Beginnen wir mit Dingen, über die man jetzt nicht mehr reden muss: Die Ice Bucket Challenge. Mittlerweile müsste sich ja jeder Mensch auf der Welt diesen Eimer Eiswasser über den Kopf gekippt haben, und mit diesem Text vom Tagesspiegel, in dem ein ALS-Betroffener darüber spricht, wie nutzlos er die Ice Bucket Challenge findet, und damit dürfte die Sache ja auch gegessen sein. Na gut, und den hier bitte auch noch lesen.
Burger King bringt in Japan einen schwarzen Cheeseburger auf den Markt, der auch durch die Netzwerke geisterte, den aber Japaner absolut nicht eklig finden, angeblich.
Dann gab es noch einen Hund, der als Riesenspinne verkleidet war.
Und bevor wir uns wichtigeren Dingen zuwenden: Das Netz regte sich auch noch über die nackt anmutenden Uniformen einer kleinen kolombianischen Frauenradmannschaft auf. Mashable.com fasst die Geschichte so zusammen:
Die Geschichte einer Reise
Das bizarrste Stück viraler Nachrichten kommt allerdings von der Niederländerin Zilla van den Born. Die Grafikdesignstudentin hatte einen fünfwöchigen Trip durch Südostasien erlogen - vielleicht sollte man besser sagen: erzählt. Mit ein bisschen Photoshop-Magie in den sozialen Netzwerken und ein paar Kulissen für die Skype-Gespräche mit den Eltern inszenierte sie die Reise von zuhause aus.
Zilla und der Strand befinden sich zum Zeitpunkt dieses Fotos nicht am selben Ort. Bild: Zilla van den Born
Hinterher gab sie an, es sei für ein Studienprojekt gewesen:
Tatsächlich hat Zilla van den Born ja noch viel mehr gezeigt - nämlich, dass wir in den sozialen Netzwerken gar nicht so sehr angeben, was wir tun, sondern eher Geschichten über uns selbst erzählen, dort draußen im Netz ein Bild von uns anlegen, das - selbstverständlich - auch gerne mal etwas beschönigt ist.
Schon 2012 erschien eine Studie zu dem Thema, warum Facebook unglücklich macht. Nämlich, weil es gefühlt immer allen besser geht als einem selbst. Zilla van den Born hat das nur ins Extrem getrieben - und damit noch einmal bewiesen, dass das Netz sehr schnell zum Zerrspiegel werden kann. Oder, positiv formuliert: Ein super Ort ist, um Geschichten zu erzählen.
Geschichten, die außer Kontrolle geraten
Probleme gibt es nur, wenn die Geschichten, die da über einen stehen außer Kontrolle geraten. Weil nämlich andere Leute plötzlich beginnen, mitzuerzählen. Beispiele dafür gibt es in der klassische Internet-Folklore viele. Ein besonderes Beispiel dafür ist die Geschichte um die Indie-Game Designerin Zoe Quinn.
Die Geschichte ist lang und kompliziert, und eigentlich geht es auch gar nicht wirklich um Zoe Quinn. Wikipedia hat eine gute Zusammenfassung, verkürzt gesagt entzündete sich an Quinn und ihrem Spiel "Depression Quest" eine Debatte, eigentlich zwei Debatten, in denen es zum Einen um das Verhältnis von Spiele-Journalisten und der Spieleindustrie ging, zum Anderen über die Frage der Position von Frauen in der Spielindustrie beziehungsweise in der Indie-Games-Subkultur. Weil das Internet, was Spiele und Frauen angeht sich immer gerne aufregt, gab es eine Menge Menschen, die laut aufschrien - und eine im Grunde interessante Diskussion bis bis weit unter die Gürtellinie zogen (tatsächlich begann die ganze Geschichte dort schon), und hörte bei Quinn nicht auf. Die allerdings einen Großteil des Hasses, der ausgekübelt wurde abbekam.
Wie bekomme ich meine Geschichte zurück?
Über die Sache als solche ist eine Menge geschrieben worden, es ist verortet worden, Positionen sind bezogen worden und gerade plätschert alles so ein bisschen aus.
Was aber bemerkenswert ist, ist, dass sich am Beispiel Zoe Quinn zeigen lässt, was passiert, wenn einem die Geschichte, die man von sich selbst im Netz erzählt, entgleitet. In Quinns Fall wurde beispielsweise ihr Todesdatum in ihrem Wikipedia-Eintrag eingefügt, 4chan machte es sich zur Aufgabe, alle möglichen Behauptungen aufzustellen um zu sehen, was passiert. Quinn selbst schreibt:
Um sie herum wurde eine Verschwörungstheorie konstruiert, und alles, was Quinn tun konnte, war, dabei zuzuschauen. Vor allem für jemanden, der einen großen Teil seiner Identität in Geschichten über sich im Netz ausgelagert hat (sie arbeitet ja schließlich da), ist es ein Problem, diese Geschichten und damit die eigene Identität nicht mehr kontrollieren zu können, nicht mehr selbst entscheiden zu können, was genau man der Welt über sich erzählen möchte.
Keine Geschichten im luftleeren Raum
Zilla van den Bron und ihre gefakte Reise sind nur ein Spiel mit den erzählerischen Möglichkeiten des Netzes - was Zoe Quinn passiert ist zeigt, die mächtig diese Erzählung werden kann. Beides sind Extrembeispiele - zeigen aber, dass das Erzählen der eigenen Identität im Netz zwar spielerisch sein kann und sollte und muss, dass aber diese Erzählungen nicht in einem luftleeren Raum stehen, sondern eng mit damit verknüpft sind, wer wen wie wahrnimmt. Dass es wichtig ist, was genau man im Netz von sich erzählt. Und dass das manchmal auch nichts nützt.
Burger King bringt in Japan einen schwarzen Cheeseburger auf den Markt, der auch durch die Netzwerke geisterte, den aber Japaner absolut nicht eklig finden, angeblich.
Dann gab es noch einen Hund, der als Riesenspinne verkleidet war.
Und bevor wir uns wichtigeren Dingen zuwenden: Das Netz regte sich auch noch über die nackt anmutenden Uniformen einer kleinen kolombianischen Frauenradmannschaft auf. Mashable.com fasst die Geschichte so zusammen:
So perhaps the real lesson here isn't that some tiny, obscure South American cycling team wears bizarre uniforms. No, perhaps the real lesson is that if you look funny in a public place -- regardless of how, why or where -- the Internet will find you. And it will mock you.
Die Geschichte einer Reise
Das bizarrste Stück viraler Nachrichten kommt allerdings von der Niederländerin Zilla van den Born. Die Grafikdesignstudentin hatte einen fünfwöchigen Trip durch Südostasien erlogen - vielleicht sollte man besser sagen: erzählt. Mit ein bisschen Photoshop-Magie in den sozialen Netzwerken und ein paar Kulissen für die Skype-Gespräche mit den Eltern inszenierte sie die Reise von zuhause aus.
Zilla und der Strand befinden sich zum Zeitpunkt dieses Fotos nicht am selben Ort. Bild: Zilla van den Born
Hinterher gab sie an, es sei für ein Studienprojekt gewesen:
"I did this to show people that we filter and manipulate what we show on social media, and that we create an online world which reality can no longer meet [...] My goal was to prove how common and easy it is to distort reality. Everybody knows that pictures of models are manipulated. But we often overlook the fact that we manipulate reality also in our own lives."
Tatsächlich hat Zilla van den Born ja noch viel mehr gezeigt - nämlich, dass wir in den sozialen Netzwerken gar nicht so sehr angeben, was wir tun, sondern eher Geschichten über uns selbst erzählen, dort draußen im Netz ein Bild von uns anlegen, das - selbstverständlich - auch gerne mal etwas beschönigt ist.
Schon 2012 erschien eine Studie zu dem Thema, warum Facebook unglücklich macht. Nämlich, weil es gefühlt immer allen besser geht als einem selbst. Zilla van den Born hat das nur ins Extrem getrieben - und damit noch einmal bewiesen, dass das Netz sehr schnell zum Zerrspiegel werden kann. Oder, positiv formuliert: Ein super Ort ist, um Geschichten zu erzählen.
Geschichten, die außer Kontrolle geraten
Probleme gibt es nur, wenn die Geschichten, die da über einen stehen außer Kontrolle geraten. Weil nämlich andere Leute plötzlich beginnen, mitzuerzählen. Beispiele dafür gibt es in der klassische Internet-Folklore viele. Ein besonderes Beispiel dafür ist die Geschichte um die Indie-Game Designerin Zoe Quinn.
Die Geschichte ist lang und kompliziert, und eigentlich geht es auch gar nicht wirklich um Zoe Quinn. Wikipedia hat eine gute Zusammenfassung, verkürzt gesagt entzündete sich an Quinn und ihrem Spiel "Depression Quest" eine Debatte, eigentlich zwei Debatten, in denen es zum Einen um das Verhältnis von Spiele-Journalisten und der Spieleindustrie ging, zum Anderen über die Frage der Position von Frauen in der Spielindustrie beziehungsweise in der Indie-Games-Subkultur. Weil das Internet, was Spiele und Frauen angeht sich immer gerne aufregt, gab es eine Menge Menschen, die laut aufschrien - und eine im Grunde interessante Diskussion bis bis weit unter die Gürtellinie zogen (tatsächlich begann die ganze Geschichte dort schon), und hörte bei Quinn nicht auf. Die allerdings einen Großteil des Hasses, der ausgekübelt wurde abbekam.
Wie bekomme ich meine Geschichte zurück?
Über die Sache als solche ist eine Menge geschrieben worden, es ist verortet worden, Positionen sind bezogen worden und gerade plätschert alles so ein bisschen aus.
Was aber bemerkenswert ist, ist, dass sich am Beispiel Zoe Quinn zeigen lässt, was passiert, wenn einem die Geschichte, die man von sich selbst im Netz erzählt, entgleitet. In Quinns Fall wurde beispielsweise ihr Todesdatum in ihrem Wikipedia-Eintrag eingefügt, 4chan machte es sich zur Aufgabe, alle möglichen Behauptungen aufzustellen um zu sehen, was passiert. Quinn selbst schreibt:
All I could do was watch as they created and passed around these videos and infographics like kids in a treehouse passing around their dad's nudie mags, trying to score points and impress each other, driving up their hit counters. They spammed celebrities, news sites, advertisers of news sites, and random people hoping that if they threw enough crap at the wall, some of it would stick
Um sie herum wurde eine Verschwörungstheorie konstruiert, und alles, was Quinn tun konnte, war, dabei zuzuschauen. Vor allem für jemanden, der einen großen Teil seiner Identität in Geschichten über sich im Netz ausgelagert hat (sie arbeitet ja schließlich da), ist es ein Problem, diese Geschichten und damit die eigene Identität nicht mehr kontrollieren zu können, nicht mehr selbst entscheiden zu können, was genau man der Welt über sich erzählen möchte.
Keine Geschichten im luftleeren Raum
Zilla van den Bron und ihre gefakte Reise sind nur ein Spiel mit den erzählerischen Möglichkeiten des Netzes - was Zoe Quinn passiert ist zeigt, die mächtig diese Erzählung werden kann. Beides sind Extrembeispiele - zeigen aber, dass das Erzählen der eigenen Identität im Netz zwar spielerisch sein kann und sollte und muss, dass aber diese Erzählungen nicht in einem luftleeren Raum stehen, sondern eng mit damit verknüpft sind, wer wen wie wahrnimmt. Dass es wichtig ist, was genau man im Netz von sich erzählt. Und dass das manchmal auch nichts nützt.