Die Oscar-Verleihung ist das wichtigste Event des Jahres für die internationale Filmindustrie. Aber auch für uns Normalsterbliche haben die Academy Awards einen besonderen Zauber. Alle Stars, viel Glamour, große Emotionen. Aber was passiert da eigentlich genau? Wie funktioniert die Wahl? Wer nominiert und wählt wen? Und wer hat eigentlich Zeit sich all die Filme anzuschauen?
Die Huffington Post Deutschland hat mit einem Mitglied der Academy gesprochen. Der deutsche Filmemacher Percy Adlon lebt seit 25 Jahren in Los Angeles, ist Mitglied und weiß genau, wie die Oscars funktionieren.
Percy Adlon beim New York Jewish Film Festival 2011.
Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences (kurz AMPAS oder einfach Academy) wurde 1929 in Los Angeles gegründet. Seit 2013 ist Cheryl Boone Isaacs die 35. Präsidentin der Organisation. Insgesamt hat die Academy rund 6.000 Mitglieder.
Aber wie wird man eigentlich Mitglied in der Academy?
Alle Oscar-Gewinner werden automatisch in die Academy aufgenommen. Aber das ist nicht der einzige Weg in die Organisation. „Es gibt Mitglieder, die eingeladen werden, weil ihre Arbeit den bestehenden Mitgliedern (und vor allem denen in der oberen Etage) besonders gut gefällt,“ erklärt Adlon. „Damals, also 1990, war Carl Malden Präsident der Academy. Und von dem habe ich einen sehr netten Brief bekommen, dass die anderen Regisseure, gerne wollen, dass ich dabei bin. Und dann war ich’s. Das ist eine große Ehre gewesen – ist es immer noch.“
Wenn es um das oft kritisierte Alter der Academy und ihrer Mitglieder geht, hat Percy Adlon eine klare Meinung. „Weil es immer heißt, die Academy sei so vergreist,“ sagt er. „Das stimmt. Es sind sehr, sehr viele alte Leute unter diesen 6.000 Mitgliedern. Aber, WER hat denn die Zeit? Junge Leute haben zu tun. Die können sich nicht mal eben 100 Filme ansehen!“ Außerdem sei da noch die Lebenserfahrung, die in der Academy tatsächlich noch was zähle und für eine fundierte Meinung wichtig sei.
Percy Adlons Mitgliederausweis 2014.
Die Mitglieder bekommen jedes Jahr einen neuen Ausweis, mit dem sie und eine Begleitperson in den Kinos der Academy in Los Angeles, San Francisco, New York und London alle wichtigen Filme sehen können.
So einen Ausweis wirft man natürlich nicht einfach so weg, wenn er abgelaufen ist. Deshalb hat Percy Adlons Frau, Eleonore, alle 24 Kärtchen aufgehoben.
Viele, viele Filme zu sehen ist für die Mitglieder der Academy Pflicht. Schließlich müssen sie jedes Jahr aufs Neue entscheiden, wer für einen Oscar nominiert werden soll. Dabei können sie aber nur in ihrer eigenen Kategorie nominieren. Also nominiert Regisseur Regisseur, Schauspieler Schauspieler und Drehbuchautor Drehbuchautor. Nur für die Vorschläge für den besten Film sind alle stimmberechtigt.
Ungefähr acht Wochen vor der Verleihung werden die Nominierungen bekannt gegeben. Dann versendet Academy die Wahlkarten an alle 6.000 Mitglieder. Wen er gewählt hat, darf Percy Adlon nicht verraten, „weil ich dann rausgeschmissen werde. Und das will ich nicht, weil ich da sehr dran hänge.“
So sieht die Wahlkarte aus.
Mittlerweile kann man seine Stimme aber auch online abgeben. Das ist natürlich bequemer für alle Beteiligten. Dennoch müssen sich die Mitglieder über ein recht kompliziertes System ausweisen, wenn sie online abstimmen. So soll dafür gesorgt werden, dass auch wirklich nur die echten Mitglieder selbst abstimmen.
Für den besten Film geben die Wahlberechtigten ein Ranking von 1 bis 10 ab. Bei allen anderen Kategorien dürfen sie nur ein Kreuzchen machen. Natürlich dürfen sie nur für Filme abstimmen, die sie auch gesehen haben. Und wenn sie zu etwas mal keine Meinung haben, dürfen sie einzelne Kategorien auch einfach überspringen. Eine Woche vor der Verleihung werden die abgegebenen Stimmen dann ausgezählt.
Die Verleihung
Dann ist es endlich soweit. Die Oscars werden vergeben. Zu der Verleihung kann aber nicht jeder gehen. Auch nicht alle Mitglieder der Academy. Diejenigen Mitglieder, die zu den Oscars gehen wollen, können an einer Verlosung teilnehmen.
„Wenn man da gewinnt, kostet die Karte je nach Kategorie zwischen 500 und 1.200 Dollar,“ erklärt Adlon. „Die Kategorie kann man sich dabei aber nicht aussuchen. Das heißt, es kann sein, dass du hinter Jack Nicholson sitzt, es kann aber auch sein, dass du irgendwo im 17. Rang sitzt. Das hast du nicht in der Hand.“ Er selbst war fünf oder sechs Mal bei der Preisverleihung, in den letzten Jahren aber nicht mehr.
Das Publikum während der Verleihung.
Wenn dann die Oscars „runtergebetet“ werden, sind die spannendsten Momente laut Adlon eigentlich die kurzen Pausen, wenn die Werbung läuft. In der Zeit organisiere sich das Ganze wieder neu. Wenn zum Beispiel eine ganze Ton-Crew auf die Bühne gehen müsse. Da fehlen schnell mal 17 Leute. Der Zuschauerraum muss immer voll aussehen. Dafür sorgten dann Komparsentreiber. „Die stehen dann da mit einem Blauen, einem roten oder einem grünen Fähnchen und sorgen dafür, dass keine Lücken entstehen. In Windeseile - und dann geht’s wieder weiter.“ So beschreibt Percy Adlon die Umbaupausen, die den Fernsehzuschauern vorenthalten werden.
„Oder Schauspieler, die auf der Bühne stehen, springen ins Publikum und umarmen Meryl Streep oder Judy Dench und huschen dann schnell zurück, damit es weitergehen kann. Das ist sehr lustig, zu sehen. Man ist da quasi ein bisschen backstage dabei,“ erzählt er weiter.
Und wer hat dieses Jahr besonders gute Chancen?
Wen er selbst gewählt hat, darf Percy Adlon zwar nicht erzählen, welche Filme seiner Meinung nach gute Chancen haben, aber schon.
Wenn es um den Oscar für die weibliche Hauptrolle geht, sieht er drei Damen besonders weit vorne: „Cate Blanchett könnte ihn kriegen. Aber Amy Adams würde ich es auch sehr gönnen. Die finde ich wirklich ganz toll. Und Judy Dench ist auch sehr, sehr gut.“
Beim besten Film fällt die Einschätzung nicht leicht. Während ihm sowohl „Her“ als auch „Captain Phillips“ besonders gut gefallen haben, hat er sich mit „American Hustle“ und „The Wolf of Wall Street“ eher schwer getan. „Ich fand beide Filme sehr toll und gleichzeitig mochte ich beide Filme nicht. Das ist einfach nicht so ganz meine Sache,“ sagt er. Die Chancen für „Dallas Buyers Club“ sieht er hingegen eher niedrig, da der Film gegen die starke Konkurrenz nicht ganz ankomme. Am Ende könnte der schlichte, aber großartige Schwaz-weiß-Film „Nebraska“ das Rennen machen.
Die Huffington Post Deutschland hat mit einem Mitglied der Academy gesprochen. Der deutsche Filmemacher Percy Adlon lebt seit 25 Jahren in Los Angeles, ist Mitglied und weiß genau, wie die Oscars funktionieren.
Percy Adlon beim New York Jewish Film Festival 2011.
Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences (kurz AMPAS oder einfach Academy) wurde 1929 in Los Angeles gegründet. Seit 2013 ist Cheryl Boone Isaacs die 35. Präsidentin der Organisation. Insgesamt hat die Academy rund 6.000 Mitglieder.
Aber wie wird man eigentlich Mitglied in der Academy?
Alle Oscar-Gewinner werden automatisch in die Academy aufgenommen. Aber das ist nicht der einzige Weg in die Organisation. „Es gibt Mitglieder, die eingeladen werden, weil ihre Arbeit den bestehenden Mitgliedern (und vor allem denen in der oberen Etage) besonders gut gefällt,“ erklärt Adlon. „Damals, also 1990, war Carl Malden Präsident der Academy. Und von dem habe ich einen sehr netten Brief bekommen, dass die anderen Regisseure, gerne wollen, dass ich dabei bin. Und dann war ich’s. Das ist eine große Ehre gewesen – ist es immer noch.“
Wenn es um das oft kritisierte Alter der Academy und ihrer Mitglieder geht, hat Percy Adlon eine klare Meinung. „Weil es immer heißt, die Academy sei so vergreist,“ sagt er. „Das stimmt. Es sind sehr, sehr viele alte Leute unter diesen 6.000 Mitgliedern. Aber, WER hat denn die Zeit? Junge Leute haben zu tun. Die können sich nicht mal eben 100 Filme ansehen!“ Außerdem sei da noch die Lebenserfahrung, die in der Academy tatsächlich noch was zähle und für eine fundierte Meinung wichtig sei.
Percy Adlons Mitgliederausweis 2014.
Die Mitglieder bekommen jedes Jahr einen neuen Ausweis, mit dem sie und eine Begleitperson in den Kinos der Academy in Los Angeles, San Francisco, New York und London alle wichtigen Filme sehen können.
So einen Ausweis wirft man natürlich nicht einfach so weg, wenn er abgelaufen ist. Deshalb hat Percy Adlons Frau, Eleonore, alle 24 Kärtchen aufgehoben.
Viele, viele Filme zu sehen ist für die Mitglieder der Academy Pflicht. Schließlich müssen sie jedes Jahr aufs Neue entscheiden, wer für einen Oscar nominiert werden soll. Dabei können sie aber nur in ihrer eigenen Kategorie nominieren. Also nominiert Regisseur Regisseur, Schauspieler Schauspieler und Drehbuchautor Drehbuchautor. Nur für die Vorschläge für den besten Film sind alle stimmberechtigt.
Ungefähr acht Wochen vor der Verleihung werden die Nominierungen bekannt gegeben. Dann versendet Academy die Wahlkarten an alle 6.000 Mitglieder. Wen er gewählt hat, darf Percy Adlon nicht verraten, „weil ich dann rausgeschmissen werde. Und das will ich nicht, weil ich da sehr dran hänge.“
So sieht die Wahlkarte aus.
Mittlerweile kann man seine Stimme aber auch online abgeben. Das ist natürlich bequemer für alle Beteiligten. Dennoch müssen sich die Mitglieder über ein recht kompliziertes System ausweisen, wenn sie online abstimmen. So soll dafür gesorgt werden, dass auch wirklich nur die echten Mitglieder selbst abstimmen.
Für den besten Film geben die Wahlberechtigten ein Ranking von 1 bis 10 ab. Bei allen anderen Kategorien dürfen sie nur ein Kreuzchen machen. Natürlich dürfen sie nur für Filme abstimmen, die sie auch gesehen haben. Und wenn sie zu etwas mal keine Meinung haben, dürfen sie einzelne Kategorien auch einfach überspringen. Eine Woche vor der Verleihung werden die abgegebenen Stimmen dann ausgezählt.
Die Verleihung
Dann ist es endlich soweit. Die Oscars werden vergeben. Zu der Verleihung kann aber nicht jeder gehen. Auch nicht alle Mitglieder der Academy. Diejenigen Mitglieder, die zu den Oscars gehen wollen, können an einer Verlosung teilnehmen.
„Wenn man da gewinnt, kostet die Karte je nach Kategorie zwischen 500 und 1.200 Dollar,“ erklärt Adlon. „Die Kategorie kann man sich dabei aber nicht aussuchen. Das heißt, es kann sein, dass du hinter Jack Nicholson sitzt, es kann aber auch sein, dass du irgendwo im 17. Rang sitzt. Das hast du nicht in der Hand.“ Er selbst war fünf oder sechs Mal bei der Preisverleihung, in den letzten Jahren aber nicht mehr.
Das Publikum während der Verleihung.
Wenn dann die Oscars „runtergebetet“ werden, sind die spannendsten Momente laut Adlon eigentlich die kurzen Pausen, wenn die Werbung läuft. In der Zeit organisiere sich das Ganze wieder neu. Wenn zum Beispiel eine ganze Ton-Crew auf die Bühne gehen müsse. Da fehlen schnell mal 17 Leute. Der Zuschauerraum muss immer voll aussehen. Dafür sorgten dann Komparsentreiber. „Die stehen dann da mit einem Blauen, einem roten oder einem grünen Fähnchen und sorgen dafür, dass keine Lücken entstehen. In Windeseile - und dann geht’s wieder weiter.“ So beschreibt Percy Adlon die Umbaupausen, die den Fernsehzuschauern vorenthalten werden.
„Oder Schauspieler, die auf der Bühne stehen, springen ins Publikum und umarmen Meryl Streep oder Judy Dench und huschen dann schnell zurück, damit es weitergehen kann. Das ist sehr lustig, zu sehen. Man ist da quasi ein bisschen backstage dabei,“ erzählt er weiter.
Und wer hat dieses Jahr besonders gute Chancen?
Wen er selbst gewählt hat, darf Percy Adlon zwar nicht erzählen, welche Filme seiner Meinung nach gute Chancen haben, aber schon.
Wenn es um den Oscar für die weibliche Hauptrolle geht, sieht er drei Damen besonders weit vorne: „Cate Blanchett könnte ihn kriegen. Aber Amy Adams würde ich es auch sehr gönnen. Die finde ich wirklich ganz toll. Und Judy Dench ist auch sehr, sehr gut.“
Beim besten Film fällt die Einschätzung nicht leicht. Während ihm sowohl „Her“ als auch „Captain Phillips“ besonders gut gefallen haben, hat er sich mit „American Hustle“ und „The Wolf of Wall Street“ eher schwer getan. „Ich fand beide Filme sehr toll und gleichzeitig mochte ich beide Filme nicht. Das ist einfach nicht so ganz meine Sache,“ sagt er. Die Chancen für „Dallas Buyers Club“ sieht er hingegen eher niedrig, da der Film gegen die starke Konkurrenz nicht ganz ankomme. Am Ende könnte der schlichte, aber großartige Schwaz-weiß-Film „Nebraska“ das Rennen machen.