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Erst Drama, dann "historische Errungenschaft" - Erstes globale Handelsabkommen seit Bestehen der WTO

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NUSA DUA - Handelsdiplomatie ist langweilig? Nichts als Mengen, Gewichte, Sorten, Tabellen, Bürokratie und Fachchinesisch? Wer das glaubte, wurde durch die Dramatik der Welthandelskonferenz auf Bali eines Besseren belehrt. Emotionale Debatten, Boykottdrohungen, am Ende ein weinender Held. Und nicht zu vergessen: Endlich, nach Jahren meist kontroverser Debatten, der Durchbruch zu einem wirklich bedeutenden globalen Handelsabkommen.

Was in den fünf Tagen und Nächten der 9. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) erreicht wurde, beschrieb ihr neuer Generaldirektor Roberto Azevêdo so: "Wir haben die Welt zurückgebracht in die Welthandelsorganisation. Wir haben sie gestärkt und wir haben die Sache der Entwicklungshilfe vorangebracht."

Der Erfolg - da waren sich die Handelsminister aus aller Welt einig - wurde wesentlich durch den Einsatz des 56-jährigen Brasilianers an der Spitze der WTO möglich. Azevêdo ist ein ausgewiesener Kenner der Organisation mit ihren komplizierten Strukturen und Regelwerken. Lange hatte er sein Land bei Handelsstreitigkeiten vertreten, ehe er sich bei der Wahl des Nachfolgers für den glücklosen Franzosen Pascal Lamy gegen acht Kandidaten durchsetzte.

Am 1. September trat 2013 Azevêdo sein WTO-Spitzenamt an. Innerhalb von kaum drei Monaten gelang es ihm, die mittlerweile 160 Staaten umfassende Organisation so zu mobilisieren, dass nun tatsächlich das erste globale Handelsabkommen in ihrer 18-jährigen Geschichte überhaupt zustande kam.

Sanfte Diplomatie

Das schönste Kompliment an Azevêdo machte am Samstag Indonesiens Handelsminister Gita Wirjawan, der die Konferenz als Gastgeber geleitet hatte. Anfangs hätten viele gedacht, auch dieser Anlauf der WTO zu einem globalen Abkommen werde scheitern. Als ein Erfolg in Reichweite kam, hätten die Indonesier stolz vermutet, das liege an der inspirierenden Atmosphäre auf ihrer Ferieninsel, am Bali-Effekt. "Dann haben wir erkannt, dass es der Azevêdo-Effekt war."

Wie keiner seiner Vorgänger versteht es der Brasilianer, Verhandlungspartner - und seien sie noch so zerstritten - sanft und und mit immer neuen Kompromissvorschlägen zu einem Ergebnis zu drängen. Er hört jedem geduldig zu. Bemüht, die Positionen aller zu verstehen, alle Interessen einzubinden. Handelspolitik, weiß er, ist immer ein Geben und Nehmen, Kompensationen sind fast immer nötig, damit jeder Partner ein Interesse an einem Deal hat.

So gelang es ihm, den indischen Handelsminister Anand Sharma zu besänftigen, der wie ein wütender Tiger auftrat und immer wieder verkündete: "Für Indien ist Nahrungsmittelsicherheit nicht verhandelbar." Sharma bekam die Zustimmung der USA, der EU und anderer Staaten zu Ausnahmen, mit denen Indien bei der Umsetzung eines gigantischen Subventionsprogramms WTO-Regeln zumindest für einige Jahre verletzen darf. So kann das Land 820 Millionen Arme mit subventionierten Lebensmitteln versorgen, ohne dafür von anderen Staaten vor der WTO verklagt zu werden.

Am Ende versagte die Stimme

Doch auf der Zielgraden drohte Kuba den Erfolg zunichtezumachen. Seit Jahrzehnten ärgert sich der Inselstaat über das Handelsembargo der USA. Da war die WTO-Konefernz eine willkommene Bühne, um "fünf Minuten vor Zwölf" die Welt "an dieses Unrecht zu erinnern".

Gemeinsam mit dem US-Handelsbeauftragen Michael Froman fand der WTO-Chef auch dafür eine Lösung: In das Abschlussdokument wurde eine Floskel eingebaut, die an das Embargo erinnert - ohne dass damit die USA zu irgendetwas verpflichtet wären. Kuba hatte erreicht, dass die Befürworter freien Welthandels eine halbe Nacht um den Erfolg von Bali bangen mussten - und das Embargo so schnell nicht vergessen werden.

Samstagvormittag (Ortszeit) stand endlich der Konsens der WTO-Staaten. Die Umsetzung des Bali-Pakets kann beginnen. Wenn die Berechnungen der von der Wirtschaft unterhaltenen Internationalen Handelskammer (ICC) einigermaßen stimmen, werden Wachstumsimpulse im Umfang von einigen Hundert Milliarden Dollar freigesetzt und Millionen von Jobs geschaffen, vor allem in Entwicklungsländern.

Azevêdo dankte in der letzen Sitzung allen, die diesen Erfolg ermöglicht hatten. Als die Reihe an seiner Frau war, die ihm stets zur Seite stehe, versagte seine Stimme. Tränen schossen dem Mann ins Gesicht, der in den drei Nächten zuvor kaum Schlaf gefunden hatte. Tosender Beifall half ihm, rasch wieder die Fassung zu finden.

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