Glückwunsch. Am heutigen Dienstag ist Deutschland wieder in die Steinzeit des Klimaschutzes zurückgefallen. Oder zurückgefallen worden.
Den Startknopf der Zeitmaschine haben SPD und Linke gedrückt. Der Motor stammt von einem Energieriesen.
Die rot-rote Regierung von Brandenburg hat einstimmig eine Rechtsverordnung beschlossen, wonach der Stromriese Vattenfall den Braunkohle-Tagebau Welzow-Süd bei Cottbus ausweiten darf.
Was so nüchtern klingt, heißt:
Erstens: Zwangsumsiedlung
Ab 2026 werden die Bagger die 1900 Hektar Erde aufreißen, auf denen derzeit Dörfer stehen: Proschim, Lindenfeld und das Wohngebiet Welzow V. „Todesurteil“ für die Dörfer nennen das Demonstranten. Mehr als 800 Menschen werden umziehen müssen.
Die Zeitung "BZ" berichtet unter Berufung auf den Justiziar des Proschimer Firmenverbunds, dass die meisten Leute nicht wegwollten und die Entschädigungen für die alten Häuser nicht ausreichten, um neue zu bauen.
Zweitens: Klimapolitischer Irrsinn
200 Millionen Tonnen Braunkohle will Vattenfall fördern. Obwohl Braunkohle als Klimakiller gilt. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace rechnet vor, dass 20 Prozent aller Kohlenstoffdioxidemissionen in Deutschland aus Braunkohlekraftwerken stammen. Dabei sei die Verstromung der Kohle auch noch ineffizient: Weniger als die Hälfte der darin enthaltenen Energie werde in Strom umgewandelt. Kurz: „Braunkohle ist der klimaschädlichste aller Energieträger überhaupt.“
"Alleine mit Welzow-Süd II werden uns die braune Spree und tödlich übersäuerte Seen auf Jahrzehnte erhalten bleiben", sagte Axel Kruschat, Landesgeschäftsführer des BUND Brandenburg dem RBB.
Geradezu aberwitzig: Laut Greenpeace produziert das vom Abriss bedrohte Dorf Proschim schon heute mehr Strom aus Erneuerbaren Energien, als es selbst verbraucht.
Scheinheiliger Entscheidungsprozess
Der Weg zu dieser politischen Entscheidung ist einigermaßen scheinheilig. Nicht einmal die Linke, die den Entschluss mitträgt, will, dass er auch Realität wird. Laut Partei- und Wahlprogramm halten die Linken nämlich nichts von der Braunkohle. Die Partei hofft, dass das Verfahren noch irgendwo an diversen anstehenden Detailgenehmigungen scheitert.
Sogar die vier Vizevorsitzenden der Bundespartei hatten ihre Kollegen in Brandenburg öffentlich aufgefordert, die Entscheidung zu verschieben - bezeichnenderweise so lange, bis die aktuelle Legislaturperiode vorbei ist.
Die „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ erklären diese Schizophrenie so: Sie entstamme der „Koalitionsdisziplin, und um wenige Monate vor der Landtagswahl im September eine Neuauflage des rot-roten Bündnisses nicht zu gefährden“.
SPD und Vattenfall argumentieren mit Arbeitsplätze und Energiesicherheit
Der SPD argumentiert mit den knapp 10.000 Arbeitsplätzen, die in Brandenburg direkt oder indirekt an der Braunkohle hängen.
Außerdem stellt sie die Braunkohle als unverzichtbare "Brücke in das Zeitalter erneuerbarer Energien" dar. "Im Kern geht es um eine sichere, nachhaltige und möglichst preiswerte Energieversorgung", heißt es in der Mitteilung zur Entscheidung. Vattenfall betont, mit der Entscheidung könne man mit modernen Braunkohlekraftwerken die "Energiewende in Deutschland begleiten und absichern", weil diese schwankende Einspeisung aus Wind- und Sonnenenergie bei Bedarf ausgleichen könnten uns so Netzstabilität gewährleisteten.
Landesregierung wie Vattenfall betonen, die Bürgerbeteiligung und Transparenz sei gewahrt worden. Immerhin habe es für allein für die zweite Genehmigungsphase 2013/2014 190.000 Stellungnahmen und Einwendungen gegeben.
Vattenfall versichert: „Wir sind uns bewusst, dass uns mit der heutigen Entscheidung eine hohe Verantwortung zufällt. 800 Menschen sind mit Welzow II von Umsiedlung betroffen. Wir wollen gemeinsam mit ihnen eine sozialverträgliche Perspektive an einem lebenswerten neuen Standort finden. Betroffenen Unternehmen sichern wir den Erhalt ihrer Existenz zu."
Noch mehr Kahlschlag im Gespräch
Im Rau steht allerdings, dass letztlich noch viel mehr Menschen den Baggern weichen müssen. Denn Welzow-Süd ist nicht das einzige Gebiet in der Lausitz, das ausgebaut werden soll. Vattenfall hat vier weitere im Auge. Und auf polnischer Seite plant der Energiekonzern Polska Grupa Energetyczna (PGE) ein noch weit größeres Projekt. Greenpeace warnt: „In der deutschen und polnischen Lausitz planen die Energiekonzerne Vattenfall und PGE das vielleicht größte Umweltverbrechen Europas.“
Dabei denkt man immer, weiter als in die Steinzeit könne man nicht zurückfallen.
Den Startknopf der Zeitmaschine haben SPD und Linke gedrückt. Der Motor stammt von einem Energieriesen.
Die rot-rote Regierung von Brandenburg hat einstimmig eine Rechtsverordnung beschlossen, wonach der Stromriese Vattenfall den Braunkohle-Tagebau Welzow-Süd bei Cottbus ausweiten darf.
Was so nüchtern klingt, heißt:
Erstens: Zwangsumsiedlung
Ab 2026 werden die Bagger die 1900 Hektar Erde aufreißen, auf denen derzeit Dörfer stehen: Proschim, Lindenfeld und das Wohngebiet Welzow V. „Todesurteil“ für die Dörfer nennen das Demonstranten. Mehr als 800 Menschen werden umziehen müssen.
Die Zeitung "BZ" berichtet unter Berufung auf den Justiziar des Proschimer Firmenverbunds, dass die meisten Leute nicht wegwollten und die Entschädigungen für die alten Häuser nicht ausreichten, um neue zu bauen.
Zweitens: Klimapolitischer Irrsinn
200 Millionen Tonnen Braunkohle will Vattenfall fördern. Obwohl Braunkohle als Klimakiller gilt. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace rechnet vor, dass 20 Prozent aller Kohlenstoffdioxidemissionen in Deutschland aus Braunkohlekraftwerken stammen. Dabei sei die Verstromung der Kohle auch noch ineffizient: Weniger als die Hälfte der darin enthaltenen Energie werde in Strom umgewandelt. Kurz: „Braunkohle ist der klimaschädlichste aller Energieträger überhaupt.“
"Alleine mit Welzow-Süd II werden uns die braune Spree und tödlich übersäuerte Seen auf Jahrzehnte erhalten bleiben", sagte Axel Kruschat, Landesgeschäftsführer des BUND Brandenburg dem RBB.
Geradezu aberwitzig: Laut Greenpeace produziert das vom Abriss bedrohte Dorf Proschim schon heute mehr Strom aus Erneuerbaren Energien, als es selbst verbraucht.
Scheinheiliger Entscheidungsprozess
Der Weg zu dieser politischen Entscheidung ist einigermaßen scheinheilig. Nicht einmal die Linke, die den Entschluss mitträgt, will, dass er auch Realität wird. Laut Partei- und Wahlprogramm halten die Linken nämlich nichts von der Braunkohle. Die Partei hofft, dass das Verfahren noch irgendwo an diversen anstehenden Detailgenehmigungen scheitert.
Sogar die vier Vizevorsitzenden der Bundespartei hatten ihre Kollegen in Brandenburg öffentlich aufgefordert, die Entscheidung zu verschieben - bezeichnenderweise so lange, bis die aktuelle Legislaturperiode vorbei ist.
Die „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ erklären diese Schizophrenie so: Sie entstamme der „Koalitionsdisziplin, und um wenige Monate vor der Landtagswahl im September eine Neuauflage des rot-roten Bündnisses nicht zu gefährden“.
SPD und Vattenfall argumentieren mit Arbeitsplätze und Energiesicherheit
Der SPD argumentiert mit den knapp 10.000 Arbeitsplätzen, die in Brandenburg direkt oder indirekt an der Braunkohle hängen.
Außerdem stellt sie die Braunkohle als unverzichtbare "Brücke in das Zeitalter erneuerbarer Energien" dar. "Im Kern geht es um eine sichere, nachhaltige und möglichst preiswerte Energieversorgung", heißt es in der Mitteilung zur Entscheidung. Vattenfall betont, mit der Entscheidung könne man mit modernen Braunkohlekraftwerken die "Energiewende in Deutschland begleiten und absichern", weil diese schwankende Einspeisung aus Wind- und Sonnenenergie bei Bedarf ausgleichen könnten uns so Netzstabilität gewährleisteten.
Landesregierung wie Vattenfall betonen, die Bürgerbeteiligung und Transparenz sei gewahrt worden. Immerhin habe es für allein für die zweite Genehmigungsphase 2013/2014 190.000 Stellungnahmen und Einwendungen gegeben.
Vattenfall versichert: „Wir sind uns bewusst, dass uns mit der heutigen Entscheidung eine hohe Verantwortung zufällt. 800 Menschen sind mit Welzow II von Umsiedlung betroffen. Wir wollen gemeinsam mit ihnen eine sozialverträgliche Perspektive an einem lebenswerten neuen Standort finden. Betroffenen Unternehmen sichern wir den Erhalt ihrer Existenz zu."
Noch mehr Kahlschlag im Gespräch
Im Rau steht allerdings, dass letztlich noch viel mehr Menschen den Baggern weichen müssen. Denn Welzow-Süd ist nicht das einzige Gebiet in der Lausitz, das ausgebaut werden soll. Vattenfall hat vier weitere im Auge. Und auf polnischer Seite plant der Energiekonzern Polska Grupa Energetyczna (PGE) ein noch weit größeres Projekt. Greenpeace warnt: „In der deutschen und polnischen Lausitz planen die Energiekonzerne Vattenfall und PGE das vielleicht größte Umweltverbrechen Europas.“
Dabei denkt man immer, weiter als in die Steinzeit könne man nicht zurückfallen.