Was den Islamischen Staat (ISIS) angeht, jene Terrorgruppe die weite Teile des Irak und Syriens mit Gewalt überzieht, gibt es viele Spekulationen, Fehlinformationen, Verschwörungstheorien.
Mythos 1: ISIS und Al-Kaida waren schon immer Feinde
In der Vergangenheit gab es eine Verbindung zwischen den Gruppen. Aktuell aber stehen sich die Terrorgruppen alles andere als freundlich gegenüber.
Die Wurzeln von ISIS liegen in einer sunnitischen Islamistengruppe im Irak. Der Jordanier Abu Musab al-Zarqawi gründete dort bald nach der US-Invasion 2003 eine Gruppe namens Jama’at al-Tawhid w’al-Jihad (Partei des Monotheismus und des Dschihad). Etwa ein Jahr später soll er sich laut Recherchen der Jamestown Foundation zu Al-Qaida-Chef Osama bin Laden bekannt und seine Gruppe nun Al-Qaida im Irak (AQI) genannt haben. Schon damals gab es Spannungen, die Gruppen unterschieden sich in Taktik, Zielen und Führungsstil.
2006 wurde Zarqawi von den USA getötet, sein Nachfolger wurde Abu Bakr al-Baghdadi, der die Terrorgruppe noch heute führt.
Die Gruppe, die schon bald auch unter dem Namen ISI (Islamischer Staat im Irak) firmierte, beteiligte sich ab 2011 am Bürgerkrieg in Syrien, nannte sich deswegen auch ISIS (Islamischer Staat im Irak und Syrien) beziehungsweise ISIL (Islamischer Staat im Irak und der Levante/Großsyrien).
Im April behauptete Al-Baghadadi, ISIS arbeite mit der Al-Qaida-Gruppe in Syrien, der Al-Nusra-Front, zusammen. Doch die dementierte.
Anfang Februar 2014 wurde eine Mitteilung von Al-Qaida bekannt, derzufolge sie sich von ISIS distanzierte. Baghdadi hatte der Al-Qaida unter Aiman al-Sawahiri offenbar den Gehorsam verweigert, sich zu sehr in Syrien eingemischt und war sogar Al-Qaida zu brutal.
Mitte 2014 erklärten einige Mitglieder der Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQIP), ISIS zu unterstützen. Doch offiziell sind die beiden Terrororganisationen Gegner.
Ein undatiertes Foto, das auf einer Webseite von Militanten erschien, zeigt ISIS-Kämpfer im syrischen Rakka. (AP Photo/Militant Website)
Mythos 2: ISIS ist ein Produkt der CIA
Immer wieder gibt es Verschwörungstheorien, denen zufolge ISIS von den USA, von den britischen und/oder israelischen Geheimdiensten gegründet wurde.
Die Theorie wird sogar von hochrangigen Politikern im Nahen Osten verbreitet. Beweise dafür sind keine öffentlich bekannt – wohl aber die Abneigung, die viele Menschen in der Region gegenüber den USA hegen.
Analysten vermuten den Ursprung der Verschwörungstheorie in Ägypten. Den Gerüchten nach soll die ehemalige US-Außenministerin Hillary Rodham Clinton den Deal angezettelt haben, um diverse unliebsame Regierungen durch US-freundlichere zu ersetzen. Der Beleg soll sich den Gerüchten zufolge in Hillary Clintons kürzlich erschienenen Memoiren finden. Nur: Dort steht nichts derartiges.
Die Theorie verbreitete sich allerdings so rasant, dass sich sogar die US-Botschaft im Libanon zu einem Dementi gezwungen sah:
Mythos 3: Die USA sind unschuldig an der Entwicklung von ISIS
Viele Beobachter sehen allerdings eine indirekte Verantwortung der USA für die Entstehung von ISIS. Der Journalist Stephan Richter schreibt in einem Gastbeitrag für die „Zeit“: „Die Irak-Invasion hat eine zerrüttete Gesellschaft samt eines Machtvakuums hinterlassen, das nun nach dem Truppenabzug der USA – alles andere als überraschend – von radikalen Kräften gefüllt wird. Als Premier von amerikanischen Gnaden hat Nuri al-Maliki alles getan, die tiefen Gräben zwischen den Glaubensgruppen weiter zu verschärfen.“
Auch die ehemalige US-Außenministerin Hillary clinton hatte in einem Interview mit dem Magazin „Atlantic“ gesagt: „Das Versagen, eine glaubwürdige Kampfkraft aufbauen zu helfen, die aus Menschen besteht, die den Protest gegen Assad angestoßen haben – Islamisten, Säkulare und irgendwas dazwischen – dieses Versagen hat ein großes Vakuum erzeugt, das die Dschihadisten nun füllen.“
Mythos 4: Was ISIS treibt, ist von der Religion gedeckt
Der ISIS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi nimmt für sich in Anspruch, für alle Muslime zu sprechen, spielt sich als Kalif auf. Tatsächlich sind Muslime, seien es nun Sunniten oder Schiiten, weniger hierarchisch organisiert als etwa Katholiken. Im Islam gibt es kein Oberhaupt vergleichbar mit dem Papst, das anerkannterweise das letzte Wort hat. Wohl aber haben einzelne Religionsgelehrte Einfluss.
Ende September hat eine Gruppe muslimischer Gelehrter aus aller Welt einen Brief veröffentlicht, der die extreme Ideologie von ISIS verurteilte. Die Gelehrten brandmarkten die Praktiken der Gruppe als unislamisch und listeten detailliert auf, inwiefern die Ideologie sich von dem unterscheidet, was die meisten Muslime glauben. Sie schrieben zum Beispiel, dass es im Islam verboten sei, zu foltern, Unschuldige zu töten und Gewaltakte auf Gottes Lehre zurückzuführen. Damit sprachen sie der ISIS-Praxis, Ungläubige zu töten – ein sehr weit gefasster Begriff, mit dem die Terroristen auch jene Muslime bezeichnen, die sich ihrem Regime und ihrem Boss nicht beugen wollen.
Die Gelehrten verurteilen auch andere Aktionen und Überzeugungen von ISIS, darunter auch, dass sie andere zum Übertritt zu Islam zwingen wollen, dass sie die Rechte von Frauen verletzen, und das Grab des Propheten zerstören.
Muslime auf der ganzen Welt haben die brutalen Aktionen von ISIS verurteilt und der Gruppe vorgeworfen, sich hinter einem falschen Islamverständnis zu verstecken. Eine Bewegung britischer Muslime etwa flutete die sozialen Medien mit Botschaften unter dem Hashtag #NotInMyName (Nicht in meinem Namen).
Mythos 5: US-Senator John McCain hat sich mit ISIS getroffen
Der frühere republikanische Präsidentschaftskandidat in der USA, Senator John McCain, wird aufgrund von Fotos in Verbindung mit ISIS gebracht. Das Foto hatte McCain nach einem Treffen mit Kämpfern der Freien Syrischen Armee, die gegen Syriens Machthaber Baschar al-Assad kämpfe, gepostet.
Später wurde es fälschlich als Foto von einem Treffen McCains mit ISIS uminterpretiert und auf dubiosen Blogs im Internet verbreitet. Außerdem tauchte eine Fotomontage auf, auf der McCain ISIS-Chef Al-Baghdadi eine Orden anheftete.
Sogar ein US-Politiker, Senator Rand Paul, fiel auf die Fälschung herein und kritisierte das Treffen in einem Interview mit „Daily Beast“. „Das ist das Problem. Er (McCain) traf sich mit ISIS und ließ das Foto machen und wusste gar nicht, was zu der Zeit wirklich passierte.“
Nach dem Faktencheck der „Washington Post“ gibt es "überhaupt keinen Beleg, dass einer der Männer, die McCain in Syrien getroffen hat mit dem Islamischen Staat in Verbindung steht.“
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Mythos 1: ISIS und Al-Kaida waren schon immer Feinde
In der Vergangenheit gab es eine Verbindung zwischen den Gruppen. Aktuell aber stehen sich die Terrorgruppen alles andere als freundlich gegenüber.
Die Wurzeln von ISIS liegen in einer sunnitischen Islamistengruppe im Irak. Der Jordanier Abu Musab al-Zarqawi gründete dort bald nach der US-Invasion 2003 eine Gruppe namens Jama’at al-Tawhid w’al-Jihad (Partei des Monotheismus und des Dschihad). Etwa ein Jahr später soll er sich laut Recherchen der Jamestown Foundation zu Al-Qaida-Chef Osama bin Laden bekannt und seine Gruppe nun Al-Qaida im Irak (AQI) genannt haben. Schon damals gab es Spannungen, die Gruppen unterschieden sich in Taktik, Zielen und Führungsstil.
2006 wurde Zarqawi von den USA getötet, sein Nachfolger wurde Abu Bakr al-Baghdadi, der die Terrorgruppe noch heute führt.
Die Gruppe, die schon bald auch unter dem Namen ISI (Islamischer Staat im Irak) firmierte, beteiligte sich ab 2011 am Bürgerkrieg in Syrien, nannte sich deswegen auch ISIS (Islamischer Staat im Irak und Syrien) beziehungsweise ISIL (Islamischer Staat im Irak und der Levante/Großsyrien).
Im April behauptete Al-Baghadadi, ISIS arbeite mit der Al-Qaida-Gruppe in Syrien, der Al-Nusra-Front, zusammen. Doch die dementierte.
Anfang Februar 2014 wurde eine Mitteilung von Al-Qaida bekannt, derzufolge sie sich von ISIS distanzierte. Baghdadi hatte der Al-Qaida unter Aiman al-Sawahiri offenbar den Gehorsam verweigert, sich zu sehr in Syrien eingemischt und war sogar Al-Qaida zu brutal.
Mitte 2014 erklärten einige Mitglieder der Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQIP), ISIS zu unterstützen. Doch offiziell sind die beiden Terrororganisationen Gegner.
Ein undatiertes Foto, das auf einer Webseite von Militanten erschien, zeigt ISIS-Kämpfer im syrischen Rakka. (AP Photo/Militant Website)
Mythos 2: ISIS ist ein Produkt der CIA
Immer wieder gibt es Verschwörungstheorien, denen zufolge ISIS von den USA, von den britischen und/oder israelischen Geheimdiensten gegründet wurde.
Die Theorie wird sogar von hochrangigen Politikern im Nahen Osten verbreitet. Beweise dafür sind keine öffentlich bekannt – wohl aber die Abneigung, die viele Menschen in der Region gegenüber den USA hegen.
Analysten vermuten den Ursprung der Verschwörungstheorie in Ägypten. Den Gerüchten nach soll die ehemalige US-Außenministerin Hillary Rodham Clinton den Deal angezettelt haben, um diverse unliebsame Regierungen durch US-freundlichere zu ersetzen. Der Beleg soll sich den Gerüchten zufolge in Hillary Clintons kürzlich erschienenen Memoiren finden. Nur: Dort steht nichts derartiges.
Die Theorie verbreitete sich allerdings so rasant, dass sich sogar die US-Botschaft im Libanon zu einem Dementi gezwungen sah:
Mythos 3: Die USA sind unschuldig an der Entwicklung von ISIS
Viele Beobachter sehen allerdings eine indirekte Verantwortung der USA für die Entstehung von ISIS. Der Journalist Stephan Richter schreibt in einem Gastbeitrag für die „Zeit“: „Die Irak-Invasion hat eine zerrüttete Gesellschaft samt eines Machtvakuums hinterlassen, das nun nach dem Truppenabzug der USA – alles andere als überraschend – von radikalen Kräften gefüllt wird. Als Premier von amerikanischen Gnaden hat Nuri al-Maliki alles getan, die tiefen Gräben zwischen den Glaubensgruppen weiter zu verschärfen.“
Auch die ehemalige US-Außenministerin Hillary clinton hatte in einem Interview mit dem Magazin „Atlantic“ gesagt: „Das Versagen, eine glaubwürdige Kampfkraft aufbauen zu helfen, die aus Menschen besteht, die den Protest gegen Assad angestoßen haben – Islamisten, Säkulare und irgendwas dazwischen – dieses Versagen hat ein großes Vakuum erzeugt, das die Dschihadisten nun füllen.“
Mythos 4: Was ISIS treibt, ist von der Religion gedeckt
Video: Massenvergewaltigungen im Irak
Isis-Kämpfer zwingen Frauen zu Sex-Diensten
Der ISIS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi nimmt für sich in Anspruch, für alle Muslime zu sprechen, spielt sich als Kalif auf. Tatsächlich sind Muslime, seien es nun Sunniten oder Schiiten, weniger hierarchisch organisiert als etwa Katholiken. Im Islam gibt es kein Oberhaupt vergleichbar mit dem Papst, das anerkannterweise das letzte Wort hat. Wohl aber haben einzelne Religionsgelehrte Einfluss.
Ende September hat eine Gruppe muslimischer Gelehrter aus aller Welt einen Brief veröffentlicht, der die extreme Ideologie von ISIS verurteilte. Die Gelehrten brandmarkten die Praktiken der Gruppe als unislamisch und listeten detailliert auf, inwiefern die Ideologie sich von dem unterscheidet, was die meisten Muslime glauben. Sie schrieben zum Beispiel, dass es im Islam verboten sei, zu foltern, Unschuldige zu töten und Gewaltakte auf Gottes Lehre zurückzuführen. Damit sprachen sie der ISIS-Praxis, Ungläubige zu töten – ein sehr weit gefasster Begriff, mit dem die Terroristen auch jene Muslime bezeichnen, die sich ihrem Regime und ihrem Boss nicht beugen wollen.
Die Gelehrten verurteilen auch andere Aktionen und Überzeugungen von ISIS, darunter auch, dass sie andere zum Übertritt zu Islam zwingen wollen, dass sie die Rechte von Frauen verletzen, und das Grab des Propheten zerstören.
Muslime auf der ganzen Welt haben die brutalen Aktionen von ISIS verurteilt und der Gruppe vorgeworfen, sich hinter einem falschen Islamverständnis zu verstecken. Eine Bewegung britischer Muslime etwa flutete die sozialen Medien mit Botschaften unter dem Hashtag #NotInMyName (Nicht in meinem Namen).
British Muslims send a clear message to #IS #ISIS sectarian murderers -- #notinmyname pic.twitter.com/i84K9jDQ1h
— Murtaza Ali Shah (@MurtazaGeoNews) September 17, 2014
Mythos 5: US-Senator John McCain hat sich mit ISIS getroffen
"@CountryStandard: Senator John McCain held secret meetings with ISIS in Syria pic.twitter.com/eZVUWOsZxZ”"
Goh.
— unknown soldier (@cmfuentez) August 30, 2014
Der frühere republikanische Präsidentschaftskandidat in der USA, Senator John McCain, wird aufgrund von Fotos in Verbindung mit ISIS gebracht. Das Foto hatte McCain nach einem Treffen mit Kämpfern der Freien Syrischen Armee, die gegen Syriens Machthaber Baschar al-Assad kämpfe, gepostet.
Später wurde es fälschlich als Foto von einem Treffen McCains mit ISIS uminterpretiert und auf dubiosen Blogs im Internet verbreitet. Außerdem tauchte eine Fotomontage auf, auf der McCain ISIS-Chef Al-Baghdadi eine Orden anheftete.
Sogar ein US-Politiker, Senator Rand Paul, fiel auf die Fälschung herein und kritisierte das Treffen in einem Interview mit „Daily Beast“. „Das ist das Problem. Er (McCain) traf sich mit ISIS und ließ das Foto machen und wusste gar nicht, was zu der Zeit wirklich passierte.“
Nach dem Faktencheck der „Washington Post“ gibt es "überhaupt keinen Beleg, dass einer der Männer, die McCain in Syrien getroffen hat mit dem Islamischen Staat in Verbindung steht.“
Video: Krieg der Terror-Organisationen:
Droht ein blutiger Kampf zwischen Al-Qaida und ISIS?
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