Quantcast
Channel: Huffington Post Germany Athena
Viewing all articles
Browse latest Browse all 40759

Polizei stürmt Unabhängigkeitsplatz in Kiew

$
0
0
KIEW - Im eskalierten Machtkonflikt sind der Ukraine bei Straßenschlachten mindestens neun Menschen getötet worden. Die Leichen mehrerer Demonstranten und Polizisten wiesen nach Behördenangaben in der Hauptstadt Kiew Schusswunden auf. Am Dienstagabend rückte die Polizei mit Wasserwerfern auf den von Tausenden Demonstranten verbarrikadierten Unabhängigkeitsplatz Maidan vor. Im Stadtzentrum ging ein Schützenpanzer in Flammen auf.

Das Innenministerium hatte kurz vor Beginn des Einsatzes die etwa 20.000 versammelten Regierungsgegner zum Verlassen des Platzes aufgefordert. Es folge eine "Anti-Terror-Operation", hieß es. Die Oppositionsführung rief Frauen und Kinder in ihren Reihen auf, den Platz zu verlassen.

Nach Wochen angespannter Ruhe war es bereits im Tagesverlauf zu schweren Straßenschlachten gekommen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) drohte mit Sanktionen gegen Einzelpersonen.

Auch in anderen Städten versammelten sich Regierungsgegner

Auch in anderen ukrainischen Städten versammelten sich Regierungsgegner zu Protesten. Die Entwicklung löste international Besorgnis aus. Bereits im Vormonat waren bei Ausschreitungen mehrere Menschen in Kiew ums Leben gekommen.

Am Abend war ein Ultimatum der Staatsmacht zur Räumung des Maidan abgelaufen. Die ukrainische Protestbewegung wollte den seit November besetzten Platz nicht freigeben. "Wir sind hier auf dem Maidan und geben ihnen nicht die Möglichkeit, ihn zu säubern", sagte Oppositionspolitiker Vitali Klitschko vor dem abendlichen Einsatz der Polizei. Zugleich kündigte er neue Verhandlungen mit Präsident Viktor Janukowitsch für diesen Mittwoch an. Es dürfe zu keinem weiteren Blutvergießen kommen, forderte Klitschko.

Sieben Zivilisten und zwei Sicherheitskräfte seien getötet worden, sagte ein Polizeisprecher der Agentur Interfax. Mindestens zwei Demonstranten und zwei Polizisten seien jeweils durch Schüsse getötet worden. Die Opposition machte Mitglieder der berüchtigten Polizei-Spezialeinheit Berkut (Steinadler) für die Angriffe auf Regierungsgegner verantwortlich. Im Internet kursierten Fotos von einem Priester, der drei mit Papier bedeckte Körper segnete.

WEITERE TOP-ARTIKEL





Bei der Erstürmung eines Büros der regierenden Partei der Regionen in Kiew durch Regierungsgegner wurde nach Angaben der Rettungskräfte mindestens ein Mann getötet. Die Partei teilte Medien zufolge mit, bei dem Opfer handele es sich um einen Sicherheitsmann. Regierungsgegner hatten das Büro gestürmt und verwüstet. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft wurden insgesamt mehr als 100 Menschen verletzt.

Das ukrainische Parlament soll angesichts der eskalierenden Gewalt in Kiew noch am Dienstagabend zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Die Abgeordneten seien für 22.00 Uhr Ortszeit aufgerufen, sich in der Rada einzufinden, um über einen Ausweg aus der Krise des Landes zu beraten. Das teilte der Abgeordnete Nikolai Rudkowski von der regierenden Partei der Regionen mit. Der Politiker forderte für die Zeit der Debatte eine Waffenruhe bei den blutigen Ausschreitungen in der Millionenstadt.

"Die Regierung hat bewusst eine Provokation organisiert"

Oppositionspolitiker Vitali Klitschko hat indessen den Westen zur Intervention aufgefordert. Die Spitzen demokratischer Staaten dürften nicht tatenlos zusehen, "wie ein blutiger Diktator sein Volk tötet", sagte Klitschko einer Mitteilung seiner Partei Udar (Schlag) zufolge am Dienstagabend. "Die Regierung hat bewusst eine Provokation organisiert, um den Unabhängigkeitsplatz mit Blut und Gewalt auseinanderzujagen, und die Proteste und die Aktivisten zu vernichten." Der Ex-Boxweltmeister warf Präsident Viktor Janukowitsch ein "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" vor.

Die Ukraine wird seit Monaten von einem Machtkampf gelähmt. Die Opposition protestiert gegen Janukowitsch, seit der Präsident auf Druck Russlands ein weitreichendes Assoziierungsabkommen mit der EU auf Eis gelegt hatte. Die Opposition verlangt Neuwahlen und eine neue Verfassung, die die Vollmachten des Präsidenten erheblich zugunsten des Parlaments beschneidet.

Radikale Regierungsgegner besetzten nach Polizeiangaben erneut das Gebäude der Stadtverwaltung in Kiew. Die Oppositionsanhänger hatten das Gebäude erst am Montag nach monatelanger Besetzung verlassen. Im Gegenzug hatte die Justiz mehr als 240 festgenommenen Protestierer begnadigt.

Ukrainischer Geheimdienst hatten den Regierungsgegnern ein Ultimatum gestellt

Der ukrainische Geheimdienst SBU und das Innenministerium hatten den Regierungsgegnern ein Ultimatum für ein Ende der Gewalt bis Dienstag 18.00 Uhr Ortszeit (17.00 Uhr MEZ) gestellt. Sonst würden "alle vom Gesetz erlaubten Mittel" eingesetzt, um das Chaos zu beenden, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung der Behörden.

Die ukrainische Führung forderte die internationale Gemeinschaft auf, die Gewalt von Regierungsgegnern zu verurteilen. "Radikale Kräfte haben in Kiew und anderen Städten der Ukraine einen neuen, durch nichts zu rechtfertigenden Ausbruch von Gewalt und Gesetzlosigkeit initiiert", zitierten Medien den amtierenden Außenminister Leonid Koschara.

Außenminister Steinmeier drohte angesichts der Gewalt in Kiew mit Sanktionen. "Wer Entscheidungen zu verantworten hat, die zu einem Blutvergießen im Zentrum Kiews oder anderswo in der Ukraine führen, wird damit rechnen müssen, dass Europa die bisherige Zurückhaltung bei persönlichen Sanktionen überdenken muss", erklärte Steinmeier in Berlin. Die Opposition in der Ukraine fordert seit längerem Einreiseverbote in die EU für Regierungsmitglieder oder Kontensperrungen. Die EU hat das bisher abgelehnt.

"Ich appelliere an alle Seiten, auf Gewalt zu verzichten"

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen zeigte sich "ernstlich besorgt". "Ich appelliere an alle Seiten, auf Gewalt zu verzichten und rasch den Dialog wieder aufzunehmen", teilte er in Brüssel mit. Die französische Regierung verurteilte die neuen Ausschreitungen und die "willkürliche Anwendung von Gewalt".

Der polnische Regierungschef Donald Tusk warnte in Warschau "Wir werden weiter für eine Verständigung in der Ukraine arbeiten, denn ein Bürgerkrieg von größerem oder kleinerem Ausmaß oder ein permanenter Konflikt ist weder für die Ukraine noch für die Sicherheit der Region gut."

Viewing all articles
Browse latest Browse all 40759

Trending Articles



<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>