezeit des Nationalsozialismus’ ein durch und durch braunes Unternehmen gewesen zu sein.
Vertreten hat das braune Gedankengut seinerzeit Richard Kaselowsky, der Vater von Rudolf-August Oetker. Er wird in der Studie als glühender Verehrer der Nazis beschrieben, der seine Kinder und seine Mitarbeiter zu "Nationalsozialisten des Herzens" erziehen wollte.
Geschäftspartnern soll Kaselowsky den Forschern zufolge Ausgabe der Hitler-Hetzschrift „Mein Kampf“ offeriert haben. Die Regime-Treue des Unternehmens spiegelt sich in zahlreichen Werbespots aus der damaligen Zeit wider.
Während des Dritten Reiches gehörte Kaselowsky dem sogenannten Freundeskreis Reichsführer-SS von Heinrich Himmler an. Und seine Gesinnung übertrug der Patriarch offenbar auch auf seinen Sohn.
Dass Rudolf-August Oetker Offizier der Waffen-SS war und den Rang eines Untersturmführers bekleidete, ist sogar in der eigenen Familienbiografie verewigt.
Hinweise auf unternehmensinterne "Arisierungsprozesse" und eine enge geschäftliche Verknüpfung der Oetkers mit der SS ist nun durch die Arbeit von Wirsching und Kollegen auch wissenschaftlich verbrieft.
Besonders unverhohlen, vielleicht aber auch einfach nur naiv, ist Deutschlands bekanntester Buchverlag über Jahrzehnte hinweg mit seiner Nazi-Vergangenheit umgegangen. Bei Bertelsmann wurde die braune Historie nicht verschwiegen, sie wurde lange verleugnet und ins Gegenteil verkehrt.
In der firmeneigenen Chronik hat sich Bertelsmann über mehrere Generationen als erbitterter Gegner von Hitlers Gefolgschaft gerühmt. Und noch 1998 hielt der frühere Vorstandsboss Thomas Middelhoff in New York eine Rede, die schon damals Diskussionen entfachte.
"Ich schätze mich sehr glücklich“, referierte der umstrittene Manager damals vor Zuhörern, „für ein Unternehmen zu arbeiten, das sich schon immer eingesetzt hat für die Freiheit der Religionen und der Rassen“. Während des Zweiten Weltkrieges, so Middelhoff, habe Bertelsmann Bücher veröffentlicht, die vom Dritten Reich verboten worden seien.
„Die fortlaufende Existenz von Bertelsmann war eine Bedrohung für die Nazis bei ihrem Versuch, die Meinungsfreiheit unter ihre Kontrolle zu bringen", das sagte Middelhoff damals wortwörtlich.
Kannte er die Wahrheit nicht?
Firmenpatriarch Heinrich Mohn war ein förderndes Mitglied der Waffen-SS, sein Unternehmen der größte Buchproduzent für die Wehrmacht.
Bertelsmann soll zu Zeiten des Nazi-Regimes zu großen Teilen antisemitische Belletristik produziert haben. Zu dieser Erkenntnis ist die „Unabhängige Historische Kommission zur Erforschung der Geschichte des Hauses Bertelsmann im Dritten Reich" gekommen.
Weil es Zweifel an der Unschuld des Verlages gab, setzte Bertelsmann ein Konsortium aus unabhängigen Wissenschaftlern ein, um in der eigenen Vergangenheit zu forschen. Das Ergebnis: Die kriegspropagandistischen Dienste für die Nazis brachten dem Verlag „exorbitant hohe Gewinne“.
Zu einer ähnlichen Einschätzung ist der österreichische Historiker Hersch Fischler bereits 1998 gelangt. In einer Bericht der WDR-Sendung „Monitor“ vom 20. Mai 1998 sagte er: „Bertelsmann hatte sehr gute Beziehungen zum Propaganda-Ministerium, zur nationalsozialistischen Partei, und hat diese Beziehungen genutzt, um Geschäfte zu machen."
Diesen Makel hat Bertelsmann mittlerweile eingestanden. Der inzwischen abgelöste Ex-Vorstandsboss Gunther Thielen bekannte 2002, dass in der Aufarbeitung der Unternehmenshistorie „erhebliche Lücken und Fehler“ enthalten seien und mit dem „historischen Erbe nicht sorgfältig genug umgegangen“ worden sei.
Ein spätes Eingeständnis moralischer Schuld.
In das dunkle Kapitel der deutschen Wirtschaftsgeschichte reiht sich auch nahtlos der Stahlriese Krupp ein. Heutzutage firmiert er mit Schwesterunternehmen Thyssen unter einem Dach. Die Fusion hat jedoch eine höchst verwerfliche Vorgeschichte.
Im Dritten Reich galt Krupp als einer der entscheidenden Wegbereiter für die Schreckensherrschaft der Nazis. Firmen-Patron Gustav Krupp von Bohlen und Halbach hatte den Posten des Wehrwirtschaftsführers inne. Bedeutet: Unter Hitler war Krupp Vorsitzender des Reichverbandes der deutschen Industrie und damit Frontmann der schwergewichtigen Großindustriellen, die sich hinter der Politik der Nazis vereinten.
Mehr noch: Sie trieben die antisemitische Ausrichtung maßgeblich voran. Zusammen mit anderen namhaften Unternehmen leistete Krupp von 1933 bis 1945 pro Jahr Zahlungen in Höhe von 60 Millionen Reichsmark an das Regime.
In Eigenregie dirigierten die führenden Industriekonzerne die gewaltigen Rüstungsprogramme von Reichsminister Albert Speer. Und bei all dem war Krupp federführend.
Die militärische Aufrüstung Hitlerdeutschlands sicherte dem Essener Konzern seinerzeit gigantische Profite. Allein in den Jahren 1935 bis 1941 wies Krupp offiziell beachtliche Gewinnsteigerungen von 57 Millionen auf 11 Millionen Reichsmark aus. Diese Zahlen waren Bestandteil der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse. Die tatsächlichen Profite dürften jedoch um ein Vielfaches höher gelegen haben.
Ein Studienbeitrag der Landesvertretung Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN/Bda) in Nordrhein-Westfalen befasst sich darüber hinaus mit noch viel schlimmeren Gräueltaten des Essener Stahlriesen.
Demnach schreckte Firmenpatron Krupp von Bohlen und Halbach offenbar nicht vor unmenschlichen Gebaren zurück, nur um sich persönlich zu bereichern.
In der Studie wird der Krupp-Biograph William Manchester zitiert, der dem Industriellen vorhält, die Deportation eines Geschäftspartners jüdischer Abstammung ins KZ nach Ausschwitz veranlasst zu haben, um ihm ein Traktorenwerk abluchsen zu können, das wichtig für die Panzerproduktion im Reich war.
Derlei Unmenschlichkeiten waren bei Krupp offenbar Standard. Autor Detlev Peukert schildert in seinem Buch „Ruhrarbeiter gegen den Faschismus“ die Ausbeutung und Drangsalierung von Beschäftigten in den Stahlbetrieben.
Demnach wurden am Unternehmensstandort in Essen zur Bestrafung missliebiger Arbeitssklaven ein eiserner Schrank angeschafft, in den die Opfer oft tagelang eingesperrt wurden, fast ohne Luft. Auch schwangere Frauen sollen dieser Tortur ausgesetzt gewesen sein.
Die „Bilanz“ der Krupp’schen Zwangsarbeit lässt einen erschaudern. In den 81 Fabriken des -Konzerns arbeiteten von 1940 bis 1945 69.898 Zwangsarbeiter, 4.978 KZ-Häftlinge und 23.076 Kriegsgefangene. Allein in Essen waren im August 1943 nahezu 12.000 "Fremdarbeiter" und 2412 Kriegsgefangene eingesetzt.
Für all diese Taten hat Gustav Krupp von Bohlen und Halbach nur halbherzig büßen müssen. Im Rahmen der Nürnberger Prozesse sprach ihn das Gericht vom Vorwurf des Angriffskriegs und der Verschwörung mit dem NS-Regime frei. Verurteilt wurde er lediglich wegen "Sklavenarbeit" und „Plünderung“.
Erst der spätere Generalbevollmächtigte von Krupp, der im Juli verstorbenen Berthold Beitz, bemühte sich, die moralische Schuld des Krupp-Konzern während der Nazi-Zeit zu lindern.
Beitz, der im Zweiten Weltkrieg hunderte jüdische Zwangsarbeiter vor dem Tod bewahrt hatte, brachte Entschädigungszahlungen für frühere KZ-Häftlinge auf den Weg, die während des Krieges als Sklavenarbeiter für die Firma hatten schuften müssen.
Manchmal tut man Gutes und erscheint doch in einem schlechten Licht. Diese Erfahrung musste die Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt Degussa 2003 machen.
Da kam heraus dass der Chemiekonzern den Betonverflüssiger und die Schutzbeschichtung für das Holocaust-Mahnmal in Berlin liefert.
Das Problem daran, war nicht die Dienstleistung an sich, sondern die Geschichte des Unternehmens. Und für die trägt es ganz allein die Verantwortung.
Eine Beteiligungsfirma der Degussa, die Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung, Degesch, lieferte zu Zeiten des Nationalsozialismus das Gift Zyklon B, mit denen Millionen Juden in Konzentrationslagern ermordet wurden.
Es war nicht die einzige Verstrickung von Degussa in die Gräueltaten im Dritten Reich. Der österreichische Publizist Hersch Fischler, der auch die Verbindung von Bertelsmann zu den Nazis erforschte, legte 1996 enge Verbindungen des Unternehmens zur Reichsbank offen.
Demnach hat Degussa praktisch die gesamten Goldvorräte, die die Nazis den Juden geraubt hatten, eingeschmolzen.
Die Folge war eine öffentliche Entrüstung. Degussa stand da in der Rolle des „Hehlers“. Als Unternehmen, das sich am Vermögen von Juden bereichert hat – auf Kosten derer Leben.
Die gesammelte düstere Vergangenheit von Degussa während des Dritten Reiches hat der US-Autor Peter Hayes in einer Studie gesammelt. Das 2004 veröffentlichte Werk trägt den Titel „Die Degussa im Dritten Reich – Von der Zusammenarbeit zur Mittäterschaft“.
Dass das Unternehmen die Studie selbst in Auftrag gegeben hat, zeigt: Bei Degussa hat die Aufarbeitung der Vergangenheit begonnen – spätestens nach dem Imageschaden 2003.
Die Geschichte der Deutschen Bank hinsichtlich der Nazi-Zeit ist allein schon dadurch befleckt, dass das Geldinstitut Anfang der 80er Jahre das Flick-Imperium gekauft hat.
Unter Firmenpatron Friedrich Flick stieg der Stahlkonzern während der Nazi-Regentschaft zu einem von Hitlers wichtigsten Rüstungskonzernen auf – auf einer Stufe mit Industrieriesen wie Krupp. Auch Flick beutete tausende KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene in seinen Waffenschmieden aus. Allein 1943 sollen 40.000 Zwangsarbeiter für ihn geschuftet haben.
Für dieses Verbrechen wurde der Industrieelle 1947 zu 7 Jahren Haft verurteilt. Flicks Sohn Friedrich Karl Flick übertrug den Unternehmenskomplex schließlich auf die Deutsche Bank – und damit auch das dunkle Vermächtnis der Nazi-Zeit.
Es ist jedoch nicht der einzige Schandfleck, der dem Finanzhaus in Bezug auf das Dritte Reich anhaftet. Das Geldinstitut war selbst in dunkle Machenschaften verstrickt. Wie eine Kommission um den Historiker Manfred Pohl 1997 herausfand, unterhielt die Deutsche Bank anrüchige Finanzbeziehungen zum KZ in Auschwitz.
Demnach hat die Bank jenen Unternehmen Kredite gewährt, die am Bau des Vernichtungslagers beteiligt waren.
Was ebenso schwer wiegt: Nach Erkenntnis der Wissenschaftler hat das Finanzinstitut sämtliches eingelagertes Vermögen von jüdischen Kunden entfremdet und dem Staat, damals dem Deutschen Reich, zugeführt. Ein Dienst, ohne den die Nazis den Rüstungsapparat für ihren Angriffskrieg niemals in der Form hätten finanzieren können.
Immerhin: Die Deutsche Bank hat sich als eines der ersten Unternehmen in Deutschland zu seiner Nazi-Vergangenheit bekannt – und unabhängigen Forschern Zutritt zu Archivunterlagen gewährt.
Die IG Farben, ein aus mehreren deutschen Industrieunternehmen hervorgegangenes Firmenkonglomerat, steht heute wie keine andere Firma für die Zusammenarbeit der Nazis mit Unternehmern. Zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs diente es als wichtiges Rad in der deutschen Rüstungsindustrie.
Um den enormen Bedarf an Gummi und Benzin für Hitlers Militärschläge zu decken, ließ die Firma tausende Zwangsarbeiter für sich schuften. 1941 wurde extra ein eigenes Werk gebaut - im KZ in Auschwitz. Dort wurden zusätzlich 10.000 Arbeiter für die Zwecke der Fabrik eingespannt und ausgebeutet.
Laut US-Historiker Peter Heyes kamen in den vier Jahren, in denen das Werk gebaut wurde, mehr als 25.000 Menschen ums Leben.
Nach dem Zerfall des Dritten Reichs zerschlugen die Alliierten die IG Farben in ihre ursprünglichen Firmen. Von diesen sind heute nur noch die Branchenriesen Bayer, BASF und Wacker übrig geblieben.
Auch sie weisen ein dunkles Kapitel in ihrer Unternehmensgeschichte aus.
Der Konzern war nicht nur ein leistungsstarkes Unternehmen. Er war Aushängeschild für den Wohlfahrtsstaat, der in den Propaganda-Plänen der Nazis eine zentrale Rolle spielte.
Das heutige Wolfsburg, wo das VW-Stammwerk beheimatet ist, trug zur Nazi-Zeit den Namen „Stadt des KdF-Wagens” - angelehnt an das Motto der Deutschen Arbeitsfront „Kraft durch Freude”.
In den VW-Konzern setzte Hitler seine Ideale, seine Vorstellungen von einer Volksgemeinschaftsideologie. Ein Wagen für das ganze Volk, den sollte das Unternehmen bauen.
Aus unternehmerischer Sicht öffnete diese Vorgabe dem damaligen Konzernlenker Ferdinand Porsche Tür und Tor. Leider ist er seiner moralischen Verantwortung dabei nie gerecht geworden.
Historiker Hans Mommsen, der die Rolle des Volkswagenkonzerns im Dritten Reich umfangreich erforscht hat, attestiert Porsche in seiner wissenschaftlichen Analyse von 1996: "Porsche gehörte zu den Technikern, die die ungeahnten produktiven Freiräume, die das Regime ihnen plötzlich eröffnete, um jeden Preis zu nutzen entschlossen waren, ohne sich an den politischen Rahmenbedingungen zu stoßen."
In der Praxis sah das dann so aus: VW drangsalierte schamlos Arbeiter und beutete sie aus, um aberwitzige Absatzziele anzupeilen und dem Produktionswahn des Regimes gerecht zu werden.
Rund 20.000 Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge mussten während des Zweiten Weltkrieges in den VW-Werken schuften.
Unzählige bezahlten dafür mit ihrem Leben.
Der Arbeitsalltag für die Opfer der Knechtschaft, er war unvorstellbar grausig.
Laut Aussagen von Überlebenden wurden Gefangene „von sadistischen Wachmannschaften mit Knüppeln hochgeprügelt, wenn sie vor Erschöpfung zusammenbrachen. (...) Nahezu täglich verhungerten Gefangene oder starben nach schweren Prügeln.”
Historiker Mommsen wirft den Konzernlenkern von damals „moralische Indifferenz” vor. In ihrem "technokratisch geprägten Pragmatismus" hätten sie selbst KZ-Häftlinge ohne erkennbare Bedenken arbeiten lassen, damit Kapazitäten ausgelastet wurden, schreibt er in seiner Studie.
Der damalige VW-Patron Ferdinand Porsche sei „wie ein Schlafwandler durch das Verbrechen gelaufen”.
Porsches Enkel Ferdinand Piëch, heutiger Aufsichtsratsvorsitzender der Volkswagen AG, empfinde Schuld für das Geschehen von damals, sagte er dem „Spiegel” kurz nach der Veröffentlichung von Mommsens Studie. "Ich weiß nur nicht, wie ich damals gehandelt hätte."
Eine Beziehung der ganz besonderen Art hat Hugo Boss zu den Nazis gepflegt.
Hugo Boss galt als Chefausrüster des Hitler-Regimes. SA, SS, Hitlerjugend, Wehrmacht - sämtliche Truppen und Leibgarden ließen ihre Kleidung von dem Modeunternehmen anfertigen. Hugo Boss war der „Nazi-Schneider”.
Der Historiker Henning Kober hält den damaligen Firmenoberen vor, bekennende Anhänger des Regimes gewesen zu sein.
Unternehmenspatron Hugo Ferdinand Boss (1885-1948) selbst war Mitglied der NSDAP.
So gesehen kommt es nicht von ungefähr, dass sich das Modeunternehmen seinerzeit öffentlich rühmte, Parteiausrüster zu sein. „SA-, SS-, und HJ-Uniformen aus eigener Herstellung in bekannt guten Qualitäten und billigen Preisen“, lautete ein Werbespruch von damals.
Das Perverse daran: Die Beschäftigten, die die Kleidung der Nazis anfertigten, waren gleichzeitig ihre Opfer: 140 Zwangsarbeiter, zumeist aus Polen, und etwa 40 französische Kriegsgefangene.
Der Münchner Historiker Roman Köster hat die Rolle des Modeunternehmens im Dritten Reich in einer Studie untersucht.
Das Ergebnis: Hugo Boss hat einen dicken Reibach gemacht, zu Gunsten der Nazis und auf dem Rücken vieler unschuldiger Menschen.
Die Aufträge der Reichsführung und seiner militärischen Apparate brachten Hugo Boss während des Dritten Reichs Rekordumsätze von einer Million Reichsmark ein.
In der Studie zitiert Köster die ehemalige Näherin Edith Poller. Ihr Urteil zu den damaligen Abläufen in dem Unternehmen: „Als die großen Aufträge kamen, haben die angefangen zu spinnen.”
Die Machenschaften von Hugo Boss flogen erst auf, als 1997 der Name der Modemarke auf Konten in der Schweiz auftauchte, die Rückschlüsse zur Nazi-Zeit zuließen.
Der Modehändler hat seine Schuld eingestanden. Nach der Publikation von Kösters Studie ließ Hugo Boss über die firmeneigene Homepage eine Mitteilung verbreiten. Darin entschuldigte sich das Unternehmen bei den Menschen, "die durch den Fertigungsbetrieb von Hugo Ferdinand Boss zu Zeiten des Nationalsozialismus Leid erfahren haben".
Ende der 1990er Jahre leistete der Modehändler zudem Entschädigungszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter.
Geradezu lapidar wirkt indes die Strafe, die Unternehmensgründer Hugo Ferdinand Boss nach Kriegsende erhalten hat. Im Zuge der Entnazifizierungsverfahren wurde er zunächst zu 1000.000 Reichsmark Geldstrafe verurteilt.
Diese Strafe wurde jedoch später zurückgenommen. Seitdem steht Hugo Ferdinand Boss nur noch als „Mitläufer” des Nazi-Regimes in den Annalen.
Mitarbeit: Jan Rauschning-Vits
Die Schreckensherrschaft begünstigt haben aber auch Unternehmen, die noch heute einen großen Namen haben.
VW, Hugo Boss, Krupp, die Deutsche Bank und viele weitere: Sie alle haben sich hinter Hitlers Politik gestellt und die Verbindung zu den Nazis mehr oder weniger für ihr Geschäft genutzt.
Einige von ihnen haben zu diesem dunklen Kapitel in ihrer Geschichte Jahrzehnte geschwiegen.
Andere sind offensiv an die Aufarbeitung gegangen. Unabhängig davon haben Historiker dieses dunkle Kapitel der deutschen Wirtschaftsgeschichte in den vergangenen Jahren intensiv beleuchtet.
Hier die 10 spannendsten Fälle:
1. BMW
Firmenpatriarch Günther Quandt galt zwar nicht als bekennender Nationalsozialist. Dennoch nutzte er die Verbindungen zu den Nazis clever, um Geschäfte zu machen. Profitable Geschäfte.
Das Quandt-Imperium steuerte mit satten Gewinnen durch die Zeit im Dritten Reich. Das Milliardenvermögen der Dynastie war auch auf dem Rücken vieler unschuldiger Nazi-Opfer aufgebaut.
Zu diesem Vorwurf haben die Quandt-Erben lange geschwiegen. Sie beauftragten den Bonner Sozialwissenschaftler Joachim Scholtyseck, den Vorwürfen wissenschaftlich auf den Grund zu gehen.
Das Ergebnis seiner Forschung: Die Quandts der Vorzeit waren mit den Nazis eng verbandelt - noch viel enger als angenommen.
Der Konzern beschäftigte demnach während der NS-Herrschaft mehr als fünfzigtausend Zwangsarbeiter. Die Macher, so bekräftigt es die Studie, müssen gewusst haben, dass in ihren Fabriken Zwangsarbeiter eingesetzt wurden.
Wissenschaftler Scholtyseck kommt zu dem Schluss: „Der Einsatz von Zwangsarbeit in der Quandt-Gruppe war, losgelöst von der Frage, inwieweit er sich rentierte, enorm und ermöglichte (...) den DWM (Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken) erst die umfassende Rüstungsproduktion."
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Was noch wesentlich schwerer wiegt, ist die Information, unter welchen Bedingungen KZ-Häftlinge bei der Quandt-Firma Pertrix in Berlin arbeiten mussten. Sie hätten, so heißt es in der Studie, „vor Hunger das Material, aus welchem die Batterien hergestellt wurden" gegessen.
Inzwischen haben die Nachfahren Quandts, die BMW-Erben Stefan Quandt und dessen Cousine Gabriele, ihr Schweigen gebrochen und sich zu der Nazi-Historie ihrer Familie bekannt.
In einem Interview mit der „Zeit” gestand Stefan Quandt 2011 ein: „So wie unsere Vorfahren möchten wir bei der Verwaltung und Gestaltung eines großen Vermögens mit unserer Verantwortung nicht umgehen." Es sei „schmerzhaft zu sehen" welche Rolle „Günther Quandt bei einigen Arisierungen gespielt hat, also bei Übernahmen von Firmen aus jüdischem Besitz, mit denen er seinen Konzern erweiterte".
Dieses Ausmaß, so räumte Quandt ein, sei ihm nicht bewusst gewesen. Die Familie fühle sich grauenvoll und schäme sich ob der Vergangenheit, sagten die Erben in dem Interview.
2. Audi
Zuletzt hatte der Ingolstädter Autobauer Audi seine Vergangenheit öffentlich aufgearbeitet.
In der von Audi in Auftrag gegebenen Studie „Kriegswirtschaft und Arbeitseinsatz bei der Auto Union AG Chemnitz im Zweiten Weltkrieg" haben der Historiker Martin Kukowski und der Chemnitzer Professor Rudolf Boch die Rolle der Audi-Vorgängerfirma, Auto Union, im Dritten Reich erforscht.
Das Ergebnis: Zu Zeiten der Nazis wurden in den Ingolstädter Werken systematisch KZ-Häftlinge ausgebeutet – „in einem skandalösen Maße“.
Die Forscher werfen den damaligen Machern von Auto Union, den Herstellern DKW, Audi, Horch und Wanderer, vor, sich von den Nazis eingespannt haben zu lassen – aus wirtschaftlichen Interessen und frei von moralischen Bedenken.
Die Wissenschaftler schätzen die Zahl der KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter, die in Produktionslagern von Auto Union drangsaliert und ausgebeutet wurden, auf 14.000 bis 18.000. Mindestens ein Viertel, wenn nicht gar ein Drittel hätten das nicht überlebt.
Stimmen die Zahlen, sind die Audi-Vorgänger für den Tod von 3.500, im schlimmsten Fall sogar 6.000 Menschen mitverantwortlich.
3. Oetker
Auf ein noch länger anhaltendes Kartell des Schweigens blickt die Familie Oetker zurück. Die Unternehmensgeschichte während des Dritten Reichs war für Oetker Jahrzehnte lang ein Tabuthema.
Gegen alle Widerstände innerhalb der Familie hat der Sohn des Firmenpatriarchen Rudolf-August Oetker, August Oetker, die ideologische Vergangenheit des Unternehmens analysieren lassen.
Inzwischen steht wissenschaftlich beglaubigt fest: Oetker senior war bekennender Anhänger der Nazis. Genau das hat sein Sohn jüngst auch in einem Interview mit der „Zeit” eingestanden.
Das, was der Unternehmer-Dynastie über Generationen hinweg Bauchschmerzen bereitet hat, liegt nun aufgedeckt auf dem Tisch: Eine der bekanntesten Unternehmerfamilien Deutschlands war in früheren Zeiten ein „nationalsozialistischer Musterbetrieb”, wie eine Studie befand.
Der Münchner Historiker Andreas Wirsching und seine beiden Mitautoren Sven Keller und Jürgen Finger werfen dem Oetker-Clan in ihrem gemeinsam veröffentlichten Buch „Dr. Oetker und der Nationalsozialismus” vor, in der Blütezeit des Nationalsozialismus’ ein durch und durch braunes Unternehmen gewesen zu sein.
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Vertreten hat das braune Gedankengut seinerzeit Richard Kaselowsky, der Vater von Rudolf-August Oetker. Er wird in der Studie als glühender Verehrer der Nazis beschrieben, der seine Kinder und seine Mitarbeiter zu "Nationalsozialisten des Herzens" erziehen wollte.
Geschäftspartnern soll Kaselowsky den Forschern zufolge Ausgabe der Hitler-Hetzschrift „Mein Kampf“ offeriert haben. Die Regime-Treue des Unternehmens spiegelt sich in zahlreichen Werbespots aus der damaligen Zeit wider.
Während des Dritten Reiches gehörte Kaselowsky dem sogenannten Freundeskreis Reichsführer-SS von Heinrich Himmler an. Und seine Gesinnung übertrug der Patriarch offenbar auch auf seinen Sohn.
Dass Rudolf-August Oetker Offizier der Waffen-SS war und den Rang eines Untersturmführers bekleidete, ist sogar in der eigenen Familienbiografie verewigt.
Hinweise auf unternehmensinterne "Arisierungsprozesse" und eine enge geschäftliche Verknüpfung der Oetkers mit der SS ist nun durch die Arbeit von Wirsching und Kollegen auch wissenschaftlich verbrieft.
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4. Bertelsmann
Besonders unverhohlen, vielleicht aber auch einfach nur naiv, ist Deutschlands bekanntester Buchverlag über Jahrzehnte hinweg mit seiner Nazi-Vergangenheit umgegangen. Bei Bertelsmann wurde die braune Historie nicht verschwiegen, sie wurde lange verleugnet und ins Gegenteil verkehrt.
In der firmeneigenen Chronik hat sich Bertelsmann über mehrere Generationen als erbitterter Gegner von Hitlers Gefolgschaft gerühmt. Und noch 1998 hielt der frühere Vorstandsboss Thomas Middelhoff in New York eine Rede, die schon damals Diskussionen entfachte.
"Ich schätze mich sehr glücklich“, referierte der umstrittene Manager damals vor Zuhörern, „für ein Unternehmen zu arbeiten, das sich schon immer eingesetzt hat für die Freiheit der Religionen und der Rassen“. Während des Zweiten Weltkrieges, so Middelhoff, habe Bertelsmann Bücher veröffentlicht, die vom Dritten Reich verboten worden seien.
„Die fortlaufende Existenz von Bertelsmann war eine Bedrohung für die Nazis bei ihrem Versuch, die Meinungsfreiheit unter ihre Kontrolle zu bringen", das sagte Middelhoff damals wortwörtlich.
Kannte er die Wahrheit nicht?
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Firmenpatriarch Heinrich Mohn war ein förderndes Mitglied der Waffen-SS, sein Unternehmen der größte Buchproduzent für die Wehrmacht.
Bertelsmann soll zu Zeiten des Nazi-Regimes zu großen Teilen antisemitische Belletristik produziert haben. Zu dieser Erkenntnis ist die „Unabhängige Historische Kommission zur Erforschung der Geschichte des Hauses Bertelsmann im Dritten Reich" gekommen.
Weil es Zweifel an der Unschuld des Verlages gab, setzte Bertelsmann ein Konsortium aus unabhängigen Wissenschaftlern ein, um in der eigenen Vergangenheit zu forschen. Das Ergebnis: Die kriegspropagandistischen Dienste für die Nazis brachten dem Verlag „exorbitant hohe Gewinne“.
Zu einer ähnlichen Einschätzung ist der österreichische Historiker Hersch Fischler bereits 1998 gelangt. In einer Bericht der WDR-Sendung „Monitor“ vom 20. Mai 1998 sagte er: „Bertelsmann hatte sehr gute Beziehungen zum Propaganda-Ministerium, zur nationalsozialistischen Partei, und hat diese Beziehungen genutzt, um Geschäfte zu machen."
Diesen Makel hat Bertelsmann mittlerweile eingestanden. Der inzwischen abgelöste Ex-Vorstandsboss Gunther Thielen bekannte 2002, dass in der Aufarbeitung der Unternehmenshistorie „erhebliche Lücken und Fehler“ enthalten seien und mit dem „historischen Erbe nicht sorgfältig genug umgegangen“ worden sei.
Ein spätes Eingeständnis moralischer Schuld.
5. Krupp
In das dunkle Kapitel der deutschen Wirtschaftsgeschichte reiht sich auch nahtlos der Stahlriese Krupp ein. Heutzutage firmiert er mit Schwesterunternehmen Thyssen unter einem Dach. Die Fusion hat jedoch eine höchst verwerfliche Vorgeschichte.
Im Dritten Reich galt Krupp als einer der entscheidenden Wegbereiter für die Schreckensherrschaft der Nazis. Firmen-Patron Gustav Krupp von Bohlen und Halbach hatte den Posten des Wehrwirtschaftsführers inne. Bedeutet: Unter Hitler war Krupp Vorsitzender des Reichverbandes der deutschen Industrie und damit Frontmann der schwergewichtigen Großindustriellen, die sich hinter der Politik der Nazis vereinten.
Mehr noch: Sie trieben die antisemitische Ausrichtung maßgeblich voran. Zusammen mit anderen namhaften Unternehmen leistete Krupp von 1933 bis 1945 pro Jahr Zahlungen in Höhe von 60 Millionen Reichsmark an das Regime.
In Eigenregie dirigierten die führenden Industriekonzerne die gewaltigen Rüstungsprogramme von Reichsminister Albert Speer. Und bei all dem war Krupp federführend.
Die militärische Aufrüstung Hitlerdeutschlands sicherte dem Essener Konzern seinerzeit gigantische Profite. Allein in den Jahren 1935 bis 1941 wies Krupp offiziell beachtliche Gewinnsteigerungen von 57 Millionen auf 11 Millionen Reichsmark aus. Diese Zahlen waren Bestandteil der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse. Die tatsächlichen Profite dürften jedoch um ein Vielfaches höher gelegen haben.
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Ein Studienbeitrag der Landesvertretung Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN/Bda) in Nordrhein-Westfalen befasst sich darüber hinaus mit noch viel schlimmeren Gräueltaten des Essener Stahlriesen.
Demnach schreckte Firmenpatron Krupp von Bohlen und Halbach offenbar nicht vor unmenschlichen Gebaren zurück, nur um sich persönlich zu bereichern.
In der Studie wird der Krupp-Biograph William Manchester zitiert, der dem Industriellen vorhält, die Deportation eines Geschäftspartners jüdischer Abstammung ins KZ nach Ausschwitz veranlasst zu haben, um ihm ein Traktorenwerk abluchsen zu können, das wichtig für die Panzerproduktion im Reich war.
Derlei Unmenschlichkeiten waren bei Krupp offenbar Standard. Autor Detlev Peukert schildert in seinem Buch „Ruhrarbeiter gegen den Faschismus“ die Ausbeutung und Drangsalierung von Beschäftigten in den Stahlbetrieben.
Demnach wurden am Unternehmensstandort in Essen zur Bestrafung missliebiger Arbeitssklaven ein eiserner Schrank angeschafft, in den die Opfer oft tagelang eingesperrt wurden, fast ohne Luft. Auch schwangere Frauen sollen dieser Tortur ausgesetzt gewesen sein.
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Die „Bilanz“ der Krupp’schen Zwangsarbeit lässt einen erschaudern. In den 81 Fabriken des -Konzerns arbeiteten von 1940 bis 1945 69.898 Zwangsarbeiter, 4.978 KZ-Häftlinge und 23.076 Kriegsgefangene. Allein in Essen waren im August 1943 nahezu 12.000 "Fremdarbeiter" und 2412 Kriegsgefangene eingesetzt.
Für all diese Taten hat Gustav Krupp von Bohlen und Halbach nur halbherzig büßen müssen. Im Rahmen der Nürnberger Prozesse sprach ihn das Gericht vom Vorwurf des Angriffskriegs und der Verschwörung mit dem NS-Regime frei. Verurteilt wurde er lediglich wegen "Sklavenarbeit" und „Plünderung“.
Erst der spätere Generalbevollmächtigte von Krupp, der im Juli verstorbenen Berthold Beitz, bemühte sich, die moralische Schuld des Krupp-Konzern während der Nazi-Zeit zu lindern.
Beitz, der im Zweiten Weltkrieg hunderte jüdische Zwangsarbeiter vor dem Tod bewahrt hatte, brachte Entschädigungszahlungen für frühere KZ-Häftlinge auf den Weg, die während des Krieges als Sklavenarbeiter für die Firma hatten schuften müssen.
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6. Degussa
Manchmal tut man Gutes und erscheint doch in einem schlechten Licht. Diese Erfahrung musste die Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt Degussa 2003 machen.
Da kam heraus dass der Chemiekonzern den Betonverflüssiger und die Schutzbeschichtung für das Holocaust-Mahnmal in Berlin liefert.
Das Problem daran, war nicht die Dienstleistung an sich, sondern die Geschichte des Unternehmens. Und für die trägt es ganz allein die Verantwortung.
Eine Beteiligungsfirma der Degussa, die Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung, Degesch, lieferte zu Zeiten des Nationalsozialismus das Gift Zyklon B, mit denen Millionen Juden in Konzentrationslagern ermordet wurden.
Es war nicht die einzige Verstrickung von Degussa in die Gräueltaten im Dritten Reich. Der österreichische Publizist Hersch Fischler, der auch die Verbindung von Bertelsmann zu den Nazis erforschte, legte 1996 enge Verbindungen des Unternehmens zur Reichsbank offen.
Demnach hat Degussa praktisch die gesamten Goldvorräte, die die Nazis den Juden geraubt hatten, eingeschmolzen.
Die Folge war eine öffentliche Entrüstung. Degussa stand da in der Rolle des „Hehlers“. Als Unternehmen, das sich am Vermögen von Juden bereichert hat – auf Kosten derer Leben.
Die gesammelte düstere Vergangenheit von Degussa während des Dritten Reiches hat der US-Autor Peter Hayes in einer Studie gesammelt. Das 2004 veröffentlichte Werk trägt den Titel „Die Degussa im Dritten Reich – Von der Zusammenarbeit zur Mittäterschaft“.
Dass das Unternehmen die Studie selbst in Auftrag gegeben hat, zeigt: Bei Degussa hat die Aufarbeitung der Vergangenheit begonnen – spätestens nach dem Imageschaden 2003.
7. Flick & Deutsche Bank
Die Geschichte der Deutschen Bank hinsichtlich der Nazi-Zeit ist allein schon dadurch befleckt, dass das Geldinstitut Anfang der 80er Jahre das Flick-Imperium gekauft hat.
Unter Firmenpatron Friedrich Flick stieg der Stahlkonzern während der Nazi-Regentschaft zu einem von Hitlers wichtigsten Rüstungskonzernen auf – auf einer Stufe mit Industrieriesen wie Krupp. Auch Flick beutete tausende KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene in seinen Waffenschmieden aus. Allein 1943 sollen 40.000 Zwangsarbeiter für ihn geschuftet haben.
Für dieses Verbrechen wurde der Industrieelle 1947 zu 7 Jahren Haft verurteilt. Flicks Sohn Friedrich Karl Flick übertrug den Unternehmenskomplex schließlich auf die Deutsche Bank – und damit auch das dunkle Vermächtnis der Nazi-Zeit.
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Es ist jedoch nicht der einzige Schandfleck, der dem Finanzhaus in Bezug auf das Dritte Reich anhaftet. Das Geldinstitut war selbst in dunkle Machenschaften verstrickt. Wie eine Kommission um den Historiker Manfred Pohl 1997 herausfand, unterhielt die Deutsche Bank anrüchige Finanzbeziehungen zum KZ in Auschwitz.
Demnach hat die Bank jenen Unternehmen Kredite gewährt, die am Bau des Vernichtungslagers beteiligt waren.
Was ebenso schwer wiegt: Nach Erkenntnis der Wissenschaftler hat das Finanzinstitut sämtliches eingelagertes Vermögen von jüdischen Kunden entfremdet und dem Staat, damals dem Deutschen Reich, zugeführt. Ein Dienst, ohne den die Nazis den Rüstungsapparat für ihren Angriffskrieg niemals in der Form hätten finanzieren können.
Immerhin: Die Deutsche Bank hat sich als eines der ersten Unternehmen in Deutschland zu seiner Nazi-Vergangenheit bekannt – und unabhängigen Forschern Zutritt zu Archivunterlagen gewährt.
8. Bayer, BASF und IG Farben
Die IG Farben, ein aus mehreren deutschen Industrieunternehmen hervorgegangenes Firmenkonglomerat, steht heute wie keine andere Firma für die Zusammenarbeit der Nazis mit Unternehmern. Zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs diente es als wichtiges Rad in der deutschen Rüstungsindustrie.
Um den enormen Bedarf an Gummi und Benzin für Hitlers Militärschläge zu decken, ließ die Firma tausende Zwangsarbeiter für sich schuften. 1941 wurde extra ein eigenes Werk gebaut - im KZ in Auschwitz. Dort wurden zusätzlich 10.000 Arbeiter für die Zwecke der Fabrik eingespannt und ausgebeutet.
Laut US-Historiker Peter Heyes kamen in den vier Jahren, in denen das Werk gebaut wurde, mehr als 25.000 Menschen ums Leben.
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Nach dem Zerfall des Dritten Reichs zerschlugen die Alliierten die IG Farben in ihre ursprünglichen Firmen. Von diesen sind heute nur noch die Branchenriesen Bayer, BASF und Wacker übrig geblieben.
Auch sie weisen ein dunkles Kapitel in ihrer Unternehmensgeschichte aus.
9. Volkswagen
Der Konzern war nicht nur ein leistungsstarkes Unternehmen. Er war Aushängeschild für den Wohlfahrtsstaat, der in den Propaganda-Plänen der Nazis eine zentrale Rolle spielte.
Das heutige Wolfsburg, wo das VW-Stammwerk beheimatet ist, trug zur Nazi-Zeit den Namen „Stadt des KdF-Wagens” - angelehnt an das Motto der Deutschen Arbeitsfront „Kraft durch Freude”.
In den VW-Konzern setzte Hitler seine Ideale, seine Vorstellungen von einer Volksgemeinschaftsideologie. Ein Wagen für das ganze Volk, den sollte das Unternehmen bauen.
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Aus unternehmerischer Sicht öffnete diese Vorgabe dem damaligen Konzernlenker Ferdinand Porsche Tür und Tor. Leider ist er seiner moralischen Verantwortung dabei nie gerecht geworden.
Historiker Hans Mommsen, der die Rolle des Volkswagenkonzerns im Dritten Reich umfangreich erforscht hat, attestiert Porsche in seiner wissenschaftlichen Analyse von 1996: "Porsche gehörte zu den Technikern, die die ungeahnten produktiven Freiräume, die das Regime ihnen plötzlich eröffnete, um jeden Preis zu nutzen entschlossen waren, ohne sich an den politischen Rahmenbedingungen zu stoßen."
In der Praxis sah das dann so aus: VW drangsalierte schamlos Arbeiter und beutete sie aus, um aberwitzige Absatzziele anzupeilen und dem Produktionswahn des Regimes gerecht zu werden.
Rund 20.000 Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge mussten während des Zweiten Weltkrieges in den VW-Werken schuften.
Unzählige bezahlten dafür mit ihrem Leben.
Der Arbeitsalltag für die Opfer der Knechtschaft, er war unvorstellbar grausig.
Laut Aussagen von Überlebenden wurden Gefangene „von sadistischen Wachmannschaften mit Knüppeln hochgeprügelt, wenn sie vor Erschöpfung zusammenbrachen. (...) Nahezu täglich verhungerten Gefangene oder starben nach schweren Prügeln.”
Historiker Mommsen wirft den Konzernlenkern von damals „moralische Indifferenz” vor. In ihrem "technokratisch geprägten Pragmatismus" hätten sie selbst KZ-Häftlinge ohne erkennbare Bedenken arbeiten lassen, damit Kapazitäten ausgelastet wurden, schreibt er in seiner Studie.
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Der damalige VW-Patron Ferdinand Porsche sei „wie ein Schlafwandler durch das Verbrechen gelaufen”.
Porsches Enkel Ferdinand Piëch, heutiger Aufsichtsratsvorsitzender der Volkswagen AG, empfinde Schuld für das Geschehen von damals, sagte er dem „Spiegel” kurz nach der Veröffentlichung von Mommsens Studie. "Ich weiß nur nicht, wie ich damals gehandelt hätte."
10. Hugo Boss
Eine Beziehung der ganz besonderen Art hat Hugo Boss zu den Nazis gepflegt.
Hugo Boss galt als Chefausrüster des Hitler-Regimes. SA, SS, Hitlerjugend, Wehrmacht - sämtliche Truppen und Leibgarden ließen ihre Kleidung von dem Modeunternehmen anfertigen. Hugo Boss war der „Nazi-Schneider”.
Der Historiker Henning Kober hält den damaligen Firmenoberen vor, bekennende Anhänger des Regimes gewesen zu sein.
Unternehmenspatron Hugo Ferdinand Boss (1885-1948) selbst war Mitglied der NSDAP.
So gesehen kommt es nicht von ungefähr, dass sich das Modeunternehmen seinerzeit öffentlich rühmte, Parteiausrüster zu sein. „SA-, SS-, und HJ-Uniformen aus eigener Herstellung in bekannt guten Qualitäten und billigen Preisen“, lautete ein Werbespruch von damals.
Das Perverse daran: Die Beschäftigten, die die Kleidung der Nazis anfertigten, waren gleichzeitig ihre Opfer: 140 Zwangsarbeiter, zumeist aus Polen, und etwa 40 französische Kriegsgefangene.
Der Münchner Historiker Roman Köster hat die Rolle des Modeunternehmens im Dritten Reich in einer Studie untersucht.
Das Ergebnis: Hugo Boss hat einen dicken Reibach gemacht, zu Gunsten der Nazis und auf dem Rücken vieler unschuldiger Menschen.
Die Aufträge der Reichsführung und seiner militärischen Apparate brachten Hugo Boss während des Dritten Reichs Rekordumsätze von einer Million Reichsmark ein.
In der Studie zitiert Köster die ehemalige Näherin Edith Poller. Ihr Urteil zu den damaligen Abläufen in dem Unternehmen: „Als die großen Aufträge kamen, haben die angefangen zu spinnen.”
Die Machenschaften von Hugo Boss flogen erst auf, als 1997 der Name der Modemarke auf Konten in der Schweiz auftauchte, die Rückschlüsse zur Nazi-Zeit zuließen.
Der Modehändler hat seine Schuld eingestanden. Nach der Publikation von Kösters Studie ließ Hugo Boss über die firmeneigene Homepage eine Mitteilung verbreiten. Darin entschuldigte sich das Unternehmen bei den Menschen, "die durch den Fertigungsbetrieb von Hugo Ferdinand Boss zu Zeiten des Nationalsozialismus Leid erfahren haben".
Ende der 1990er Jahre leistete der Modehändler zudem Entschädigungszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter.
Geradezu lapidar wirkt indes die Strafe, die Unternehmensgründer Hugo Ferdinand Boss nach Kriegsende erhalten hat. Im Zuge der Entnazifizierungsverfahren wurde er zunächst zu 1000.000 Reichsmark Geldstrafe verurteilt.
Diese Strafe wurde jedoch später zurückgenommen. Seitdem steht Hugo Ferdinand Boss nur noch als „Mitläufer” des Nazi-Regimes in den Annalen.
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Mitarbeit: Jan Rauschning-Vits