"Ich kenne immer mehr Menschen, die mit Hitlers kranker Idee, euch auszurotten, sympathisieren". Briefe wie dieser erreichen die israelische Botschaft in Berlin und den Zentralrat der Juden jeden Tag.
Fast 70 Jahre nach Ende des Dritten Reichs ist dumpfer Judenhass trauriger Alltag in der Bundesrepublik - und längst sind es nicht mehr nur offen rechtsextreme Parteien wie die NPD, die judenfeindliche Parolen verbreiten.
Antisemitismus ist ein Problem, das wieder in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Besonders in Akademikerkreisen ist es wieder salonfähig, unter dem Deckmantel der Israel-Kritik gegen Juden zu hetzen. Frei nach dem Motto "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen" schreiben jedes Jahr Tausende Ärzte, Rechtsanwälte und Professoren Briefe an jüdische Institutionen, die zeigen: Es gibt einen gefährlichen intellektuellen Antisemitismus in Deutschland.
"Es geht darum, die Existenzberechtigung der Juden in Frage zu stellen"
"Der moderne Antisemit kritisiert zwar Israel - allerdings ist es meistens keine wirklich politisch fundierte Kritik wie bei anderen Staaten", sagt Monika Schwarz-Friesel, Linguistik-Professorin an der TU Berlin, der Huffington Post. Es gehe vielmehr darum, die Existenzberechtigung des Staates und somit auch die der Juden in Frage zu stellen.
Dass ein hoher Bildungsgrad offenbar nicht vor Judenfeindlichkeit schützt, weiß keiner besser als Monika Schwarz-Friesel. Die Wissenschaftlerin hat sieben Jahre lang mehr als 14.000 Briefe an israelische Institutionen auf judenkritische Inhalte untersucht.
Das schockierende Ergebnis: 63 Prozent der antisemitischen Briefe an den Zentralrat der Juden und die israelische Botschaft stammten von Menschen aus der sogenannten Mitte Deutschlands - und nicht etwa, wie häufig angenommen, von frustrierten Rechtsextremen aus sozialen Unterschichten.
"Bei den Briefen haben wir häufig dasselbe Muster beobachtet: Zu Beginn des Briefes betont der Autor ausdrücklich, dass er kein Antisemit sei, sondern Humanist oder dergleichen. Im Verlauf des Schreibens kommt allerdings meistens die dezidiert antisemitische Haltung durch", sagt Schwarz-Friesel. In vielen Fällen handele es sich dabei um eine Verquickung von altem und neuen Ressentiments gegenüber Juden.
"Eine Kritik-Verbot an Israel gibt es nicht"
Das Klischee, in Deutschland gebe es auf Grund der Geschichte ein Kritik-Verbot an Israel, stimme absolut nicht. Das habe ihre Forschergruppe anhand empirischer Studien widerlegt. Die Zuschriften, die etwa den Zentralrat der Juden erreichen, belegen das auf erschreckende Weise. So habe laut Schwarz-Friesel ein Jura-Professor dem Zentralrat der Juden geschrieben: „Wir Deutschen haben bittere Erfahrung mit Auserwählten, Sie müssen das wohl noch lernen“.
(Die Beerdigung von Paul Spiegel, ehemaliger Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland. Quelle: Getty)
Ein andere Zuschrift ging noch weiter: „Warum werden die Juden immer wieder verfolgt? Das müssen Sie sich schon selber fragen. Beim nächsten Holocaust beginnt das Gejammer wieder von vorn. Ich habe die Schnauze voll", so die abartige Botschaft an den Zentralrat.
„Die Judenfeindlichkeit in Intellektuellen-Kreisen hat mittlerweile Ausmaße angenommen, die so nicht zu erwarten waren", sagt auch Markus Funck der Huffington Post. Der Forscher vom Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung spricht vom "sekundären Antisemititmus", wenn er an die heutige Judenfeindlichkeit denkt.
Dabei würden nicht die Juden im eigenen Land angegriffen, sondern das Land Israel kritisiert. "Trotzdem treten dabei alte Stereotypen auf, nur eben zwischen den Zeilen.“
Bänker mit krummer Nase und dicken Bäuchen als Occupy-Feindbild
„Und diese Stereotypen sind jederzeit aktivierbar", so Funck. Oft seien es politische oder wirtschaftliche Ereignisse, bei denen die alten Bilder funktionieren. So habe die Occupy-Bewegung während der Bankenkrise indirekt ein jüdisches Feindbild aufgebaut, indem sie die Wall Street mit Bänkern mit krummer Nase und dickem Bauch gleichgesetzt habe. Rassismus pur!
Auch bei den Linken und unter Liberalen in Deutschland sei Antimetismus verbreitet, sagte Politikwissenschaftler Martin Kloke kürzlich dem "Deutschlandfunk". Seit den 60er Jahren arbeite sich ein linksgetönter Antisemitismus an Israel ab.
"Vor 1967 wurden vielfach gerade in linken Kreisen Juden idealisiert, es gab Bühnenstücke, jeder Jude war ein Nathan der Weise, makellos aus den Konzentrationslagern zurückgekehrt und diese Projektion hat sich dann in ihr Gegenteil verkehrt", so Kloke.
Das sei so ähnlich wie bei enttäuschter Liebe - "und dann plötzlich schlägt diese Bewunderung in einen ebenso unkritischen Hass und Abneigung über."
Fast 70 Jahre nach Ende des Dritten Reichs ist dumpfer Judenhass trauriger Alltag in der Bundesrepublik - und längst sind es nicht mehr nur offen rechtsextreme Parteien wie die NPD, die judenfeindliche Parolen verbreiten.
Antisemitismus ist ein Problem, das wieder in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Besonders in Akademikerkreisen ist es wieder salonfähig, unter dem Deckmantel der Israel-Kritik gegen Juden zu hetzen. Frei nach dem Motto "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen" schreiben jedes Jahr Tausende Ärzte, Rechtsanwälte und Professoren Briefe an jüdische Institutionen, die zeigen: Es gibt einen gefährlichen intellektuellen Antisemitismus in Deutschland.
"Es geht darum, die Existenzberechtigung der Juden in Frage zu stellen"
"Der moderne Antisemit kritisiert zwar Israel - allerdings ist es meistens keine wirklich politisch fundierte Kritik wie bei anderen Staaten", sagt Monika Schwarz-Friesel, Linguistik-Professorin an der TU Berlin, der Huffington Post. Es gehe vielmehr darum, die Existenzberechtigung des Staates und somit auch die der Juden in Frage zu stellen.
2012 veröffentlichte die ARD eine sehenswerte Dokumentation mit dem Titel "Antisemitismus heute - Wie judenfeindlich ist Deutschland?"
Dass ein hoher Bildungsgrad offenbar nicht vor Judenfeindlichkeit schützt, weiß keiner besser als Monika Schwarz-Friesel. Die Wissenschaftlerin hat sieben Jahre lang mehr als 14.000 Briefe an israelische Institutionen auf judenkritische Inhalte untersucht.
Das schockierende Ergebnis: 63 Prozent der antisemitischen Briefe an den Zentralrat der Juden und die israelische Botschaft stammten von Menschen aus der sogenannten Mitte Deutschlands - und nicht etwa, wie häufig angenommen, von frustrierten Rechtsextremen aus sozialen Unterschichten.
"Bei den Briefen haben wir häufig dasselbe Muster beobachtet: Zu Beginn des Briefes betont der Autor ausdrücklich, dass er kein Antisemit sei, sondern Humanist oder dergleichen. Im Verlauf des Schreibens kommt allerdings meistens die dezidiert antisemitische Haltung durch", sagt Schwarz-Friesel. In vielen Fällen handele es sich dabei um eine Verquickung von altem und neuen Ressentiments gegenüber Juden.
"Eine Kritik-Verbot an Israel gibt es nicht"
Das Klischee, in Deutschland gebe es auf Grund der Geschichte ein Kritik-Verbot an Israel, stimme absolut nicht. Das habe ihre Forschergruppe anhand empirischer Studien widerlegt. Die Zuschriften, die etwa den Zentralrat der Juden erreichen, belegen das auf erschreckende Weise. So habe laut Schwarz-Friesel ein Jura-Professor dem Zentralrat der Juden geschrieben: „Wir Deutschen haben bittere Erfahrung mit Auserwählten, Sie müssen das wohl noch lernen“.
(Die Beerdigung von Paul Spiegel, ehemaliger Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland. Quelle: Getty)
Ein andere Zuschrift ging noch weiter: „Warum werden die Juden immer wieder verfolgt? Das müssen Sie sich schon selber fragen. Beim nächsten Holocaust beginnt das Gejammer wieder von vorn. Ich habe die Schnauze voll", so die abartige Botschaft an den Zentralrat.
„Die Judenfeindlichkeit in Intellektuellen-Kreisen hat mittlerweile Ausmaße angenommen, die so nicht zu erwarten waren", sagt auch Markus Funck der Huffington Post. Der Forscher vom Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung spricht vom "sekundären Antisemititmus", wenn er an die heutige Judenfeindlichkeit denkt.
Dabei würden nicht die Juden im eigenen Land angegriffen, sondern das Land Israel kritisiert. "Trotzdem treten dabei alte Stereotypen auf, nur eben zwischen den Zeilen.“
Bänker mit krummer Nase und dicken Bäuchen als Occupy-Feindbild
„Und diese Stereotypen sind jederzeit aktivierbar", so Funck. Oft seien es politische oder wirtschaftliche Ereignisse, bei denen die alten Bilder funktionieren. So habe die Occupy-Bewegung während der Bankenkrise indirekt ein jüdisches Feindbild aufgebaut, indem sie die Wall Street mit Bänkern mit krummer Nase und dickem Bauch gleichgesetzt habe. Rassismus pur!
Auch bei den Linken und unter Liberalen in Deutschland sei Antimetismus verbreitet, sagte Politikwissenschaftler Martin Kloke kürzlich dem "Deutschlandfunk". Seit den 60er Jahren arbeite sich ein linksgetönter Antisemitismus an Israel ab.
"Vor 1967 wurden vielfach gerade in linken Kreisen Juden idealisiert, es gab Bühnenstücke, jeder Jude war ein Nathan der Weise, makellos aus den Konzentrationslagern zurückgekehrt und diese Projektion hat sich dann in ihr Gegenteil verkehrt", so Kloke.
Das sei so ähnlich wie bei enttäuschter Liebe - "und dann plötzlich schlägt diese Bewunderung in einen ebenso unkritischen Hass und Abneigung über."
Auch auf HuffingtonPost.de: Europawahlen 2014: Das rechte Gespenst geht um in Europa