Was bisher geschah, ist keine Überraschung und hat keinen Neuigkeitswert: Katholische Gläubige auf der ganzen Welt leben anders, als es die Sexualmoral ihrer Kirche es lehrt. Die News kommt erst noch, in diesem Jahr, im Oktober.
Dann treffen sich die Bischöfe aus der ganzen christlichen Welt in Rom. Sie beraten mit dem ersten unter ihnen, dem Papst, der es jetzt sogar Popstar-gleich auf das Cover der US-Zeitschrift "Rolling Stone" schaffte, was aus den Ergebnissen der gerade beendeten Befragung werden soll.
Die Entfremdung der Gläubigen von der Lehre der Kirche begann bereits mit der Diskussion um die Pille in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. In einem denkbar knappen Votum hat sich Rom damals gegen diese Form der Empfängnisverhütung positioniert. In der Alten Welt, dem christlichen Abendland, haben sich die Gläubigen nicht daran gehalten. Wäre dies nicht passiert, die Kirche hätte viele ihrer Entscheidungen, die sie aus ihrer Sicht konkludent und auf der Haltung zur Pille aufgebaut hat, anders treffen können.
Trost für Gescheiterte
Die Gläubigen, so legt es das nahe, was bisher aus den Erhebungen bekannt geworden ist, fordern nicht, die Unauflöslichkeit der Ehe zur Disposition zu stellen. Das ist im Reigen der diskutierten Themen aus katholischer Sicht das einzige, was Ewigkeitswert hat, von Gott bestimmt ist und daher nicht geändert werden kann.
Aber: Wenn eine Ehe scheitert, warum haben die geschiedenen vormaligen Ehepartner kein Recht mehr auf die Sakramente? Diese sollen den Gläubigen ja trösten. Trost hat jemand erst recht nötig, wenn etwas in seinem Leben gescheitert ist. Die Gläubigen verlangen eine barmherzige Kirche. Man könnte kühn behaupten, sie hätten hier in Jesus von Nazareth ihren prominentesten Unterstützer.
Kann der Papst die Bestimmungen ändern? Er könnte das de iure. Nur sollten wir vorsichtig sein, wenn wir verlangen, er möge hier seine absolutistische Macht einsetzen. An anderer Stelle ist uns genau das nicht recht: Die päpstliche Machtfülle. Die Machtfülle hilft ihm nichts, wenn ihm die Kirche nicht folgt.
Die Vorstellung von Sex in die Gegenwart holen
Franziskus ist also darauf angewiesen, im Dialog mit seinen Bischofskollegen, nach Wegen zu suchen, die katholische Vorstellung von Sexualität in die Gegenwart zu holen und zukunftsfähig zu machen. Dass der Papst dies vorhat, steht außer Frage. Noch nie gab es eine solche Befragung wie jetzt. Noch nie wurden die Gläubigen, für die die Bischöfe ja Sorge tragen, so explizit und umfangreich gehört. Die Ergebnisse wird der Pontifex nutzen, um den Handlungsdruck und damit die Temperatur in dem Gremium zu erhöhen.
Die Hardliner im Kirchenstaat und ihre Claqueure sagen nun, Änderungen in diesen Fragen könne selbst der Papst herbeiführen. Keine Behauptung könnte un-katholischer sein als diese. Denn: Neben die Offenbarung der Bibel tritt in der katholischen Vorstellung die Tradition der Kirche.
Klassischerweise sind damit nur die Kirchenväter der ersten Jahrhunderte gemeint - doch das ist nicht definitiv so festgelegt. Das kirchliche Lehramt, so heißt das, was die Bischöfe gemeinsam und jeder für sich ausfüllen, hat die Aufgabe, die Offenbarung der Bibel in den jeweiligen Kontext der Zeit zu übersetzen.
Deswegen taugt der Katholizismus auch nicht für einen Bibel-Fundamentalismus. Den gibt es dann auch in der Weise nur in den Kirchen, die aus der Reformation hervorgegangen sind.
Zur Homosexualität könnte es etwas Neues geben
In den 60er Jahren wurde über die Pille diskutiert, weil sie neu war. Seitdem ist einiges passiert. Die katholische Kirche wird nicht untergehen, wenn sie sich ein halbes Jahrhundert später den aktuellen Fragen zuwendet und mit der Lebenswirklichkeit ihrer Mitglieder beschäftigt.
Die Kirche könnte am ehesten ihre Haltung zur Empfängnisverhütung ebenso überdenken wie zur künstlichen Befruchtung (die ist auch verboten). Zur Homosexualität könnte es etwas Neues geben: Sie ist bereits als natürliche Neigung anerkannt und wird nicht als Krankheit gesehen. Damit ist der Katechismus aus den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts schon anderen christlichen Kirchen und Gemeinschaften weit voraus.
Legitime Masturbation?
Franziskus hat schon in einem Interview angedeutet, dass die Seelsorger der Lebenswirklichkeit von Homosexuellen in der Pastoral anders wahrnehmen sollten, als bislang. Ob sich die Kleriker dazu durchringen, konkret sexuelles Verhalten oder Praktiken wie die Masturbation als dem Menschen mitgegeben und als legitim zu betrachten ist hingegen fraglich.
Vox Populi Vox Dei heißt es ja in einer Redensart: Die Stimme des Volkes ist Gottes Stimme. Der Papst sieht das so, jetzt muss er nur noch seine Kollegen überzeugen
Dann treffen sich die Bischöfe aus der ganzen christlichen Welt in Rom. Sie beraten mit dem ersten unter ihnen, dem Papst, der es jetzt sogar Popstar-gleich auf das Cover der US-Zeitschrift "Rolling Stone" schaffte, was aus den Ergebnissen der gerade beendeten Befragung werden soll.
Die Entfremdung der Gläubigen von der Lehre der Kirche begann bereits mit der Diskussion um die Pille in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. In einem denkbar knappen Votum hat sich Rom damals gegen diese Form der Empfängnisverhütung positioniert. In der Alten Welt, dem christlichen Abendland, haben sich die Gläubigen nicht daran gehalten. Wäre dies nicht passiert, die Kirche hätte viele ihrer Entscheidungen, die sie aus ihrer Sicht konkludent und auf der Haltung zur Pille aufgebaut hat, anders treffen können.
Trost für Gescheiterte
Die Gläubigen, so legt es das nahe, was bisher aus den Erhebungen bekannt geworden ist, fordern nicht, die Unauflöslichkeit der Ehe zur Disposition zu stellen. Das ist im Reigen der diskutierten Themen aus katholischer Sicht das einzige, was Ewigkeitswert hat, von Gott bestimmt ist und daher nicht geändert werden kann.
Aber: Wenn eine Ehe scheitert, warum haben die geschiedenen vormaligen Ehepartner kein Recht mehr auf die Sakramente? Diese sollen den Gläubigen ja trösten. Trost hat jemand erst recht nötig, wenn etwas in seinem Leben gescheitert ist. Die Gläubigen verlangen eine barmherzige Kirche. Man könnte kühn behaupten, sie hätten hier in Jesus von Nazareth ihren prominentesten Unterstützer.
Kann der Papst die Bestimmungen ändern? Er könnte das de iure. Nur sollten wir vorsichtig sein, wenn wir verlangen, er möge hier seine absolutistische Macht einsetzen. An anderer Stelle ist uns genau das nicht recht: Die päpstliche Machtfülle. Die Machtfülle hilft ihm nichts, wenn ihm die Kirche nicht folgt.
Die Vorstellung von Sex in die Gegenwart holen
Franziskus ist also darauf angewiesen, im Dialog mit seinen Bischofskollegen, nach Wegen zu suchen, die katholische Vorstellung von Sexualität in die Gegenwart zu holen und zukunftsfähig zu machen. Dass der Papst dies vorhat, steht außer Frage. Noch nie gab es eine solche Befragung wie jetzt. Noch nie wurden die Gläubigen, für die die Bischöfe ja Sorge tragen, so explizit und umfangreich gehört. Die Ergebnisse wird der Pontifex nutzen, um den Handlungsdruck und damit die Temperatur in dem Gremium zu erhöhen.
Die Hardliner im Kirchenstaat und ihre Claqueure sagen nun, Änderungen in diesen Fragen könne selbst der Papst herbeiführen. Keine Behauptung könnte un-katholischer sein als diese. Denn: Neben die Offenbarung der Bibel tritt in der katholischen Vorstellung die Tradition der Kirche.
Klassischerweise sind damit nur die Kirchenväter der ersten Jahrhunderte gemeint - doch das ist nicht definitiv so festgelegt. Das kirchliche Lehramt, so heißt das, was die Bischöfe gemeinsam und jeder für sich ausfüllen, hat die Aufgabe, die Offenbarung der Bibel in den jeweiligen Kontext der Zeit zu übersetzen.
Deswegen taugt der Katholizismus auch nicht für einen Bibel-Fundamentalismus. Den gibt es dann auch in der Weise nur in den Kirchen, die aus der Reformation hervorgegangen sind.
Zur Homosexualität könnte es etwas Neues geben
In den 60er Jahren wurde über die Pille diskutiert, weil sie neu war. Seitdem ist einiges passiert. Die katholische Kirche wird nicht untergehen, wenn sie sich ein halbes Jahrhundert später den aktuellen Fragen zuwendet und mit der Lebenswirklichkeit ihrer Mitglieder beschäftigt.
Die Kirche könnte am ehesten ihre Haltung zur Empfängnisverhütung ebenso überdenken wie zur künstlichen Befruchtung (die ist auch verboten). Zur Homosexualität könnte es etwas Neues geben: Sie ist bereits als natürliche Neigung anerkannt und wird nicht als Krankheit gesehen. Damit ist der Katechismus aus den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts schon anderen christlichen Kirchen und Gemeinschaften weit voraus.
Legitime Masturbation?
Franziskus hat schon in einem Interview angedeutet, dass die Seelsorger der Lebenswirklichkeit von Homosexuellen in der Pastoral anders wahrnehmen sollten, als bislang. Ob sich die Kleriker dazu durchringen, konkret sexuelles Verhalten oder Praktiken wie die Masturbation als dem Menschen mitgegeben und als legitim zu betrachten ist hingegen fraglich.
Vox Populi Vox Dei heißt es ja in einer Redensart: Die Stimme des Volkes ist Gottes Stimme. Der Papst sieht das so, jetzt muss er nur noch seine Kollegen überzeugen