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Nach Hitzlspergers Coming-out: 8 Gründe, warum der Sport noch lange schwulenfeindlich bleiben wird

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Thomas Hitzlsperger legte den Zeitpunkt seines Coming-outs ganz bewusst so kurz vor die Olympischen Winterspiele, die am 7. Februar im russischen Sotschi beginnen. „Ich denke, es braucht kritische Stimmen gegen die Kampagnen mehrerer Regierungen gegen Homosexuelle“, sagte er im Interview der „Zeit“.

Hitzlspergers Engagement ist mutig, bewunderswert und ein starkes Zeichen. Aber so er sich auch bemüht: Es wird die Situation Schwuler in Sotschi genauso wenig verändern wie die Pläne der US-Regierung, weder einen Präsidenten noch eine First Lady nach Russland zu schicken, dafür aber ehemalige Spitzensportler, die offen homosexuell leben.

Die Entscheidungsträger in Russland wird das wenig interessieren. Sie wollen während der Winterspiele gegen offen gezeigte Homosexualität mit aller Härte durchgreifen, ein Gesetz stellt „Schwulen-Propaganda“ in Gegenwart von Kindern unter Strafe. Es gab heftige internationale Kritik, und kurz hieß es, das Gesetz gelte in Sotschi nicht. Aber dann teilte die Regierung mit, dass doch auch Sportler unter Beobachtung stünden.

Die Aufregung sei jedoch ohnehin überzogen gewesen, sagte ein Sprecher damals, von einer Verletzung der Rechte von Schwulen und Lesben könne keine Rede sein. Solange sie ihre sexuellen Vorlieben nicht zur Schau stellten, hätten Homosexuelle überhaupt keine Probleme mit der Justiz zu befürchten.

Alles harmlos also, so das Signal. Nur: Wenn der von Präsident Wladimir Putin eingesetzte neue Chef-Ideologe Dmitri Kisseljow ein hartes Vorgehen gegen die vom Westen begonnene "Verschwulung der Welt" fordert, hört sich das dann auch noch harmlos an?

Sport kann sich nicht freimachen

Das ist Russland. Auch die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 wird dort stattfinden. Und als bei der WM der Leichtathleten im vergangenen Jahr zwei schwedische Sportlerinnen als Zeichen der Toleranz und Vielfältigkeit ihre Finger in den Farben der Regenbogenfahne lackierten, wurden sie genötigt, ihre Nägel zu übermalen.

Vielleicht sind diese Ausmaße der Schwulen-Feindlichkeit russische Angelegenheiten, ja, aber große Sportereignisse können immer nur so gut sein, wie die Länder, in denen sie stattfinden. Und solange es in den Gastgeberstaaten Hass gegenüber Homosexuellen gibt, kann sich auch der Sport nicht davon freimachen.

Das wird auch in Katar nicht anders sein können, wo 2018 die Fußballer um den WM-Titel spielen. Homosexualität ist in dem islamisch-geprägten Land verboten, und wird laut Strafgesetzbuch unabhängig vom Geschlecht mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft. Es gibt auch Fälle, in denen das Nicht-Bürger Katars traf. 1996 zum Beispiel wurde ein Amerikaner mit sechs Monaten Haft und 90 Peitschenschlägen bestraft.

Dass auch der Weltfußballverband Fifa, der Ausrichter der WM, zumindest nicht viel Feingefühl im Umgang mit Homosexualität besitzt, bewies dessen Präsident Sepp Blatter, als er auf einer Pressekonferenz – wenn auch möglicherweise im Scherz – schwulen und lesbischen Fans empfahl, während der Weltmeisterschaft in Katar auf Sex zu verzichten.

Der Schwulen-Test bei der Einreise

Zudem ist dieses Katar auch noch eins der Länder, die sich an einem abstrusen Plan mehrerer Golfstaaten beteiligen wollen: Ausländer, die sich um eine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung bewerben, sollen demnach auf Homosexualität getestet werden. "Gesundheitszentren führen bei Ausländern, die sich in unseren Ländern niederlassen wollen, medizinische Routinetests durch, mit denen ihr Gesundheitszustand überprüft wird", sagte Jusuf Midkar vom kuwaitischen Gesundheitsministerium.

Bei diesen Tests solle eben künftig auch eine mögliche gleichgeschlechtliche Neigung ermittelt werden. "Wir werden strikte Maßnahmen ergreifen, die uns helfen, Schwule zu enttarnen. Diese werden dann daran gehindert, in Staaten des Golf-Kooperationsrats einzureisen.“ Kurz nachdem diese Pläne bekannt wurden, tauchte dieses kritische Video auf:



2026 setzt der Fußball dann möglicherweise abermals ein fragwürdiges Zeichen gegen Homosexualität, wenn er die Weltmeisterschaft an Marokko vergeben sollte. Das Land bewirbt sich als Ausrichter, und es stellt Homosexualität unter Freiheitsstrafe. 2004 wurden ein 66-jähriger Brite und ein 18-jähriger Marokkaner zu jeweils einem Jahr Gefängnis verurteilt. Fifa-Präsident Blatter aber macht Marokko Hoffnungen auf das sportliche Großereignis.

Problem im Fußball bleibt ohnehin

Aber speziell im Fußball, der Sportart Thomas Hitzlspergers, werden es Homosexuelle auch und gerade fernab von Großereignissen noch lange schwer haben. Das zeigten Fans des russischen Top-Klubs St. Petersburg, als sie ein "Manifest für einen traditionellen Fußball" veröffentlichten, in dem sie sich gegen dunkelhäutige und eben homosexuelle Spieler aussprachen, weil der Klub sonst seine Identität verliere.

Das bestätigte auch Corny Littmann, der ehemalige Präsident des Zweitligisten FC St. Pauli, als er 2013 in einem Interview auf die Frage, ob er sich an das Zitat des Trainers Christoph Daum erinnere, der „zum Schutz von Jugendlichen und Kindern gegen jegliche Bestrebung, die da gleichgeschlechtlich ausgeprägt ist, vorzugehen", antwortete: „Ich behaupte, dass das heute noch mindestens die Hälfte der deutschen Bundesligatrainer denkt. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass der Fußball eine Zwangs-Männergemeinschaft ist, in der gewisse eigene Moralvorstellungen vorherrschen, die eigentlich gar nicht mehr zeitgemäß sind.“

Dazu komme, dass ein schwuler Fußballer im Laufe seiner Karriere gar keine Chance habe, „wie andere Schwule eine gewisse Selbstverständlichkeit im Umgang mit seiner Homosexualität und seiner Identität zu entwickeln. Der Spieler ist ja schon mit 15, 16 Jahren voll in diesem Männerklüngel gefangen.“

1990 sagte der erste Fußballer, dass er schwul sei: Es war der britische Profi Justin Fashanu, damals 29 Jahre alt. Mit 37 erhängte er sich in einer Garage.

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