Nach der Pulverisierung der FDP bei der Europawahl sowie dem Rausflug der Liberalen aus dem Sächsischen Landtag schielen die Grünen nach den ehemaligen FDP-Wählern. Die Umweltschutzpartei möchte sich gerne als liberale Kraft in Deutschland etablieren. So forderte Tarek Al-Wazir, grüner Wirtschaftsminister in Hessen: „Wir sollten die liberale Partei in Deutschland sein".
Wie das gehen soll, möchten die Grünen am kommenden Freitag in Berlin bei einem parteiinternen Kongress ausdiskutieren. Zur Einstimmung auf die Veranstaltung verfasste eine Gruppe grüner Politiker ein achtseitiges Papier. Darin soll begründet werden, warum eine Partei, deren Identität bisher durch einen ökologischen Paternalismus geprägt war, nun plötzlich zur Fackelträgerin der Freiheit taugen soll.
Das Papier verspricht eine spannende Lektüre zu sein. Denn die Grünen-Politik war schon immer genau das Gegenteil von freiheitlichem Liberalismus. Das liegt im Wesen der Sache. Für einen Liberalen ist die Freiheit das höchste Gut. Die Freiheit bedeutet: so zu leben, wie man es selbst will. Nicht jedoch, wie es einem jemand anderer vorschreibt. Doch genau darum geht es den Grünen seit ihrer Gründung: den Menschen vorzuschreiben, wie sie „richtig" leben sollen. Beim „richtigen" Strom angefangen, über die „richtige" Art sich fortzubewegen bis hin zum „Veggie-Day", also der „richtigen" Weise, sich zu ernähren.
Zugegeben - die Grünen haben im Laufe der Zeit dazu gelernt. Während es früher hieß, das Heilland erreiche nur, wer im selbstgestrickten Pullover die Frösche über die Straße trägt, erhält der moderne Grünen-Jünger bereits durch einen simplen Ablasshandel die Absolution: Das Klima werde schon durch die EEG-Umlage gerettet. Ob das auch reicht, um aus einer links-dogmatischen Partei Trittinscher Prägung zum Vorkämpfer bürgerlicher Freiheit zu mutieren?
Die ersten Absätze lassen Hoffnung aufkeimen. Die Verfasser erkennen nämlich: „Die Menschen fühlten sich von uns bevormundet. Wir wurden als Partei wahrgenommen, die eine bestimmte Art zu leben von oben herab verordnen wollte". Damit soll nun Schluss sein. „Jeder soll seine eigene Idee des Lebens verwirklichen können". Von „größtmöglicher Selbstbestimmung" ist da die Rede sowie vom „Schutz individueller Rechte". Vielleicht ist hier doch die Wandlung von Saulus zu Paulus möglich?
Doch schon auf Seite zwei schimmert das grüne Gutmenschentum durch den gelben Anstrich des Pamphlets: Denn die Selbstbestimmung soll „mit Verantwortung gegenüber der Globalgesellschaft und den kommenden Generationen in Einklang" gebracht werden. Also auf der Autobahn mit 220 km/h zu rasen ist erlaubt, jedoch nur mit dem eigenen Fahrrad, oder, (höchstens!) in einem Elektroauto, welches mit nachweislich regenerativer Energie gespeist wurde.
Auf Seite drei gehen unter der Überschrift „Bedrohungen der Freiheit" der grüne Fortschrittspessimismus mit Technikfeindlichkeit Hand in Hand spazieren: „Hochrisikotechnologien wie die Atomkraft machen uns mehrfach unfrei." Warum für die Grünen die Atomkraft zur größten Bedrohung bürgerlicher Freiheit ist, offenbart sich im Kapitel „Rechtsstaat und Bürgerrechte". Dass es mit seinen nur elf Zeilen das kürzeste Kapitel des ganzen Elaborats ist, verwundert nicht. Wer in jungen Jahren wie Joseph (genannt Joschka) Fischer auf Polizisten eingeprügelt hatte, tut sich auch heute schwer damit, die Arbeit der Sicherheitsbehörden zu würdigen.
Logischerweise heißt es an einer anderen Stelle: „Das Versprechen absoluter Sicherheit wird - ja muss sogar - uneingelöst bleiben". Das gilt zwar für die Gesellschaft insgesamt, jedoch nicht für „Gruppen, deren Freiheit durch Diskriminierung, Gewalt und soziale Not bedroht ist." Bei „Frauen, Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen, MigrantInnen oder Flüchtlinge" ist die „Arbeit der Sicherheitsbehörden daran auszurichten, reale Bedrohungen und begründete Gefahren ernst zu nehmen".
Dieses grüne Weltbild wird im Kapitel „ein solidarisches Europa" noch weiter ausgearbeitet: „Diskriminierungen einzelner sozialer Gruppen durch nationale Regierungen muss künftig stärker sanktioniert werden". Es ist bezeichnend, dass für die Grünen Europa vor allem ein Instrument dafür darstellt, die Freiheit für ihre subkulturellen Zielgruppen zu sichern - notfalls mit Sanktionen. Dabei entlarven sie sich selbst als paternalistische Sozialisten. Fordern sie doch unter dem Deckmantel der Freiheit die Umverteilung und Egalisierung: „Eine wirklich freie Gesellschaft ist eine inklusive Gesellschaft. Diese verlangt eine garantierte Grundausstattung für alle, eine existenzsichernde Grundsicherung und solidarische Sozialversicherungen wie Bürgerversicherung."
Insgesamt liefert das in einer alt-linken Diktion verfasste Papier eher Beweise dafür, warum die Grünen noch Lichtjahre davon entfernt sind, eine liberale Partei zu sein, als für ein glaubhaftes liberales Profil dieser Partei. Denn, wie der stellvertretende Chefredakteur der Welt, Ulf Poschardt, an die Adresse der Grünen treffend schreibt: „Wer nicht will, dass jeder seines Glückes Schmied sein soll, ist kein Liberaler, sondern ist sein natürlicher Gegner, ja Feind."
Die Grünen wollen also am kommenden Freitag auf einem Kongress über diese Positionen diskutieren. Gemessen an der Qualität des Arbeitspapiers, verspricht die Veranstaltung heiter zu werden. Doch unterschätzen sollte man die Grünen nicht. An der Fähigkeit für den Machterhalt ihre eigenen Grundsätze zu verleumden, fehlt es ihnen bekanntlich nicht. Immerhin waren es just die grünen Pazifisten, die unter Fischers Führung Anfang der neunziger Jahre im ehemaligen Jugoslawien unser Land in den ersten Krieg seit 1945 verwickelten.
Es ist nicht so, dass es in Deutschland keine liberalen Parteien mehr gäbe. Mit der FDP und AfD vertreten gleich zwei Parteien das liberal-konservative Bürgertum. Doch solange sich die FDP mit dem Drei-Tage-Bart von Christian Lindner anstatt mit Programmatik beschäftigt und solange liberale Urgesteine vom Schlage Hans-Olaf Henkels in der AfD das Thema links liegen lassen, solange bleibt das Feld der freiheitlichen Politik unbeackert. Dass die Grünen es besetzen wollen, haben sie deutlich zu erkennen gegeben.
Wie das gehen soll, möchten die Grünen am kommenden Freitag in Berlin bei einem parteiinternen Kongress ausdiskutieren. Zur Einstimmung auf die Veranstaltung verfasste eine Gruppe grüner Politiker ein achtseitiges Papier. Darin soll begründet werden, warum eine Partei, deren Identität bisher durch einen ökologischen Paternalismus geprägt war, nun plötzlich zur Fackelträgerin der Freiheit taugen soll.
Das Papier verspricht eine spannende Lektüre zu sein. Denn die Grünen-Politik war schon immer genau das Gegenteil von freiheitlichem Liberalismus. Das liegt im Wesen der Sache. Für einen Liberalen ist die Freiheit das höchste Gut. Die Freiheit bedeutet: so zu leben, wie man es selbst will. Nicht jedoch, wie es einem jemand anderer vorschreibt. Doch genau darum geht es den Grünen seit ihrer Gründung: den Menschen vorzuschreiben, wie sie „richtig" leben sollen. Beim „richtigen" Strom angefangen, über die „richtige" Art sich fortzubewegen bis hin zum „Veggie-Day", also der „richtigen" Weise, sich zu ernähren.
Zugegeben - die Grünen haben im Laufe der Zeit dazu gelernt. Während es früher hieß, das Heilland erreiche nur, wer im selbstgestrickten Pullover die Frösche über die Straße trägt, erhält der moderne Grünen-Jünger bereits durch einen simplen Ablasshandel die Absolution: Das Klima werde schon durch die EEG-Umlage gerettet. Ob das auch reicht, um aus einer links-dogmatischen Partei Trittinscher Prägung zum Vorkämpfer bürgerlicher Freiheit zu mutieren?
Die ersten Absätze lassen Hoffnung aufkeimen. Die Verfasser erkennen nämlich: „Die Menschen fühlten sich von uns bevormundet. Wir wurden als Partei wahrgenommen, die eine bestimmte Art zu leben von oben herab verordnen wollte". Damit soll nun Schluss sein. „Jeder soll seine eigene Idee des Lebens verwirklichen können". Von „größtmöglicher Selbstbestimmung" ist da die Rede sowie vom „Schutz individueller Rechte". Vielleicht ist hier doch die Wandlung von Saulus zu Paulus möglich?
Doch schon auf Seite zwei schimmert das grüne Gutmenschentum durch den gelben Anstrich des Pamphlets: Denn die Selbstbestimmung soll „mit Verantwortung gegenüber der Globalgesellschaft und den kommenden Generationen in Einklang" gebracht werden. Also auf der Autobahn mit 220 km/h zu rasen ist erlaubt, jedoch nur mit dem eigenen Fahrrad, oder, (höchstens!) in einem Elektroauto, welches mit nachweislich regenerativer Energie gespeist wurde.
Auf Seite drei gehen unter der Überschrift „Bedrohungen der Freiheit" der grüne Fortschrittspessimismus mit Technikfeindlichkeit Hand in Hand spazieren: „Hochrisikotechnologien wie die Atomkraft machen uns mehrfach unfrei." Warum für die Grünen die Atomkraft zur größten Bedrohung bürgerlicher Freiheit ist, offenbart sich im Kapitel „Rechtsstaat und Bürgerrechte". Dass es mit seinen nur elf Zeilen das kürzeste Kapitel des ganzen Elaborats ist, verwundert nicht. Wer in jungen Jahren wie Joseph (genannt Joschka) Fischer auf Polizisten eingeprügelt hatte, tut sich auch heute schwer damit, die Arbeit der Sicherheitsbehörden zu würdigen.
Logischerweise heißt es an einer anderen Stelle: „Das Versprechen absoluter Sicherheit wird - ja muss sogar - uneingelöst bleiben". Das gilt zwar für die Gesellschaft insgesamt, jedoch nicht für „Gruppen, deren Freiheit durch Diskriminierung, Gewalt und soziale Not bedroht ist." Bei „Frauen, Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen, MigrantInnen oder Flüchtlinge" ist die „Arbeit der Sicherheitsbehörden daran auszurichten, reale Bedrohungen und begründete Gefahren ernst zu nehmen".
Dieses grüne Weltbild wird im Kapitel „ein solidarisches Europa" noch weiter ausgearbeitet: „Diskriminierungen einzelner sozialer Gruppen durch nationale Regierungen muss künftig stärker sanktioniert werden". Es ist bezeichnend, dass für die Grünen Europa vor allem ein Instrument dafür darstellt, die Freiheit für ihre subkulturellen Zielgruppen zu sichern - notfalls mit Sanktionen. Dabei entlarven sie sich selbst als paternalistische Sozialisten. Fordern sie doch unter dem Deckmantel der Freiheit die Umverteilung und Egalisierung: „Eine wirklich freie Gesellschaft ist eine inklusive Gesellschaft. Diese verlangt eine garantierte Grundausstattung für alle, eine existenzsichernde Grundsicherung und solidarische Sozialversicherungen wie Bürgerversicherung."
Insgesamt liefert das in einer alt-linken Diktion verfasste Papier eher Beweise dafür, warum die Grünen noch Lichtjahre davon entfernt sind, eine liberale Partei zu sein, als für ein glaubhaftes liberales Profil dieser Partei. Denn, wie der stellvertretende Chefredakteur der Welt, Ulf Poschardt, an die Adresse der Grünen treffend schreibt: „Wer nicht will, dass jeder seines Glückes Schmied sein soll, ist kein Liberaler, sondern ist sein natürlicher Gegner, ja Feind."
Die Grünen wollen also am kommenden Freitag auf einem Kongress über diese Positionen diskutieren. Gemessen an der Qualität des Arbeitspapiers, verspricht die Veranstaltung heiter zu werden. Doch unterschätzen sollte man die Grünen nicht. An der Fähigkeit für den Machterhalt ihre eigenen Grundsätze zu verleumden, fehlt es ihnen bekanntlich nicht. Immerhin waren es just die grünen Pazifisten, die unter Fischers Führung Anfang der neunziger Jahre im ehemaligen Jugoslawien unser Land in den ersten Krieg seit 1945 verwickelten.
Es ist nicht so, dass es in Deutschland keine liberalen Parteien mehr gäbe. Mit der FDP und AfD vertreten gleich zwei Parteien das liberal-konservative Bürgertum. Doch solange sich die FDP mit dem Drei-Tage-Bart von Christian Lindner anstatt mit Programmatik beschäftigt und solange liberale Urgesteine vom Schlage Hans-Olaf Henkels in der AfD das Thema links liegen lassen, solange bleibt das Feld der freiheitlichen Politik unbeackert. Dass die Grünen es besetzen wollen, haben sie deutlich zu erkennen gegeben.