Ich weiß, Sie sind heute genau wie ich mit ihren Gedanken bei der Ukraine.
Niemand hätte es zu Beginn dieses Gedenkjahres an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor hundert Jahren für möglich gehalten, dass in einem Nachbarland der Europäischen Union Krieg wieder zu einer realen Gefahr werden könnte.
Die Krise in der Krim stellt eine massive Bedrohung für unser nach dem Kalten Krieg entstandenes Sicherheitssystem in Europa dar. Nach dem illegalen Referendum auf der Krim vom vergangenen Sonntag ist nicht vorherzusehen, ob eine weitere Spaltung der Ukraine droht. Eine von außen erwirkte, unrechtmäßige Verschiebung völkerrechtlich anerkannter Grenzen in Europa erfolgte bereits. Zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges hat in Europa ein Staat einen Teil eines anderen Staates mit Gewalt annektiert. Russland hat das Völkerrecht gebrochen. Das ist unakzeptabel. Die Krim-Krise muss uns wachrütteln, unsere europäische Nachbarschaftspolitik und unsere Beziehung zu Russland neu zu bewerten. Wir müssen endlich eine kohärente Russland-Strategie entwickeln.
Was ich Ihnen heute als Präsident des Europäischen Parlaments auch übermitteln möchte, ist die Angst der Menschen in Europa. Während sich so mancher Unternehmer vor einer Sanktionsspirale fürchtet, die zu Auftragseinbrüchen führen könnte, und sich Arbeitnehmer Sorgen um ihren Job machen, gibt es besonders in den Nachbarländern der Ukraine, in Polen und in den Baltischen Staaten die Angst, dass ein neuer Kalter Krieg droht.
Zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges sorgen sich die Bürgerinnen und Bürger unserer Union um ihre Sicherheit. Das ist eine reale Angst, die auch durch die verbale Aufrüstung in den vergangenen Wochen befeuert wurde. Die Menschen fragen sich: Wird die europäische Familie zusammenstehen und uns im schlimmsten Fall mit Sicherheitsgarantien zur Seite stehen? Werden die Regierungen unterschiedliche nationale Interessen überwinden können oder schwächen sie den Zusammenhalt in der europäischen Familie und verhindern damit eine gemeinsame Positionierung?
Wir erlebten in den vergangenen Wochen, wie dieser vermeintliche Regionalkonflikt dazu führte, dass Russland auf der Krim Panzer und Truppen aufbietet, die NATO alarmiert ist, die USA militärisches Material nach Europa verlegen und NATO-Staaten Beistandsgarantien geben, europäische Außenminister von Krisentreffen zu Krisentreffen eilen. Und heute beraten Sie über eine Verschärfung der Sanktionen. Das Europäische Parlament hat in der vergangenen Woche seine Vorschläge für angemessene Maßnahmen verabschiedet. Es ist wichtig, dass wir als Europäische Union geschlossen die Botschaft senden: Die Ereignisse auf der Krim sind nicht hinnehmbar und dürfen sich nie wieder und nirgendwo wiederholen.
Gleichzeitig müssen wir aufpassen, dass wir nicht "schlafwandlerisch", wie es der australische Historiker Christopher Clark einmal über den Ausbruch des Ersten Weltkriegs sagte, in einen immer weiter eskalierenden Konflikt geraten. Deshalb rät das Europäische Parlament dazu, den Konflikt vom Ende her zu denken und darauf zu achten, dass die Gesprächskanäle zu Russland offen bleiben.
Sie haben sich bereits vor zwei Wochen zu einem Ukraine-Gipfel in Brüssel getroffen. Heute beraten Sie erneut über die Krim-Krise. Nächste Woche wird US-Präsident Obama in Brüssel sein. Eine Woche später der chinesische Präsident Xi Jinping. Das eröffnet uns die Chance mit Schlüsselakteuren kontinuierlich zu sprechen.
Ich möchte mich ausdrücklich bei den Außenministern von Polen, Frankreich und Deutschland bedanken, die vor der Verschärfung der Krise versucht haben, deeskalierend in der Ukraine zu wirken. Wenn immer wir als EU zusammenstehen, können wir etwas erreichen.
Europa wird herausgefordert
Wir können unsere Augen nicht davor verschließen, dass Europa auch jenseits der EU-Grenzen herausgefordert wird; dass diejenigen, die eine enge Bindung an Europa suchen, von anderen von dieser Bindung mit uns abgehalten werden. Das stellt die Europäische Union vor große und vor ganz neue Herausforderungen.
Heute braucht das ukrainische Volk mehr denn je unsere Unterstützung. Politisch und vor allem finanziell.
Das Europäische Parlament hat Ihre Beschlüsse von der Außerordentlichen Tagung der Staats- und Regierungschefs zur Ukraine positiv bewertet und möchte im Geiste dieser Tagung eng mit Ihnen kooperieren. In diesem Zusammenhang hoffen wir, dass der laufende Prozess der Visaliberalisierung mit der Ukraine bald abgeschlossen ist. Die morgige Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine begrüßen wir. Das Abkommen gibt der Ukraine eine klare europäische Perspektive und ist ein Zeichen der Solidarität und des Respekts für die Menschen auf dem Maidan Platz. Sie kämpften entschlossen, würdig und unter Erbringung großer Opfer dafür, in einer Gesellschaft leben zu können, die nicht durch Korruption und Kriminalität belastet, sondern demokratisch, rechtsstaatlich und menschenwürdig ist.
Die Entscheidung, die Ukraine mit 11 Milliarden Euro zu unterstützen, ist richtig. Den Worten müssen jetzt schnell Taten folgen. Das Europäische Parlament wird alles tun, damit der vorgesehene drei Milliarden Euro Beitrag aus dem EU-Haushalt so schnell wie möglich bereitgestellt werden kann, ohne dass es zu einem Mittelabfluss aus wichtigen Projekten kommt. Angesichts der ernsten Lage müssen wir uns alle, was Flexibilität und MFR-Obergrenzen angeht, beweglich zeigen. Wir müssen dem Land helfen, wirtschaftlich auf die Füße zu kommen und die sozialen Spaltungen im Land zu überwinden, um Zerwürfnisse und Radikalisierung zu verhindern.
Das Europäische Parlament wird eine Wahlbeobachtermission zu den Präsidentschaftswahlen entsenden. Ich hoffe, dass wir am 25. Mai freie und faire Präsidentschaftswahlen erleben, die dem ukrainischen Volk eine gute Zukunft eröffnen.
Über Wochen und Monate rangen der Finanzministerrat und das Europäische Parlament um ein System zum Schließen und Sanieren von Pleitebanken.
Ich weiß, wir Parlamentarier haben es Ihren Finanzministern in den Verhandlungen nicht leicht gemacht. Aber dieser Abwicklungsmechanismus für marode Banken ist essentiell für das Gelingen der Bankenunion. Wir konnten und wollten keinen Kuhhandel eingehen, den wir im Interesse der Bürgerinnen und Bürger nicht verantworten konnten.
Die Vorschläge, die über Wochen auf dem Tisch lagen, hätten, wären sie Realität geworden, die zentralen Ziele der Bankenunion verfehlt. Nämlich nicht länger die Steuerzahler in Haftung für Bankpleiten zu nehmen und die toxische Verbindung zwischen Bankschulden und Staatschulden zu brechen.
Zahlreiche renommierte Wirtschaftsexperten, die Kommission und die Europäische Zentralbank waren fast vollständig auf der Linie des Europäischen Parlaments. Einer Linie, die im Übrigen mit 441 zu 141 Stimmen festgelegt wurde. Das nenne ich eine breite Mehrheit.
Heute wurde in den frühen Morgenstunden nach harten und zähen 16-stündigen Verhandlungen endlich ein Durchbruch erreicht, der besonders im Vergleich zu den Beschlüssen des Finanzministerrates vom 18. Dezember eine deutliche Verbesserung darstellt - und nun eine funktionierende Bankenunion möglich macht.
Die Bankenunion steht
Mit der einheitlichen Bankenaufsicht, dem einheitlichen Bankenabwicklungsmechanismus sowie dem Einlagensicherungssystem können wir heute sagen: Die Bankenunion steht. Das ist ein historischer Schritt.
Der Vorschlag des Finanzministerrates sah ein System vor, in dem 126 Personen in neun Gremien über fünf Tage beraten hätten müssen, bevor sie einen Entschluss über eine Bankenabwicklung fassen hätten können. Dabei muss eine solche Entscheidung innerhalb eines Wochenendes möglich sein, um einen Run auf die Banken und Finanzmarktturbulenzen zu verhindern!
Die heute Morgen um fünf Uhr endlich erreichte Einigung ermöglicht eine pragmatische, neutrale und effiziente Entscheidung innerhalb eines Wochenendes.
Der Vorschlag der Finanzminister sah außerdem ein System vor, in dem es statt eines einheitlichen europäischen Abwicklungsfonds, Fonds mit nationalen Untertöpfen gegeben hätte, der zudem unterkapitalisiert gewesen wäre. Damit hätten dann jedoch in der Konsequenz weiter die Heimatländer gehaftet. Statt die Grundidee der Bankenunion umzusetzen, Banken retten Banken, wäre am Ende wieder der Steuerzahler zur Kasse gebeten worden.
Wie hätte denn die Europäische Zentralbank glaubwürdig in einem Stresstest die Sicherheit von Banken bewerten sollen, in dem Wissen, dass im Falle eines ernsthaften Problems kein robuster und funktionsfähiger Abwicklungsmechanismus bereitsteht?
Mit einem solchen System wären wir wirklich schlechter aufgestellt gewesen, als wenn wir überhaupt keinen einheitlichen Abwicklungsmechanismus hätten.
In den frühen Morgenstunden wurde glücklicherweise eine gute Lösung gefunden: Ein wirklicher europäischer Abwicklungsfonds, der sofort einsatzfähig, von Beginn an fast vollständig vergemeinschaftet und mit einer Kreditlinie zu den Finanzmärkten ausgestattet ist. Im Detail: Wir haben uns auf eine 8-jährige Ansparphase, als Gemeinschaftsmittel sollen bereits nach zwei Jahren t 60 Prozent der geleisteten Beiträge für europaweite Einsätze voll zur Verfügung stehen und einer Kreditlinie zu den Finanzmärkten geeinigt.
Mit dieser Einigung werden wir einen Abwicklungsmechanismus schaffen, mit dem wir unser Bürgerinnen und Bürger sowie unsere Banken vor Finanzmarktturbulenzen schützen können.
Im Februar hat das Europäische Parlament seine Position zum Europäischen Semester dargelegt. Wir sind überzeugt: wenn es eine Lehre gibt, die aus der Krise gezogen werden muss, dann jene, dass wir eine bessere Koordinierung unserer Wirtschaftspolitik brauchen.
Das Semester ist ein zögerlicher Schritt, aber immerhin ein Schritt in diese Richtung. Wir wollen daher auf keinen Fall, dass das Semester zu einem weiteren bürokratischen Verfahren degradiert wird.
Eine engere Wirtschafts- und Währungsunion
Im Gegenteil, eine engere Wirtschaftskoordination sollte als notwendiger erster Schritt gesehen werden, um eine engere Wirtschafts-und Währungsunion zu realisieren. Damit diese Übung ein Erfolg wird, müssen wir zwei Dinge erreichen:
Erstens, jedes Land muss sich die Programme zu Eigen machen.
Ohne demokratische Rechenschaftspflicht wird das nicht gehen. Parlamente müssen auf allen Ebenen einbezogen werden.
Das Europaparlament hat immer danach gestrebt, eine aktive Rolle in diesem Prozess zu spielen. Wir haben den fruchtbaren Wirtschaftspolitischen Dialog mit den verantwortlichen Ministern entwickelt. Und zugleich den Dialog mit den nationalen Parlamenten erfolgreich intensiviert.
Zweitens, damit das Semester ein Erfolg wird, muss die Einhaltung gestärkt werden. Ich verstehe, dass die Umsetzung des Semesters eine echte Herausforderung für die Mitgliedstaaten darstellt. Dennoch haben wir zu viele Fälle erlebt, in denen die Empfehlungen der Kommission einfach nicht befolgt wurden.
Erlauben Sie mir noch einige Worte zum Inhalt des Europäischen Semesters zu sagen.
Natürlich ist es zu begrüßen, dass die Kommission nachhaltiges, intelligentes und inklusives Wachstum als wichtigste Priorität für den Wachstumsbericht 2014 sieht.
Aber wir müssen uns doch fragen: Ist es dafür nicht ein bisschen zu spät? Und noch wichtiger: schaffen wir überhaupt die richtigen Instrumente und geben wir uns wirklich die notwendigen Mittel, um solche ehrgeizigen Ziele auch erreichen zu können?
Wir sehen gerade alle dem Scheitern der Europa 2020 Ziele entgegen - ihr droht das gleiche Schicksal wie damals der Lissabon-Strategie.
Vergangene Woche hat das Europäische Parlament einen wegweisenden Bericht zur Troika mit überwältigender Mehrheit angenommen. Diese überwältigende Mehrheit zeigt, dass unser Bericht parteipolitische Grenzen überbrückt. Ich möchte sie deshalb ermutigen, den Bericht zu lesen. Wir betreiben kein Troika-Bashing. Im Gegenteil, wir wollen die Troika rechenschaftspflichtig gegenüber den direkt gewählten Volksvertretern machen.
Wir sind davon überzeugt, dass Reformprozesse nur dann erfolgreich sind, wenn sie von den Menschen auch als notwendig und legitim angenommen werden. Und das geht nur durch Transparenz und mit demokratischer Rechenschaftspflicht. Dafür braucht man öffentliche Debatten über die Programme in Parlamenten und die Unterstützung der Volksvertreter.
Vor vier Jahren wurde die Troika hastig eingesetzt, um den Zusammenbruch des Euro zu verhindern.
Vor vier Jahren, hat die Troika uns wahrscheinlich dabei geholfen, eine Wiederholung der katastrophalen Depression des Jahres 1929 zu verhindern.
Dennoch müssen wir alle einsehen, dass die ganze Operation nicht optimal verlief.
Fehlende Transparenz hat dazu geführt, dass fundamentale Meinungsverschiedenheiten - die Konflikte zwischen Kommission und IWF sind bekannt-berüchtigt - hinter den geschlossenen Türen der Euro-Gruppe ausgetragen wurden.
Für die Troika sind die EU-Verträge nicht bindend, genauso wenig wie die Grundrechtecharta; der Europäische Gerichtshof spielt keine Rolle und die EU Gesetzgebung gilt für sie auch nicht.
Deshalb: es ist jetzt höchste Zeit, dass wir uns wieder auf die Rechtsgrundlage der EU-Verträge stellen und die Troika der demokratischen Kontrolle und Rechenschaftspflicht unterwerfen. Gerade weil wir überzeugt sind, dass diese Konstruktionsfehler der Troika zu den schlechten makroökonomischen Resultaten beigetragen haben.
Ein "one-size-fits-all"-Ansatz kann bei vier sehr verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Ausgangslagen und Problemen einfach nicht funktionieren. Es gab nie einen Plan B für den Fall, dass dieser Ansatz nicht funktioniert, etwa das soziale Gefüge unserer Gesellschaften beschädigt oder das Leben der Menschen beeinträchtigt.
Konstruktionsfehler der Troika
Das Europa-Parlament schlägt kurzfristig folgende Maßnahmen vor, um einige der Konstruktionsfehler der Troika zu beheben:
- Größere Klarheit und Transparenz in Bezug auf die Beziehung der handelnden Institutionen durch öffentlich zugängliche Verfahrensregeln.
- Eine Rechenschaftspflicht der Kommission gegenüber dem Europäischen Parlament durch ein interinstitutionelles Abkommen.
- Gemeinsame Standards zu demokratischer Rechenschaftspflicht und Transparenz durch baldige Richtlinien.
Langfristig halten wir eine veränderte Aufgabenstellung und Arbeitsweise der Eurogruppe für unumgänglich:
Die gewachsene Macht der Eurogruppe muss durch eine größere Rechenschaftspflicht ausbalanciert werden.
Die Eurogruppe muss genauso wie der ESM seinen Platz im Rahmen der Gemeinschaftsinstitutionen finden. Das wird die Wirtschaftskoordination verbessern und die Abwehrkräfte der Eurozone für künftige Krisen stärken.
Sehr geehrte Damen und Herren,
in der vergangenen Woche hat das Europäische Parlament nach zweijähriger intensiver Arbeit in erster Lesung ein Datenschutzpaket angenommen. Als Volksvertreter glauben wir, dass Menschen die Bestimmungshoheit über ihre Privatsphäre zurückgewinnen müssen, dass Bürgerinnen und Bürger auch im digitalen Zeitalter starke Rechte brauchen und dass Unternehmen von einem digitalen Binnenmarkt profitieren werden.
Sie sagten im vergangenen Herbst im Europäischen Rat selbst, dass eine baldige Annahme eines starken Datenschutzpakets ein grundlegendes Element für die Vollendung des digitalen Binnenmarktes bis 2015 sei. Deshalb bitte ich Sie im Namen des Parlaments, diesen Worten schnell Taten folgen zu lassen und dem Rat die Aufnahme von Verhandlungen mit uns endlich zu gewähren.
Drei bindende Klima- und Energieziele
Das Europäische Parlament hat sich im Februar für verbindliche Klimaziele ausgesprochen.
Uns geht es dabei im Kern um drei Ziele, die wir bis 2030 erreichen wollen:
Erstens, im Vergleich zu den Werten von 1990 den Ausstoß von Kohlendioxid um 40 Prozent reduzieren.
Zweitens, den Anteil an erneuerbaren Energien im Strom-Mix auf 30 Prozent erhöhen.
Drittens, bis 2030 40 Prozent an Energie einsparen.
Wir halten diese drei bindenden Klima- und Energieziele für richtig und wichtig.
Damit sorgen wir für nachhaltiges Wachstum und schaffen zusätzliche Arbeitsplätze. Außerdem verringern wir unsere Abhängigkeit von Energieimporten durch Drittstaaten. Die Ukraine-Krise führt uns dieser Tage dramatisch vor Augen, wie wichtig es ist, uns von Energieabhängigkeiten zu befreien. Ein Viertel der europäischen Gasimporte kommen aus Russland und über Leitungen aus der Ukraine. Und deshalb ist es auch so wichtig, den Energiebinnenmarkt zu vollenden, Infrastrukturen weiter auszubauen und zu integrieren für eine grenzüberschreitende, gemeinsame Nutzung von Energie.
Mit diesen, vom Europäischen Parlament geforderten verbindlichen Zielen im Rücken kann die EU weiterhin eine Vorreiterrolle in der Klimapolitik einnehmen und die Verhandlungen im Vorfeld der Klimakonferenz 2015 in Paris positiv beeinflussen.
Wir begrüßen den Vorschlag der Kommission. Zumindest ist das Projekt jetzt auf die Schiene gesetzt. Leider bleiben die Kommissionsvorschläge jedoch hinter den Forderungen des Europäischen Parlaments zurück. Deshalb müssen bald Vorschläge zu verbindlichen Zielen für die Energieeffizienz vorgelegt werden. Denn die Energieeffizienz ist ein Schlüsselinstrument um hohen Energiepreisen entgegenzusteuern. Dies ist wichtig. Für unsere Industrie. Und für die Verbraucher; besonders für Menschen mit niedrigem Einkommen, die nicht mehr wissen wie sie ihre Heizkosten bezahlen sollen.
Damit wir mehr Schwung in den Ausbau der erneuerbarer Energien bekommen, sollten auch Ziele auf Ebene der Mitgliedstaaten festgelegt werden.
Die jetzt von der Kommission vorgeschlagene Governance-Struktur wirft Probleme auf, denn die Klima- und Energiepolitik ist keine zwischenstaatliche Aufgabe. Das Parlament besteht daher auf dem Mitentscheidungsverfahren.
Und an Sie gerichtet, meine sehr geehrten Damen und Herren, füge ich an: das Europäische Parlament wünscht sich, dass Sie sich so schnell wie möglich auf eine Reduktion des Kohlendioxidausstoßes um 40 Prozent einigen - dies mithilfe eines funktionsfähigen Emissionshandelssystems und unter Berücksichtigung der Möglichkeiten der jeweiligen Länder. Diese Einigung brauchen wir um Planungssicherheit für Unternehmen zu schaffen, unsere internationale Glaubwürdigkeit als Vorreiterin im Klimaschutz zu stärken und einen positiven Einfluss auf die anstehenden Klimaverhandlungen zu nehmen. Sinnvoll wäre daher eine Einigung noch vor dem Climate Leader Summit im September in New York.
Sie beraten heute auch über die Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit Europas. Das Parlament steht in dieser Frage an Ihrer Seite. Wir müssen den Wirtschafts- und Industriestandort Europa schützen. Gezielt in Innovation und Forschung investieren. Und den kleinen und mittleren Unternehmen unter die Arme greifen. Denn sie sind das Rückgrat der europäischen Wirtschaft. Sie sind es, die in Europa Jobs schaffen.
Die Kommission hat mit ihrem Papier einen guten Fahrplan aufgestellt, in dem sie darauf hinweist, wie wichtig es ist, eine Kohärenz zwischen Industrie-, Klima- und Energiepolitik herzustellen. Dafür müssen wir auch Antworten auf hohe Energiepreise und das Risiko der Abwanderung von Produktionsstätten finden.
Wir brauchen eine starke und nachhaltige Industrie in Europa, um unseren Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen.
Der Beitrag basiert auf einer Rede von Martin Schulz vom 20. März 2014 beim Europäischen Rat.
Niemand hätte es zu Beginn dieses Gedenkjahres an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor hundert Jahren für möglich gehalten, dass in einem Nachbarland der Europäischen Union Krieg wieder zu einer realen Gefahr werden könnte.
Die Krise in der Krim stellt eine massive Bedrohung für unser nach dem Kalten Krieg entstandenes Sicherheitssystem in Europa dar. Nach dem illegalen Referendum auf der Krim vom vergangenen Sonntag ist nicht vorherzusehen, ob eine weitere Spaltung der Ukraine droht. Eine von außen erwirkte, unrechtmäßige Verschiebung völkerrechtlich anerkannter Grenzen in Europa erfolgte bereits. Zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges hat in Europa ein Staat einen Teil eines anderen Staates mit Gewalt annektiert. Russland hat das Völkerrecht gebrochen. Das ist unakzeptabel. Die Krim-Krise muss uns wachrütteln, unsere europäische Nachbarschaftspolitik und unsere Beziehung zu Russland neu zu bewerten. Wir müssen endlich eine kohärente Russland-Strategie entwickeln.
Was ich Ihnen heute als Präsident des Europäischen Parlaments auch übermitteln möchte, ist die Angst der Menschen in Europa. Während sich so mancher Unternehmer vor einer Sanktionsspirale fürchtet, die zu Auftragseinbrüchen führen könnte, und sich Arbeitnehmer Sorgen um ihren Job machen, gibt es besonders in den Nachbarländern der Ukraine, in Polen und in den Baltischen Staaten die Angst, dass ein neuer Kalter Krieg droht.
Zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges sorgen sich die Bürgerinnen und Bürger unserer Union um ihre Sicherheit. Das ist eine reale Angst, die auch durch die verbale Aufrüstung in den vergangenen Wochen befeuert wurde. Die Menschen fragen sich: Wird die europäische Familie zusammenstehen und uns im schlimmsten Fall mit Sicherheitsgarantien zur Seite stehen? Werden die Regierungen unterschiedliche nationale Interessen überwinden können oder schwächen sie den Zusammenhalt in der europäischen Familie und verhindern damit eine gemeinsame Positionierung?
Wir erlebten in den vergangenen Wochen, wie dieser vermeintliche Regionalkonflikt dazu führte, dass Russland auf der Krim Panzer und Truppen aufbietet, die NATO alarmiert ist, die USA militärisches Material nach Europa verlegen und NATO-Staaten Beistandsgarantien geben, europäische Außenminister von Krisentreffen zu Krisentreffen eilen. Und heute beraten Sie über eine Verschärfung der Sanktionen. Das Europäische Parlament hat in der vergangenen Woche seine Vorschläge für angemessene Maßnahmen verabschiedet. Es ist wichtig, dass wir als Europäische Union geschlossen die Botschaft senden: Die Ereignisse auf der Krim sind nicht hinnehmbar und dürfen sich nie wieder und nirgendwo wiederholen.
Gleichzeitig müssen wir aufpassen, dass wir nicht "schlafwandlerisch", wie es der australische Historiker Christopher Clark einmal über den Ausbruch des Ersten Weltkriegs sagte, in einen immer weiter eskalierenden Konflikt geraten. Deshalb rät das Europäische Parlament dazu, den Konflikt vom Ende her zu denken und darauf zu achten, dass die Gesprächskanäle zu Russland offen bleiben.
Sie haben sich bereits vor zwei Wochen zu einem Ukraine-Gipfel in Brüssel getroffen. Heute beraten Sie erneut über die Krim-Krise. Nächste Woche wird US-Präsident Obama in Brüssel sein. Eine Woche später der chinesische Präsident Xi Jinping. Das eröffnet uns die Chance mit Schlüsselakteuren kontinuierlich zu sprechen.
Ich möchte mich ausdrücklich bei den Außenministern von Polen, Frankreich und Deutschland bedanken, die vor der Verschärfung der Krise versucht haben, deeskalierend in der Ukraine zu wirken. Wenn immer wir als EU zusammenstehen, können wir etwas erreichen.
Europa wird herausgefordert
Wir können unsere Augen nicht davor verschließen, dass Europa auch jenseits der EU-Grenzen herausgefordert wird; dass diejenigen, die eine enge Bindung an Europa suchen, von anderen von dieser Bindung mit uns abgehalten werden. Das stellt die Europäische Union vor große und vor ganz neue Herausforderungen.
Heute braucht das ukrainische Volk mehr denn je unsere Unterstützung. Politisch und vor allem finanziell.
Das Europäische Parlament hat Ihre Beschlüsse von der Außerordentlichen Tagung der Staats- und Regierungschefs zur Ukraine positiv bewertet und möchte im Geiste dieser Tagung eng mit Ihnen kooperieren. In diesem Zusammenhang hoffen wir, dass der laufende Prozess der Visaliberalisierung mit der Ukraine bald abgeschlossen ist. Die morgige Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine begrüßen wir. Das Abkommen gibt der Ukraine eine klare europäische Perspektive und ist ein Zeichen der Solidarität und des Respekts für die Menschen auf dem Maidan Platz. Sie kämpften entschlossen, würdig und unter Erbringung großer Opfer dafür, in einer Gesellschaft leben zu können, die nicht durch Korruption und Kriminalität belastet, sondern demokratisch, rechtsstaatlich und menschenwürdig ist.
Die Entscheidung, die Ukraine mit 11 Milliarden Euro zu unterstützen, ist richtig. Den Worten müssen jetzt schnell Taten folgen. Das Europäische Parlament wird alles tun, damit der vorgesehene drei Milliarden Euro Beitrag aus dem EU-Haushalt so schnell wie möglich bereitgestellt werden kann, ohne dass es zu einem Mittelabfluss aus wichtigen Projekten kommt. Angesichts der ernsten Lage müssen wir uns alle, was Flexibilität und MFR-Obergrenzen angeht, beweglich zeigen. Wir müssen dem Land helfen, wirtschaftlich auf die Füße zu kommen und die sozialen Spaltungen im Land zu überwinden, um Zerwürfnisse und Radikalisierung zu verhindern.
Das Europäische Parlament wird eine Wahlbeobachtermission zu den Präsidentschaftswahlen entsenden. Ich hoffe, dass wir am 25. Mai freie und faire Präsidentschaftswahlen erleben, die dem ukrainischen Volk eine gute Zukunft eröffnen.
Über Wochen und Monate rangen der Finanzministerrat und das Europäische Parlament um ein System zum Schließen und Sanieren von Pleitebanken.
Ich weiß, wir Parlamentarier haben es Ihren Finanzministern in den Verhandlungen nicht leicht gemacht. Aber dieser Abwicklungsmechanismus für marode Banken ist essentiell für das Gelingen der Bankenunion. Wir konnten und wollten keinen Kuhhandel eingehen, den wir im Interesse der Bürgerinnen und Bürger nicht verantworten konnten.
Die Vorschläge, die über Wochen auf dem Tisch lagen, hätten, wären sie Realität geworden, die zentralen Ziele der Bankenunion verfehlt. Nämlich nicht länger die Steuerzahler in Haftung für Bankpleiten zu nehmen und die toxische Verbindung zwischen Bankschulden und Staatschulden zu brechen.
Zahlreiche renommierte Wirtschaftsexperten, die Kommission und die Europäische Zentralbank waren fast vollständig auf der Linie des Europäischen Parlaments. Einer Linie, die im Übrigen mit 441 zu 141 Stimmen festgelegt wurde. Das nenne ich eine breite Mehrheit.
Heute wurde in den frühen Morgenstunden nach harten und zähen 16-stündigen Verhandlungen endlich ein Durchbruch erreicht, der besonders im Vergleich zu den Beschlüssen des Finanzministerrates vom 18. Dezember eine deutliche Verbesserung darstellt - und nun eine funktionierende Bankenunion möglich macht.
Die Bankenunion steht
Mit der einheitlichen Bankenaufsicht, dem einheitlichen Bankenabwicklungsmechanismus sowie dem Einlagensicherungssystem können wir heute sagen: Die Bankenunion steht. Das ist ein historischer Schritt.
Der Vorschlag des Finanzministerrates sah ein System vor, in dem 126 Personen in neun Gremien über fünf Tage beraten hätten müssen, bevor sie einen Entschluss über eine Bankenabwicklung fassen hätten können. Dabei muss eine solche Entscheidung innerhalb eines Wochenendes möglich sein, um einen Run auf die Banken und Finanzmarktturbulenzen zu verhindern!
Die heute Morgen um fünf Uhr endlich erreichte Einigung ermöglicht eine pragmatische, neutrale und effiziente Entscheidung innerhalb eines Wochenendes.
Der Vorschlag der Finanzminister sah außerdem ein System vor, in dem es statt eines einheitlichen europäischen Abwicklungsfonds, Fonds mit nationalen Untertöpfen gegeben hätte, der zudem unterkapitalisiert gewesen wäre. Damit hätten dann jedoch in der Konsequenz weiter die Heimatländer gehaftet. Statt die Grundidee der Bankenunion umzusetzen, Banken retten Banken, wäre am Ende wieder der Steuerzahler zur Kasse gebeten worden.
Wie hätte denn die Europäische Zentralbank glaubwürdig in einem Stresstest die Sicherheit von Banken bewerten sollen, in dem Wissen, dass im Falle eines ernsthaften Problems kein robuster und funktionsfähiger Abwicklungsmechanismus bereitsteht?
Mit einem solchen System wären wir wirklich schlechter aufgestellt gewesen, als wenn wir überhaupt keinen einheitlichen Abwicklungsmechanismus hätten.
In den frühen Morgenstunden wurde glücklicherweise eine gute Lösung gefunden: Ein wirklicher europäischer Abwicklungsfonds, der sofort einsatzfähig, von Beginn an fast vollständig vergemeinschaftet und mit einer Kreditlinie zu den Finanzmärkten ausgestattet ist. Im Detail: Wir haben uns auf eine 8-jährige Ansparphase, als Gemeinschaftsmittel sollen bereits nach zwei Jahren t 60 Prozent der geleisteten Beiträge für europaweite Einsätze voll zur Verfügung stehen und einer Kreditlinie zu den Finanzmärkten geeinigt.
Mit dieser Einigung werden wir einen Abwicklungsmechanismus schaffen, mit dem wir unser Bürgerinnen und Bürger sowie unsere Banken vor Finanzmarktturbulenzen schützen können.
Im Februar hat das Europäische Parlament seine Position zum Europäischen Semester dargelegt. Wir sind überzeugt: wenn es eine Lehre gibt, die aus der Krise gezogen werden muss, dann jene, dass wir eine bessere Koordinierung unserer Wirtschaftspolitik brauchen.
Das Semester ist ein zögerlicher Schritt, aber immerhin ein Schritt in diese Richtung. Wir wollen daher auf keinen Fall, dass das Semester zu einem weiteren bürokratischen Verfahren degradiert wird.
Eine engere Wirtschafts- und Währungsunion
Im Gegenteil, eine engere Wirtschaftskoordination sollte als notwendiger erster Schritt gesehen werden, um eine engere Wirtschafts-und Währungsunion zu realisieren. Damit diese Übung ein Erfolg wird, müssen wir zwei Dinge erreichen:
Erstens, jedes Land muss sich die Programme zu Eigen machen.
Ohne demokratische Rechenschaftspflicht wird das nicht gehen. Parlamente müssen auf allen Ebenen einbezogen werden.
Das Europaparlament hat immer danach gestrebt, eine aktive Rolle in diesem Prozess zu spielen. Wir haben den fruchtbaren Wirtschaftspolitischen Dialog mit den verantwortlichen Ministern entwickelt. Und zugleich den Dialog mit den nationalen Parlamenten erfolgreich intensiviert.
Zweitens, damit das Semester ein Erfolg wird, muss die Einhaltung gestärkt werden. Ich verstehe, dass die Umsetzung des Semesters eine echte Herausforderung für die Mitgliedstaaten darstellt. Dennoch haben wir zu viele Fälle erlebt, in denen die Empfehlungen der Kommission einfach nicht befolgt wurden.
Erlauben Sie mir noch einige Worte zum Inhalt des Europäischen Semesters zu sagen.
Natürlich ist es zu begrüßen, dass die Kommission nachhaltiges, intelligentes und inklusives Wachstum als wichtigste Priorität für den Wachstumsbericht 2014 sieht.
Aber wir müssen uns doch fragen: Ist es dafür nicht ein bisschen zu spät? Und noch wichtiger: schaffen wir überhaupt die richtigen Instrumente und geben wir uns wirklich die notwendigen Mittel, um solche ehrgeizigen Ziele auch erreichen zu können?
Wir sehen gerade alle dem Scheitern der Europa 2020 Ziele entgegen - ihr droht das gleiche Schicksal wie damals der Lissabon-Strategie.
Vergangene Woche hat das Europäische Parlament einen wegweisenden Bericht zur Troika mit überwältigender Mehrheit angenommen. Diese überwältigende Mehrheit zeigt, dass unser Bericht parteipolitische Grenzen überbrückt. Ich möchte sie deshalb ermutigen, den Bericht zu lesen. Wir betreiben kein Troika-Bashing. Im Gegenteil, wir wollen die Troika rechenschaftspflichtig gegenüber den direkt gewählten Volksvertretern machen.
Wir sind davon überzeugt, dass Reformprozesse nur dann erfolgreich sind, wenn sie von den Menschen auch als notwendig und legitim angenommen werden. Und das geht nur durch Transparenz und mit demokratischer Rechenschaftspflicht. Dafür braucht man öffentliche Debatten über die Programme in Parlamenten und die Unterstützung der Volksvertreter.
Vor vier Jahren wurde die Troika hastig eingesetzt, um den Zusammenbruch des Euro zu verhindern.
Vor vier Jahren, hat die Troika uns wahrscheinlich dabei geholfen, eine Wiederholung der katastrophalen Depression des Jahres 1929 zu verhindern.
Dennoch müssen wir alle einsehen, dass die ganze Operation nicht optimal verlief.
Fehlende Transparenz hat dazu geführt, dass fundamentale Meinungsverschiedenheiten - die Konflikte zwischen Kommission und IWF sind bekannt-berüchtigt - hinter den geschlossenen Türen der Euro-Gruppe ausgetragen wurden.
Für die Troika sind die EU-Verträge nicht bindend, genauso wenig wie die Grundrechtecharta; der Europäische Gerichtshof spielt keine Rolle und die EU Gesetzgebung gilt für sie auch nicht.
Deshalb: es ist jetzt höchste Zeit, dass wir uns wieder auf die Rechtsgrundlage der EU-Verträge stellen und die Troika der demokratischen Kontrolle und Rechenschaftspflicht unterwerfen. Gerade weil wir überzeugt sind, dass diese Konstruktionsfehler der Troika zu den schlechten makroökonomischen Resultaten beigetragen haben.
Ein "one-size-fits-all"-Ansatz kann bei vier sehr verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Ausgangslagen und Problemen einfach nicht funktionieren. Es gab nie einen Plan B für den Fall, dass dieser Ansatz nicht funktioniert, etwa das soziale Gefüge unserer Gesellschaften beschädigt oder das Leben der Menschen beeinträchtigt.
Konstruktionsfehler der Troika
Das Europa-Parlament schlägt kurzfristig folgende Maßnahmen vor, um einige der Konstruktionsfehler der Troika zu beheben:
- Größere Klarheit und Transparenz in Bezug auf die Beziehung der handelnden Institutionen durch öffentlich zugängliche Verfahrensregeln.
- Eine Rechenschaftspflicht der Kommission gegenüber dem Europäischen Parlament durch ein interinstitutionelles Abkommen.
- Gemeinsame Standards zu demokratischer Rechenschaftspflicht und Transparenz durch baldige Richtlinien.
Langfristig halten wir eine veränderte Aufgabenstellung und Arbeitsweise der Eurogruppe für unumgänglich:
Die gewachsene Macht der Eurogruppe muss durch eine größere Rechenschaftspflicht ausbalanciert werden.
Die Eurogruppe muss genauso wie der ESM seinen Platz im Rahmen der Gemeinschaftsinstitutionen finden. Das wird die Wirtschaftskoordination verbessern und die Abwehrkräfte der Eurozone für künftige Krisen stärken.
Sehr geehrte Damen und Herren,
in der vergangenen Woche hat das Europäische Parlament nach zweijähriger intensiver Arbeit in erster Lesung ein Datenschutzpaket angenommen. Als Volksvertreter glauben wir, dass Menschen die Bestimmungshoheit über ihre Privatsphäre zurückgewinnen müssen, dass Bürgerinnen und Bürger auch im digitalen Zeitalter starke Rechte brauchen und dass Unternehmen von einem digitalen Binnenmarkt profitieren werden.
Sie sagten im vergangenen Herbst im Europäischen Rat selbst, dass eine baldige Annahme eines starken Datenschutzpakets ein grundlegendes Element für die Vollendung des digitalen Binnenmarktes bis 2015 sei. Deshalb bitte ich Sie im Namen des Parlaments, diesen Worten schnell Taten folgen zu lassen und dem Rat die Aufnahme von Verhandlungen mit uns endlich zu gewähren.
Drei bindende Klima- und Energieziele
Das Europäische Parlament hat sich im Februar für verbindliche Klimaziele ausgesprochen.
Uns geht es dabei im Kern um drei Ziele, die wir bis 2030 erreichen wollen:
Erstens, im Vergleich zu den Werten von 1990 den Ausstoß von Kohlendioxid um 40 Prozent reduzieren.
Zweitens, den Anteil an erneuerbaren Energien im Strom-Mix auf 30 Prozent erhöhen.
Drittens, bis 2030 40 Prozent an Energie einsparen.
Wir halten diese drei bindenden Klima- und Energieziele für richtig und wichtig.
Damit sorgen wir für nachhaltiges Wachstum und schaffen zusätzliche Arbeitsplätze. Außerdem verringern wir unsere Abhängigkeit von Energieimporten durch Drittstaaten. Die Ukraine-Krise führt uns dieser Tage dramatisch vor Augen, wie wichtig es ist, uns von Energieabhängigkeiten zu befreien. Ein Viertel der europäischen Gasimporte kommen aus Russland und über Leitungen aus der Ukraine. Und deshalb ist es auch so wichtig, den Energiebinnenmarkt zu vollenden, Infrastrukturen weiter auszubauen und zu integrieren für eine grenzüberschreitende, gemeinsame Nutzung von Energie.
Mit diesen, vom Europäischen Parlament geforderten verbindlichen Zielen im Rücken kann die EU weiterhin eine Vorreiterrolle in der Klimapolitik einnehmen und die Verhandlungen im Vorfeld der Klimakonferenz 2015 in Paris positiv beeinflussen.
Wir begrüßen den Vorschlag der Kommission. Zumindest ist das Projekt jetzt auf die Schiene gesetzt. Leider bleiben die Kommissionsvorschläge jedoch hinter den Forderungen des Europäischen Parlaments zurück. Deshalb müssen bald Vorschläge zu verbindlichen Zielen für die Energieeffizienz vorgelegt werden. Denn die Energieeffizienz ist ein Schlüsselinstrument um hohen Energiepreisen entgegenzusteuern. Dies ist wichtig. Für unsere Industrie. Und für die Verbraucher; besonders für Menschen mit niedrigem Einkommen, die nicht mehr wissen wie sie ihre Heizkosten bezahlen sollen.
Damit wir mehr Schwung in den Ausbau der erneuerbarer Energien bekommen, sollten auch Ziele auf Ebene der Mitgliedstaaten festgelegt werden.
Die jetzt von der Kommission vorgeschlagene Governance-Struktur wirft Probleme auf, denn die Klima- und Energiepolitik ist keine zwischenstaatliche Aufgabe. Das Parlament besteht daher auf dem Mitentscheidungsverfahren.
Und an Sie gerichtet, meine sehr geehrten Damen und Herren, füge ich an: das Europäische Parlament wünscht sich, dass Sie sich so schnell wie möglich auf eine Reduktion des Kohlendioxidausstoßes um 40 Prozent einigen - dies mithilfe eines funktionsfähigen Emissionshandelssystems und unter Berücksichtigung der Möglichkeiten der jeweiligen Länder. Diese Einigung brauchen wir um Planungssicherheit für Unternehmen zu schaffen, unsere internationale Glaubwürdigkeit als Vorreiterin im Klimaschutz zu stärken und einen positiven Einfluss auf die anstehenden Klimaverhandlungen zu nehmen. Sinnvoll wäre daher eine Einigung noch vor dem Climate Leader Summit im September in New York.
Sie beraten heute auch über die Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit Europas. Das Parlament steht in dieser Frage an Ihrer Seite. Wir müssen den Wirtschafts- und Industriestandort Europa schützen. Gezielt in Innovation und Forschung investieren. Und den kleinen und mittleren Unternehmen unter die Arme greifen. Denn sie sind das Rückgrat der europäischen Wirtschaft. Sie sind es, die in Europa Jobs schaffen.
Die Kommission hat mit ihrem Papier einen guten Fahrplan aufgestellt, in dem sie darauf hinweist, wie wichtig es ist, eine Kohärenz zwischen Industrie-, Klima- und Energiepolitik herzustellen. Dafür müssen wir auch Antworten auf hohe Energiepreise und das Risiko der Abwanderung von Produktionsstätten finden.
Wir brauchen eine starke und nachhaltige Industrie in Europa, um unseren Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen.
Der Beitrag basiert auf einer Rede von Martin Schulz vom 20. März 2014 beim Europäischen Rat.
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