Recep Tayyip Erdogan mangelt es nicht an Selbstbewusstsein. Das hat der türkische Ministerpräsident schon häufig demonstriert. Auch bei seinem Kurzbesuch in Berlin tut er sich nicht gerade durch Bescheidenheit hervor. "Es wird unmöglich sein, das 21. Jahrhundert ohne die Türkei zu gestalten", sagt Erdogan bei einem Vortrag vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Die EU brauche die Türkei - ihre Wirtschaftskraft, ihr Potenzial, ihre Kontakte in die Nachbarregionen. Die vielen Probleme, die den Regierungschef in seiner Heimat plagen, scheinen da weit weg.
Die vergangenen Monate waren wenig erfreulich für Erdogan. Da war das Aufbegehren von regierungskritischen und prowestlichen Demonstranten auf dem Taksim-Platz in Istanbul und anderswo. Nun der Korruptionsskandal: Im Raum steht die Frage, ob die staatliche Halkbank gegen Schmiergeldzahlungen half, mit Goldtransfers die internationalen Sanktionen gegen den Iran zu unterlaufen. Auf Anweisung der Regierung Erdogan sollen insgesamt bis zu 1000 ermittelnde Polizisten zwangsversetzt worden sein. Dazu kommen die blutigen Kämpfe im Nachbarland Syrien, die bis an die Grenze heranreichen und schon 700.000 Flüchtlinge in die Türkei getrieben haben. Und auch die türkische Wirtschaft schwächelt.
Bei Erdogans Vortrag hört sich das alles etwas anders an.
Kritische Fragen unerwünscht
Die Fragen im Anschluss an die Rede legen aber den Finger in die Wunde. Erdogans Antworten zeigen, wie wenig ihm das gefällt. Warum sitzen Journalisten in der Türkei im Gefängnis? Erdogan: "Sie haben Verbindungen zu Terrororganisationen." Kann er sich eine bessere Beteiligung der Bürger an politischen Prozessen vorstellen? "Politik wird nicht durch Scheiben-Einschmeißen verändert, sondern durch Wahlen." Was sagt er zu den Korruptionsvorwürfen? "Falsche Bewertung." Erdogan spricht vielmehr von Provokation, Sabotage und Fallen gegen seine Regierung.
CDU lehnt EU-Beitritt der Türkei weiter ab
Sollte dieser Staat Mitglied der EU werden, die seit 2005 mit der Türkei Beitrittsverhandlungen führt? Die CDU von Kanzlerin Angela Merkel sagt Nein. In dem gerade fertiggestellten Entwurf für das CDU-Wahlprogramm zur Europawahl im Mai heißt es wieder: Ja zu einer strategischen Zusammenarbeit in der Außen- und Sicherheitspolitik. "Eine Vollmitgliedschaft der Türkei lehnen wir jedoch ab."
Merkel selbst formuliert es etwas höflicher. Als sie nach einem Mittagessen gemeinsam mit Erdogan vor die Presse tritt, sagt sie, sie sehe eine Mitgliedschaft der Türkei skeptisch. Auch die rechtsstaatlichen Probleme in dem Land spricht sie in moderater Tonlage an. Merkel führt den türkischen Gast nicht öffentlich vor. Es ist allerdings davon auszugehen, dass sie beim Essen etwas deutlichere Worte gefunden hat.
Aber auch Erdogan hält sich hier zurück, tritt neben Merkel weniger markig auf als bei seiner Rede am Vormittag. Er würdigt ausführlich die engen Bünde zwischen Deutschland und der Türkei - und bittet um mehr deutschen Beistand auf dem Weg in die EU: "Insbesondere wünschen wir uns die Unterstützung der Frau Bundeskanzlerin."
Andere Partner haben offenbar kein Interesse
Beistand könnte die Türkei gut gebrauchen. Die Beitrittsverhandlungen kommen nur schleppend voran. Zwischenzeitlich sah es so aus, als habe die türkische Regierung das Interesse an der EU verloren. Offensiv sah sich Erdogan nach anderen Partnerschaften um - aber mit mäßigem Erfolg. Nun versucht es der Ministerpräsident wieder mit einer diplomatischen Offensive Richtung EU, sucht das Gespräch mit Brüssel, Paris, Rom, Madrid - und eben Berlin.
Wahlkampf in Deutschland
Bei seinem Besuch wird aber deutlich, dass Erdogan nicht nur zur Beziehungspflege gekommen ist, sondern auch zum Wahlkämpfen. In der Türkei stehen im März Kommunalwahlen an und im August eine Präsidentschaftswahl. Das Staatsoberhaupt wird erstmals vom Volk gewählt, und erstmals sollen auch Auslandstürken problemlos abstimmen können. Rund drei Millionen Menschen türkischer Herkunft leben in Deutschland. Etwa die Hälfte ist in der Heimat wahlberechtigt. Erdogan ist also auch zum Stimmenfang in Berlin, möglicherweise kandidiert er selbst für das Präsidentenamt. Für den Abend ist eine große Wahlkampfveranstaltung in Berlin angesetzt. Der Titel - ganz nach Erdogans Geschmack: "Berlin trifft den großen Meister."
Die vergangenen Monate waren wenig erfreulich für Erdogan. Da war das Aufbegehren von regierungskritischen und prowestlichen Demonstranten auf dem Taksim-Platz in Istanbul und anderswo. Nun der Korruptionsskandal: Im Raum steht die Frage, ob die staatliche Halkbank gegen Schmiergeldzahlungen half, mit Goldtransfers die internationalen Sanktionen gegen den Iran zu unterlaufen. Auf Anweisung der Regierung Erdogan sollen insgesamt bis zu 1000 ermittelnde Polizisten zwangsversetzt worden sein. Dazu kommen die blutigen Kämpfe im Nachbarland Syrien, die bis an die Grenze heranreichen und schon 700.000 Flüchtlinge in die Türkei getrieben haben. Und auch die türkische Wirtschaft schwächelt.
Bei Erdogans Vortrag hört sich das alles etwas anders an.
Kritische Fragen unerwünscht
Die Fragen im Anschluss an die Rede legen aber den Finger in die Wunde. Erdogans Antworten zeigen, wie wenig ihm das gefällt. Warum sitzen Journalisten in der Türkei im Gefängnis? Erdogan: "Sie haben Verbindungen zu Terrororganisationen." Kann er sich eine bessere Beteiligung der Bürger an politischen Prozessen vorstellen? "Politik wird nicht durch Scheiben-Einschmeißen verändert, sondern durch Wahlen." Was sagt er zu den Korruptionsvorwürfen? "Falsche Bewertung." Erdogan spricht vielmehr von Provokation, Sabotage und Fallen gegen seine Regierung.
CDU lehnt EU-Beitritt der Türkei weiter ab
Sollte dieser Staat Mitglied der EU werden, die seit 2005 mit der Türkei Beitrittsverhandlungen führt? Die CDU von Kanzlerin Angela Merkel sagt Nein. In dem gerade fertiggestellten Entwurf für das CDU-Wahlprogramm zur Europawahl im Mai heißt es wieder: Ja zu einer strategischen Zusammenarbeit in der Außen- und Sicherheitspolitik. "Eine Vollmitgliedschaft der Türkei lehnen wir jedoch ab."
Merkel selbst formuliert es etwas höflicher. Als sie nach einem Mittagessen gemeinsam mit Erdogan vor die Presse tritt, sagt sie, sie sehe eine Mitgliedschaft der Türkei skeptisch. Auch die rechtsstaatlichen Probleme in dem Land spricht sie in moderater Tonlage an. Merkel führt den türkischen Gast nicht öffentlich vor. Es ist allerdings davon auszugehen, dass sie beim Essen etwas deutlichere Worte gefunden hat.
Aber auch Erdogan hält sich hier zurück, tritt neben Merkel weniger markig auf als bei seiner Rede am Vormittag. Er würdigt ausführlich die engen Bünde zwischen Deutschland und der Türkei - und bittet um mehr deutschen Beistand auf dem Weg in die EU: "Insbesondere wünschen wir uns die Unterstützung der Frau Bundeskanzlerin."
Andere Partner haben offenbar kein Interesse
Beistand könnte die Türkei gut gebrauchen. Die Beitrittsverhandlungen kommen nur schleppend voran. Zwischenzeitlich sah es so aus, als habe die türkische Regierung das Interesse an der EU verloren. Offensiv sah sich Erdogan nach anderen Partnerschaften um - aber mit mäßigem Erfolg. Nun versucht es der Ministerpräsident wieder mit einer diplomatischen Offensive Richtung EU, sucht das Gespräch mit Brüssel, Paris, Rom, Madrid - und eben Berlin.
Wahlkampf in Deutschland
Bei seinem Besuch wird aber deutlich, dass Erdogan nicht nur zur Beziehungspflege gekommen ist, sondern auch zum Wahlkämpfen. In der Türkei stehen im März Kommunalwahlen an und im August eine Präsidentschaftswahl. Das Staatsoberhaupt wird erstmals vom Volk gewählt, und erstmals sollen auch Auslandstürken problemlos abstimmen können. Rund drei Millionen Menschen türkischer Herkunft leben in Deutschland. Etwa die Hälfte ist in der Heimat wahlberechtigt. Erdogan ist also auch zum Stimmenfang in Berlin, möglicherweise kandidiert er selbst für das Präsidentenamt. Für den Abend ist eine große Wahlkampfveranstaltung in Berlin angesetzt. Der Titel - ganz nach Erdogans Geschmack: "Berlin trifft den großen Meister."