Leon und Mia kreischen. Sie wollen das haben. Das da, vor der Kasse im Supermarkt. Was Süßes. Das aus der Werbung.
So wie Leon und Mia ticken viele Kinder. Und viele Eltern geben in dieser sogenannten „Quengelzone“ im Supermarkt lieber nach, anstatt lang und breit über Sinn und Unsinn des Produktes zu diskutieren. Die Quengelumsätze machen in Deutschland allein 70 Milliarden Euro Umsatz aus. Pro Jahr versteht sich.
Kinder haben beim Einkauf einen großen Einfluss auf ihre Eltern. Sie sind aber auch noch aus einem anderen Grund wichtig für die die Werbeindustrie. Sie sind die Kunden von morgen. Wer mit sechs Jahren Nesquik-Kakaopulver mit Milch in kalte Milch gerührt hat, macht das auch mit 25 noch (zumindest einer der Autoren dieses Textes). Oder denken Sie an Nutella oder Kinder-Schokolade. Kleiner Kunde mit 6, großer Kunde mit 30. Marketing eben. Wir Opfer.
Die großen Marken müssen deshalb schon im Leben der kleinsten Kunden bemerkbar sein, je bunter und vielseitiger, desto besser. Sie versuchen es mit allen Tricks. Mit gesponserten DFB-Abzeichen (McDonald’s). Mit Rabatten für Einsen im Zeugnis, wie Media Markt. Mit eigenen Online-Erlebniswelten wie für Mini-Würstchen von Ferdi Fuchs. Mit Leberwurst, die Leo Lausemaus heißt. Oder mit Puddingsorten namens Paula.
Außerdem holen sich die Unternehmen externe Hilfe: Sie kaufen Studien von Marktforschern, die Kinder mit Helmkameras in Supermärkte geschickt haben, um ihre Sicht der Dinge zu analysieren. So können die Unternehmen ihre Kinderwerbung verfeinern.
Kinder kennen mit zehn Jahren schon 400 Markennamen
Das Kindermarketing hat Erfolg; die bis zu 19.000 Werbespots, die Kinder Jahr für Jahr sehen, verfehlen ihre Wirkung nicht. Kinder kennen mit zehn Jahren bis zu 400 Markennamen.
Die Grenze zwischen dem, was erlaubt ist, um Kinder zu überreden, ihr Taschengeld loszuwerden, und dem, was rechtlich problematisch ist – nämlich Werbung für „unausgewogene Produkte“ an Kinder unter zwölf Jahren – verschwimmen.
Ist eine Zuckerbombe immer problematisch? Sind 24,8 Gramm je 100 Gramm bei den „Cini Minis“-Zimt-Stückchen von Nestlé etwa noch ausgewogen? Oder der fettig-salzige Pom-Bär-Snack von Funny Frisch?
Marketing-Experte fordert Verbot von Kinderwerbung
Für die Organisation Foodwatch ist da längst nichts mehr ausgewogen. Kinder seien die "Zielscheibe der perfidesten Werbestrategien von Lebensmittelherstellern". Foodwatch untersuchte im Jahr 2012 über 140 Knusperflocken, die gezielt für Kinder vermarktet werden. Sie seien fast alle ausnahmslos überzuckert gewesen.
„Sie erfüllen nicht die Ansprüche an ein kindgerechtes Frühstück“, lautete die Kritik. Die Unternehmen versuchten, "den Einfluss der Eltern zu umgehen und Kinder für jene Produkte anzufixen, die die höchsten Gewinnmargen versprechen - und das sind nun einmal Süßigkeiten und Snacks".
Der Hamburger Kindermarketing-Experte Tobias Effertz fordert daher ein Verbot von Werbung für ungesunde Produkte, die sich an Kinder richtet.
Kinder könnten Werbung nicht kritisch beurteilen. Weil sie daher auch ungesunde Produkte kaufen, begünstige das Übergewicht.
Andere Forscher widersprechen Effertz. Uwe Sander, ein Bielefelder Medienpädagogik-Professor, sieht Freunde und Familie als (Mit-) Entscheider, nicht so sehr die vermeintlich böse Werbeindustrie. Und Udo Pollmer, Leiter des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften, ergänzt: „Ob ich dick oder dünn bin, wird größtenteils von den Genen bestimmt“. Der Hunger sei „ein Urtrieb wie die Sexualität. Er lässt sich weder unterdrücken noch überlisten“.
Effertz bekommt aber auch Unterstützung. Forscher der Hochschule für Medien bestätigen, dass jüngere Kinder noch keine „Werbekompetenz haben“, also „keine keine Fähigkeit zur Bewertung des Wahrheitsgehaltes und der Persuasionsstrategien der Werbung aufweisen“. Erst ältere Kinder ab zehn Jahren verfügten über eine „Werbeskepsis". Das heißt aber noch längst nicht, dass sie dreiste Werbestrategien durchdringen. Wie auf, das gelingt ja häufig selbst Erwachsenen nicht.
Apropos Erwachsene. Auf Eltern, die ihren Kindern etwas vermeintlich Gutes tun wollen, schielt die Werbeindustrie ebenfalls. Die Ehrmann Monsterbacke verspricht, „so wichtig wie das tägliche Glas Milch zu sein“, ohne zu begründen, warum das so ist. Alete und Milupa werben mit Fertiggerichten, die „wichtig für die Gehirnentwicklung“ und „zur Förderung der Schilddrüsenfunktion“ sein sollen. So geht Eltern-Marketing bei Kinderlebensmitteln.
Eine verdeckte Form der Kinderwerbung gibt's auch an Schulen. Unternehmen wie Ritter Sport setzen auf kostenlose Arbeitsblätter für den Unterricht. So ein Arbeitsblatt ist schnell ausgedruckt. Im Zweifel kopieren gestresste Lehrer eher ein gesponsertes Material, als selbst eins zu entwerfen. Zudem sind Bücher mit fertigen Arbeitsblättern von Didaktik-Experten alles andere als günstig.
Wem die Werbung auf Schularbeitsblättern noch nicht subtil genug ist, der sollte sich folgende Fälle anschauen:
So wie Leon und Mia ticken viele Kinder. Und viele Eltern geben in dieser sogenannten „Quengelzone“ im Supermarkt lieber nach, anstatt lang und breit über Sinn und Unsinn des Produktes zu diskutieren. Die Quengelumsätze machen in Deutschland allein 70 Milliarden Euro Umsatz aus. Pro Jahr versteht sich.
Kinder haben beim Einkauf einen großen Einfluss auf ihre Eltern. Sie sind aber auch noch aus einem anderen Grund wichtig für die die Werbeindustrie. Sie sind die Kunden von morgen. Wer mit sechs Jahren Nesquik-Kakaopulver mit Milch in kalte Milch gerührt hat, macht das auch mit 25 noch (zumindest einer der Autoren dieses Textes). Oder denken Sie an Nutella oder Kinder-Schokolade. Kleiner Kunde mit 6, großer Kunde mit 30. Marketing eben. Wir Opfer.
Die großen Marken müssen deshalb schon im Leben der kleinsten Kunden bemerkbar sein, je bunter und vielseitiger, desto besser. Sie versuchen es mit allen Tricks. Mit gesponserten DFB-Abzeichen (McDonald’s). Mit Rabatten für Einsen im Zeugnis, wie Media Markt. Mit eigenen Online-Erlebniswelten wie für Mini-Würstchen von Ferdi Fuchs. Mit Leberwurst, die Leo Lausemaus heißt. Oder mit Puddingsorten namens Paula.
Außerdem holen sich die Unternehmen externe Hilfe: Sie kaufen Studien von Marktforschern, die Kinder mit Helmkameras in Supermärkte geschickt haben, um ihre Sicht der Dinge zu analysieren. So können die Unternehmen ihre Kinderwerbung verfeinern.
Kinder kennen mit zehn Jahren schon 400 Markennamen
Das Kindermarketing hat Erfolg; die bis zu 19.000 Werbespots, die Kinder Jahr für Jahr sehen, verfehlen ihre Wirkung nicht. Kinder kennen mit zehn Jahren bis zu 400 Markennamen.
Die Grenze zwischen dem, was erlaubt ist, um Kinder zu überreden, ihr Taschengeld loszuwerden, und dem, was rechtlich problematisch ist – nämlich Werbung für „unausgewogene Produkte“ an Kinder unter zwölf Jahren – verschwimmen.
Ist eine Zuckerbombe immer problematisch? Sind 24,8 Gramm je 100 Gramm bei den „Cini Minis“-Zimt-Stückchen von Nestlé etwa noch ausgewogen? Oder der fettig-salzige Pom-Bär-Snack von Funny Frisch?
Marketing-Experte fordert Verbot von Kinderwerbung
Für die Organisation Foodwatch ist da längst nichts mehr ausgewogen. Kinder seien die "Zielscheibe der perfidesten Werbestrategien von Lebensmittelherstellern". Foodwatch untersuchte im Jahr 2012 über 140 Knusperflocken, die gezielt für Kinder vermarktet werden. Sie seien fast alle ausnahmslos überzuckert gewesen.
„Sie erfüllen nicht die Ansprüche an ein kindgerechtes Frühstück“, lautete die Kritik. Die Unternehmen versuchten, "den Einfluss der Eltern zu umgehen und Kinder für jene Produkte anzufixen, die die höchsten Gewinnmargen versprechen - und das sind nun einmal Süßigkeiten und Snacks".
Der Hamburger Kindermarketing-Experte Tobias Effertz fordert daher ein Verbot von Werbung für ungesunde Produkte, die sich an Kinder richtet.
Kinder könnten Werbung nicht kritisch beurteilen. Weil sie daher auch ungesunde Produkte kaufen, begünstige das Übergewicht.
Andere Forscher widersprechen Effertz. Uwe Sander, ein Bielefelder Medienpädagogik-Professor, sieht Freunde und Familie als (Mit-) Entscheider, nicht so sehr die vermeintlich böse Werbeindustrie. Und Udo Pollmer, Leiter des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften, ergänzt: „Ob ich dick oder dünn bin, wird größtenteils von den Genen bestimmt“. Der Hunger sei „ein Urtrieb wie die Sexualität. Er lässt sich weder unterdrücken noch überlisten“.
Effertz bekommt aber auch Unterstützung. Forscher der Hochschule für Medien bestätigen, dass jüngere Kinder noch keine „Werbekompetenz haben“, also „keine keine Fähigkeit zur Bewertung des Wahrheitsgehaltes und der Persuasionsstrategien der Werbung aufweisen“. Erst ältere Kinder ab zehn Jahren verfügten über eine „Werbeskepsis". Das heißt aber noch längst nicht, dass sie dreiste Werbestrategien durchdringen. Wie auf, das gelingt ja häufig selbst Erwachsenen nicht.
Apropos Erwachsene. Auf Eltern, die ihren Kindern etwas vermeintlich Gutes tun wollen, schielt die Werbeindustrie ebenfalls. Die Ehrmann Monsterbacke verspricht, „so wichtig wie das tägliche Glas Milch zu sein“, ohne zu begründen, warum das so ist. Alete und Milupa werben mit Fertiggerichten, die „wichtig für die Gehirnentwicklung“ und „zur Förderung der Schilddrüsenfunktion“ sein sollen. So geht Eltern-Marketing bei Kinderlebensmitteln.
Eine verdeckte Form der Kinderwerbung gibt's auch an Schulen. Unternehmen wie Ritter Sport setzen auf kostenlose Arbeitsblätter für den Unterricht. So ein Arbeitsblatt ist schnell ausgedruckt. Im Zweifel kopieren gestresste Lehrer eher ein gesponsertes Material, als selbst eins zu entwerfen. Zudem sind Bücher mit fertigen Arbeitsblättern von Didaktik-Experten alles andere als günstig.
Wem die Werbung auf Schularbeitsblättern noch nicht subtil genug ist, der sollte sich folgende Fälle anschauen:
- Amazon schenkt Grundschülern zur Leseförderung den eBook Reader Kindle Paperwhite. (http://www.amazon.de/b?ie=UTF8&node=2616664031)
- Die Kinder erzählen Papa, Mama, Opa und Oma zu Hause, was sie da Tolles im Unterricht ausprobiert haben. Das hätten sie auch gern für zu Hause, ist bei manchen Kindern eine (nicht sehr verwunderliche) Reaktion, wie jüngst der WDR-Markencheck zum Versandriesen Amazon belegte.
- Das Dom Gymnasium in Verden ging etwa eine Partnerschaft mit dem Erdölförderer RWE Dea ein. Die Schule erhielt pro Jahr 10.000 Euro. Dieses Geld konnte die Schule in ihre Naturwissenschaften investieren, berichtete „Die Story“ im Ersten Ende 2013. RWE Dea wollte damit das Interesse der Schüler für Naturwissenschaft fördern. Viel wichtiger scheint dem Unternehmen aber die Imageförderung. Laut einer Studie des Wirtschaftsverbands der Erdöl- und Erdgasgewinnung nehmen die Jugendlichen die Firma mittlerweile positiver wahr.
- Speed 4 ist nach eigenen Angaben Deutschlands größter Sportwettkampf für Grundschüler . Eine halbe Million Schüler rennt um die Wette. Speed 4 misst etwa die Geschwindigkeit bei 10-Sekunden-Sprints. Der Haken? Die Kinder bekommen Bons mit ihrer Laufzeit ausgehändigt, für die sie sich bei Firmen wie Edeka, der Hamburger Sparkasse oder VW ein Werbegeschenk abholen können. Für Verbraucherschützer ist dies versteckte Kinderwerbung.
Auch auf HuffingtonPost.de: Top 5 - Das sind die 5 ekelhaftesten Zusätze in Lebensmitteln