Das Volk hat gesprochen:Unter scharfen Protesten des Westens hat die zur Ukraine gehörende Schwarzmeerhalbinsel Krim ein Referendum über den Beitritt zu Russland abgehalten - und die Menschen haben dafür gestimmt.
1. Wieso gab es ein Referendum?
Teile der russischen Bevölkerung fürchten, dass sich die Stimmung in der Ukraine gegen sie wendet. Seit der russlandfreundliche ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch aus dem Amt vertrieben wurde, schüren russischsprachige Medien die Angst vor einem aufkeimenden Nationalismus. Genährt wird die Furcht auch dadurch, dass die faschistische Swoboda-Partei an der Übergangsregierung in Kiew beteiligt wurde. Putin macht sich die Lage zunutze. Er behauptet, dass unbescholtene Russen auf der Halbinsel Krim von Nationalisten angegriffen werden.
Bewaffnete Männer in nicht gekennzeichneten Uniformen, bei denen es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um russisache Soldaten handelt, haben Ende Februar begonnen, strategisch wichtige Punkte auf der Krim zu besetzen, darunter auch das Parlament. Die bisherige Regionalregierung wurde abgesetzt, die noch anwesenden Abgeordneten beschlossen die Ansetzung eines Referendums über den künftigen Status der Krim.
Nachdem das Referendum mehrmals vorverlegt wurde, waren die Bewohner der Krim am Sonntag aufgerufen, abzustimmen.
2. Worüber haben die Menschen heute genau abgestimmt?
Sie hatten zwei Wahlmöglichkeiten, die jeweils in den Sprachen Russisch, Ukrainisch und Krimtatarisch aufgeführt waren:
3. Was passiert nun mit der nicht-russischen Bevölkerung?
Auf der Krim leben mehrere ethnische Minderheiten: Ein Viertel der Bevölkerung sind Ukrainer. Am längsten wird das Gebiet allerdings von den Krim-Tataren bewohnt. Das sind sunnitische Muslime, die zwölf Prozent der Einwohner stellen. Unter Stalin wurden sie verfolgt und deportiert, Zehntausende starben. Seit bewaffnete Milizen auf der Halbinsel Präsenz zeigen, werden die Tataren nun zunehmend unterdrückt und angefeindet, berichten Beobachter.
Außerdem leben auf der Krim viele russischsprachige Juden. Sie sind gegen eine Angliederung an Russland, weil sie staatliche Überwachung und Bevormundung fürchten.
4. Was geschieht als nächstes?
Russland hatte angekündigt, die Krim schon bei einer einfachen Mehrheit eingliedern zu wollen.
Die Situation ist heikel. Pro-russische Milizen haben seit der faktischen Invasion Ende Februar die Kontrolle über die Krim. Die Nato geht davon aus, dass diese Soldaten vom Kreml entsandt wurden, auch wenn sie teils nicht eindeutig identifizierbar sind.
Wenn die Entscheidung für eine Eingliederung tatsächlich fällt, will Russland die Halbinsel innerhalb eines Jahres übernehmen. Schwierigkeiten dürfte dabei vor allem die infrastrukturelle Situation machen. Russland verfügt über keinen Festlandzugang zur Krim, sowohl die Gas- als auch die Strom- und Wasserversorgung werden vom Territorium der Ukraine aus organisiert. Auch die Banken auf der Halbinsel haben ihren Hauptsitz meist in der Ukraine. Deshalb kam es am Wochenende zu langen Warteschlangen vor den Bankautomaten.
5. Wie ist die militärische Situation in der Ukraine?
Die ukrainische Armee hat mehr als 164.000 Soldaten mobilisiert. Sowohl personell als auch technisch ist sie der russischen Armee weit unterlegen, die allein an der Grenze zur Ukraine über 150.000 Soldaten zusammengezogen hat. Auf der Krim haben beiden Nationen eine Übergangsfrist für die noch bestehenden ukrainischen Militärstandorte vereinbart. Sie läuft am 21. März aus. Bisher gab es keine Signale seitens der Ukraine, die Kasernen zu räumen.
Grund zur Sorge bereitet darüber hinaus die Lage in der Ostukraine. Dort wurden in den vergangenen Tagen bei Krawallen mehrere Demonstranten getötet. Am Samstag kam es bereits außerhalb der Krim zu Zusammenstößen zwischen russischen und ukrainischen Truppen bei Strilkove im Oblast Kherson. Eskaliert ist die Lage jedoch bisher nicht. Sollte Russland sich gezwungen sehen, auch hier zu intervenieren, könnte die Lage schnell kippen. Es ist derzeit die größte Furcht von Politikern in aller Welt: Dass sich die Krise um die Halbinsel Krim zu einer Krise um die gesamte Ukraine ausweiten könnte.
6. Wie reagiert die EU?
Merkel und andere westliche Politiker werfen Moskau mit Nachdruck vor, die Abspaltung der Krim gegen international geltendes Recht voranzutreiben. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier forderte Moskau scharf zum Einlenken auf.
"Wir haben die Konfrontation nicht gesucht. Aber wenn Russland nicht in letzter Minute einlenkt, werden wir am Montag im Kreis der EU-Außenminister eine entsprechende erste Antwort geben", sagte Steinmeier der "Welt am Sonntag". Geplant sind Einreiseverbote und Kontensperrungen für Russen.
Wenn Russland den Konflikt weiter verschärft, droht die EU mit härterem Vorgehen. Allerdings äußerte sie sich nicht darüber, wie genau die Sanktionen aussehen würden. Es heißt nur, es werde zu einer „weitreichenden Veränderung der Beziehungen zu Russland“ kommen. „Man wird die Zauberformel finden wollen, die Russland wehtut und umgekehrt den EU-Staaten nicht schade“, sagt der Innsbrucker Politikprofessors Gerhard Mangott zu FOCUS Online.
(Mit Material von dpa)
1. Wieso gab es ein Referendum?
Teile der russischen Bevölkerung fürchten, dass sich die Stimmung in der Ukraine gegen sie wendet. Seit der russlandfreundliche ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch aus dem Amt vertrieben wurde, schüren russischsprachige Medien die Angst vor einem aufkeimenden Nationalismus. Genährt wird die Furcht auch dadurch, dass die faschistische Swoboda-Partei an der Übergangsregierung in Kiew beteiligt wurde. Putin macht sich die Lage zunutze. Er behauptet, dass unbescholtene Russen auf der Halbinsel Krim von Nationalisten angegriffen werden.
Bewaffnete Männer in nicht gekennzeichneten Uniformen, bei denen es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um russisache Soldaten handelt, haben Ende Februar begonnen, strategisch wichtige Punkte auf der Krim zu besetzen, darunter auch das Parlament. Die bisherige Regionalregierung wurde abgesetzt, die noch anwesenden Abgeordneten beschlossen die Ansetzung eines Referendums über den künftigen Status der Krim.
Nachdem das Referendum mehrmals vorverlegt wurde, waren die Bewohner der Krim am Sonntag aufgerufen, abzustimmen.
2. Worüber haben die Menschen heute genau abgestimmt?
Sie hatten zwei Wahlmöglichkeiten, die jeweils in den Sprachen Russisch, Ukrainisch und Krimtatarisch aufgeführt waren:
1. Sind Sie für eine Wiedervereinigung der Krim mit Russland mit den Rechten eines Subjekts der Russischen Föderation?
2. Sind Sie für eine Wiederherstellung der Gültigkeit der Verfassung der Republik Krim von 1992 und für einen Status der Krim als Teil der Ukraine?
3. Was passiert nun mit der nicht-russischen Bevölkerung?
Auf der Krim leben mehrere ethnische Minderheiten: Ein Viertel der Bevölkerung sind Ukrainer. Am längsten wird das Gebiet allerdings von den Krim-Tataren bewohnt. Das sind sunnitische Muslime, die zwölf Prozent der Einwohner stellen. Unter Stalin wurden sie verfolgt und deportiert, Zehntausende starben. Seit bewaffnete Milizen auf der Halbinsel Präsenz zeigen, werden die Tataren nun zunehmend unterdrückt und angefeindet, berichten Beobachter.
Außerdem leben auf der Krim viele russischsprachige Juden. Sie sind gegen eine Angliederung an Russland, weil sie staatliche Überwachung und Bevormundung fürchten.
4. Was geschieht als nächstes?
Russland hatte angekündigt, die Krim schon bei einer einfachen Mehrheit eingliedern zu wollen.
Die Situation ist heikel. Pro-russische Milizen haben seit der faktischen Invasion Ende Februar die Kontrolle über die Krim. Die Nato geht davon aus, dass diese Soldaten vom Kreml entsandt wurden, auch wenn sie teils nicht eindeutig identifizierbar sind.
Wenn die Entscheidung für eine Eingliederung tatsächlich fällt, will Russland die Halbinsel innerhalb eines Jahres übernehmen. Schwierigkeiten dürfte dabei vor allem die infrastrukturelle Situation machen. Russland verfügt über keinen Festlandzugang zur Krim, sowohl die Gas- als auch die Strom- und Wasserversorgung werden vom Territorium der Ukraine aus organisiert. Auch die Banken auf der Halbinsel haben ihren Hauptsitz meist in der Ukraine. Deshalb kam es am Wochenende zu langen Warteschlangen vor den Bankautomaten.
5. Wie ist die militärische Situation in der Ukraine?
Have you seen our latest map? #Ukraine #BlackSea #Crimea #Russia
pic.twitter.com/AShUqTtK2I
— CIGeography (@CIGeography) 16. März 2014
Die ukrainische Armee hat mehr als 164.000 Soldaten mobilisiert. Sowohl personell als auch technisch ist sie der russischen Armee weit unterlegen, die allein an der Grenze zur Ukraine über 150.000 Soldaten zusammengezogen hat. Auf der Krim haben beiden Nationen eine Übergangsfrist für die noch bestehenden ukrainischen Militärstandorte vereinbart. Sie läuft am 21. März aus. Bisher gab es keine Signale seitens der Ukraine, die Kasernen zu räumen.
Grund zur Sorge bereitet darüber hinaus die Lage in der Ostukraine. Dort wurden in den vergangenen Tagen bei Krawallen mehrere Demonstranten getötet. Am Samstag kam es bereits außerhalb der Krim zu Zusammenstößen zwischen russischen und ukrainischen Truppen bei Strilkove im Oblast Kherson. Eskaliert ist die Lage jedoch bisher nicht. Sollte Russland sich gezwungen sehen, auch hier zu intervenieren, könnte die Lage schnell kippen. Es ist derzeit die größte Furcht von Politikern in aller Welt: Dass sich die Krise um die Halbinsel Krim zu einer Krise um die gesamte Ukraine ausweiten könnte.
6. Wie reagiert die EU?
Merkel und andere westliche Politiker werfen Moskau mit Nachdruck vor, die Abspaltung der Krim gegen international geltendes Recht voranzutreiben. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier forderte Moskau scharf zum Einlenken auf.
"Wir haben die Konfrontation nicht gesucht. Aber wenn Russland nicht in letzter Minute einlenkt, werden wir am Montag im Kreis der EU-Außenminister eine entsprechende erste Antwort geben", sagte Steinmeier der "Welt am Sonntag". Geplant sind Einreiseverbote und Kontensperrungen für Russen.
Wenn Russland den Konflikt weiter verschärft, droht die EU mit härterem Vorgehen. Allerdings äußerte sie sich nicht darüber, wie genau die Sanktionen aussehen würden. Es heißt nur, es werde zu einer „weitreichenden Veränderung der Beziehungen zu Russland“ kommen. „Man wird die Zauberformel finden wollen, die Russland wehtut und umgekehrt den EU-Staaten nicht schade“, sagt der Innsbrucker Politikprofessors Gerhard Mangott zu FOCUS Online.
(Mit Material von dpa)
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