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Rumänien: Korrupte Justiz als Sprungbrett für den Islamischen Staat?

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Nach Angaben des rumänischen Innlandsgeheimdienstes SRI wurden Millionen von Prepaid-Karten in Bukarest erworben, um an Kämpfer des Islamischen Staates im Irak und Syrien zu gelangen. Für Mitglieder der des Islamischen Staates (IS) ist das Balkanland ein Paradies: Wer eine Prepaid-Karte kauft, muss sich weder mit echtem Namen registrieren, noch sonstige Angaben zur Person machen. Die gesamte Kommunikation des IS verläuft somit vollkommen unkontrolliert - USA und EU scheinen machtlos, ideenlos und überfordert. Zumal auch das Justizsystem des Landes alles andere als sauber funktioniert.

Tatsächlich ist nicht nur der muntere IS-Vertrieb verwunderlich. Auch die mediale Abdeckung des Events im Westen liegt bei Null. So berichtete am heutigen kein einziges deutsches Medium über die in Rumänien auf allen Kanälen verbreitete Analyse des SRI-Chefaufsehers Georgian Pop. Der hatte nicht nur auf die Prepaid-Lücke im europäischen Sicherheitssystem aufmerksam gemacht, sondern auch betont, dass die Karten gleich Säckeweise gekauft und exportiert würden.

Für die Einheiten des Islamischen Staates kommt die rumänische Sicherheitslücke mehr als gelegen. denn laut SRI werden die Karten nur für begrenzte Zeit genutzt. Wer mit wem wann und wo telefoniert lässt sich somit weder überwachen, noch zurückverfolgen.

Nun könnte man den Fall an dieser Stelle abschließen, nur: Er dient als Beispiel für ein durch und durch korruptes, staatliches System. Während die Geheimdienste SRI (Innland) und SIE (Ausland) noch zu funktionieren scheinen, drohen andere Behörden und das gesamte Justizsystem im Chaos zu versinken.

„Rumänien ist ein mafiöser Staat", resümiert angesichts solcher Zustände der ehemalige Chef der rumänischen Polizei, Ion Pitulescu, bei jeder sich bietenden Möglichkeit in der Öffentlichkeit. Auch Angela Filote, oberste Vertreterin des Balkanlandes bei der Europäischen Kommission in Brüssel, nennt die Dinge beim Namen. Die Korruption in Rumänien habe nicht nur erschreckende Ausmaße angenommen, sie drohe „zum Wundbrand eines ganzen Landes zu werden".

Auch renommierte Verlage im Sog der Justiz-Mafia

So unterstützt der seit 1763 bestehende, altehrwürdige Münchner Verlag C.H.Beck durch Autorenverträge und Kooperationen die rumänische Justizmafia in Bukarest de facto aktiv. Auf der Liste der Autoren finden nämlich sich nicht nur Anwälte und Richter unter Korruptionsverdacht - sondern auch verurteilte Kriminelle, etwas der ehemalige Premierminister des Landes, Adrian Nastase.

Tatsächlich finden sich auf der rumänischen Autorenliste von C-H.Beck neben Nastase weitere Namen, die in Bukarest jeder Korruptionsbekämpfer kennt: Evelina Oprina und Traian Briciu. Die tauchen seit Jahren im Zusammenhang mit einem Prozess auf, in dem es um rund 200 Millionen Euro ging - und über den selbst Staatspräsident Traian Basescu am Ende öffentlich sagte, dass die beteiligten Richter korrumpiert gewesen seien.

Die Antikorruptionsorganisation „Allianz für ein sauberes Rumänien" monierte ebenfalls, dass nach dem fraglichen Urteil in dem Prozess um fragliche Grundstücksrechte das Rathaus der Hauptstadt rund 200 Millionen Euro an den Geschäftsmann Costica Costanda berappen muss. Dieser hatte das Rathaus auf Zahlung der Summe verklagt, nachdem er Mitte der 2000er Jahre über einen Grundstückstausch knapp 33.000 Quadratmeter Land in bester Lage erworben hatte, die sich er im Nachhinein nicht als Bauland nutzen konnte.

Schon das Tauschgeschäft an sich stößt bei Antikorruptionsorganisationen auf Kopfschütteln - die juristische Abarbeitung des Falls aber widerspricht jeglicher europäischen Norm.

Denn die Richterin und Autorin von C.H.Beck, Evelina Oprina, die Costanda die astronomische Schadenssumme zusprach, unterhält enge Geschäftskontakte zu einem der Anwälte Costandas: Traian Briciu.

Der fungiert nicht nur als Anwalt der Impact Developer & Contractor Entwicklungsgesellschaft, deren Mehrheitsaktionär Gheorghe Iaciu auf Grund von gemeinsamen Briefkastenfirmen-Gründungen mit der britischen Großbank HSBC unter Geldwäscheverdacht geraten ist. Auch begeistert Briciu als vermeintlicher, juristischer Saubermann C.H. Beck, der in Rumänien gleich mit fünf Fachbüchern von Briciu aufwartet. Doch die Verstrickung des Verlags in die Bukarester Justiz-Machenschaften wird erst verständlich, wenn man sich die weiteren Strukturen im Detail anschaut.

Seilschaften, Interessenskonflikte, Befangenheit: Kennt C.H.Beck die Aktivitäten seiner rumänischen Star-Autoren nicht?

Gemeinsam mit Briciu, der gleichzeitig Chef des Instituts für anwaltlichen Nachwuchs des Landes (INPPA) ist, verfasste Oprina nicht nur einen Sammelband über das rumänische Recht. Auch über die "Revista romana de executare silita", der Zeitschrift für Zwangsvollstreckung, laufen Oprina und Briciu zusammen: Am 20. September 2014 organisierte die Zeitschrift, deren Chefredakteurin Oprina ist, eine Konferenz zum Thema Zwangsvollstreckung - mit Briciu als Lektor und Claudiu Constantin Dinu als weiteren Vortragenden, einem offiziellen Berater des rumänischen Staatspräsidenten Traian Basescu.

Ein Präsidialberater als PR-Aushängeschild einer Konferenz, auf der eine Richteren im Verdacht des massiven Interessenskonflikt erscheint wäre zumindest in Deutschland undenkbar - in Bukarest ist das normal. Für den Sprecher der rumänischen Staatspräsidenten ist die Sache klar, wie er auf Anfrage erklärte: "Es gibt keinen Interessenskonflikt zwischen dem Status des Präsidialberaters und den Konferenzen, an denen er teilnimmt". Das Prozedere sei "im Einklang mit den geltenden Gesetzen". Damit nicht genug. Richterin Oprina organisiert über die von ihr als Chefredakteurin geleitete Zeitschrift nicht nur die Konferenz, auf der Briciu samt Präsidialberater vorträgt. Die Konferenz vermarktet für Paketpreise von rund 400 Lei - also rund 100 Euro - Bücher, deren einer Autorenname wenig überrascht: Oprina.

Ein weiterer Vortragender auf der ominösen Konferenz war Ioan Garbulet, der in seiner Funktion als hochrangiger Mitarbeiter der staatlichen Behörde „Inspectia judiciara CSM" im Alltag die Aktivitäten von Richtern wie Oprina überwachen muss. Inwieweit seine Behörde unter diesen Bedingungen überhaupt unbefangen Richterin Oprina unter die Lupe nehmen kann, bleibt freilich sein Geheimnis. Denn auch er zählt zu den Autoren von C.H.Beck in Rumänien - und publiziert sogar gemeinsam mit Oprina im Traditionsverlag.

Als ob das nicht reichte, bieten Oprina und der Leiter der Kontrollbehörde ihre Werke in Basispaketen auf Konferenzen wie jene vom 20. September 2014 zum Verkauf an. Auf diese Weise werden Konferenzteilnehmer angehalten, in die Werke zu investieren. Was C.H.Beck letztendlich ebenfalls zu Gute kommt. Dass die Konferenz für den anwaltlichen Nachwuchs zudem als Fortbildungsveranstaltung zählt, auf der wertvolle und vor allem gesetzlich geforderte Fortbildungspunkte zu holen sind, mag Zufall sein. Kein Zufall ist sicherlich die Erkenntnis, dass Traian Briciu als Leiter der INPPA die Konferenzteilnehmer akkreditiert und C.H. Beck von diesen Strukturen direkt profitiert.

Oprina, Garbulet, Briciu - und immer wieder C.H.Beck als Bindeglied der ebenso umtriebigen wie zweifelhaften Star-Autoren. Die Rolle des Verlags auf Unwissen zu stützen, wäre unangebracht. C.H. Beck unterhält in Bukarest eine eigene Dependance, zu den Partnern des Verlags zählen nach eigenen Angaben auf der rumänischen Website juristische Fakultäten, der Landesgerichtshof und die nationale Anwaltskammer des Landes. Zudem stärken drei eigene Buchhandlungen die Position des Verlags - ob solcher Präsenz ist kaum davon auszugehen, dass man die in der rumänischen Presse geschilderten Fälle rund um Oprina, Briciu und Garbulet nicht kennt.

Auf Anfragen zum Thema reagierte die Firmenzentrale in Deutschland erst gar nicht, auch unsere Anfrage an das rumänische Justizministerium, dem Garbulet direkt untersteht, blieben unbeantwortet. Dort konzentriert man sich eher auf beste Beziehungen zu Oprina und Garbulet, die vom Justizminister Robert Cazanciuc im Dezember 2013 den Preis der Union der Juristen verliehen bekamen.

Fest steht: Die umtriebige Richterin und Professorin Evelina Oprina hat wenig geschäftliche Berührungsscheu zu Anwälten. Auch ein weiterer Anwalt Costanda's, Valeriu Stoica, tritt als Kollege der ominösen Zeitschrift gemeinsam mit Oprina in Erscheinung. Und findet sich, wen wundert's, auch bei C.H.Beck wieder.

Während in Deutschland eine Richterin schon als befangen gilt, wenn sie den Anwalt der Gegenseite zu Kaffee und Kuchen einlädt, scheinen diese Regeln für Bukarest keinen Bestand zu haben - erst recht nicht, wenn es um dreistellige Millionensummen geht. Dass ein deutscher Richter in einem 170 Mio. Euro Verfahren der Geschäftskollege des Anwalts ausgerechnet jener Partei ist, der am Ende durch diesen Richter 170 zugesprochen werden - undenkbar.

C.H.Beck Star-Autor: Selbstmordversuch mit Hilfe von Polizei und Medizinern

Ob Richter wie Evelina Oprina und Anwälte á la Traian Briciu nicht nur befangen, sondern offen korrupt sind, kann in Rumänien nur eine Behörde ermitteln: Directia Nationala de Anticoruptie (DNA). Doch ausgerechnet die medial immer wieder als Korruptionsbekämpfungsbehörde inszenierte Einrichtung muss sich unliebsame Fragen stellen lassen.

Denn über 240 Korruptionsfälle würden derzeit einfach nicht bearbeitet, um die Verjährungsfristen zu erreichen, konstatiert die Online-Zeitung „Sursa Zilei" - dabei würden rund 700 Mio. Euro an veruntreuten Geldern, die sich der Staat im Rahmen von Gerichtsurteilen wiederholen könnte, schlichtweg den Angeklagten zugesprochen. Ohne Gerichtsverfahren, aber infolge der gezielten Deckelung der Fälle.

Wie sehr einige Autoren von C.H. Beck die kriminelle Kunst der Vertuschung beherrschen, können Interessierte auf Wikipedia zum Thema Adrian Nastase nachlesen: „Nach der rechtskräftig gewordenen Verurteilung vom Januar 2012 soll er am 20. Juni 2012 mit Hilfe von Polizisten und Medizinern einen Selbstmordversuch vorgetäuscht haben, um dem Haftantritt zu entgehen".

Terrorunterstützung, Geldwäsche, fehlende Kontrollen der Schengen-Grenzen: Alles eine Frage des Geldes?

Die Strukturen verdeutlichen vor allem eins: Für viel Geld lässt sich in Rumänien nahezu alles kaufen. Genau das aber dürfte sich für die EU und USA als besonderes Problem erweisen. Denn neben dem munteren Handel mit Büchern und Prepaid-Karten befürchten Insider der Geheimdienste eine weitere, enorme Schwachstelle im System: Den illegalen Handel mit Visa für den Schengen-Raum über korrumpierte Konsularabteilungen des Landes im außereuropäischen Ausland. Auf diese Weise könnten, vorerst theoretisch, zahlungskräftige Kämpfer des Islamischen Staates auch dann nach Europa wieder einreisen, wenn ihnen andere Länder den Zutritt zum Schengen-Raum versperren: Nach Willen der Bundesregierung und der Führung in Bukarest soll das Balkanland bereits 2015 Zutritt zum begehrten EU-Raum erhalten. Das Land wird dann Mitglied der Schengen-Gemeinschaft sein - offiziell mitunter auf Grund seiner vermeintlich erheblichen Fortschritte im Kampf gegen die Korruption innerhalb des eigenen Justizsystems.

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