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Russlands Wirtschaft ist der große Verlierer der Ukraine-Krise

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Mit dem Beginn der Auseinandersetzungen in der Ukraine kam es an der Moskauer Börse zu dramatischen Kursstürzen. Seitdem haben sich die Kurse zwar wieder erholt. Doch die Ruhe wird nicht lange anhalten.

Schon jetzt ist klar: Mit der russischen Wirtschaft wird es weiter abwärts gehen. Die Gründe hierfür liegen längst nicht nur in der Ukraine-Krise.

Russland kann sich die Krise nicht leisten

Die ökonomischen Kosten der Ukraine-Krise steigen für alle Beteiligten. Putin kann eigentlich kein Interesse an einer Strategie der erneuten Konfliktverschärfung und möglichen Abspaltung der Ostukraine haben. Denn es entstünden daraus erhebliche Transferlasten, die sich Moskau kaum leisten kann.

Zudem würden dann neue Sanktionen des Westens wirksam, die ihrerseits der russischen Wirtschaft enorm schaden würden. Insgesamt sind die Folgekosten für Russland sehr hoch.

Dass Wladimir Putin die Krise dennoch weiter schürt zeigt, dass wirtschaftliche Überlegungen für ihn nicht immer oberste Priorität haben.

Zwar besteht für die Ukraine immer noch die Chance auf eine Entspannung, die eine Sanktionsspirale mit Folgeschäden auch für die westlichen Volkswirtschaften verhindern kann.

Aber selbst dann dürfte die russische Wirtschaft bereits als Verlierer feststehen. Sie wurde von dem Konflikt in einer Phase getroffen, in der sie ohnehin konjunkturell zu schwächeln begonnen hatte: Die Investitionstätigkeit war schon letztes Jahr rückläufig.

Die Investitionsunlust der Unternehmen ist erklärbar, wenn man den schlechten Zustand etwa der Verkehrsinfrastruktur im Lande und die Engpässe daraus betrachtet.

Ein zuweilen unkalkulierbarer Rechtsrahmen und Eingriffe des Staates in die Preisbildung machen ihnen dort zusätzlich das Leben schwer.

Der Konsum hat zwar bis Ende letzten Jahres floriert. Ein großer Teil davon war aber kreditfinanziert, was die Notenbank schon früh im letzten Jahr moniert hat.

Zins- und Tilgungsleistungen stellen immer mehr Privathaushalte vor Probleme. Als Anteil an den verfügbaren Einkommen haben diese Belastungen bereits eine Höhe von 20 Prozent erreicht. Zudem häufen sich jetzt Kreditausfälle. Eine Verlangsamung der Aktivitäten im Einzelhandel ist damit bereits seit letztem Jahr angelegt.

Schlechtes Wirtschaftswachstum

2013 erzielte Russland nur ein Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent; es war der schwächste Zuwachs seit der Krise von 2009, und er lag noch deutlich unter den ebenfalls enttäuschenden Raten anderer Schwellenländer. Auf diese Schwäche setzen nun die Belastungen aus dem Konflikt in der Ukraine auf.


Kursstürze an der Moskauer Aktienbörse und hohe Kapitalabflüsse ins Ausland belegen den Ernst der Lage und verursachen ihrerseits Folgewirkungen: Auf die Rubelschwäche nach den Ereignissen auf der Krim und den wechselkursbedingten Preissteigerungen im März und April musste die Notenbank bereits mehrfach die Leitzinsen anheben.

Höhere Investitionen als Ausgleich sind kurzfristig nicht zu erwarten. Dabei ist der Investitionsbedarf immens, da der Kapitalstock vielerorts noch aus der Sowjetzeit stammt und langsam aber stetig erodiert.

Zu viele Konsumgüter und mehr als die Hälfte der Lebensmittel muss Russland teuer importieren. Dies ist nicht zuletzt eine Folge der Wirtschaftspolitik Putins. Er ist nach wie vor auf den Ressourcensektor fixiert, weil der „sichere" Dividenden für den Staat liefert und sich auch als politisches Druckmittel eignet.

Russland verliert selbst - stellt es den Gashahn ab

Damit sind auch Russlands Exporte sehr einseitig strukturiert: Etwa 70% entfallen allein auf Öl, Gas und andere Rohstoffe. Eine Diversifizierung tut dringend Not. Außer den genannten Primärgütern gibt es kaum russische Produkte, die am Weltmarkt nachhaltigen Erfolg hätten. Dabei werden Sektoren wie etwa der Fahrzeugbau nun wohl stärker den Entzug westlichen Kapitals spüren.

Damit kann Russland seine starke Position im Energiesektor eigentlich kaum ausspielen. Ein abgesperrter Gashahn wird für Deutschland und Europa zwar Versorgungsengpässe und Konjunkturbelastungen verursachen.

Hauptleidtragender wäre aber die russische Wirtschaft selbst: Das Loch aus fehlenden Exporterlösen wäre kurzfristig kaum zu stopfen, auch nicht durch Gasgeschäfte mit China.

Der jüngste Deal mit Peking, der hier so viele Schlagzeilen gemacht hat, kommt überhaupt erst frühestens in vier Jahren ökonomisch zum Tragen. Zuvor sind viele Investitionen vorzufinanzieren. Ein Verzicht auf Erdgaserlöse aus dem Westen wäre auch deshalb schmerzlich, weil dadurch die Finanzierung des russischen Staatsbudgets gerade zu einem Zeitpunkt gefährdet wird, an dem sich hohe Kosten aus der Integration der Krim abzeichnen.

Ein „Anschluss" der Ostukraine würde diese Kosten noch potenzieren. Zudem liefe Russland bei weiteren Konfrontationen Gefahr, sich international noch mehr zu isolieren.

Es müsste dann auf viele Vorteile verzichten, die es seit den 1990er Jahren durch die Einbindung in die Globalisierung nutzen kann - einschließlich der Teilnahme an den internationalen Finanzmärkten und der Freizügigkeit im Reiseverkehr.

Potentielles Nullwachstum

Ich selbst sehe eine ernste Eskalation der Krise weiterhin nicht als Hauptszenario. Aber selbst im unterstellten Fall, dass sich die Lage in der Ukraine zwar langsam, aber am Ende doch entschärft, bliebe die russische Wirtschaft in diesem Jahr und wohl auch danach hohen Belastungen ausgesetzt. Es ist absehbar, dass sie nicht nur im ersten Quartal zurück geworfen wurde, sondern auch im zweiten Quartal sehr schwach abgeschnitten hat.

Der Mix aus hohen Zinsen, Wechselkurseinbußen, teuren Importen und Kapitalabflüssen dürfte für Russland vorerst bestehen bleiben. Gleichzeitig wird sich die Binnenkonjunktur weiter schwer tun mit einer Erholung.

Ein Wachstum von knapp ein Prozent erscheint für dieses Jahr nicht mehr realistisch, ein Nullwachstum sollte nicht überraschen.

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