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Kinderleichte Abschiebung - Ein Comic des Roten Kreuzes verhöhnt Flüchtlinge

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Neben diesem Comic-Bild eines kleinen Jungen mit seiner Familie steht in vier verschiedenen Sprachen: „Papa erzählt mir von dem Land, aus dem wir kommen. Dorthin werden wir bald zurückkehren.“

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Es ist die erste Seite einer Broschüre des Bayerischen Roten Kreuzes mit dem Titel „Rückkehr“. Die Verantwortlichen des an Kinder gerichtete Projekt betonen ausdrücklich, dass es ihnen um Unterstützung von Flüchtlingen bei der „freiwilligen Rückkehr und Wiedereingliederung in ihre Heimat“ geht.

Die gutbürgerliche, ausländische Familie entscheidet, völlig unbegründet, Deutschland zu verlassen. Vor ihrer Abreise packen sie all ihr Hab und Gut in einen „großen Koffer“, der Protagonist weiß gar nicht, wie er seine ganzen vielen Spielsachen verstauen soll. Bei der Ankunft in der „Heimat“ werden sie bereits von Oma, Opa und Tante freudig erwartet. Nach einer kurzen Zeit der Eingewöhnung hat der Junge neue Spielfreunde gefunden. Ende gut, alles gut.


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Dass diese Bilderbuch-Geschichte allerdings mit der Realität vieler Asylantenfamilien zu tun hat, bestätigt Matthias Weinzierl vom Bayerischen Flüchtlingsrat im Gespräch mit der Huffington Post. Er findet den Begriff der „Freiwilligkeit“ im Zusammenhang mit rückkehrenden Flüchtlingen grundsätzlich fraglich.

Die Realität sieht anders aus

Oft drängen Perspektivlosigkeit und finanzieller Druck zur Rückkehr in ein Land, das einst aus gleichsam unfreiwilligen Gründen verlassen wurde. In anderen Fällen bleibt die unaufgeforderte Ausreise als letzte Option vor der gewaltsamen Abschiebung. Eine freiwillige „Rückkehr“ ist laut Weinzierl demnach sehr selten.


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Vielmehr würden Familien mitten in der Nacht von Polizeitrupps aus dem Schlaf gerissen und in den nächsten Flieger verfrachtet. Dass Vater und Mutter, wie im Comic, dabei Krawatte und Stöckelschuhe tragen, ist relativ unwahrscheinlich. Am Ziel angekommen erwartet die Flüchtlinge meistens nicht einmal ein Schlafplatz.

Ernstgemeinte Hilfe oder planlose Dreistigkeit?

Die verharmlosende Darstellung des Bilderbuchs bezeichnet Weinzierl als puren „Zynismus“. Der Comic erinnert an Kinderbücher, die durch bunte Zeichnungen die unbegründete Angst vor einem Zahnarztbesuch nehmen sollen. Das gesamte Projekt wäre eine „planlose Dreistigkeit“ die am eigentlichen Problem vorbei gehe und wichtige Fragen unbeantwortet lasse.

Das BRK kooperiert für die „Zentrale Rückkehrberatung für Flüchtlinge in Nordbayern“ mit der Arbeiterwohlfahrt und wird durch den Freistaat Bayern und den Europäischen Rückkehrfond gefördert. Für Weinzierl, der Abschiebung per se ablehnt, wird durch die Kooperation eine offene Kommunikation zwischen Hilfesuchenden und dem BRK schlichtweg unmöglich.

Statt Flüchtlingen die nötige Unabhängigkeit zu bieten, mache der Verband sich indirekt zum „Mittäter“ einer Regierung, deren vorrangiges Ziel es sei, unerwünschte Gäste loszuwerden. Weinzierl unterstelle niemandem einen „bösen Willen“, doch der Comic grenze an eine „Beleidigung aller Betroffenen“.

Eine der Realität näher stehende Version des Comics steht auf der Website des Verbands zum Dowload bereit: Das „RückkehrKinder Ausmalbuch“ ist schwarz-weiß und ohne Kommentare versehen. So können sich Flüchtlingskinder ihre Zukunft, wortwörtlich, selbst ausmalen.






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