Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins für die Eurozone in ihrer Sitzung am gestrigen Donnerstag nicht weiter reduziert. Banken können sich bei der EZB also unverändert zu einem Zinssatz von 0,25% mit Liquidität versorgen. Eine ganze Reihe von Beobachtern hatte jedoch auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik gehofft. Nicht wenige orakeln, dass schon die Beibehaltung des aktuellen Zinsniveaus Europa auf mittlere Sicht in eine Deflationsspirale führen könnte.
Bestätigt fühlen sich die Kritiker durch die gesenkte Prognose der EZB für die europaweite Inflationsrate, die für 2014 mit 1% nun nur noch bei der Hälfte des eigentlichen Inflationsziels liegt. Müssen wir also wirklich befürchten, dass auch in Europa bald „japanische Verhältnisse" herrschen? Das „Land des Lächelns" litt fast zwei Jahrzehnte lang unter einer von Deflation begleiteten Wirtschaftsflaute, weil es sich in den 1990er Jahren in ähnlicher Ausgangslage gescheut hatte, schmerzhafte Strukturreformen einzuleiten und seine maroden Banken auf einen Sanierungskurs zu zwingen. Stattdessen pumpte man ähnlich wie die EZB heute massenweise Geld ins System.
Was aber ist aus der ursprünglichen Sorge vor einer anspringenden Inflation infolge der Geldschwemme geworden? Die Antwort ist einfach: Anders als von der EZB erhofft, stellen die Banken die zum faktischen Null-Zins erhältliche Liquidität dem Wirtschaftskreislauf nicht zur Verfügung. Zu tief sind die Löcher in den eigenen Taschen, zu groß ist die Verlockung, sich mit billigem Kapital für künftige Turbulenzen versorgen zu können. Europas Banken saugen das Geld der EZB also auf wie ein Schwamm. Inflation kann auf diese Weise nicht entstehen, weil die zusätzliche Geldmenge nicht den Weg in den Wirtschaftskreislauf findet. Dadurch unterbleibt die dringend benötigte Stärkung der Kreditvergabe an Verbraucher und Unternehmen.
Die Auswirkungen spüren vor allem kleine und mittlere Firmen. Denn während Konzerne über eine Fülle von Kapitalbeschaffungsinstrumenten verfügen, muss sich der Mittelstand ebenso wie der Privatmann weitgehend auf den Bankensektor als Kreditgeber verlassen. Und dieser will die ihm zugedachte Rolle nicht mehr recht spielen, weil er insbesondere nach den jüngsten Verschärfungen der Eigenkapitalanforderungen das Geschäftsfeld der Kreditvergabe als immer unattraktiver empfindet. Dies ist die Kehrseite einer im Grundsatz stabilisierend wirkenden Regulierung. Wie also kann man den Finanzsektor dazu bewegen, den Geldhahn wieder aufzudrehen?
Schon seit geraumer Zeit können Banken ihr Geld bei der EZB nur noch zinslos anlegen. Dies soll das „Parken" von Liquidität unattraktiv machen, hat aber seine Wirkung bislang verfehlt. Es bedarf also anderer Instrumente. Am interessantesten erscheint dabei das aktuelle Modell der britischen Zentralbank: Statt einer weiteren Senkung des Leitzinses oder gar der Einführung eines Strafzinses für „geparktes" Geld könnte ein Anreiz darin bestehen, dass Banken nur dann an vergünstigtes Zentralbankgeld kommen, wenn sie einen gewissen Prozentsatz davon als Kredite weiterreichen. Großbritannien versucht damit den Banken eine höhere Kreditvergabe schmackhaft zu machen, ohne Sparern auch noch das letzte verbliebene Quäntchen Zinsglück zu rauben.
Das Deflationsthema wird uns allerdings weiter beschäftigen. Darauf angesprochen, beschwichtigte EZB-Chef Draghi, dass die heutige Situation in Europa mit der damaligen in Japan nicht vergleichbar sei. Er hat damit nur insofern recht, als die EZB einen noch schwierigeren Spagat zu leisten hat als die Bank of Japan, die sich nur einer einzigen Volkswirtschaft anzunehmen hatte und bereits daran scheiterte. In einem so heterogen zusammengesetzten Währungsgebiet wie der Eurozone scheint die Aufgabe daher fast unlösbar. Daran werden auch sämtliche Harmonisierungsversuche der Brüsseler Bürokraten nichts ändern. Soll also irgendwann wieder Stabilität in die Volkswirtschaften Europas einkehren, wird man am heutigen System der Gemeinschaftswährung auf Dauer nicht festhalten können.
Lesen Sie mehr von Ramin Peymani in seinem Blog Klodeckel des Tages oder in seinem aktuellen Buch "Die Klodeckel-Chronik - Eine Gesellschaft auf dem Irrweg" (ISBN 978-3-7322-9307-0).
Bestätigt fühlen sich die Kritiker durch die gesenkte Prognose der EZB für die europaweite Inflationsrate, die für 2014 mit 1% nun nur noch bei der Hälfte des eigentlichen Inflationsziels liegt. Müssen wir also wirklich befürchten, dass auch in Europa bald „japanische Verhältnisse" herrschen? Das „Land des Lächelns" litt fast zwei Jahrzehnte lang unter einer von Deflation begleiteten Wirtschaftsflaute, weil es sich in den 1990er Jahren in ähnlicher Ausgangslage gescheut hatte, schmerzhafte Strukturreformen einzuleiten und seine maroden Banken auf einen Sanierungskurs zu zwingen. Stattdessen pumpte man ähnlich wie die EZB heute massenweise Geld ins System.
Was aber ist aus der ursprünglichen Sorge vor einer anspringenden Inflation infolge der Geldschwemme geworden? Die Antwort ist einfach: Anders als von der EZB erhofft, stellen die Banken die zum faktischen Null-Zins erhältliche Liquidität dem Wirtschaftskreislauf nicht zur Verfügung. Zu tief sind die Löcher in den eigenen Taschen, zu groß ist die Verlockung, sich mit billigem Kapital für künftige Turbulenzen versorgen zu können. Europas Banken saugen das Geld der EZB also auf wie ein Schwamm. Inflation kann auf diese Weise nicht entstehen, weil die zusätzliche Geldmenge nicht den Weg in den Wirtschaftskreislauf findet. Dadurch unterbleibt die dringend benötigte Stärkung der Kreditvergabe an Verbraucher und Unternehmen.
Die Auswirkungen spüren vor allem kleine und mittlere Firmen. Denn während Konzerne über eine Fülle von Kapitalbeschaffungsinstrumenten verfügen, muss sich der Mittelstand ebenso wie der Privatmann weitgehend auf den Bankensektor als Kreditgeber verlassen. Und dieser will die ihm zugedachte Rolle nicht mehr recht spielen, weil er insbesondere nach den jüngsten Verschärfungen der Eigenkapitalanforderungen das Geschäftsfeld der Kreditvergabe als immer unattraktiver empfindet. Dies ist die Kehrseite einer im Grundsatz stabilisierend wirkenden Regulierung. Wie also kann man den Finanzsektor dazu bewegen, den Geldhahn wieder aufzudrehen?
Schon seit geraumer Zeit können Banken ihr Geld bei der EZB nur noch zinslos anlegen. Dies soll das „Parken" von Liquidität unattraktiv machen, hat aber seine Wirkung bislang verfehlt. Es bedarf also anderer Instrumente. Am interessantesten erscheint dabei das aktuelle Modell der britischen Zentralbank: Statt einer weiteren Senkung des Leitzinses oder gar der Einführung eines Strafzinses für „geparktes" Geld könnte ein Anreiz darin bestehen, dass Banken nur dann an vergünstigtes Zentralbankgeld kommen, wenn sie einen gewissen Prozentsatz davon als Kredite weiterreichen. Großbritannien versucht damit den Banken eine höhere Kreditvergabe schmackhaft zu machen, ohne Sparern auch noch das letzte verbliebene Quäntchen Zinsglück zu rauben.
Das Deflationsthema wird uns allerdings weiter beschäftigen. Darauf angesprochen, beschwichtigte EZB-Chef Draghi, dass die heutige Situation in Europa mit der damaligen in Japan nicht vergleichbar sei. Er hat damit nur insofern recht, als die EZB einen noch schwierigeren Spagat zu leisten hat als die Bank of Japan, die sich nur einer einzigen Volkswirtschaft anzunehmen hatte und bereits daran scheiterte. In einem so heterogen zusammengesetzten Währungsgebiet wie der Eurozone scheint die Aufgabe daher fast unlösbar. Daran werden auch sämtliche Harmonisierungsversuche der Brüsseler Bürokraten nichts ändern. Soll also irgendwann wieder Stabilität in die Volkswirtschaften Europas einkehren, wird man am heutigen System der Gemeinschaftswährung auf Dauer nicht festhalten können.
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