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Lufhansa-Piloten legen den Flugverkehr lahm - weil sie die üppige Übergangsrente behalten wollen

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Drei Tage, 3800 gestrichene Flüge, geschätzt 425.000 betroffene Passagiere: Die Lufthansa steht vor dem größten Streik ihrer Geschichte. Rund 5400 Kapitäne und Co-Piloten streiken. Warum? Wie lange? Und welche Rechte haben Reisende jetzt?

Die Huffington Post beantwortet die wichtigsten Fragen zum Lufthansa-Streik

Welche Rechte habe ich, wenn mein Lufthansa-Flug wegen eines Streiks ausfällt?

Bei Streiks kann das Flugticket kostenfrei storniert werden. Fluggäste, deren innerdeutsche Flüge wegen des Streiks ausfallen, können die Züge der Deutschen Bahn nutzen. Dazu müssen die betroffenen Lufthansa- oder Germanwings-Kunden ihr elektronisches Ticket für ihren Flug online über die Lufthansa-Homepage, am Check-In-Automaten oder am Lufthansa-Schalter in einen Reisegutschein umwandeln lassen. Die Deutsche Bahn empfiehlt Reisenden aufgrund des zu erwartenden höheren Fahrgastaufkommens in den kommenden drei Tagen eine Sitzplatzreservierung.

Kann ich die Lufthansa telefonisch erreichen, wenn ich noch weitergehende Fragen wegen meines Fluges habe?

Ja, das können Sie - und zwar unter 0800 850 60 70. Allerdings gibt es derzeit "leider technische Probleme", wie die Lufthansa zugibt. Es entstünden lange Wartezeiten und vereinzelt komme es zu Abbrüchen von Anrufen. Die Lufthansa arbeite an einer Lösung.

Besteht bei streikbedingten Flugausfällen ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen?

Nein, ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen in Höhe von bis zu 600 Euro besteht nicht, da Streiks als "außergewöhnliche Umstände" angesehen werden. Die EU-Fluggastrechte-Verordnung, die Passagieren bei einem Flugausfall oder massiven Verspätungen eine Ausgleichszahlung garantiert, gelte daher nicht, erklärt der Geschäftsreiseverband VDR. Kosten für sonstige Schäden - wie zum Beispiel ein versäumter Geschäftstermin - könnten aus diesem Grund ebenfalls nicht ersetzt werden, teilt Lufthansa mit.

Ist mein Flug vom Streik betroffen?

Das können Sie ganz leicht herausfinden. Lufthansa hat eine Liste aller gestrichener Flüge im Internet veröffentlicht. Die Lufthansa-Tochter Germanwings macht es umgekehrt und hat nur diejenigen Flüge aufgelistet, die tatsächlich starten werden. Mehr als 600 Flüge sollen starten, 700 fallen aus.

"Ähnlich wie beim Verdi-Streik in der vergangenen Woche werden nur sehr wenige unvorbereitete Passagiere an die Flughäfen kommen", sagte ein Lufthansa-Sprecher. Dennoch habe man die Beraterteams in den Terminals sowie das Personal an den Schaltern verstärkt.

Kann ich für meinen Urlaub in den Osterferien unbesorgt einen Lufthansa-Flug buchen?

Ja, zumindest hat die Pilotenvereinigung Cockpit angekündigt, dass während der Osterferien nicht gestreikt wird. Wie es danach weitergeht, lässt der Berufsverband offen. Letzter Ferientag ist in Schleswig-Holstein und Thüringen der 2. Mai.

Was ist der Grund für den Streik?

Es geht den Piloten weniger um eine Gehaltserhöhung als um ihre Übergangsrenten. Diese hat die Lufthansa einseitig gekündigt. Der Hintergrund: Zusätzlich zur Betriebsrente erhalten Lufthansa-Piloten bisher eine sogenannte Übergangsversorgung. Piloten können ab dem 55. Lebensjahr in den Ruhestand gehen - und trotzdem bis zu 60 Prozent ihres letzten Bruttogehalts kassieren. Manche Piloten verdienen bis zu 300.000 Euro im Jahr.

Die Übergangsversorgung soll für die Lufthansa-Mitarbeiter in Cockpit und Kabine eine Versorgungslücke zwischen Job-Ausstieg und Rentenbezug schließen. Nach Angaben des Fachmagazins "Travel One" sind bei Lufthansa derzeit 24.600 Angestellte berechtigt, eine Übergangsversorgung zu beziehen. Derzeit beziehen 1780 Lufthansa-Mitarbeiter dem Artikel zufolge diese Leistung.

Die Airline hält diese Regelung für nicht zukunftsfähig. Sie bezifferte ihre zuletzt stark gestiegenen Pensionsverpflichtungen zum Jahresende 2012 im Inland auf gut 11 Milliarden Euro. Rund ein Zehntel davon geht in die Übergangsversorgung der Piloten, weitere 30 Prozent in die Betriebsrenten der Flugzeugführer, die 10 Prozent der Belegschaft ausmachen.

Die Kostenargumentation lässt die Vereinigung Cockpit nicht gelten. Wird die Übergangsversorgung gestrichen, würden Piloten dazu gezwungen, "bis zu acht Jahre länger zu arbeiten. Ganze Lebensplanungen sollen mit einem Streich zunichte gemacht werden", kritisiert der Verband. Der Lufthansa-Beschluss, die Übergangsrenten zu streichen, stehe für einen "aggressiven gegen das Personal gerichteten Profit-Maximierungskurs".

Muss die Lufthansa dem Streik tatenlos zusehen?

Ganz hilflos ist die Fluggesellschaft nicht. Einige Lücken im Fahrplan könnten durch Manager mit Pilotenschein gefüllt werden, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Einige würden sowieso als Teilzeitpilot neben dem Schreibtisch-Job arbeiten, heißt es. Wie viele solcher Reserve-Piloten es gibt, kommentiert die Lufthansa nicht.

Welcher Schaden entsteht der Lufthansa durch den Streik?

Das Unternehmen selbst spricht von einem hohen zweistelligen Millionenverlust. Das deckt sich einigermaßen mit Einschätzungen des Commerzbank-Analysten Frank Skodzik, der bei einem Vollstreik von einem täglichen Schaden zwischen 30 und 40 Millionen Euro ausgeht. Darin nicht beziffert ist der drohende Imageverlust. Für eine Fluggesellschaft ist Zuverlässigkeit eine elementare Eigenschaft.

Welche volkswirtschaftlichen Folgen sind zu befürchten?

Volkswirte erwarten keinen messbaren Schaden für die deutsche Volkswirtschaft. "In den Kategorien, in denen wir Makroökonomen normalerweise denken, also Zehntelprozentpunkten vom BIP von insgesamt 2,45 Billionen Euro werden diese dreitägigen Streiks ganz sicher keine Rolle spielen", sagt Ökonom Christian Schulz vom Bankhaus Berenberg.

Aus Sicht von Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, ist es auch kaum möglich, die genauen Kosten des Streiks zu beziffern. Kurzfristig müssten Unternehmen Pläne und Projekte zwar verschieben. "Die Ausfälle werden aber meist im Nachhinein aufgearbeitet. Im Jahresverlauf ist der Schaden damit nicht messbar."

Gibt es auch Profiteure des Streiks?

Ganz sicher die konkurrierenden Fluggesellschaften mit Air Berlin an der Spitze. Air France setzt nach eigenen Angaben ebenfalls größere Flugzeuge von Paris nach Frankfurt, München und Düsseldorf ein. "Die anderen Airlines wittern die Nachfrage und können ihre Preise hochfahren", sagt Julia Eckert vom Geschäftsreiseverband VDR.

Wenn die Verbindungen passen, bucht sogar die Lufthansa ihre Passagiere auf die Maschinen der Konkurrenz um und muss die Kosten dafür übernehmen. Die in Frankfurt abhebenden Maschinen können zudem ihre Frachträume zu hohen Preisen auffüllen, weil die sonst dominierenden Kapazitäten der Lufthansa wegfallen.

Die Fluglärmgegner im Frankfurter Umland wollen sich offiziell nicht in den Tarifkonflikt einmischen. Auf ein paar ruhigere Tage können sich die Menschen in den Einflugschneisen des größten deutschen Flughafens aber dennoch einrichten. "Es wird schon deutlicher ruhiger werden. Und das ist wegen des schönen Wetters besonders schön", sagt der Sprecher des Initiativenbündnisses gegen den Flughafenausbau, Dietrich Elsner, aus Mainz.

Was geschieht mit der Luftfracht?

Es geht um Medikamente, Ersatzteile, lebende Tiere und tonnenweise Obst: Für rund 4500 Tonnen Luftfracht müssen Kunden der Lufthansa Cargo alternative Transportmittel finden. "Fracht wird grundsätzlich sehr kurzfristig gebucht", sagt Cargo-Sprecher Michael Göntgens. Nach der Streikankündigung am Freitag habe das Unternehmen zunächst alle Flüge geschlossen - "damit keine Tiere und keine verderblichen Waren bei uns in den Lagern stranden." Von geplanten 32 Frachtflügen ab Frankfurt sollen nun 14 stattfinden.

Wie trifft der Streik die Reisebranche?

Für Passagiere und Reisebüros bedeutet der Streik Hektik und zusätzliche Arbeit mit Umbuchungen und Stornierungen. "Dies führt zu enormen Mehrkosten, die von niemandem erstattet werden", schimpft der Deutsche Reiseverband DRV.

Blieben Geschäftsreisende zu Hause, würden Verträge nicht abgeschlossen, wichtige Treffen fielen aus. Gebuchte Hotelzimmer und Mietwagen blieben ungenutzt - dies treffe auch die ersten Osterurlauber. Der Geschäftsreiseverband VDR sieht dennoch Glück im Unglück: "Der Streik war so früh angekündigt, dass Geschäftsreisende rechtzeitig umbuchen konnten."

Auch auf HuffingtonPost.de: Flugzeug wird dreimal von Blitz getroffen und Pilot bleibt cool


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