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Mit allen Sinnen leben - Genusstraining

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Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten konzentriert am PC, essen ein Stück Kuchen dabei und nehmen immer wieder einen Schluck Kaffee dazu - wahrscheinlich werden Sie von Kaffee und Kuchen nicht sehr viel wahrnehmen und somit auch wenig Genuss verspüren.

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Genießen können fordert bestimmte Rahmenbedingungen und Genusstraining stellt eine Anleitung zur Wahrnehmungsdifferenzierung, Aufmerksamkeitsfokussierung und zum Wiederentdecken und Erforschen der einzelnen Sinne dar. Hedonistische, Genuss bejahender Lebenseinstellungen und die Förderung der gedanklichen Vorstellung und des Phantasierens sollen vermittelt werden.

Viele Menschen können grundsätzlich genießen und durch Training des „bewussten Genießens" aufgrund ihrer vorhandenen Eigenressourcen und in den Alltag integrierter Genussmomente mehr Wohlbefinden und Lebensqualität erlangen. Manchen Menschen jedoch fällt es schwer zu genießen, aufgrund ihrer Lebensgeschichte oder aufgrund von Erkrankungen, wie z.B. auch einer depressiven Verstimmung. Hier ist dann ein Genusstraining mit psychotherapeutischer Unterstützung sinnvoll.

Das Genusstraining oder Euthyme Verfahren hat seine Wurzeln in der Verhaltenstherapie. Genießen können ist auch im Bereich der Gesundheitserhaltung wichtig. Euthyme, also genussbringende Verhaltensweisen, bedeutet Freude, Lachen, Wohlfühlen, Glücksmomente, Entspannung, Tagträumen und vieles mehr (täglich) erleben zu können. In einer Zeit wo Herausforderungen, Zeitdruck, Leistungsanforderungen zum Alltag gehören und neben Beruf auch Familie, Haushalt und Kindererziehung energieintensive Bereiche darstellen, kann Genussfähigkeit und -fertigkeit und die regelmäßige Integration in den Alltag vor negativen Auswirkungen vieler Stressoren schützen. Für Menschen, die von Krankheiten oder Funktionseinschränkungen betroffen sind, kann Genusstraining und in Folge bewusster Genuss im Alltag viel zur Lebenszufriedenheit beitragen.

Unser Alltag besteht aus unangenehmen wie angenehmen Dingen. Hier gilt es nun unser Augenmerk auf Angenehmes zu richten. In Folge kann dann das Angenehme auch helfen, Unangenehmes leichter und sogar lieber in Angriff zu nehmen. Überlegen Sie, was Sie besonders genießen und ob Sie einen „Favoritsinn" haben oder ob alle Ihre Sinne ausgewogen zu Ihren Genüssen beitragen.

Riechen
Das Riechhirn steht in enger Verbindung zum limbischen System, welches vor allem für die Verarbeitung von Emotionen zuständig ist. Vielleicht ist es Ihnen auch schon passiert, dass ein erschnupperter Geruch eine angenehme Erinnerung hervorgerufen hat? Das sofortige Ansprechen ohne viel eigenes Zutun ist ein Vorteil unseres Geruchsinns, denn gute Düfte können schnell unsere Laune heben: Ätherische Öle in der Wohnung, frische Kräuter, ein Wald nach einem Regenguss, eine Nase voll Teeduft, frisch gebrühter Kaffee, ...

Welcher Duft / Geruch lässt Sie lustvoll die Augen schließen?

Tasten / Fühlen
Tasten und Fühlen ist in unserer Kultur ein eher verkümmerter Sinn, trotzdem er die größte Fläche unseres Körpers einnimmt, die Haut, und wir über viele „Tastwerkzeuge" verfügen wie Hände, Füße, Lippen, Zunge, Mundhöhle. Er spielt auch beim Essen eine wichtige Rolle, denn wir Tasten auch mit Zunge und Mundhöhle. Durch ihn werden viele Sinneseindrücke vermittelt: Temperatur, Größe, Struktur, Oberflächenbeschaffenheit, Gewicht, Form, Material, Größe, Konsistenz.

Blind etwas zu Ertasten ist Teil des Genusstrainings oder beim Genießen einer Speise oder eines Getränks zu versuchen, die Konsistenz bewusst zu erfühlen.
Unser Tastsinn kann auch zu genussvoller Entspannung beitragen: Ein Handschmeichler aus Stein oder Holz, Streichen über Flauschiges, barfuß durch die Wiese oder am kühlen Sandstrand, ein Schluck Tee oder Kaffee, ...

Welches Tast-/Fühlerlebnis ruft Genuss, Wohlbefinden und Entspannung bei Ihnen hervor? Tasten Sie beim Essen auch mit Ihrer Zunge und Mundhöhle?

Schmecken
Wenn man den Geschmackssinn erforscht und trainiert ist es wichtig, sich beim Schmecken und Kauen Zeit zu lassen und die Speise im Mund hin- und herzuschieben. Schmatzen ist beim Training erlaubt, nicht aber Sprechen.
Sprechen während des Essens lenkt immer vom eigentlichen Genuss ab. Langsam Essen ist fürs Genießen wichtig. Bei Mahlzeiten zwischendurch das Besteck abzulegen, Glas oder Tasse abzustellen, sich zurückzulehnen, Geschmack und Konsistenz bewusst wahrzunehmen, fördert den Genuss. Essen ist ein Bedürfnis, genießen ist eine Kunst, meint François VI., Duc de La Rochefoucauld.

Probieren Sie doch mit allen Ihren Leibgerichten und Getränken aus, was unser Geschmacksinn so alles kann - sogar Wasser weist Geschmack und Konsistenz auf. Oder wagen Sie sich mutig in fremdländische Koch- und Würzkunst vor.

Hören
Hochgenuss kann natürlich die Musik sein, aber um den Hörsinn zu erforschen, gilt es vor allem achtsam hinzuhorchen. Hinhorchen auf alltägliche Geräusche und Klänge. Es ist spannend, Geräusche zu erraten: Papierrascheln, Zeitungsumblättern, Wasser eingießen, ein Streichholz oder Feuerzeug anzünden, ein Windspiel. Auch in der „städtischen Natur" findet man Klänge: Wind, Regenplätschern, Vogelstimmen, Hundebellen, Baumrauschen - auch Stille ist hörbar. Der Hörsinn ist ein differenzierter Sinn. Was ein Mensch als angenehmes Hörerlebnis empfindet ist vielfältig und von Situation und Gefühlslage abhängig.

Ist es für Sie Genuss ein Hörerlebnis zu erfahren und/oder auch selbst Hörbares zu schaffen? Was bedeutet für Sie alles Hörgenuss?


Sehen
Jener Sinn, der uns gerne Streiche spielt, wie man an optischen Täuschungen erkennt. Unsere optische Wahrnehmung ist sehr subjektiv und durch unsere individuelle Vorerfahrung, Befindlichkeit und Bedürfnisse gezeichnet. Lassen Sie drei Leute ein Bild beschreiben und es ist fraglich, ob Sie dies als ein Bild erkennen. So einzigartig die Wahrnehmung jedes Einzelnen ist, so einzigartig kann auch das Genusserleben durch einen schönen Anblick sein. Kaleidoskope, Steinsammlungen, Landschaft, Architektur, Tiere, Menschen, Farben ... Aufmerksam und mit offenen Augen durch den Alltag zu gehen schafft kraftvolle und farbenfrohe Genussmomente.

Was erfreut Ihr Auge zu Hause, bei der Arbeit, in der Natur, im Straßenverkehr, in der Stadt?

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Was braucht man für Genuss
Erlauben Sie sich Genusspausen in Ihrem Alltag. In diesen zelebrieren Sie die Langsamkeit, bis hin zur Zeitlupe. Genuss braucht Zeit, Verweilen, Verharren, Beschaulichkeit, Achtsamkeit. Wobei es nicht die Zeitdauer ist, denn auch fünf Minuten können Ihnen völligen Genuss und Wohlbefinden bringen. Auch ein paar Sekunden können ein intensives Genusserlebnis bescheren - aber ich muss diese Sekunden im Hier und Jetzt des Erlebens sein und nicht mit meinen Gedanken schon in der Zukunft.

Wir streben nach der ultimativen Entspannung, wir warten uns zur Urlaubsreise hin und übersehen leicht, dass sich Wohlbefinden am ehesten in einer Vielzahl besonderer Augenblicke einstellt, die wir fast täglich erleben können.

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