Wachse oder weiche!
So hieß es schon in den Fünfziger Jahren, als Dr. Erich Geiersberger die Idee zu den Maschinenringen hatte. Sein Anliegen als Bauernsohn war es, die klein strukturierte Landwirtschaft vor dem Zerfall in der geplanten europäischen Wirtschaftszone zu bewahren.
Gründer der Maschinenringe Dr. Erich Geiersberger 2005 Foto: Schleeh
Maschinenringe Wir Bauern Foto: Schleeh
Die Idee ist über 50 Jahre alt und hat sich weltweit ausgebreitet. Landwirte können den schnellen Wandel, der ihnen von außen aufgedrängt wird, nicht aufhalten. Ideen wie die, gemeinsam große Maschinen kostengünstig einzusetzen, können den Wandel nur kurze Zeit aufhalten oder erträglicher machen. Verhindern können sie ihn nicht.
Hightech in der Landwirtschaft Foto: Schleeh
Aus der Sicht eines Junglandwirts
Marcus Holtkötter mit Ferkel Foto: Marcus Holkötter
Versetzen wir uns doch einmal kurz in die Rolle eines jungen Landwirtes. Arbeiten ist er gewohnt, sein ganzes bisheriges Leben hat er als Familien-Angehöriger auf dem Hof mithelfen "dürfen". Nach der Schule und in den Ferien konnte er sich im Stall und auf dem Feld austoben. Wenn seine Eltern Glück haben, dann entscheidet sich dieser junge Mensch, trotz der vielen körperlichen Arbeit, dazu den Hof zu übernehmen. Wenn er selbst zu den Glücklichen zählt, dann können ihm die Eltern genügend Fläche und damit genügend vom wichtigsten Betriebskapital mit geben. Ist der Hof zu klein, bleibt nur die teure Zupacht von Flächen oder eine pfiffige Nischenstrategie. Da man immobiles Ackerland nicht an andere Orte verlegen kann, sind die Rahmenbedingungen zementiert. In der Nähe von Ballungszentren lässt sich das Erbe der Vorfahren allerdings auch sehr leicht versilbern und die Betriebsbasis ist in einer Generation weg.
Bio oder Konventionell?
Dann kommt für die Junglandwirtin, den Junglandwirt eine weitere Entscheidung hinzu. Konventionell oder Bio? War Bio vor 20 Jahren noch eine der oben erwähnten Nischenstrategien, ist es heute bestenfalls eine Frage der Nähe zu einem Ballungsgebiet, um damit eine Familie zu ernähren.
Viele Landwirt steigen deshalb inzwischen desillusioniert aus dem Bio-Anbau aus. Gründe dafür sind die extrem hohen Auflagen und der damit verbundene Aufwand.
In einem Artikel der FAZ heißt es dazu:
Brand Eins berichtet über einen Rückumsteller, der als ehemaliger Ökopionier nach 21 Jahren drei mal so viel konventionell erntet als vorher. Inzwischen kann er wieder von seinem Betrieb leben.
Wie ist es dazu gekommen? Die kleinen Betriebe sterben nicht nur in der Landwirtschaft aus. Nur noch schiere Größe sichert das Überleben auch in der nachgelagerten Branche, wie Harald Willenbrock in Brand Eins feststellt:
Auflagen, Auflagen Auflagen
Die Europäische Union und die Behörden tun das ihrige, um immer mehr Landwirte zum Aufgeben zu zwingen. Produkte aus den eigenen Tieren und Pflanzen lassen sich heute schon gar nicht mehr oder nur mit unzähligen Auflagen selbst herstellen. Inhaltsangaben und Produktionsstätten sind genau vorgeschrieben. Der Landwirt ist auch Unternehmer und oft fällt die Entscheidung negativ aus, wenn neue Investitonen zur Umsetzung der Auflagen ohne die Aussicht auf höhere Einnahmen daher kommen.
Ob der neue Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich daran etwas ändern wird, ist fraglich. Der genießt derzeit seine neue "NSA-lose" Rolle auf der grünen Woche in Berlin. Die SZ titelt heute: Friedrichs Fleisch ist jetzt Gemüse. Das und die Bilder dazu dürften selbst Tierzüchtern aus der fränkischen Heimat Friedrichs sauer aufstossen.
Folgen der Agrarpolitik
Größere Betriebe ➙ höhere Technisierung ➙ weniger Menschen
Die Folgen der Landflucht kann man sehr schön in Mecklenburg-Vorpommern sehen. Immer weniger Menschen leben in dieser Gegend. Das führt dazu, das es für einen Landwirt im heiratsfähigen Alter schier unmöglich ist eine junge Frau zur Gründung einer Familie kennen zu lernen. Ein Professor hat das auf einer Tagung der Maschinenringe in Mecklenburg-Vorpommern 2009 auf den Punkt gebracht:
Jung, weiblich, gebildet = weg!
Landflucht Foto: Schleeh
Es braucht die Aldi und Lidl-Einkäufer und deren preissensible Kunden nicht zu wundern, wenn anstatt bäuerlicher Familienbetriebe seelenlose und zahlengetriebene Agrarfabriken gebaut werden. Das Land ist fruchtbar und stellt einen hohen Wert dar. In den großen Unternehmen geht es dann wie in allen Firmen mit mehrstufigen Hierarchien zu. Die ganz oben interessieren sich meistens nur für die reinen Zahlen. Sie machen Vorgaben, die von denen ganz unten irgendwie umgesetzt werden müssen. Zum Lebewesen und Tier haben die Controlling-Gichtlinge keinerlei Bezug. Das führt dann manchmal dazu, das eine komplette Branche wegen ein paar schwarzer Schafe am Pranger steht.
Die meisten Medien sind sowieso nicht auf der Seite der Landwirte. Skandale lassen sich ja auch viel besser verkaufen, als die Realität in den überwiegenden Ställen. Genau wie für die Presse ist die immer weiter schrumpfende Anzahl der in der Landwirtschaft arbeitenden Menschen eine immer unwichtigere Ziel- und Wählergruppe.
Zunehmende Größen bei den Betrieben und die schwindende Anzahl von Fürsprechern, führen zu paradoxen Situationen. Die noch praktizierenden Landwirte, die tagtäglich für die Ernährung der Bevölkerung schuften, werden immer öfter zu Zielscheiben in der Öffentlichkeit. Gut vernetzte und wohlhabende Tier- und Umweltschützer aus den Städten machen ihnen das Leben schwer. Die Beeinflussung der Öffentlichkeit durch grenzwertige Aktionen, die teilweise nur der Sammlung von Spenden dienen, verfälschen das Bild der Landwirtschaft zusätzlich.
Ausweg aus der Misere
Inzwischen kommt ein neuer Typ junger Landfrauen und Landwirte in die Betriebsleiterpositionen. Technisch affin und mit den neuen Medien vertraut, stehen sie selbstbewusst für ihren Beruf und ihre Betriebe ein. Diese Landwirte haben verstanden, das sie raus aus der Defensive müssen und aktiv zu dem stehen was sie tun. Dazu gehört aber auch, schwarze Schafe in den eigenen Reihen zu ermahnen und notfalls sogar anzuzeigen. Sie haben erkannt, das Öffentlichkeitsarbeit heute zu einem landwirtschaftlichen Betrieb genauso dazu gehört, wie eine ordentliche Buchführung.
Diese neue Generation Landwirte geht aktiv auf die Bevölkerung und Presse zu, wie Sebastian Bützler und Marcus Holtkötter. Sebastian führt regelmäßig Schulklassen durch seinen Kuhstall und ist schon dreimal vom WDR interviewt worden. Mit seiner Action Kamera und einer Flugdrohne zeigt er ungewöhnliche Perspektiven seines Betriebes und seiner Arbeit.
Im Gegensatz zu den halbherzigen Versuchen mancher Landesbauernverbände, die auf ihren Seiten zum Dialog auffordern, aber dann keine Dialogmöglichkeiten anbieten oder diese sogar sperren, stellen sich die jungen Bauern der Öffentlichkeit.
Marcus Holtkötter scheut keine Diskussion auf Twitter und anderen sozialen Medien. Als praktizierender Landwirt und Sauenhalter kennt er sich in seinem Beruf perfekt aus. Dieses Wissen teilt er offen mit Verbrauchern, Medienvertretern und Aktivisten. Er hat erkannt, das es nichts bringt, wenn immer die Nichtlandwirte der Welt erklären was Landwirtschaft ist.
Marcus Holtkötters Engagement hat zum großen Teil zur Einstellung des unsäglichen Glyphosat-Videos des BUND auf YouTube beigetragen.
Wenn immer mehr Landwirte wie die Beiden den Dialog mit der Öffentlichkeit suchen, dann wird sich auch das Bild der Landwirtschaft ändern. Denn immer noch überwiegen in Deutschland die familiengeführten Betriebe mit großem Abstand vor den Agrarfabriken. Dann wird der Landwirt auch weiterhin einer der geschätztesten Berufe sein.