Stillstand und Frustration, statt Aufbruch und Mitgestaltung
Deutschland im September 2014. Alexander Dobrindt (CSU) ist „Internet-Minister", Günther Oettinger (CDU) designierter EU-Kommissar für die Digitale Wirtschaft, die AfD zieht in die Landtage von Sachsen, Thüringen und Brandenburg ein.
Auf der wichtigsten Branchenveranstaltung der Digitalen Wirtschaft in Deutschland dominieren wie eh und je die Buzzwords - diesmal „Native Advertising" und „Content Marketing" -, während die „Nachwuchs-Digitalen" sich in den Facebook-Timelines von Sponsoren zum Kommentar-Papagei-Affen machen lassen, nur um an Tickets für angesagte dmexco-Parties zu kommen. Inhalte, Werte? Fehlanzeige.
Das hat alles nichts miteinander zu tun? Das ist pure Polemik? Doch und nein. Mich quält der Antrieb, der hinter all diesen Phänomenen der Gegenwart steckt. Stagnation, Ignoranz, Oberflächlichkeit. Die sog. Digitale Gesellschaft genügt sich selbst im „Wir hier, ihr draußen", während die überwiegende Mehrheit in unserem Lande angesichts von Zukunftstechnologien und Politik Skepsis bis hin zu aggressiver Ablehnung an den Tag legt.
Die digitalen Dampfplauderer nutzen die Trägheit des Jetzt zur Verordnung immer gleicher Rezepte (siehe dmexco-Buzzwords) und Beratungsprodukte (cui bono?). Die dmexco-Macher starten eine Digital-Messe mit einer Abfolge grauer Herren mit politisch-korrekten Statements im Konferenz-Programm.
Die viel zitierten Millennials sind gefangen zwischen Anklage und Selbstverteidigung. Und die Trends von heute werfen erste Schatten auf ein Morgen, das wir uns weder vorstellen, noch ganz offensichtlich gestalten wollen.
Auf politischer Ebene versagen die etablierten Parteien und treiben die Frustrierten in die Arme von Bauernfängern. Ich selbst bin einigermaßen froh aktuell keine Wahl vor der Brust zu haben: Es gibt schlicht keine einzige Partei (mehr), die auch nur annähernd das Personal oder das Programm hat, das mir entspricht. Die Grünen waren es einst - sie sind bis zur Unkenntlichkeit entstellt.
Einzig eine geplante Ausgründung aus der (völlig indiskutablen) FDP mit Bezug auf die liberalen Werte der 70er Jahre macht mir Hoffnung; und gleichzeitig Angst, da es wieder nur ein zeitlicher und programmatischer Rückbezug zu sein scheint.
German Angst, Zukunftsangst, Panoptismus. Wie auch immer man es definiert, benennt oder einzugrenzen versucht: Aufbruch und Optimismus sind kaum zu erkennen.
Die Piraten sind das parteigewordene pars pro toto eines Dilemmas, das seine Ursachen in einer riesigen Verunsicherung weiter Teile der Gesellschaft hat. Der Mehrheit der Menschen ist schlicht nicht mehr klar, welchen positiven Einfluss die Technologien der Gegenwart auf ihre ganz persönliche Zukunft haben können.
Wenn wir keine Antworten geben, die auf die unmittelbaren Bedürfnisse der Menschen eingehen, dann versagt ein System, das die Kluft zwischen Politik, (digitaler) Wirtschaft und Gesellschaft nicht überbrücken hilft. Das Resultat ist Rückzug und Ablehnung: von Technologien, Parteien, Instanzen und Akteuren.
Diese Kluft wäre eine riesige Chance für neue Bündnisse, auch auf politischer Ebene. Für Menschen, denen die Sache wichtiger ist als ihre Vita, ihr Business oder ihr Geldbeutel. Nicht nur Unternehmen brauchen Change-Agents, auch eine Gesellschaft braucht Identifikationsfiguren für einen digital dominierten Struktur-Wandel. Diese Figuren heißen nicht Dobrindt, Oettinger, Gabriel oder Lindner. Und die Mechanismen sind nicht die der Politik alten Zuschnitts.
Holt die jungen, frischen und motivierten Leute nach vorne. Zwingt sie nicht durch die Mühlen eines Politikbetriebs, sondern gebt Ihnen eine Bühne, auf der sie sich wohlfühlen, auf der sie Impulse geben können. Schafft Netzwerke jenseits von Ego und (männlich geprägtem) Dominanzverhalten. Wir brauchen dringend neue Ideen, neue Institutionen und Bühnen für den wirklichen Wandel.
Deutschland im September 2014. Alexander Dobrindt (CSU) ist „Internet-Minister", Günther Oettinger (CDU) designierter EU-Kommissar für die Digitale Wirtschaft, die AfD zieht in die Landtage von Sachsen, Thüringen und Brandenburg ein.
Auf der wichtigsten Branchenveranstaltung der Digitalen Wirtschaft in Deutschland dominieren wie eh und je die Buzzwords - diesmal „Native Advertising" und „Content Marketing" -, während die „Nachwuchs-Digitalen" sich in den Facebook-Timelines von Sponsoren zum Kommentar-Papagei-Affen machen lassen, nur um an Tickets für angesagte dmexco-Parties zu kommen. Inhalte, Werte? Fehlanzeige.
Das hat alles nichts miteinander zu tun? Das ist pure Polemik? Doch und nein. Mich quält der Antrieb, der hinter all diesen Phänomenen der Gegenwart steckt. Stagnation, Ignoranz, Oberflächlichkeit. Die sog. Digitale Gesellschaft genügt sich selbst im „Wir hier, ihr draußen", während die überwiegende Mehrheit in unserem Lande angesichts von Zukunftstechnologien und Politik Skepsis bis hin zu aggressiver Ablehnung an den Tag legt.
Die digitalen Dampfplauderer nutzen die Trägheit des Jetzt zur Verordnung immer gleicher Rezepte (siehe dmexco-Buzzwords) und Beratungsprodukte (cui bono?). Die dmexco-Macher starten eine Digital-Messe mit einer Abfolge grauer Herren mit politisch-korrekten Statements im Konferenz-Programm.
Die viel zitierten Millennials sind gefangen zwischen Anklage und Selbstverteidigung. Und die Trends von heute werfen erste Schatten auf ein Morgen, das wir uns weder vorstellen, noch ganz offensichtlich gestalten wollen.
Auf politischer Ebene versagen die etablierten Parteien und treiben die Frustrierten in die Arme von Bauernfängern. Ich selbst bin einigermaßen froh aktuell keine Wahl vor der Brust zu haben: Es gibt schlicht keine einzige Partei (mehr), die auch nur annähernd das Personal oder das Programm hat, das mir entspricht. Die Grünen waren es einst - sie sind bis zur Unkenntlichkeit entstellt.
Einzig eine geplante Ausgründung aus der (völlig indiskutablen) FDP mit Bezug auf die liberalen Werte der 70er Jahre macht mir Hoffnung; und gleichzeitig Angst, da es wieder nur ein zeitlicher und programmatischer Rückbezug zu sein scheint.
German Angst, Zukunftsangst, Panoptismus. Wie auch immer man es definiert, benennt oder einzugrenzen versucht: Aufbruch und Optimismus sind kaum zu erkennen.
Die Piraten sind das parteigewordene pars pro toto eines Dilemmas, das seine Ursachen in einer riesigen Verunsicherung weiter Teile der Gesellschaft hat. Der Mehrheit der Menschen ist schlicht nicht mehr klar, welchen positiven Einfluss die Technologien der Gegenwart auf ihre ganz persönliche Zukunft haben können.
Wenn wir keine Antworten geben, die auf die unmittelbaren Bedürfnisse der Menschen eingehen, dann versagt ein System, das die Kluft zwischen Politik, (digitaler) Wirtschaft und Gesellschaft nicht überbrücken hilft. Das Resultat ist Rückzug und Ablehnung: von Technologien, Parteien, Instanzen und Akteuren.
Diese Kluft wäre eine riesige Chance für neue Bündnisse, auch auf politischer Ebene. Für Menschen, denen die Sache wichtiger ist als ihre Vita, ihr Business oder ihr Geldbeutel. Nicht nur Unternehmen brauchen Change-Agents, auch eine Gesellschaft braucht Identifikationsfiguren für einen digital dominierten Struktur-Wandel. Diese Figuren heißen nicht Dobrindt, Oettinger, Gabriel oder Lindner. Und die Mechanismen sind nicht die der Politik alten Zuschnitts.
Holt die jungen, frischen und motivierten Leute nach vorne. Zwingt sie nicht durch die Mühlen eines Politikbetriebs, sondern gebt Ihnen eine Bühne, auf der sie sich wohlfühlen, auf der sie Impulse geben können. Schafft Netzwerke jenseits von Ego und (männlich geprägtem) Dominanzverhalten. Wir brauchen dringend neue Ideen, neue Institutionen und Bühnen für den wirklichen Wandel.