Passender hätte der Auftakt zur WM 2014 kaum sein können, womit ich nicht die furchtbar langweilige Eröffnungsfeier meine, sondern das Eigentor des brasilianischen Abwehrspielers Marcelo in der 11. Minute im Eröffnungsspiel Brasilien gegen Kroatien in der Arena Corinthians von São Paulo. Brasilien schießt ein Eigentor - das gilt im übertragenen Sinne für die WM als Ganzes.
Brasilien hat sich mit der Organisation dieses sportlichen Großereignisses überfordert und verhoben. Das wissen inzwischen alle. (Wer meinen Blog auf parabens.de schon länger verfolgt, weiß es schon länger.)
Ist jetzt aber auch abgehakt. Es ist, wie's ist und man muss das Beste draus machen.
Viele WM-Austragungsorte erklären die Tage, an denen ein Spiel in der Stadt stattfindet oder die brasilianische Seleção wo auch immer spielt kurzerhand zu Feiertagen. Das sorgt natürlich für eine gewaltige Entlastung im ansonsten überlasteten Straßenverkehr, wie gestern in São Paulo geschehen. Die Stadt wirkte wie ausgestorben, berichten Leute, die vor Ort waren.
Geschäftsleute haben ihre Termine, Kongresse, Messen und Meetings auf die Zeit vor oder nach der WM verlegt. Daher sind inzwischen auch die Preise für Inlandsflüge kräftig gesunken, und zwar um ein Fünftel, wie das brasilianische News-Portal exame.com heute berichtet (Link auf Portugiesisch).
Und Proteste? Die gab es hier und da, sowohl in São Paulo wie anderswo, aber nur mit wenigen hundert Teilnehmern, wenn überhaupt. Die Polizei ist im Gegensatz zum Confed Cup 2013, der Generalprobe zur WM 2014, diesmal mehr als vorbereitet und hochgerüstet. Offiziellen Angaben zufolge hat die Regierung fast zwei Milliarden Reais (einfach durch drei teilen, dann hat man in etwa den Gegenwert in Euro) in die Sicherheit investiert. Brasiliens Großstädte und WM-Austragungsorte dürften bei den Augenzeugen den Eindruck erwecken, es finde gerade ein Militärputsch statt.
Jeder Protest wird sogleich im Keim erstickt. Mit roher Gewalt, Tränengas, Gummigeschossen. Deeskalation ist für brasilianischen Sicherheitskräfte ein Fremdwort. In Deutschland gilt die Polizei als "Dein Freund und Helfer". In Brasilien gilt die Maxime: Halte dich möglichst fern von den "Sicherheitskräften", denn von ihnen geht im Zweifel die größte Gefahr aus. Es kann zu Schussgefechten kommen und sogenannte "balas perdidas" (verirrte Kugeln) töten dann schonmal völlig Unbeteiligte und Unschuldige, auch Kinder.
Bei den kaum erwähnenswerten kleinen Protesten in São Paulo wurde unter anderem eine CNN-Reporterin verletzt und musste kurzeitig in's Krankenhaus, wie das brasilianische Portal R7 berichtet (Link auf Portugiesisch). Na ja, selbst schuld, wenn man so geil darauf ist, sich in's Getümmel zu schmeißen, um Clashes in die heimatlichen Wohnzimmer zu übertragen...
Im Stadion selbst herrschte Friede, Freude, Eierkuchen. Die weiße Mittel- und Oberschicht Brasiliens dominierte mit ihren kanariengelben T-Shirts das Bild, winkte fröhlich und ausgelassen in die Kameras. Selfies sind in Brasilien der Hit und sich im Stadion selbst auf der großen Videoleinwand zu entdecken, ist gewissermaßen Krönung und Ritterschlag zugleich. Und das auch noch am traditionellen brasilianischen Valentinstag (Dia dos Namorados)!! Davon hat die FIFA in ihrer praktizierten Ignoranz gegenüber den Kulturen anderer Länder wohl mal wieder nichts gewusst. Sonst hätte die Regie sicher ein hübsches Paar ausfindig gemacht, das ihre Liebe vor der Kamera zelebriert hätte. Brasilianische Frauen finden sowas romantisch. Hat was von Telenovela vor einem Milliardenpublikum. Oder hab ich etwas verpasst?
Wie auch immer, Brasiliens Präsidentin Dilma und FIFA-Boss Blatter verzichteten auf Ansprachen, um nicht wieder ausgepfiffen zu werden, wie beim Confed Cup im vergangenen Jahr.
Und wie beim Confed Cup sangen die Brasilianer im Stadion ihre Nationalhymne vor Anpfiff einfach weiter, als das Stadion-Playback aufhörte. Sie sollen anschließend Dilma und Blatter noch Fäkalausdrücke entgegengerufen haben.
Die Kroaten gaben richtig Gas. Der Seleção war ihre Anspannung anzumerken. Ob Befürworter oder Gegner der WM im eigenen Land - in einem scheint es (oberflächlich gesehen) Einigkeit zu geben: Die Schmach von 1950 muss getilgt werden. Brasilien muss im eigenen Land Weltmeister werden! A Copa É Nossa! Der Pokal gehört uns!
Dann in der 11. Minute das Eigentor von Marcelo! Was für eine Schmach! Qué vergonha!
Sollte es ein Zeichen sein? Wird sich nicht nur Brasilien als Gastland, sondern auch die Seleção blamieren und die WM verlieren?
Marcelo war sichtlich den Tränen nah. Wäre ihm das im Finale passiert und hätte die Seleção seinetwegen verloren, wäre er für den Rest seines Lebens stigmatisiert gewesen wie ein Aussätziger und wie Torhüter Barbosa seit 1950.
Aber Wunderstürmer Neymar, der wie ein Derwisch durch die Luft wirbelte und spinnengleich sein Netz ausspannte, schaffte noch in der ersten Halbzeit den Ausgleich. Er schoss gewissermaßen das zweite brasilianische Tor.
Nationaltrainer "Felipão" Scolari, der während der Partie wie ein Verkehrspolizist wild gestikulierend und dirigierend am Spielfeldrand steht, gibt sich jovial und reicht einem kroatischen Spieler den Ball zum Einwurf und klopft ihm auf die Schulter. Puh, durchatmen. Nochmal Glück gehabt. Wir können den kroatischen Kämpfern doch Paroli bieten.
Dem Glück kann man aber auch nachhelfen. Und das tut der japanische Schiedsrichter auch ganz unverblümt. In der zweiten Halbzeit schenkt er den Brasilianern einen Elfmeter, den Neymar mit Glück reinbekommt. Der sensationelle kroatische Torhüter Stipe Pletikosa war dran und hätte den Ball fast am Tor vorbei gelenkt. (Ich hatte ein déja-vu und wähnte Manuel Neuer im Tor. Pletikosa trug grün und bewegte sich genau wie Neuer. Ein Zeichen? Wird es ein Finale Deutschland gegen Brasilien geben? Eigentlich glaube ich es nicht. Aber vielleicht kommt doch alles anders?)
Spätestens jetzt wirkt es klar wie Kloßbrühe: Diese Partie ist verschoben, gekauft, manipuliert. Torlinientechnik hin oder her - ein Schiri hat immer noch genügend Möglichkeiten, den Ausgang einer Partie zu steuern.
Ist diese Partie, ist gar diese WM also nur ein abgekartetes Spiel? Wer steckt dahinter? Die Wettmafia? Die FIFA? Beide?
Dann schießt Oscar noch ein letztes Tor für Brasilien zum Endstand 3:1. Dieses Tor ist ein Ausrufezeichen. Wir sind da! Wir können auch ohne fremde Hilfe Tore schießen und treffen auch unser eigenes. Wir bleiben Favorit. A Copa É Nossa!
Romário, Ex-Weltfussballer und einer der vehementesten Kritiker von FIFA und WM-Vorbereitung, hat zuvor via UOL, Facebook und Twitter alle Brasilianer zu einer friedlichen WM aufgerufen. "Kein Regierungschef kann sich mit der Organisation der WM brüsten", schreibt er.
Wie ignorant und unsensibel die FIFA ist, belegt allein die Tatsache, dass FIFA-Boss Blatter kurz vor Auftakt der WM herausposaunt, die FIFA sei noch nie so reich wie heute gewesen. Wie schön für sie und ihre korrupte Funktionärsriege, die in den schicksten und teuersten Hotels residiert, mit Polizeieskorte chauffiert wird, für die ganze Straßenblöcke abgesperrt und Fahrspuren reserviert werden, mal abgesehen von den besten Sitzplätzen im Stadion.
Das Volk da draußen, die Landeskultur, das geht die FIFA einen feuchten Kehricht an. Hauptsache, der Ball und der Rubel rollt - in die eigenen Taschen.
Aber diesmal haben sie überreizt. Die Herren haben sich die längste Zeit die Taschen vollgemacht. Sí Deus quizer. Wenn Gott will, wie die Brasilianer sagen. Und wenn wir Menschen uns diesem rücksichtslosen Vermarktungs-Wahnsinn verweigern. Es liegt ganz bei uns, wie wir uns verhalten und ob sich etwas ändert.
Brasilien hat sich mit der Organisation dieses sportlichen Großereignisses überfordert und verhoben. Das wissen inzwischen alle. (Wer meinen Blog auf parabens.de schon länger verfolgt, weiß es schon länger.)
Ist jetzt aber auch abgehakt. Es ist, wie's ist und man muss das Beste draus machen.
Viele WM-Austragungsorte erklären die Tage, an denen ein Spiel in der Stadt stattfindet oder die brasilianische Seleção wo auch immer spielt kurzerhand zu Feiertagen. Das sorgt natürlich für eine gewaltige Entlastung im ansonsten überlasteten Straßenverkehr, wie gestern in São Paulo geschehen. Die Stadt wirkte wie ausgestorben, berichten Leute, die vor Ort waren.
Geschäftsleute haben ihre Termine, Kongresse, Messen und Meetings auf die Zeit vor oder nach der WM verlegt. Daher sind inzwischen auch die Preise für Inlandsflüge kräftig gesunken, und zwar um ein Fünftel, wie das brasilianische News-Portal exame.com heute berichtet (Link auf Portugiesisch).
Und Proteste? Die gab es hier und da, sowohl in São Paulo wie anderswo, aber nur mit wenigen hundert Teilnehmern, wenn überhaupt. Die Polizei ist im Gegensatz zum Confed Cup 2013, der Generalprobe zur WM 2014, diesmal mehr als vorbereitet und hochgerüstet. Offiziellen Angaben zufolge hat die Regierung fast zwei Milliarden Reais (einfach durch drei teilen, dann hat man in etwa den Gegenwert in Euro) in die Sicherheit investiert. Brasiliens Großstädte und WM-Austragungsorte dürften bei den Augenzeugen den Eindruck erwecken, es finde gerade ein Militärputsch statt.
Jeder Protest wird sogleich im Keim erstickt. Mit roher Gewalt, Tränengas, Gummigeschossen. Deeskalation ist für brasilianischen Sicherheitskräfte ein Fremdwort. In Deutschland gilt die Polizei als "Dein Freund und Helfer". In Brasilien gilt die Maxime: Halte dich möglichst fern von den "Sicherheitskräften", denn von ihnen geht im Zweifel die größte Gefahr aus. Es kann zu Schussgefechten kommen und sogenannte "balas perdidas" (verirrte Kugeln) töten dann schonmal völlig Unbeteiligte und Unschuldige, auch Kinder.
Bei den kaum erwähnenswerten kleinen Protesten in São Paulo wurde unter anderem eine CNN-Reporterin verletzt und musste kurzeitig in's Krankenhaus, wie das brasilianische Portal R7 berichtet (Link auf Portugiesisch). Na ja, selbst schuld, wenn man so geil darauf ist, sich in's Getümmel zu schmeißen, um Clashes in die heimatlichen Wohnzimmer zu übertragen...
Im Stadion selbst herrschte Friede, Freude, Eierkuchen. Die weiße Mittel- und Oberschicht Brasiliens dominierte mit ihren kanariengelben T-Shirts das Bild, winkte fröhlich und ausgelassen in die Kameras. Selfies sind in Brasilien der Hit und sich im Stadion selbst auf der großen Videoleinwand zu entdecken, ist gewissermaßen Krönung und Ritterschlag zugleich. Und das auch noch am traditionellen brasilianischen Valentinstag (Dia dos Namorados)!! Davon hat die FIFA in ihrer praktizierten Ignoranz gegenüber den Kulturen anderer Länder wohl mal wieder nichts gewusst. Sonst hätte die Regie sicher ein hübsches Paar ausfindig gemacht, das ihre Liebe vor der Kamera zelebriert hätte. Brasilianische Frauen finden sowas romantisch. Hat was von Telenovela vor einem Milliardenpublikum. Oder hab ich etwas verpasst?
Wie auch immer, Brasiliens Präsidentin Dilma und FIFA-Boss Blatter verzichteten auf Ansprachen, um nicht wieder ausgepfiffen zu werden, wie beim Confed Cup im vergangenen Jahr.
Und wie beim Confed Cup sangen die Brasilianer im Stadion ihre Nationalhymne vor Anpfiff einfach weiter, als das Stadion-Playback aufhörte. Sie sollen anschließend Dilma und Blatter noch Fäkalausdrücke entgegengerufen haben.
Die Kroaten gaben richtig Gas. Der Seleção war ihre Anspannung anzumerken. Ob Befürworter oder Gegner der WM im eigenen Land - in einem scheint es (oberflächlich gesehen) Einigkeit zu geben: Die Schmach von 1950 muss getilgt werden. Brasilien muss im eigenen Land Weltmeister werden! A Copa É Nossa! Der Pokal gehört uns!
Dann in der 11. Minute das Eigentor von Marcelo! Was für eine Schmach! Qué vergonha!
Sollte es ein Zeichen sein? Wird sich nicht nur Brasilien als Gastland, sondern auch die Seleção blamieren und die WM verlieren?
Marcelo war sichtlich den Tränen nah. Wäre ihm das im Finale passiert und hätte die Seleção seinetwegen verloren, wäre er für den Rest seines Lebens stigmatisiert gewesen wie ein Aussätziger und wie Torhüter Barbosa seit 1950.
Aber Wunderstürmer Neymar, der wie ein Derwisch durch die Luft wirbelte und spinnengleich sein Netz ausspannte, schaffte noch in der ersten Halbzeit den Ausgleich. Er schoss gewissermaßen das zweite brasilianische Tor.
Nationaltrainer "Felipão" Scolari, der während der Partie wie ein Verkehrspolizist wild gestikulierend und dirigierend am Spielfeldrand steht, gibt sich jovial und reicht einem kroatischen Spieler den Ball zum Einwurf und klopft ihm auf die Schulter. Puh, durchatmen. Nochmal Glück gehabt. Wir können den kroatischen Kämpfern doch Paroli bieten.
Dem Glück kann man aber auch nachhelfen. Und das tut der japanische Schiedsrichter auch ganz unverblümt. In der zweiten Halbzeit schenkt er den Brasilianern einen Elfmeter, den Neymar mit Glück reinbekommt. Der sensationelle kroatische Torhüter Stipe Pletikosa war dran und hätte den Ball fast am Tor vorbei gelenkt. (Ich hatte ein déja-vu und wähnte Manuel Neuer im Tor. Pletikosa trug grün und bewegte sich genau wie Neuer. Ein Zeichen? Wird es ein Finale Deutschland gegen Brasilien geben? Eigentlich glaube ich es nicht. Aber vielleicht kommt doch alles anders?)
Spätestens jetzt wirkt es klar wie Kloßbrühe: Diese Partie ist verschoben, gekauft, manipuliert. Torlinientechnik hin oder her - ein Schiri hat immer noch genügend Möglichkeiten, den Ausgang einer Partie zu steuern.
Ist diese Partie, ist gar diese WM also nur ein abgekartetes Spiel? Wer steckt dahinter? Die Wettmafia? Die FIFA? Beide?
Dann schießt Oscar noch ein letztes Tor für Brasilien zum Endstand 3:1. Dieses Tor ist ein Ausrufezeichen. Wir sind da! Wir können auch ohne fremde Hilfe Tore schießen und treffen auch unser eigenes. Wir bleiben Favorit. A Copa É Nossa!
Romário, Ex-Weltfussballer und einer der vehementesten Kritiker von FIFA und WM-Vorbereitung, hat zuvor via UOL, Facebook und Twitter alle Brasilianer zu einer friedlichen WM aufgerufen. "Kein Regierungschef kann sich mit der Organisation der WM brüsten", schreibt er.
Es ist nicht die WM an sich, sondern die Art, wie sie geplant und ausgeführt wurde. Alle haben geirrt: Die Bundesregierung genauso wie die Bundesstaaten und wie die FIFA. Erstere hat die bundesstaatlichen Regierungen nicht begleitet und gefordert wie es nötig gewesen wäre, zweitere waren inkompetent, und die Dritten irrten damit, ein Geschäftsmodel zu implementieren, das Gewinne nur für sie selbst und ihre kommerziellen Partner generiert, ein großer Schaden für Länder, die sich noch im Entwicklungsstadium befinden.
Wie ignorant und unsensibel die FIFA ist, belegt allein die Tatsache, dass FIFA-Boss Blatter kurz vor Auftakt der WM herausposaunt, die FIFA sei noch nie so reich wie heute gewesen. Wie schön für sie und ihre korrupte Funktionärsriege, die in den schicksten und teuersten Hotels residiert, mit Polizeieskorte chauffiert wird, für die ganze Straßenblöcke abgesperrt und Fahrspuren reserviert werden, mal abgesehen von den besten Sitzplätzen im Stadion.
Das Volk da draußen, die Landeskultur, das geht die FIFA einen feuchten Kehricht an. Hauptsache, der Ball und der Rubel rollt - in die eigenen Taschen.
Aber diesmal haben sie überreizt. Die Herren haben sich die längste Zeit die Taschen vollgemacht. Sí Deus quizer. Wenn Gott will, wie die Brasilianer sagen. Und wenn wir Menschen uns diesem rücksichtslosen Vermarktungs-Wahnsinn verweigern. Es liegt ganz bei uns, wie wir uns verhalten und ob sich etwas ändert.