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Lebensversicherungen in der Nullzinsphase - wer verliert, wer gewinnt?

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BERLIN - Unter den seit Jahren niedrigen Zinsen leiden alle Formen der Vermögensbildung, die auf Wertpapieren mit regelmäßigen Zinsausschüttungen basieren. Dazu gehören auch Lebensversicherungen, weil sie einen Großteil der Kundengelder in Staatsanleihen anlegen.

Mit Hilfspaketen sollen die Lebensversicherer nun stabilisiert und langfristige Ansprüche aller Versicherungsnehmer gesichert werden - zulasten eines kleineren Kundenteils, vor allem aber der Aktionäre, der Vermittler und der Unternehmen selbst. Das Vertrauen in das Produkt Lebensversicherung soll wieder gestärkt werden:

Was versteht man unter den Bewertungsreserven der Versicherer?

Bewertungsreserven, auch stille Reserven genannt, sind Kursgewinne etwa von Wertpapieren, aber auch von Aktien und Immobilien. Sie sind in der Bilanz ausgewiesen, stehen also "in den Büchern". Die Buchgewinne kommen zustande, wenn der Marktwert von Papieren steigt. Aktuell geht es um Anleihen von Staaten. Hier sind die Reserven derzeit besonders üppig, weil hoch verzinste Wertpapiere, die Versicherer vor vielen Jahren gekauft haben, wegen der extrem niedrigen Zinsen im Kurs aktuell deutlich gestiegen sind.

Was geschieht mit diesen Reserven?

Versicherungskunden, deren Vertrag regulär ausläuft oder die ihre Police vorzeitig kündigen, erhalten 50 Prozent der Bewertungsreserven, die auf ihre Lebensversicherung entfallen. So ist es seit Anfang 2008 festgeschrieben. Ziel der Neuregelung war es, die Versicherten angemessen an den Kursgewinnen zu beteiligen.

Worin besteht das Problem?

Die Versicherer müssen nun "Hochprozenter" verkaufen, um Kunden an den üppigen Reserven zu beteiligen. Diese freuen sich über hohe Renditen - zum Schaden der vielen anderen Versicherten, deren Verträge weiterlaufen. Die Bewertungsreserven schwanken sehr stark - je nach Zinsentwicklung. Im vierten Quartal 2013 lagen sie nach Angaben der Versicherungswirtschaft bei 57,8 Milliarden Euro. Ein Jahr zuvor wurde ein Höchststand von 87,9 Milliarden Euro erreicht. Solange die Zinsen weltweit fielen, wurden Anleihen mit langer Laufzeit und vergleichsweise hohem Zins immer mehr wert.

Ist das die einzige Sorge der Branche?

Nein. Unabhängig von den stillen Reserven wird es für die Versicherer bei andauernd niedrigen Zinsen immer schwieriger, die langfristigen Zinsgarantien für Altverträge von bis zu vier Prozent zu erwirtschaften. Zugleich wird das Produkt Lebensversicherung immer weniger attraktiv. Die Folge: Weniger Beitragseinnahmen durch Neuverträge. Aus Sicht der Bundesbank droht innerhalb von zehn Jahren mehr als einem Drittel der Branche Kapitalprobleme.

Wie argumentiert die Versicherungswirtschaft?
Die derzeitige Rechtslage sei in einer Niedrigzinsphase "ökonomisch unsinnig". Um die etwa fünf Prozent jährlich abgehenden Kunden mit ihrem Anteil an der Bewertungsreserve ausbezahlen zu können, müssten die Versicherer einige Wertpapiere mit höherem Zinssatz verkaufen. Das gehe zulasten der 95 Prozent, die im Kundenstamm bleiben, denn deren Überschüsse verringerten sich. Es gehe bei der geforderten Änderung nicht darum, die Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven abzuschaffen, sondern "für die Lebensversicherung Brücken über die Niedrigzinsphase zu bauen".

Hintergrund Lebensversicherungen:

Lebensversicherungen sind schon seit längerem in die Diskussion geraten. Denn die andauernden Niedrigzinsen machen den Versicherern, die Milliarden Gelder ihrer Kunden möglichst lukrativ anlegen müssen, und damit den Versicherten schwer zu schaffen. Die Verzinsung von Lebensversicherungen setzte sich bislang in der Regel wie folgt zusammen: dem Garantiezins, der Überschussbeteiligung, dem Schlussüberschuss und der Beteiligung an Bewertungsreserven. Der offiziell festgesetzte Garantiezins liegt derzeit bei 1,75 Prozent, bei Altverträgen sind es zum Teil noch bis zu 4 Prozent. Nun geht es neben weiteren Veränderungen auch um mögliche Einschnitte bei den Bewertungsreserven. Dieser Bestandteil der Verzinsung speist sich aus Kursgewinnen der Kapitalanlagen.


Was plant die Bundesregierung?
Letztlich will sie vor allem die Unternehmen in die Pflicht nehmen - was auch zu einer gewissen Konsolidierung der Branche führen dürfte. Anbieter, die mit hohen Renditen locken und keine soliden Geschäftsmodelle haben, dürften Probleme bekommen. Schwarz-Rot will dem Vorwurf begegnen, etwas Gutes für Unternehmen zu tun. Im Kern sollen mit den Umschichtungen Kunden stärker an Gewinnen beteiligt werden und nicht die Aktionäre. Eigner müssen mit weniger Ausschüttungen rechnen. Schließlich könnte der Garantiezins bei Neuverträgen von 1,75 auf 1,25 Prozent sinken. Bei Abschlüssen soll weniger in den Kassen der Anbieter und Vermittler landen.

Und was kommt auf Kunden zu?

Kunden, deren Police demnächst ausläuft oder die ihre Verträge kündigen, müssen sich auf Einbußen bei den Bewertungsreserven aus Anleihen einstellen - von einem bestimmten Stichtag an. Betroffen wäre also nur ein kleinere Gruppe der Versicherungsgemeinschaft. Wieweit die Eingriffe hier gehen sollen, um langfristige Garantieleistungen aller zu sichern, ist aber noch offen.

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