Penis-Bilder – international auch bekannt als “Dick Pics” – haben seit dem Aufkommen sozialer Netzwerke traurige Berühmtheit erlangt.
Für alle, die noch nie mit dem Phänomen konfrontiert wurden, hier eine kleine Aufklärung.
Auf der Erde gibt es zwei Arten von Männern:
► Die, die als ein funktionierender Teil dieser Gesellschaft Respekt, Empathie und Selbstreflektion an den Tag legen.
► Und dann gibt es Männer, die Dick Pics schicken.
Diese Männer halten es tatsächlich für angebracht, Frauen ein Foto oder ein Video ihrer Genitalien zuzusenden. Meist geschieht diese fragwürdige Kontaktaufnahme über soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram oder Snapchat. Ohne, dass die Frau dies verlangt hätte. Teilweise sogar ohne die Frau zu kennen, geschweige denn schon einmal mit ihr in Kontakt getreten zu sein.
Penis-Bilder als einziger Beitrag zur Gesellschaft
Es klingt wie ein schlechter Witz. Millionen von Jahren an Evolution und das Endprodukt sind eine Horde testosterongesteuerter Flachschädel, deren einziger Beitrag zum Vorankommen der Menschheit Bilder ihres Gemächts sind.
Doch leider ist es kein Scherz. Auch ich erinnere mich noch an mein erstes unerwünschtes Dick Pic. Ich öffnete eine Snapchat-Nachricht eines mir unbekannten Absenders.
Was ich dann sehen musste, verdirbt mir teilweise heute noch meinen Appetit und hat meine Libido nachhaltig geschädigt: Ein Video, in dem ein Mann seinen unfassbar unbeeindruckenden Penis streichelt.
Ich bin keine Expertin, aber weder die Größe, noch die Farbe seines Gemächts machten auf mich einen vertretbaren Eindruck. Sein Penis sah ein wenig aus wie ein Türknopf im Haus der Addams Family.
Oh, war das zu viel Information? Wollt ihr euch das nicht vorstellen müssen? Tja, überlegt mal, wie zur Hölle es war, ein Video davon zu sehen.
In meiner jugendlichen Naivität und auch, weil ich damals noch Hoffnung in die Menschheit hatte, dachte ich, es würde bei dieser einen unangenehmen Erfahrung bleiben.
Doch ich habe inzwischen weit mehr Penisse geschickt bekommen, als ich im richtigen Leben gesehen habe und wahrscheinlich sehen werde.
Deinen Penis zu verschicken ist nicht okay
Ich werde den folgenden Satz in diesem Artikel genau einmal sagen. Ich werde zwar einen wunderschönen Sonnenuntergang einfügen, über den sich genau dieser Satz malerisch legt, aber schreiben werde ich ihn nur einmal:
Wenn eine Frau deinen Penis sehen will, wird sie dir das sagen.
Ansonsten: Egal wie groß, klein, haarig, schwarz, weiß, blau, beschnitten oder nicht dein Penis ist, ihn ungefragt zu verschicken, ist nicht okay.
“Aber was ist, wenn..” – Nein.
“Aber sie hat doch auch..” – Nein.
“Aber so, wie sie sich präsentiert...” - Hallo? Hört ihr zu?! NEIN!!
Wenn eine Frau nicht danach fragt, hat dein bestes Stück in ihrem Posteingang nichts verloren.
Jede zweite Frau bekommt Penis-Fotos geschickt
Das britische Meinungsforschungsinstitut YouGov wollte dem Phänomen auf den Grund gehen und kam zu folgendem Ergebnis: 53 Prozent aller Frauen zwischen 18 und 34 Jahren haben mindestens einmal ein Penis-Foto geschickt bekommen.
Als junge Männer anschließend befragt wurden, ob sie ihren Penis schon einmal verschickt haben, ergab sich folgendes Bild: 27 Prozent gaben zu, einer Frau ein solches Bild geschickt zu haben. 50 Prozent verneinten und 20 Prozent wollten lieber keine Aussage dazu machen.
Ich lehne mich jetzt einfach mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte, dass Menschen, die sich zu ihrer Dick-Pic-Vergangenheit lieber nicht äußern, keine unbeschriebenen Blätter sind.
Übrigens kreuzten drei Prozent der Männer auch “Ich weiß es nicht” an. Ich bin mir nicht sicher, was es bei diesem Sachverhalt nicht zu wissen gibt, allerdings will ich diesen drei Prozent lieber nicht im Dunkeln begegnen.
Wieso kommt es zu Dick Pics?!
Die Frage bleibt jedoch: Wenn jede soziale Konvention und der gesunde Menschenverstand eigentlich dagegen sprechen, warum kommt es denn nun überhaupt zu unerwünschten Dick Pics?
Gerne würde ich an dieser Stelle diesen offensichtlich fehlgeleiteten Individuen bösartige Intentionen unterstellen: Machtfantasien und ein Bedürfnis, Frauen zu degradieren. Doch wie verschiedene Psychologen inzwischen herausgefunden haben, ist der eigentliche Grund viel, viel dümmer.
Der Hauptgrund, warum Männer diese Fotos und Videos verschicken, ist, dass sie denken, Frauen würden sich über den Anblick freuen.
Wie zum Beispiel der Psychologe Justin Lehmiller in seinem Blog beschreibt, sind manche Männer schlicht und einfach unfassbar inkompetent, wenn es darum geht, einzuschätzen, ob eine Frau mit ihnen schlafen will.
Es ist evolutionär bedingt, dass Männer in jeder Situation die Bereitschaft zum Sex ihres weiblichen Gegenübers maßlos überschätzen, um keine Fortpflanzungsmöglichkeit zu verpassen. Ein Lachen oder eine unschuldige Berührung reichen aus, damit sich der Mann sicher ist: SIE WILL MEINEN PENIS SEHEN, EINDEUTIG.
Ja, es ist strafbar
Falls ihr geistigen Luftverschmutzer jetzt denkt, ihr könntet weiter in dieser Traumwelt leben, in der Frauen beim Anblick eures schlecht ausgeleuchteten Penis-Fotos anfangen zu sabbern, muss ich euch enttäuschen.
Den Penis eines fremden Mannes zu sehen, löst in den meisten Frauen einfach Unbehagen, Ekel und wahrscheinlich Mitleid für den Sender aus. Es ist respektlos, abstoßend und in meinen Augen vergleichbar mit Blitzern und Exhibitionisten im echten Leben.
Und auch Mutter Natur und der Evolution die Schuld für euer ekelhaftes Fehlverhalten zu geben, wird euch nicht weit bringen.
Nicht jede Frau hat nach dem Erhalt eines solchen Bildes sofort lebenslang Therapiebedarf. Aber es handelt sich schlicht und ergreifend um sexuelle Belästigung. Und die ist strafbar.
§ 184 StGb: Wer pornographische Schriften […] an einen anderen gelangen läßt, ohne von diesem hierzu aufgefordert zu sein, […] wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Wie Alexandra Braun, Fachanwältin für Strafrecht in Hamburg aber gegenüber “ze.tt” erklärte, fallen die Strafen im Normalfall nicht besonders hoch aus. Und wenn ich mich in meinem Freundeskreis so umhöre, würde sich auch nie jemand die Mühe machen, wegen eines Penis-Bilds vor Gericht zu ziehen.
Was kann man also gegen Penis-Bilder tun?
Ich werde nun beschreiben, welche Lösung ich für dieses Problem gefunden habe. Was noch lange nicht bedeutet, dass ich es allen Frauen empfehle, die sich diesem Problem ausgesetzt sehen. Denn es erfordert Mut und ist alles andere als deeskalierend.
Ich habe angefangen, nach Möglichkeit persönliche Details der Absender herauszusuchen, und ihre Arbeitgeber oder Familienmitglieder zu kontaktieren. Ja, richtig gelesen: Ich finde ihre Mütter und Arbeitgeber und verpetze sie.
Ich habe außerdem das Privileg, auf Instagram eine kleine Plattform zu haben, die ich mir in solchen Momenten auch einfach zu Nutzen mache. Wenn ich ein Penis-Bild erhalte, poste ich es verpixelt, jedoch mit Namen des Absenders, in meine Story. Ja, das ist Selbstjustiz. Ja, das ist öffentliches Anprangern. Aber es hilft.
Denn wenn man diese Männer einzeln mit ihrem Verhalten konfrontiert, verstehen sie nicht, warum es ein Problem ist. Sie erklären, dass man sich doch nicht so aufregen solle. Oder dass sie dachten, man stehe auf so etwas.
Wenn dann aber einige mehr Augen auf sie gerichtet sind und das Thema beim nächsten Meeting oder dem Familienessen aufkommen könnte, sind sie plötzlich einsichtig. Weil Oma zu erklären, warum man seinen Schwanz im Internet verteilt wie Konfetti, scheint den Kick dann doch nicht wert zu sein.
Die Scheiße muss aufhören
Ich werde mir eine groß ausgeholte, philosophisch wertvolle Zusammenfassung jetzt einfach mal sparen. Lasst die Scheiße einfach bleiben.
Hättet ihr vor 50 Jahren ein Foto von eurem Penis entwickeln lassen und es eurer Angebeteten in den Briefkasten geworfen? Ich denke nicht.
In der Zeit, in der ihr versucht, den richtigen Winkel für euer mäßig-attraktives Geschlechtsorgan zu finden, könntet ihr einen Kuchen backen, eure Mutter anrufen, euch ehrenamtlich engagieren oder ein Gegenmittel für eine Krankheit entwickeln.
Aber nein. Ihr armseligen Vollidioten sitzt lieber daheim herum und belästigt Frauen, die euch nicht einmal mit nuklearsicheren Handschuhen anfassen würden.
Und ja, ich weiß, ihr seht euer bestes Stück an und seht ein Kunstwerk, das eigentlich die Besucherzahlen im Louvre in die Höhe treiben sollte. Doch lasst es euch von einer Frau sagen, deren Posteingang einer Herrensauna gleicht: Niemand, absolut niemand, will das sehen.