"Wer betrügt, der fliegt." An diesem Satz will CSU-Chef Horst Seehofer festhalten, sagte er im "Focus". Denn Sozialmissbrauch von Zuwandern dulde er nicht.
Horst Seehofer schürt Angst, die Deutsche ohnehin schon regelmäßig befällt. Meistens haben die Deutschen Angst davor, dass etwas über sie herfällt. In Gestalt anderer Menschen. Muslime. Chinesen. Rumänen. Bulgaren. Diese Angst ist umso erstaunlicher, als dass die meisten, die heute in Deutschland leben, Nachfahren von ebensolchen Invasoren aus der Völkerwanderungszeit sind. Das ist rund 1300 Jahre her und vielleicht deswegen den meisten nicht mehr so präsent.
Bevor wir auf die aktuelle Angst der Deutschen vor Rumänen und Bulgaren kommen, die über uns herfallen und unsere Sozialkassen plündern, vielleicht ein Blick auf die Muslime, die hier leben - gerne auch ein Bezugspunkt für deutsche Angst. Im Blick auf diese Gruppe, die zum größten Teil aus Menschen besteht, die aus der Türkei kommen, lernen wir einiges über die Deutschen.
Es gibt rund 3,5 Millionen von ihnen in Deutschland. Die meisten wohnen in den so genannten alten Bundesländern, fast keine in den neuen. In den neuen Bundesländern ist die Angst vor islamischer Überfremdung sehr groß in den alten Bundesländern, im Verhältnis, gering. In Köln wird die größte Moschee in Deutschland gebaut. Und in Bayern gibt es seit Jahrzehnten Moscheen - einerseits moderne Bauten und gleichermaßen Bauten, die ihren Inhalt nicht verstecken, sondern Minarette in den Himmel ragen lassen.
In Bayern? Ja, in Bayern. Da gibt es auch schon am längsten das, was man als islamischen Religionsunterricht verstehen kann. Die Bayern gelten als besonders traditionell. Wahrscheinlich sind sie auch deswegen so offen und großherzig darin, anderen ihre Traditionen zu lassen.
Vor was haben die Deutschen Angst?"
Die Menschen in Bayern sind daher besser als die CSU, die vor Horden aus Europas Südosten warnt. Fakt ist, dass ähnliche Rufe, die laut wurden, als es darum ging, dass die Polen Niederlassungsfreiheit in Deutschland bekommen würden, ins Leere liefen. Es ist eben nicht halb Polen in unsere sozialen Sicherungsnetze eingewandert.
Vor was haben die Deutschen Angst? In der Mitte Europas sind wir heute nur von Freunden umgeben. Vielleicht haben wir eine Angst, die ein Relikt aus Zeiten ist, in denen das nicht so war. Oder aber es ist eine Angst, dass jemand anderes etwas bekommen könnte, was ihm vielleicht gar nicht zusteht (in der eigenen Wahrnehmung)?
Wahrscheinlich eher das zweite: Denn kein anderes Volk als die Deutschen ist in der Lage, gepflegt und in vielen nuancenreichen Abstufungen Sozialneid zu kultivieren. Der Nachbar fährt drei Tage länger als man selbst in Urlaub - hat er das überhaupt verdient? Mein Kollege wurde befördert - hat er das überhaupt verdient? Der Soundso fährt ein größeres Auto als ich - hat er das überhaupt verdient?
Es ist die Angst, stets und ständig untervorteilt zu werden. Deswegen sind wir auch eine Nation, die, wenn schon, darauf achtet, dass alle gleich sind, alle das gleiche haben. Das ist besser, als dass der Bessere einen überholt und am Ende mehr hat als man selbst. Ein Volk von Gleichmachern. Deswegen dürfen wir offiziell keine Elite haben, denn wir sind doch alle gleich!
Vielleicht bringt der Appell von Gauck etwas
Interessant ist, dass diese Form der Angst, die Angst der Untervorteilung, sich dann ungeniert zeigt, wenn sie sich gegen Menschen richtet, die man eigentlich noch nicht gesehen hat: Also Muslime in den neuen Bundesländern oder Rumänen in unseren sozialen Sicherungssystemen.
Nicht umsonst warnt der Bundespräsident in einem aktuellen Interview davor, in eine Hysterie zu verfallen. Dass sich die Deutschen das zu Herzen nehmen, ist fraglich. Wobei, genauso, wie wir unsere Angst kultivieren, stehen wir auch darauf, wenn der oberste Mann im Staat ein älterer Herr ist, der uns ab und an die Leviten liest. Vielleicht bringt sein Appell ja doch etwas.
Horst Seehofer schürt Angst, die Deutsche ohnehin schon regelmäßig befällt. Meistens haben die Deutschen Angst davor, dass etwas über sie herfällt. In Gestalt anderer Menschen. Muslime. Chinesen. Rumänen. Bulgaren. Diese Angst ist umso erstaunlicher, als dass die meisten, die heute in Deutschland leben, Nachfahren von ebensolchen Invasoren aus der Völkerwanderungszeit sind. Das ist rund 1300 Jahre her und vielleicht deswegen den meisten nicht mehr so präsent.
Bevor wir auf die aktuelle Angst der Deutschen vor Rumänen und Bulgaren kommen, die über uns herfallen und unsere Sozialkassen plündern, vielleicht ein Blick auf die Muslime, die hier leben - gerne auch ein Bezugspunkt für deutsche Angst. Im Blick auf diese Gruppe, die zum größten Teil aus Menschen besteht, die aus der Türkei kommen, lernen wir einiges über die Deutschen.
Es gibt rund 3,5 Millionen von ihnen in Deutschland. Die meisten wohnen in den so genannten alten Bundesländern, fast keine in den neuen. In den neuen Bundesländern ist die Angst vor islamischer Überfremdung sehr groß in den alten Bundesländern, im Verhältnis, gering. In Köln wird die größte Moschee in Deutschland gebaut. Und in Bayern gibt es seit Jahrzehnten Moscheen - einerseits moderne Bauten und gleichermaßen Bauten, die ihren Inhalt nicht verstecken, sondern Minarette in den Himmel ragen lassen.
In Bayern? Ja, in Bayern. Da gibt es auch schon am längsten das, was man als islamischen Religionsunterricht verstehen kann. Die Bayern gelten als besonders traditionell. Wahrscheinlich sind sie auch deswegen so offen und großherzig darin, anderen ihre Traditionen zu lassen.
Vor was haben die Deutschen Angst?"
Die Menschen in Bayern sind daher besser als die CSU, die vor Horden aus Europas Südosten warnt. Fakt ist, dass ähnliche Rufe, die laut wurden, als es darum ging, dass die Polen Niederlassungsfreiheit in Deutschland bekommen würden, ins Leere liefen. Es ist eben nicht halb Polen in unsere sozialen Sicherungsnetze eingewandert.
Vor was haben die Deutschen Angst? In der Mitte Europas sind wir heute nur von Freunden umgeben. Vielleicht haben wir eine Angst, die ein Relikt aus Zeiten ist, in denen das nicht so war. Oder aber es ist eine Angst, dass jemand anderes etwas bekommen könnte, was ihm vielleicht gar nicht zusteht (in der eigenen Wahrnehmung)?
Wahrscheinlich eher das zweite: Denn kein anderes Volk als die Deutschen ist in der Lage, gepflegt und in vielen nuancenreichen Abstufungen Sozialneid zu kultivieren. Der Nachbar fährt drei Tage länger als man selbst in Urlaub - hat er das überhaupt verdient? Mein Kollege wurde befördert - hat er das überhaupt verdient? Der Soundso fährt ein größeres Auto als ich - hat er das überhaupt verdient?
Es ist die Angst, stets und ständig untervorteilt zu werden. Deswegen sind wir auch eine Nation, die, wenn schon, darauf achtet, dass alle gleich sind, alle das gleiche haben. Das ist besser, als dass der Bessere einen überholt und am Ende mehr hat als man selbst. Ein Volk von Gleichmachern. Deswegen dürfen wir offiziell keine Elite haben, denn wir sind doch alle gleich!
Vielleicht bringt der Appell von Gauck etwas
Interessant ist, dass diese Form der Angst, die Angst der Untervorteilung, sich dann ungeniert zeigt, wenn sie sich gegen Menschen richtet, die man eigentlich noch nicht gesehen hat: Also Muslime in den neuen Bundesländern oder Rumänen in unseren sozialen Sicherungssystemen.
Nicht umsonst warnt der Bundespräsident in einem aktuellen Interview davor, in eine Hysterie zu verfallen. Dass sich die Deutschen das zu Herzen nehmen, ist fraglich. Wobei, genauso, wie wir unsere Angst kultivieren, stehen wir auch darauf, wenn der oberste Mann im Staat ein älterer Herr ist, der uns ab und an die Leviten liest. Vielleicht bringt sein Appell ja doch etwas.