Es ist täglich was los in der bewegten Welt der Frauen. Es wird gekämpft, geschimpft, protestiert und diskutiert. Die Reaktionen darauf: skandalös und frauenfeindlich, mit Morden, Vergewaltigungen, Drohungen, Aggression und ungezähmter Wut bei den Männern, Unruhe, Unwille und Ungeduld bei den Frauen. Doch auch wenn die alten Spielregeln immer mehr von ihnen zerfleddert werden, eine davon ist besonders zäh: Die Verpflichtung zur Schönheit und zum Jungsein.
Ein gutes Beispiel der gesellschaftlichen Dauer-Obsession mit Aussehen und die dazugehörige Heuchelei waren jetzt drei Frauen, die verschieden damit umgehen.
Eine zeigt ihr wahres, sehr schönes weil authentisches fast 60-jähriges Gesicht, die andere ihr straffes, sichtbar bearbeitetes 45-jähriges. Und irgendwie schlug das ein wie eine Bombe.
Empörung, Beifall und Häme ergossen sich gleichermaßen über die ehemalige Dauerblinzlerin Renée Zellweger und die britische Pop-Ikone und feurige Feministin Annie Lennox. http://www.pridesource.com/article.html?article=68228
Was war beider Verbrechen? Das neue Gesicht von Renée und eine Rüge von Annie über falschen oder fehlenden Feminismus. Denn laut Annie brauchen wir den soliden, starken täglichen Feminismus, um zu überleben. Schon allein deshalb, weil Frauen eigentlich rund um die Uhr kritisch beurteilt werden wie eine Ware, die der Gesellschaft etwas schuldet: Jugend und Schönheit.
Dann kam eine ganz andere Frau zu dem Debakel dazu, und das ist herrlich erfrischend denn sie ist nicht konventionell schön - dafür aber sehr beliebt. Frances McDormand (57), die markante amerikanische Schauspielerin (so wunderbar in "Fargo") mit der großen Nase und dem herben Gesicht, sprach über Jugendkult und das verdammte Aussehen.http://thehoopla.com.au/looking-age-subversive-act/
"Es gibt scheinbar keine große Lust darauf, ein Erwachsener zu werden. Das ist gar nicht das Ziel, das wird nicht als wunderbare Gabe angesehen. Keiner darf über 45 werden - nicht in der Mode, nicht kosmetisch und nicht im Benehmen. Jeder zieht sich an wie ein Teenager. Jeder färbt sich die Haare. Jeder ist auf ein glattes Gesicht versessen."
Die schlechtesten Karten hatte die arme Renée Zellweger (45). http://www.theguardian.com/commentisfree/2014/oct/23/where-has-real-renee-zellweger-goneEs ist schon schlimm genug für jede Durchschnittsfrau, mit Argusaugen von der wenig vergebenden Gesellschaft beobachtet zu werden, damit ihr keine Falten, jede nicht mehr pralle Lippe, jedes grau im Haar und jeder leicht schlaffe Körperteil entgeht. Aber wenn man eine Schauspielerin von über 40 ist, dann wird man lächerlich gemacht und brutal aus Hollywood gejagt, das sich immer schon als selbsternannte Beauty-Polizei produzierte, immer eine Peitsche in der einen und ein Vergrößerungsglas in der anderen Hand.
Älter zu werden ist ja in sich bereits ein unverschämtes weibliches Verbrechen, und nur wenige Schauspielerinnen entwischen dem Teufelskreis der dauernden Bestrafung. Man kann einfach nicht gewinnen. Wenn man als Movie-Star sein Gesicht einfach so altern lässt als wäre es das Natürlichste der Welt (was für ein dreister Akt!) kann man sicher sein, dass man verlacht wird und ein bösartiger, meist sexistischer Shit-storm aufbraust, der so emotional und voller Hass ist, dass es beunruhigt.
Wenn dann als Resultat ein weiblicher Movie-Star, den all die Forderungen und Erwartungen völlig verrückt gemacht haben, sich dazu entschließt, unters Messer zu gehen und sich alles liften, straffen, botoxen und aufpumpen lässt, was es aufzupumpen gibt, dann prasseln dieselben häßlichen Attacken auf sie hernieder.
Also, egal wie man's dreht: Als Frau bist du verdammt, was auch immer du tust. Gibt es einen Weg aus dem Beauty-Terror?
Bringen wir doch das neue Zauberwort in's Gespräch: Das f-word: (nein, nicht DAS!) Feminismus. So ungefähr jede Frau zwischen 20 und 70 benutzt oder schmückt sich mit diesem neuen-alten, immer wieder wild umstrittenen Begriff, denn es ist hip, entweder dafür oder dagegen zu sein.
Gleichzeitig gibt es eine generelle Verwirrung, denn keiner kann sich darauf einigen, was denn Feminismus nun ist - oder ob es ein untrügliches Zeichen für ihn gibt. (Eigentlich ja. Wenn Männer Probleme mit deinen Überzeugungen und deiner Unabhängigkeit haben, bist du Feministin.)
Applaus für Annie
Die exquisite Sängerin, Philantropistin und Feministin Annie Lennox (fast 60) kennt den Feminismus aus dem FF. Und sie als Schöpferin von meisterhaften Noten und Texten in ihren unvergleichlichen Songs kann sich natürlich sehr klar ausdrücken. Und als wenn es nicht schon inspirierend genug wäre, dass sie kein Geheimnis aus ihrer Meinung macht, hat sie es gewagt - und natürlich einen Sturm der Empörung ausgelöst - die angebete "Queen Bey", also Beyoncé, die gerne "feministisch" tut, als "lite" Feministin zu bezeichnen und das nervige "twerking" von dem anstrengenden jungen Ding namens Miley sehr richtig als Teenager Krankheit einzustufen.
Aber was sie wirklich getan hat, ist viel wichtiger und wertvoller, nämlich eine einfache Lektion in Sachen Natürlichkeit und Humanität vorzuleben, indem sie einfach nur sie selber ist.
Hiermit möchte ich Annie dafür applaudieren, dass sie uns erlaubt - besonders ihrer Generation - einer intelligenten, liebenswerten Schönheit wie ihr dabei zuzusehen, wie sie vor unseren Augen authentisch und sehr gewinnend altert und uns dadurch spiegelt.
DAS ist Feminismus pur! Für mich ist das ein Geschenk von einer grossen Künstlerin, denn das ist genau das, was wir täglich als Augenzeugen als Erinnerung an uns selber sehen sollten. Normalität! Das heisst auch, der nicht wirklich auszutricksenden Mutter Natur (warum heißt sie wohl nicht Vater Natur?) nicht verzweifelt ins Handwerk zu pfuschen. Es geht hierbei um ein wahres Selbst, ein menschliches Selbst, ein angstloses Selbst, ganz ohne Fake und Lügen.
Also, wer ist die wahre Schönheit hier? Die älteren Frauen, wie Frances und Annie, die ihre natürliche Schönheit problemlos zeigen wie sie ist, oder die sehr viel jüngere Frau, die voller Angst ist, angesehen und von dem misogynistischen Schönheitsgericht als imperfekt abgeurteilt zu werden?
Welche Angst steckt hinter der Angst? Der Verlust von Liebe, Attraktivität, von Freunden, tollen Jobs - und vor allem der Verlust von der Auswahl, die einst so üppig und selbstverständlich war?
Hier kommen die eigentlich altbekannten News: Das Leben ist nichts als eine grosse Kollektion von Verlusten; aber es hat auch Bereicherungen, die die Härte weichspülen. Und anstatt diese Geschenke, die das Alter bringt, glücklich zu umarmen, hat diese unsere anti-Frauen Gesellschaft einen Befehl parat: Lass niemanden deine Falten, die nicht mehr taufrische Haut oder die nicht mehr keck nach oben zeigenden Brüste sehen! Aber warum darf das keiner sehen? Wer ist denn eigentlich unsere Audienz, deren Gutheissung oft so innig erwünscht ist wie die früher als Kind vom Papi?
Aber hier kommen mal gute Nachrichten: Wir haben die Wahl! Man muss sie in Stücke zerhauen, diese feindliche Idee von Schönheit, die zu einen Nichts verlöscht, wenn man älter wird. Wir können uns nämlich das Rampenlicht selber aussuchen und damit auch unser eigenes Publikum. Und es wäre sehr weise - und eben auch feministisch - sich Mitstreiter und Freunde auszusuchen, die nicht nur in demselben Boot mit dir sitzen, sondern auch wissen, wie und wohin gerudert werden soll, damit man am richtigen Ufer landet, wo es gerecht, friedlich und frauenfreundlich zugeht.
Aber am Wichtigsten ist letztendlich, echte Aktivistinnen und selbstbestimmte Frauen zu sein, die auf ihre Rechte pochen und nicht nur davon reden. Seid radikal, verändert die Spielregeln, aber lebt auch danach. Seid weise, seid fair, egal ob jung oder alt, schärft eure Kanten und Ecken - und sagt Lebewohl zur Angst. Und als logische Konsequenz wahrscheinlich auch zu ein paar Männern.
Oder man sucht sich lieber gleich so ein Exemplar aus wie Frances McDormand: Seit 35 Jahren mit Regisseur Joel Coen (eine Hälfte der berühmten Coen Brothers, verantwortlich für "The Big Lebowski") sagt sie ganz schlicht: "Er guckt mich an und liebt was er sieht." Und für all die, denen kritische, smarte und erwachsene Frauen nicht passen, denen kann man das andere "f-word", das nur vier Buchstaben hat, laut zurufen.
Ein gutes Beispiel der gesellschaftlichen Dauer-Obsession mit Aussehen und die dazugehörige Heuchelei waren jetzt drei Frauen, die verschieden damit umgehen.
Eine zeigt ihr wahres, sehr schönes weil authentisches fast 60-jähriges Gesicht, die andere ihr straffes, sichtbar bearbeitetes 45-jähriges. Und irgendwie schlug das ein wie eine Bombe.
Empörung, Beifall und Häme ergossen sich gleichermaßen über die ehemalige Dauerblinzlerin Renée Zellweger und die britische Pop-Ikone und feurige Feministin Annie Lennox. http://www.pridesource.com/article.html?article=68228
Was war beider Verbrechen? Das neue Gesicht von Renée und eine Rüge von Annie über falschen oder fehlenden Feminismus. Denn laut Annie brauchen wir den soliden, starken täglichen Feminismus, um zu überleben. Schon allein deshalb, weil Frauen eigentlich rund um die Uhr kritisch beurteilt werden wie eine Ware, die der Gesellschaft etwas schuldet: Jugend und Schönheit.
Dann kam eine ganz andere Frau zu dem Debakel dazu, und das ist herrlich erfrischend denn sie ist nicht konventionell schön - dafür aber sehr beliebt. Frances McDormand (57), die markante amerikanische Schauspielerin (so wunderbar in "Fargo") mit der großen Nase und dem herben Gesicht, sprach über Jugendkult und das verdammte Aussehen.http://thehoopla.com.au/looking-age-subversive-act/
"Es gibt scheinbar keine große Lust darauf, ein Erwachsener zu werden. Das ist gar nicht das Ziel, das wird nicht als wunderbare Gabe angesehen. Keiner darf über 45 werden - nicht in der Mode, nicht kosmetisch und nicht im Benehmen. Jeder zieht sich an wie ein Teenager. Jeder färbt sich die Haare. Jeder ist auf ein glattes Gesicht versessen."
Die schlechtesten Karten hatte die arme Renée Zellweger (45). http://www.theguardian.com/commentisfree/2014/oct/23/where-has-real-renee-zellweger-goneEs ist schon schlimm genug für jede Durchschnittsfrau, mit Argusaugen von der wenig vergebenden Gesellschaft beobachtet zu werden, damit ihr keine Falten, jede nicht mehr pralle Lippe, jedes grau im Haar und jeder leicht schlaffe Körperteil entgeht. Aber wenn man eine Schauspielerin von über 40 ist, dann wird man lächerlich gemacht und brutal aus Hollywood gejagt, das sich immer schon als selbsternannte Beauty-Polizei produzierte, immer eine Peitsche in der einen und ein Vergrößerungsglas in der anderen Hand.
Älter zu werden ist ja in sich bereits ein unverschämtes weibliches Verbrechen, und nur wenige Schauspielerinnen entwischen dem Teufelskreis der dauernden Bestrafung. Man kann einfach nicht gewinnen. Wenn man als Movie-Star sein Gesicht einfach so altern lässt als wäre es das Natürlichste der Welt (was für ein dreister Akt!) kann man sicher sein, dass man verlacht wird und ein bösartiger, meist sexistischer Shit-storm aufbraust, der so emotional und voller Hass ist, dass es beunruhigt.
Wenn dann als Resultat ein weiblicher Movie-Star, den all die Forderungen und Erwartungen völlig verrückt gemacht haben, sich dazu entschließt, unters Messer zu gehen und sich alles liften, straffen, botoxen und aufpumpen lässt, was es aufzupumpen gibt, dann prasseln dieselben häßlichen Attacken auf sie hernieder.
Also, egal wie man's dreht: Als Frau bist du verdammt, was auch immer du tust. Gibt es einen Weg aus dem Beauty-Terror?
Bringen wir doch das neue Zauberwort in's Gespräch: Das f-word: (nein, nicht DAS!) Feminismus. So ungefähr jede Frau zwischen 20 und 70 benutzt oder schmückt sich mit diesem neuen-alten, immer wieder wild umstrittenen Begriff, denn es ist hip, entweder dafür oder dagegen zu sein.
Gleichzeitig gibt es eine generelle Verwirrung, denn keiner kann sich darauf einigen, was denn Feminismus nun ist - oder ob es ein untrügliches Zeichen für ihn gibt. (Eigentlich ja. Wenn Männer Probleme mit deinen Überzeugungen und deiner Unabhängigkeit haben, bist du Feministin.)
Applaus für Annie
Die exquisite Sängerin, Philantropistin und Feministin Annie Lennox (fast 60) kennt den Feminismus aus dem FF. Und sie als Schöpferin von meisterhaften Noten und Texten in ihren unvergleichlichen Songs kann sich natürlich sehr klar ausdrücken. Und als wenn es nicht schon inspirierend genug wäre, dass sie kein Geheimnis aus ihrer Meinung macht, hat sie es gewagt - und natürlich einen Sturm der Empörung ausgelöst - die angebete "Queen Bey", also Beyoncé, die gerne "feministisch" tut, als "lite" Feministin zu bezeichnen und das nervige "twerking" von dem anstrengenden jungen Ding namens Miley sehr richtig als Teenager Krankheit einzustufen.
Aber was sie wirklich getan hat, ist viel wichtiger und wertvoller, nämlich eine einfache Lektion in Sachen Natürlichkeit und Humanität vorzuleben, indem sie einfach nur sie selber ist.
Hiermit möchte ich Annie dafür applaudieren, dass sie uns erlaubt - besonders ihrer Generation - einer intelligenten, liebenswerten Schönheit wie ihr dabei zuzusehen, wie sie vor unseren Augen authentisch und sehr gewinnend altert und uns dadurch spiegelt.
DAS ist Feminismus pur! Für mich ist das ein Geschenk von einer grossen Künstlerin, denn das ist genau das, was wir täglich als Augenzeugen als Erinnerung an uns selber sehen sollten. Normalität! Das heisst auch, der nicht wirklich auszutricksenden Mutter Natur (warum heißt sie wohl nicht Vater Natur?) nicht verzweifelt ins Handwerk zu pfuschen. Es geht hierbei um ein wahres Selbst, ein menschliches Selbst, ein angstloses Selbst, ganz ohne Fake und Lügen.
Also, wer ist die wahre Schönheit hier? Die älteren Frauen, wie Frances und Annie, die ihre natürliche Schönheit problemlos zeigen wie sie ist, oder die sehr viel jüngere Frau, die voller Angst ist, angesehen und von dem misogynistischen Schönheitsgericht als imperfekt abgeurteilt zu werden?
Welche Angst steckt hinter der Angst? Der Verlust von Liebe, Attraktivität, von Freunden, tollen Jobs - und vor allem der Verlust von der Auswahl, die einst so üppig und selbstverständlich war?
Hier kommen die eigentlich altbekannten News: Das Leben ist nichts als eine grosse Kollektion von Verlusten; aber es hat auch Bereicherungen, die die Härte weichspülen. Und anstatt diese Geschenke, die das Alter bringt, glücklich zu umarmen, hat diese unsere anti-Frauen Gesellschaft einen Befehl parat: Lass niemanden deine Falten, die nicht mehr taufrische Haut oder die nicht mehr keck nach oben zeigenden Brüste sehen! Aber warum darf das keiner sehen? Wer ist denn eigentlich unsere Audienz, deren Gutheissung oft so innig erwünscht ist wie die früher als Kind vom Papi?
Aber hier kommen mal gute Nachrichten: Wir haben die Wahl! Man muss sie in Stücke zerhauen, diese feindliche Idee von Schönheit, die zu einen Nichts verlöscht, wenn man älter wird. Wir können uns nämlich das Rampenlicht selber aussuchen und damit auch unser eigenes Publikum. Und es wäre sehr weise - und eben auch feministisch - sich Mitstreiter und Freunde auszusuchen, die nicht nur in demselben Boot mit dir sitzen, sondern auch wissen, wie und wohin gerudert werden soll, damit man am richtigen Ufer landet, wo es gerecht, friedlich und frauenfreundlich zugeht.
Aber am Wichtigsten ist letztendlich, echte Aktivistinnen und selbstbestimmte Frauen zu sein, die auf ihre Rechte pochen und nicht nur davon reden. Seid radikal, verändert die Spielregeln, aber lebt auch danach. Seid weise, seid fair, egal ob jung oder alt, schärft eure Kanten und Ecken - und sagt Lebewohl zur Angst. Und als logische Konsequenz wahrscheinlich auch zu ein paar Männern.
Oder man sucht sich lieber gleich so ein Exemplar aus wie Frances McDormand: Seit 35 Jahren mit Regisseur Joel Coen (eine Hälfte der berühmten Coen Brothers, verantwortlich für "The Big Lebowski") sagt sie ganz schlicht: "Er guckt mich an und liebt was er sieht." Und für all die, denen kritische, smarte und erwachsene Frauen nicht passen, denen kann man das andere "f-word", das nur vier Buchstaben hat, laut zurufen.