Joschka Fischer mischt sich nicht mehr oft in die Tagespolitik ein. Doch heute war einer dieser selten gewordenen Momente, in denen der frühere Außenminister und Vizekanzler das Wort ergriff. Es ging um die Ukraine. Und er klang besorgt: Er sehe „erstmals eine echte, wirkliche Konfrontation zwischen der EU und Russland“, sagte er bei einer Veranstaltung der grünen Bundestagsfraktion. Es stehe auch „unsere Sicherheit auf dem Spiel“. Es sind ungewöhnlich deutliche Worte. Die Lage wird mittlerweile auch von führenden Politikern in Berlin als äußerst ernst angesehen.
Der Fokus liegt derzeit auf der ukrainischen Halbinsel Krim, die mehrheitlich russisch besiedelt ist. Wiederholt war es in den vergangenen Tagen zu Auseinandersetzungen zwischen ethnischen Russen und Krimtataren gekommen, einer türkischstämmigen Bevölkerungsminderheit, die seit Jahrhunderten auf der Halbinsel lebt. Die Tataren sind größtenteils für einen Verbleib der Krim bei der Ukraine, große Teile der russischen Bevölkerungsmehrheit plädieren für eine Abspaltung.
In den vergangenen 36 Stunden eskalierte die Lage dann, es kam es zu mehreren Militäraktionen. So wurde in der Nacht zu Freitag der Flughafen von Simferopol besetzt.
„Volksmiliz der Krim“
Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow sprach von einem „militärischen Einmarsch“ auf der Krim. Bis dato gibt es aber keine Anhaltspunkte dafür, dass reguläre Truppen der russischen Föderation damit begonnen haben, die Krim unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Uniformierten vom Flughafen Simferopol nennen sich selbst „Volksmiliz der Krim“. Sie tragen olivgrüne Militärkleidung ohne Rangabzeichen. Der Kommandeur des Miliztrupps trat in einer Regenjacke der deutschen Bundeswehr vor die Kameras. Viel wahrscheinlicher ist, dass die offenbar eilig gebildeten Milizen derzeit gezielt daran arbeiten, die den Konflikt anzuheizen.
In Sewastopol sollen Uniformierte am Freitagmorgen die Kontrolle über den Militärflughafen übernommen haben. Verschiedenen Meldungen zufolge soll es sich dabei um Angehörige der russischen Marine handeln. Ein Militärsprecher dementierte das. Auf Fotos, die von den Euromaidan-Aktivisten aus Kiew getwittert wurden, sind jedoch Soldaten zu erkennen, die womöglich russische Militäruniformen tragen. Außerdem versperrt ein olivgrüner Militärlastwagen russischer Bauart die Straße.
Ob das Foto am Flughafen von Sewastopol aufgenommen wurde, ist unklar. Gegen Mittag meldete das ukrainische Innenministerium, dass beide Flughäfen wieder unter Kontrolle der Regierung seien.
Schließlich umstellten noch russische Marinesoldaten – in Uniform der russischen Schwarzmeerflotte und bewaffnet mit Schnellfeuergewehren - einen Posten des ukrainischen Grenzschutzes.
Schmerzhafte Niederlage für Putin
Gefährlich ist die Lage deswegen, weil auf der Krim die geostrategischen Konzepte von Europäern und Russen aufeinandertreffen: Die EU versucht seit mehr als 20 Jahren, Staaten des ehemaligen Ostblocks zu integrieren. Im Falle von Estland, Lettland und Litauen hat dies auch schon mit ehemaligen Sowjetrepubliken erfolgreich funktioniert.
Die Ukraine sollte durch ein Assoziierungsabkommen näher an Europa herangeführt werden. Daran hatten sich vor mehr als drei Monaten die Proteste entzündet. Russlands Präsident Wladimir dagegen möchte den Einflussbereich seines Landes sichern und gegebenenfalls ausbauen. Der Sieg der Opposition in Kiew war eine schmerzhafte Niederlage für ihn. Putin sucht derzeit nach Mitteln, die Lage zu seinen Gunsten zu wenden.
Vor diesem Hintergrund ist wohl auch die Aufnahme des gestürzten ukrainischen Staatschefs Viktor Janukowitsch zu sehen, der sich immer noch als rechtmäßiger Präsident sieht und heute in der russischen Stadt Rostow am Don vor die Presse trat. "Keiner hat mich gestürzt", sagte er. "Ich wurde einfach nur gezwungen, das Land zu verlassen."
Die ukrainische Übergangsregierung fordert seine Auslieferung. Doch von Russland aus kann Janukowitsch dank des Schutzes von Putin weiterhin behaupten, die Ukraine werde nun von Faschisten und Verbrechern regiert.
Merkel in der Pflicht
Doch nicht nur die russische Regierung schürt den Konflikt. Am Freitagmittag trat auch der Ultranationalist Wladimir Schirinowski vor hunderten Unterstützern in Sewastopol auf und sicherte den ethnischen Russen auf der Krim Unterstützung zu. Gleichzeitig hetzte er gegen die ukrainische Maidan-Bewegung. "In Kiew gibt es den Maidan, dafür haben wir in Russland Magadan, wo auch noch die Gulag stehen", so Schirinowski. Der Politiker wurde in der Jelzin-Ära weltweit bekannt. Er verfügt immer noch über Unterstützung in gewissen Bevölkerungskreisen, seine Partei kam 2012 bei den Parlamentswahlen auf 6,2 Prozent.
Die Europäische Union hat bereits zugesichert, die territoriale Integrität der Ukraine zu gewährleisten. Sollte aus den derzeitigen Provokationen Ernst werden, stünde auch Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Pflicht.
Joschka Fischer rät übrigens dazu, eine Konfrontation mit Russland zu vermeiden. Aber, das fügt er an: Man dürfe ebenso wenig die eigenen Prinzipien verraten.
Der Fokus liegt derzeit auf der ukrainischen Halbinsel Krim, die mehrheitlich russisch besiedelt ist. Wiederholt war es in den vergangenen Tagen zu Auseinandersetzungen zwischen ethnischen Russen und Krimtataren gekommen, einer türkischstämmigen Bevölkerungsminderheit, die seit Jahrhunderten auf der Halbinsel lebt. Die Tataren sind größtenteils für einen Verbleib der Krim bei der Ukraine, große Teile der russischen Bevölkerungsmehrheit plädieren für eine Abspaltung.
In den vergangenen 36 Stunden eskalierte die Lage dann, es kam es zu mehreren Militäraktionen. So wurde in der Nacht zu Freitag der Flughafen von Simferopol besetzt.
„Volksmiliz der Krim“
Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow sprach von einem „militärischen Einmarsch“ auf der Krim. Bis dato gibt es aber keine Anhaltspunkte dafür, dass reguläre Truppen der russischen Föderation damit begonnen haben, die Krim unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Uniformierten vom Flughafen Simferopol nennen sich selbst „Volksmiliz der Krim“. Sie tragen olivgrüne Militärkleidung ohne Rangabzeichen. Der Kommandeur des Miliztrupps trat in einer Regenjacke der deutschen Bundeswehr vor die Kameras. Viel wahrscheinlicher ist, dass die offenbar eilig gebildeten Milizen derzeit gezielt daran arbeiten, die den Konflikt anzuheizen.
In Sewastopol sollen Uniformierte am Freitagmorgen die Kontrolle über den Militärflughafen übernommen haben. Verschiedenen Meldungen zufolge soll es sich dabei um Angehörige der russischen Marine handeln. Ein Militärsprecher dementierte das. Auf Fotos, die von den Euromaidan-Aktivisten aus Kiew getwittert wurden, sind jedoch Soldaten zu erkennen, die womöglich russische Militäruniformen tragen. Außerdem versperrt ein olivgrüner Militärlastwagen russischer Bauart die Straße.
По пути в Севастополь. pic.twitter.com/tYDJdUeyLS
— ЄВРОМАЙДАН (@euromaidan) 28. Februar 2014
Ob das Foto am Flughafen von Sewastopol aufgenommen wurde, ist unklar. Gegen Mittag meldete das ukrainische Innenministerium, dass beide Flughäfen wieder unter Kontrolle der Regierung seien.
Schließlich umstellten noch russische Marinesoldaten – in Uniform der russischen Schwarzmeerflotte und bewaffnet mit Schnellfeuergewehren - einen Posten des ukrainischen Grenzschutzes.
Schmerzhafte Niederlage für Putin
Gefährlich ist die Lage deswegen, weil auf der Krim die geostrategischen Konzepte von Europäern und Russen aufeinandertreffen: Die EU versucht seit mehr als 20 Jahren, Staaten des ehemaligen Ostblocks zu integrieren. Im Falle von Estland, Lettland und Litauen hat dies auch schon mit ehemaligen Sowjetrepubliken erfolgreich funktioniert.
Die Ukraine sollte durch ein Assoziierungsabkommen näher an Europa herangeführt werden. Daran hatten sich vor mehr als drei Monaten die Proteste entzündet. Russlands Präsident Wladimir dagegen möchte den Einflussbereich seines Landes sichern und gegebenenfalls ausbauen. Der Sieg der Opposition in Kiew war eine schmerzhafte Niederlage für ihn. Putin sucht derzeit nach Mitteln, die Lage zu seinen Gunsten zu wenden.
Vor diesem Hintergrund ist wohl auch die Aufnahme des gestürzten ukrainischen Staatschefs Viktor Janukowitsch zu sehen, der sich immer noch als rechtmäßiger Präsident sieht und heute in der russischen Stadt Rostow am Don vor die Presse trat. "Keiner hat mich gestürzt", sagte er. "Ich wurde einfach nur gezwungen, das Land zu verlassen."
Die ukrainische Übergangsregierung fordert seine Auslieferung. Doch von Russland aus kann Janukowitsch dank des Schutzes von Putin weiterhin behaupten, die Ukraine werde nun von Faschisten und Verbrechern regiert.
Merkel in der Pflicht
Doch nicht nur die russische Regierung schürt den Konflikt. Am Freitagmittag trat auch der Ultranationalist Wladimir Schirinowski vor hunderten Unterstützern in Sewastopol auf und sicherte den ethnischen Russen auf der Krim Unterstützung zu. Gleichzeitig hetzte er gegen die ukrainische Maidan-Bewegung. "In Kiew gibt es den Maidan, dafür haben wir in Russland Magadan, wo auch noch die Gulag stehen", so Schirinowski. Der Politiker wurde in der Jelzin-Ära weltweit bekannt. Er verfügt immer noch über Unterstützung in gewissen Bevölkerungskreisen, seine Partei kam 2012 bei den Parlamentswahlen auf 6,2 Prozent.
Die Europäische Union hat bereits zugesichert, die territoriale Integrität der Ukraine zu gewährleisten. Sollte aus den derzeitigen Provokationen Ernst werden, stünde auch Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Pflicht.
Joschka Fischer rät übrigens dazu, eine Konfrontation mit Russland zu vermeiden. Aber, das fügt er an: Man dürfe ebenso wenig die eigenen Prinzipien verraten.