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Kommentar zur Bundeswehr-Reform: Soldaten im Spagat zwischen Krieg und Familie

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Platz gibt es in einer Kaserne, viel Platz. Zum Beispiel für Kitas. Es gibt auch Platz für Hüpfburgen, Basketballkörbe, Minigolfanlagen und vieles mehr. Die Kaserne als Erlebnisparkour. Oder: Die Kaserne als normaler Arbeitsplatz. Auf dem ZDF-Betriebsgelände auf dem Mainzer Lerchenberg ist auch viel Platz. Deswegen gibt es da auch eine Kita. Ab demnächst ist das also die Gemeinsamkeit herkömmlicher Betriebsstätten mit Kasernen: Die Kita auf dem eigenen Gelände.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist sicher auch Soldaten wichtig. Soldatinnen und Soldaten sind Menschen wie du und ich, die einen wichtigen Dienst an Deutschland leisten und die mit keiner Zeile, mit keinem Wort beleidigt werden sollen. Ich frage mich aber: Kann die Entsendung von Soldaten in eine Krisenregion dieser Welt auch nur im entferntesten mit Lebenszeitkonten, Kitas und Versetzungen zusammen hängen?

Reform ist überfällig

Es ist legitim, dass eine ehemalige Familien- und Arbeitsministerin als erstes die Themen aufgreift, die die größten Schnittmengen zu der neuen Aufgabe aufweist. Vielleicht soll es auch der Profilierung dienen, dass sich die erste Frau auf dem Posten des Verteidigungsministers mit als „weich" apostrophierbaren Themen in der Öffentlichkeit positionieren möchte. Wahrscheinlich kommt hier das naheliegende zum gebotenen, denn einhellig positiv ist die Resonanz: Überfällig seien diese Schritte, heißt es beispielsweise aus dem Bundeswehrverband.

Soldatinnen und Soldaten sind normale Menschen, ihre Profession hingegen ist keine normale. Wenn Kasernen in Kitas mit großem Spielplatz umgedeutet werden können, geht der Ernst verloren, mit dem den Aufgaben der Bundeswehr zu begegnen ist. Schwerter zu Pflugscharen, wie es in der Bibel heißt, Kasernen zu Kitas als neue Entsprechung. Das würde, um im biblischen Bild zu bleiben, bedeuten, dass der Krieg abgeschafft ist und die terroristische Bedrohung - und das wäre sicher die größere Pressemeldung gewesen. Wir hätten etwas davon mitbekommen.

Im schlimmsten Fall bezahlen Soldaten mit ihrem Leben

Wenn dem also nicht so ist, dann steht die Frage im Raum: Wem nützt es, dass Kasernen, dass die Bundeswehr ein anderes Image bekommen soll? Es ist zugegebenermaßen ein Spagat, den die Truppe beziehungsweise ihre Chefin hier machen muss: Zum einen, nach Wegfall der Wehrpflicht, für viele ein attraktiver Arbeitgeber sein zu müssen. Zum anderen mit dem Kriegsgeschäft einen ganz und gar nicht charmanten Arbeitsgegenstand zu offieren. Es steht immer im Raum, dass man die Berufswahl mit dem Leben bezahlt. Ob dass dadurch besser wird, dass die Kinder wenigstens in eine werkseigene Kita können? Zweifelhaft.

Krieg ist immer ein Ausnahmezustand, es gibt keinen Teilzeitkrieg mit Stechuhren für die Schicht im Schützengraben. Für die, die in diesen bewaffneten Auseinandersetzungen ihren Kopf hinhalten und nicht selten mit dem Leben dafür zahlen, einen geregelten Alltag organisieren zu wollen, ist nichts anstößiges. Wer aber so tut, als sei Soldat ein normaler Job, nur um die Bundeswehr als guten Arbeitgeber auf der Höhe der Zeit zu inszeieren, der verkauft die Öffentlichkeit für dumm.

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