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Toter Giraffenjunge Marius - Zoodirektor Bengt Holst fühlt sich missverstanden

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Ein "barbarischer Akt" oder ein notwendiges Übel? Die heftige Debatte über die Schlachtung des Giraffenjungen Marius im Kopenhagener Zoo hält an. Ein Tierarzt betäubte und erschoss ihn. Warum? Weil das Gehege zu klein geworden ist?

Der Kopenhagener Zoo-Direktor Bengt Holst versteht die Welt nicht mehr: "Die Menschen missverstehen, was wir getan haben", sagte er in einem Gespräch mit der "Bild"-Zeitung. "Wir bewahren durch diesen Schritt die künftige Generation der Giraffen." Marius war gesund - aber sein Gen-Mix sei den der anderen Giraffen der Herde zu ähnlich gewesen. "Hätte er sich vermehrt, wäre es Inzucht gewesen", sagte Holst. Jetzt bekommt der Zoo-Direktor Tausende Mails, SMS und Facebooknachrichten von wütenden Menschen, "leider auch Drohungen. ‚Ich komme und töte deine Familie, du Mörder’ steht da‘", sagt Holst.

Ein Verkauf in einen anderen Zoo war für den Zoo-Direktor keine Alternative - "Das hätte keinen Sinn gemacht, weil auch deren Giraffen zu ähnliches Genmaterial hatten", sagte er der "Bild". Auch Angebote von Privatleuten, die hohe Summen für Giraffenjunge Marius geboten hatten, lehnte Holst ab. "Eine Giraffe ist kein Haustier. Und man kann eine Giraffe auch nicht einfach nach Afrika schicken, sie würde sich da nicht zurechtfinden.“

"Wir finden es gut, wenn die Leute sehen, wie groß das Hirn einer Giraffe ist"


Auch die Schlachtung und das öffentliche Verfüttern verteidigte Holst: „Wir finden es gut, wenn die Leute sehen können, wie groß zum Beispiel das Hirn einer Giraffe ist." Vor allem die Kinder seien "so interessiert und haben keine Vorbehalte. Die meisten Fragen kamen von Kindern." Auch seine eigenen Kinder hätte er bei der Schlachtung zusehen lassen ("Auf jeden Fall, sie waren auch bei anderen Autopsien dabei.").

Zoodirektor: Ein Schwein namens Marius hätte nicht interessiert

In Dänemark und weiteren nordischen Ländern gehe man mit dem Töten von Tieren, auch in Zoos, viel freizügiger um als in anderen Ländern Europas, betonte der Zoodirektor in einem weiteren Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Dies werde seit vielen Jahren so praktiziert. Und: "Die Tötung der Giraffe lief unseren Kenntnissen nach vorschriftsgemäß ab." Wäre Marius ein Schwein oder eine Antilope, hätte sein Schicksal keinen weltweiten Sturm der Entrüstung ausgelöst, meint der Direktor.

In Dänemark sind die Reaktionen moderater. "Das Leben ist kein Disneyfilm", kommentiert die Zeitung "Berlingske" die Tötung am Montag. Etwa ein Dutzend Menschen protestiert am Sonntag vor dem Zoo. Peter Sandøe, Tierethiker von der Universität Kopenhagen, beklagt eine "Doppelmoral": "Menschen neigen dazu, Tiere in Schubladen einzusortieren." Indem man den Zootieren Namen gebe, würden sie zu einem Begleiter. "Tieren auf Bauernhöfen geben wir keine Namen."

Unkontrollierte Zucht?

Auch in Deutschland sterben Zootiere, wenn die Zucht zu gut läuft. "Vor allen Dingen im Huftierbereich verfüttern wir auch Tiere, wenn sie entweder für das Zuchtprogramm nicht gebraucht werden oder die Plätze, die zur Verfügung stehen, nicht genügen", sagt der Direktor des Tiergartens Nürnberg, Dag Encke. Der Deutsche Tierschutzbund wirft den Zoos vor, "nahezu unkontrolliert" zu züchten, "obwohl sie nicht ausreichend Platz für den Tiernachwuchs besitzen und nicht klar ist, was später mit diesem geschieht". Hätten die niedlichen Tiere ihre Rolle erfüllt, würden sie oft getötet oder verkauft.

Dass Marius' Tod so starke Reaktionen hervorgerufen habe, zeige, dass Menschen solchen Themen emotional begegneten, meint Encke. "Aber eine Giraffe zu verfüttern, ist im Grund nichts anderes, als ein Schwein zu keulen. Die Leidensfähigkeit der beiden Tiere ist identisch."

(mit Material von dpa)

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