Quantcast
Channel: Huffington Post Germany Athena
Viewing all articles
Browse latest Browse all 40759

Kritik an Rot-Rot-Grün in Thüringen: Danke, Joachim Gauck!

$
0
0
Es soll ja Menschen geben, die mittlerweile auf DDR-Unrechtsdiskussionen genervt reagieren. Was weder verständlich noch moralisch vermittelbar ist. Wir stecken mitten in der Aufarbeitung. Und den Beweis dafür liefert uns ausgerechnet Bundespräsident Joachim Gauck.

Es waren zwei eher harmlose Sätze zur Regierungsbildung in Thüringen. Mit Bodo Ramelow könnte dort erstmals seit der Wende eine Politiker der Linken zum Ministerpräsidenten gewählt werden.

"Ist die Partei, die da den Ministerpräsidenten stellen wird, tatsächlich schon so weit weg von den Vorstellungen, die die SED einst hatte bei der Unterdrückung der Menschen hier, dass wir ihr voll vertrauen können?", so Gauck zur ARD.

Und: "Menschen, die die DDR erlebt haben und in meinem Alter sind, die müssen sich schon ganz schön anstrengen, um dies zu akzeptieren."

Sofort war wieder von der „Würde des Amtes“ die Rede. Und von der Pflicht zur Neutralität. Et cetera.

Integrität und Haltung gehören zusammen

Natürlich vertritt Gauck als Bundespräsident alle Deutschen: Egal ob arm oder reich und links oder rechts. Nicht zuletzt deshalb ist es seit 1949 eine gute Tradition, dass der neu gewählte Bundespräsident seine Parteimitgliedschaft ruhen lässt.

Aber mal ehrlich: Es ist schon ziemlich schräg, auf der einen Seite von einem Bundespräsidenten moralische Integrität zu erwarten, aber auf der anderen Seite ihm das Recht auf eine eigene Meinung abschneiden zu wollen. Und außerdem sind seine Äußerungen weit weniger drastisch und schwerwiegend gewesen als seine Anwürfe gegen die NPD in vergangenen Herbst („Spinner“), auch wenn der Vergleich jetzt des öfteren genannt wird.

Haltung und Biografie. Das eine erwächst schließlich aus dem anderen. Wer Gaucks Liebe zur Freiheit schätzt, muss auch verstehen, wie sie entstanden ist – in einem Staat ohne Recht, der von einer „Einheitspartei“ regiert wurde. Bei der Linken handelt es sich nun einmal um die Nachfolgepartei der SED. Und Gauck ist bei weitem nicht der einzige, der Probleme mit dem Gedanken an einen linken Ministerpräsidenten hat.

Autoritäres Gehabe von links

Der Versuch von Seiten der Linken und der Grünen, den Bundespräsidenten nun auf eine Art gestalt- und meinungsloses Lichtwesen zu reduzieren, zeugt viel mehr von autoritären Charakter, den sich viele Altlinke mit den Jahren zugelegt haben. Statt auf die Kritik einzugehen, erklärt man sie lieber für ungültig.

Und selbst wenn: Wer muss sich eigentlich schon vor kritischen Worten des Bundespräsidenten fürchten?

Gauck hat keine Kontrolle über das staatliche Gewaltmonopol, er hat keine legislative Funktion und sitzt auch nicht in der Regierung. Sein einziges Druckmittel sind Worte. Und die sind auch nur wirkungsvoll, wenn sie auf Resonanz stoßen.

Wenn Gauck wirklich so falsch läge mit seiner Kritik, bräuchte die Linke auch nichts zu befürchten. Die Heftigkeit der Auseinandersetzung lässt jedoch eher darauf schließen, dass Gauck einen Volltreffer gelandet hat. Übrigens nicht nur bei der Linken.

Denn wenn wir schon über die DDR-Vergangenheit ostdeutscher Politiker reden, darf bei der Linken nicht Schluss sein. Nur SPD und Grüne sind aus Neugründungen nach der politischen Wende hervorgegangen. Insbesondere die CDU hat noch schwer an ihrem Blockparteien-Erbe zu schleppen. Was sie freilich nicht davon abhält, jetzt Gauck den Rücken zu stärken. Was bisweilen allzu absurd wirkt.

Die Ost-Vergangenheit der CDU muss aufgearbeitet werden

Bleiben wir doch in Thüringen. Die nunmehr wohl scheidende Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) war als FDJ-Sekretärin tätig, bevor sie in die Ost-CDU eintrat. Die Thüringer Allgemeine veröffentlichte im Frühjahr einen ausführlichen Artikel über ihr frühes politisches Engagement. Im Jahr 1987 bekam sie das Privileg, Reisen in den Westen machen zu dürfen. Sie selbst sagt über diese Zeit, dass sie nie über Flucht nachgedacht hätte. Kritisch sei ihr der „Überfluss“ in der Bundesrepublik aufgefallen.

Der DDR-Staat vertraute ihr offenbar damals. Und dass, obwohl sie noch nicht einmal 30 Jahre alt war und sich jederzeit eine neue Existenz im Westen hätte aufbauen können.

Auch in ihrer Fraktion gibt es immer noch Politiker mit politischer DDR-Vergangenheit.

Was Gauck geschafft hat, ist, dass dies nun alles noch einmal diskutiert wird. Das ist gut, weil staatliches Unrecht ein Kollektiverlebnis ist, das Millionen Menschen betroffen hat oder mittelbar immer noch betrifft.

Was für die NS-Zeit gilt, muss auch für die DDR-Diktatur gelten: Einen Schlussstrich darf es nicht geben.





Schnelle Nachrichten, spannende Meinungen: Kennen Sie schon die App der Huffington Post?


Sie können sie rechts kostenlos herunterladen.




Get it on Google Play






Video: Augenzeugen der Gräueltaten: Überlebende berichten von ISIS-Massaker






Viewing all articles
Browse latest Browse all 40759

Trending Articles



<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>