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Ortsbesuch in Grenoble: Hat Michael Schumacher die Stadt verändert?

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Plötzlich war da dieser prominente Patient - und der Trubel um Michael Schumacher machte Grenoble verrückt. Nun sind die Massen wieder abgezogen. Zurück bleiben: eine befreite Stadt und ein Volksheld, der noch immer um sein Leben kämpft.

Die beiden laminierten Zettel am Eingang des Parkplatzes der Universitätsklinik Grenoble tragen die Aufschrift "Parking Presse". Allerdings zeigen die Pfeile darauf in verschiedene Richtungen, der eine auf den Parkplatz, der andere zurück auf die Zufahrtsstraße. Es kümmert sich hier niemand mehr darum, das richtigzustellen. Wo vor drei Wochen noch von Belagerungszustand die Rede war, ist Normalität eingekehrt. Die Presse und die Formel-1-Fans sind abgezogen und das einzige was gleich geblieben ist, ist das Bangen um Michael Schumacher.

Noch immer bekommt die Rennfahrerlegende jeden Tag Besuch von der kompletten Familie, auch sein Freund Jean Todt und der befreundete Arzt Gérard Saillant sind häufig an seiner Seite. Ansonsten wird der Kampf, den das Idol noch immer ausfechtet, weiter hermetisch abgeriegelt. Allerdings nicht mehr so rigoros wie kurz nach seiner Einlieferung. Jeder Besucher kann sich frei im Krankenhaus bewegen, nur vor dem Zimmer Schumachers werden ungebetene Gäste vom Sicherheitsdienst gestoppt.

"Grenoble ist kein Dorf mit 10.000 Einwohnern"

Der Hype um Michael Schumacher ist in Grenoble so schnell verblasst, wie er gekommen war. Lediglich die Geschäfte rund um die Klinik profitierten kurzzeitig vom Massenandrang - das Sportgeschäft, das danach deutlich mehr Skihelme verkaufte, die Restaurants, die Imbissbuden. "Die Leute haben mir den Laden eingerannt", sagt Anne Beneich, die Sandwiches und Kaffee verkauft. Die Journalisten seien zwar geizig gewesen, doch sie hätten ihr ein sehr gutes Geschäft beschert. Besonders lange währte dies allerdings nicht. Die Stadt kommt wieder zur Ruhe.

"In Grenoble leben mehr als 150.000 Menschen. Das ist kein Kaff mit 10.000 Einwohnern. Hier gibt es viele andere Themen als Schumacher", sagt Denis Masliah von der Zeitung "Dauphiné Libére", die kurz nach Schumachers Unfall mit Insiderinformationen die eigene Auflage steigern konnte, nun die Berichterstattung aber fast eingestellt hat. Generell sei das Interesse der Franzosen nur kurz aufgeflammt. "Schumacher hat unser Leben, das Leben dieser Stadt nicht verändert." Es sei außerdem mit der Zeit deutlich schwerer geworden, an gute Informationen heranzukommen. Auch im Umfeld der Klinik sei wenig aufzuschnappen.

Die Krankenwagen fahren wieder ungehindert zur Notaufnahme

Als die Journalisten das Krankenhaus zu Hunderten belagerten, fühlten sich die Menschen darin wie in einer Festung. Das sei schon ein Ausnahmezustand gewesen, sagte eine Krankenschwester - und als die Übertragungswagen und Reporter abzogen, habe man den Kollegen die Erleichterung förmlich anmerken können. Inzwischen bewegen sich die Krankenhausangestellten unbeschwert - es lauert nicht mehr hinter jeder Ecke ein wissensdurstiger Journalist.

Die Informationssperre, die das Krankenhaus nach wenigen Tagen für alle Mitarbeiter verhängte, habe dazu beigetragen, dass das Interesse zurückgegangen ist, sagt Dauphiné-Redakteur Masliah. Zum Höhepunkt des Massenauflaufs mussten zusätzliche Parkplätze geöffnet werden, damit die Journalisten und Fans nicht die Notaufnahme zuparkten. Nun schlängeln sich die Krankenwagen wieder ungehindert durch die schmale Auffahrt. Schumacher schläft derweil weiter. "Hoffentlich wacht er bald wieder auf." Diesen Wunsch hört man in Grenoble immer noch von allen.


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