MÜNCHEN - Details nennt er nicht, kaum die Namen von Krisenländern und Konflikten, Syrien und Afrika erwähnt er nur kurz. Joachim Gauck bleibt allgemein. Das muss er auch, in seiner Rolle als Bundespräsident, aber was er mit seiner Rede vor der Münchner Sicherheitskonferenz vorantreiben will, ist doch ein wichtiges, vielleicht historisches Projekt.
Fast 70 Jahre nach dem Holocaust, dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Nazi-Diktatur schlägt er Deutschland eine fundamentale Neuorientierung der Außen- und Sicherheitspolitik vor.
Zeit, etwas zurückzugeben
"Das ist ein gutes Deutschland, das beste, das wir jemals hatten." Dieser Satz ziemlich zu Beginn der Rede, die man durchaus als grundsätzlich bezeichnen kann, ist die Basis für alle Überlegungen. Weil dies ein gutes Deutschland sei, dürfe aus der historischen Schuld nicht mehr länger ein "Recht auf Wegsehen" abgeleitet werden, wenn Menschenrechte verletzt oder Kriegsverbrechen begangen werden. Oder Terroristen und Cyberkriminelle bekämpft werden müssen.
Gauck argumentiert: Jahrzehntelang hat Deutschland von anderen Sicherheit erhalten, ist unter dem Schutzschirm der Nato zu einer der größten Wirtschaftsmächte der Welt aufgestiegen und profitiert weiter von der Globalisierung. Damit dies so bleibe, müsse die internationale Sicherheitsarchitektur weiterentwickelt werden, und nicht nur in ganz kleinen Schritten. Es sei Zeit für Deutschland, meint Gauck am Freitag in München, etwas zurückzugeben.
"Deutschland wird nie rein militärische Lösungen unterstützen"
Allerdings hätte es der jüngsten Umfragen nicht bedurft, um zu zeigen, wie wenig die Deutschen von Auslandseinsätzen der Bundeswehr halten. 58 Prozent meinen, das Land solle Konflikte lieber mit Diplomatie und Geld lösen als mit Waffen. Gauck kennt diese Stimmung in der Bevölkerung, und er sagt, vielleicht ein bisschen zur Beruhigung der Skeptischen: "Deutschland wird nie rein militärische Lösungen unterstützen, sondern wird politisch besonnen vorgehen, und alle diplomatischen Lösungen ausschöpfen."
Sein Plädoyer lässt sich tatsächlich nicht auf die Forderung nach mehr Militäreinsätzen reduzieren. Es geht ihm um mehr: um eine aktive Rolle Deutschlands in der Welt, um mehr Initiative, um Übernahme von mehr Verantwortung in der Nato.
Grusel vor der Kombination Weltmacht und Deutschland
Und Gauck fragt sogar: "Welche Rolle wollen wir in den Krisen ferner Weltregionen spielen?" Man kann dies lesen als Ruf nach einer Welt-Macht-Rolle, auch wenn es viele immer noch gruselt bei der Kombination der Wörter Deutschland und Weltmacht. Die herausragende Rolle des Sicherheitsrats erwähnt er, die Forderung nach einem ständigen Sitz für Deutschland erhebt er nicht. Sie wäre konsequent.
Sicher ist es kein Zufall, dass Gaucks Vorstoß zusammenfällt mit Überlegungen der neuen schwarz-roten Bundesregierung, deren Außenminister er lobend erwähnt, die Verteidigungsministerin dagegen nicht. Wie verabredet hatte auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erst am Vortag mehr internationales Engagement Deutschlands gefordert. Die Zeit scheint vielen reif für diesen Kurswechsel, und der bekennende Transatlantiker Gauck scheut nicht davor zurück.
Bleibt es bei Worten?
Aber der Ex-Pastor aus der DDR weiß auch, dass er die Menschen mitnehmen muss auf diesem Weg, dass dieser grundlegende Mentalitätswandel in Deutschland nicht verordnet werden kann. Dies ist kein Projekt der Eliten, sagte er, und fordert offene Debatten, nicht nur in der Politik, auch an den Universitäten, eine "neue gesellschaftliche Selbstverständigung".
An deren Ende könnte dann auch ein neues Nationalbewusstsein stehen, nicht der alte Nationalismus, sondern ein Wissen um Stärke und Verantwortung. "Wer sich selbst vertraut, gewinnt die Kraft, sich der Welt zuzuwenden".
Ein Weitermachen wie bisher soll es jedenfalls nicht geben. Ob sich aber wirklich etwas ändert, oder ob es bei Worten bleibt, liegt nun vor allem an der Bundesregierung. Gauck ist für Grundsatzfragen zuständig, nicht für das operative Geschäft.
Fast 70 Jahre nach dem Holocaust, dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Nazi-Diktatur schlägt er Deutschland eine fundamentale Neuorientierung der Außen- und Sicherheitspolitik vor.
Zeit, etwas zurückzugeben
"Das ist ein gutes Deutschland, das beste, das wir jemals hatten." Dieser Satz ziemlich zu Beginn der Rede, die man durchaus als grundsätzlich bezeichnen kann, ist die Basis für alle Überlegungen. Weil dies ein gutes Deutschland sei, dürfe aus der historischen Schuld nicht mehr länger ein "Recht auf Wegsehen" abgeleitet werden, wenn Menschenrechte verletzt oder Kriegsverbrechen begangen werden. Oder Terroristen und Cyberkriminelle bekämpft werden müssen.
Gauck argumentiert: Jahrzehntelang hat Deutschland von anderen Sicherheit erhalten, ist unter dem Schutzschirm der Nato zu einer der größten Wirtschaftsmächte der Welt aufgestiegen und profitiert weiter von der Globalisierung. Damit dies so bleibe, müsse die internationale Sicherheitsarchitektur weiterentwickelt werden, und nicht nur in ganz kleinen Schritten. Es sei Zeit für Deutschland, meint Gauck am Freitag in München, etwas zurückzugeben.
"Deutschland wird nie rein militärische Lösungen unterstützen"
Allerdings hätte es der jüngsten Umfragen nicht bedurft, um zu zeigen, wie wenig die Deutschen von Auslandseinsätzen der Bundeswehr halten. 58 Prozent meinen, das Land solle Konflikte lieber mit Diplomatie und Geld lösen als mit Waffen. Gauck kennt diese Stimmung in der Bevölkerung, und er sagt, vielleicht ein bisschen zur Beruhigung der Skeptischen: "Deutschland wird nie rein militärische Lösungen unterstützen, sondern wird politisch besonnen vorgehen, und alle diplomatischen Lösungen ausschöpfen."
Sein Plädoyer lässt sich tatsächlich nicht auf die Forderung nach mehr Militäreinsätzen reduzieren. Es geht ihm um mehr: um eine aktive Rolle Deutschlands in der Welt, um mehr Initiative, um Übernahme von mehr Verantwortung in der Nato.
Grusel vor der Kombination Weltmacht und Deutschland
Und Gauck fragt sogar: "Welche Rolle wollen wir in den Krisen ferner Weltregionen spielen?" Man kann dies lesen als Ruf nach einer Welt-Macht-Rolle, auch wenn es viele immer noch gruselt bei der Kombination der Wörter Deutschland und Weltmacht. Die herausragende Rolle des Sicherheitsrats erwähnt er, die Forderung nach einem ständigen Sitz für Deutschland erhebt er nicht. Sie wäre konsequent.
Sicher ist es kein Zufall, dass Gaucks Vorstoß zusammenfällt mit Überlegungen der neuen schwarz-roten Bundesregierung, deren Außenminister er lobend erwähnt, die Verteidigungsministerin dagegen nicht. Wie verabredet hatte auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erst am Vortag mehr internationales Engagement Deutschlands gefordert. Die Zeit scheint vielen reif für diesen Kurswechsel, und der bekennende Transatlantiker Gauck scheut nicht davor zurück.
Bleibt es bei Worten?
Aber der Ex-Pastor aus der DDR weiß auch, dass er die Menschen mitnehmen muss auf diesem Weg, dass dieser grundlegende Mentalitätswandel in Deutschland nicht verordnet werden kann. Dies ist kein Projekt der Eliten, sagte er, und fordert offene Debatten, nicht nur in der Politik, auch an den Universitäten, eine "neue gesellschaftliche Selbstverständigung".
An deren Ende könnte dann auch ein neues Nationalbewusstsein stehen, nicht der alte Nationalismus, sondern ein Wissen um Stärke und Verantwortung. "Wer sich selbst vertraut, gewinnt die Kraft, sich der Welt zuzuwenden".
Ein Weitermachen wie bisher soll es jedenfalls nicht geben. Ob sich aber wirklich etwas ändert, oder ob es bei Worten bleibt, liegt nun vor allem an der Bundesregierung. Gauck ist für Grundsatzfragen zuständig, nicht für das operative Geschäft.