Süße Katzenbilder, coole Sprüche. Harte Fakten, in verschiedenen Sprachen, in übersichtlichen PDFs, in Echtzeit und hochaufgelösten Videos. Persönliche Ansprechpartner.
Also alles, was sich ein Internetnutzer wünscht. Das liefert ISIS.
Die Terroristen haben ein Imperium aufgebaut, mit Brutalität im Irak und in Syrien. Und ein weltweites, in den sozialen Medien. Eines, das in seiner perfiden Perfektion selbst Experten überrascht.
Wer nur einmal kurz die Nachrichten anschaltet, stolpert über das Paradoxon, dass die Terroristen des Islamischen Staates (ISIS, IS, ISIL) mit einer höchst modernen Medienkampagne ein Leben wie vor 1300 propagieren. Aber die bislang in der Geschichte einzigartige Dimension dieses Medienkampagne lässt sich erst erahnen, wenn man sie in wenig genauer ansieht.
Osama bin Laden: Zeit der langweiligen Weitwinkelaufnahmen
Dass Dschihadisten ihre Botschaften über Medien verbreiten, hat Tradition. Man erinnere sich an das bärtige Gesicht des Al-Qaida-Bosses Osama bin Laden, der sitzend und mäßig belichtet seine Botschaft ins Weitwinkelobjektiv sprach.
ISIS nutzt Social Media strategisch: "Das war kein nachträglicher Einfall"
Aber diesmal sieht es so aus, als würden die Islamisten ihre Medienarbeit in nie dagewesener Form strategisch ausarbeiten und nutzen.
„Ich finde, es war schon sehr früh offensichtlich, dass sie ihre Offensive mit einer im Voraus sehr gut geplanten Social-Media-Kampagne gestartet haben. Das war kein nachträglicher Einfall“, sagte John Little, der solche Art von Kommunikation seit zwölf Jahren analysiert, dem US-Sender CBS. Und der auf Extremismus und soziale Medien spezialisierte Autor J. M. Berger sagte in CBS: „Große Firmen wünschen sich, auf diesem Gebiet so gut zu sein wie ISIS.“
ISIS arbeitet zielgruppenorientiert. Und die Zielgruppe der Terroristen sind nicht nur sunnitische Muslime in Nahen Osten oder der arabischen Halbinsel. Es ist die Welt.
Passend zu ihrem Machtanspruch. So haben sie mit fortschreitendem Erfolg auch ihren Namen geändert. Sie nennen sich nicht mehr „Islamischer Staat im Irak und (Groß-)Syrien“, sondern nur noch „Islamischer Staat“.
Multilinguale und regionalisierte Propaganda
Während die Kommunikation von Bin Laden noch in Hocharabisch lief, ging sein Nachfolger Anwar al-Awlaki schon zu Ansprachen in Englisch über. ISIS veröffentlichte wichtige Ansprachen in sieben Sprachen.
Abu Bakr al-Janabi, ein ehemaliger Unterstützer der Terroristen, sagte dem Portal „Vice“, es gebe verschiedene Social-Media-Bereiche bei ISIS. Im offiziellen Kanal würden alle Videos veröffentlicht, in den Provinz-Kanälen würden Lifefeeds und Bilder der örtlichen Aktivitäten publiziert, und dann gebe es noch die Accounts der einzelnen Kämpfer, die über ihren Alltag berichteten, und die Accounts der Unterstützer, die „Propagandalügen“ von Westlern und Schiiten entlarvten.
Tweets mit Schokoriegeln und Getränkeflaschen
Nicht immer dürfte das, was Anhänger publizieren, im Sinne von ISIS sein. Bilder von Schokoriegeln oder Getränkeflaschen und ähnlichem passen wohl kaum zum propagierten Lebensstil. Aber letztlich wird das in Kauf genommen.
Argumentation für den Dschihad passend zur Zielgruppe
Zu den „offiziellen“ Publikationen von ISIS zählt das Hochglanzmagazin „Dabiq“ – es ist im August erstmals in deutscher Sprache erschienen. Darin werben die Radikalen um „Ärzte, Ingenieure, Richter und Spezialisten mit militärischen Sachkenntnissen“.
Die Botschaften sind nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich angepasst. Laut einer Analyse der „New York Times“ (NYT) sind britischen Videos immer noch grausam, aber nicht so grausam etwa wie jene fürs arabische Publikum. Um Ausländer für den Dschihad zu gewinnen, wird offenbar mit der zu erwartenden persönlichen Erfüllung argumentiert, Arabern wird der Kampf als religiöse Pflicht präsentiert.
Erfolg produziert mehr Erfolg
Allen Videos gemeinsam ist, dass der Erfolg von ISIS betont wird. Und Erfolg wirkt auch hier anziehend. Emile Nakhleh, ein ehemaliger Analyst der CIA, sagte der Zeitung, Osama bin Laden habe 20 Jahre lange davon gesprochen, ein Kalifat errichten zu wollen. „Junge Leute sehen ISIS und sagen: ,Mann, die machen das.’“
Der Erfolg ist Rekrutierungsargument – und Drohung. Jeder kann sehen, was die Terroristen mit jenen machen, die sie hassen. Die Enthauptung des Journalisten James Foley ist nur eines von vielen Beispielen, aber eben eines, das die ganze Welt kennt.
Wer sich detailliert über die Erfolge der Terroristen informieren möchte, kann er das in einer Art statistischem Jahrbuch tun. Die „New York Times“ hat sich das Machwerk vorgenommen – und konstatiert, dass sich die Terroristen, die einen gigantischen Staat regieren wollen. minutiös über eingenommene Städte, Morde mittels Messer oder anderer Waffen referieren. Bürokratisch, wie man es von einem Staat gewohnt ist.
ISIS programmierte eine eigene App für Twitter
Gefährlicher, weil schneller und viel schlechter kontrollierbarer sind die ISIS-Aktivitäten in sozialen Netzwerken. Es scheint kein einziges Netzwerk, keine Seite zu geben, auf der sie ihre Saat nicht ausstreuen.
Natürlich ist da Twitter, der Kurznachrichtendienst. Dutzende Accounts sind inzwischen gesperrt, Dutzende neue eröffnet.
Für Twitter haben die Terroristen eine eigene arabischsprachige App programmiert, Dawn (Dämmerung), die eine Zeit lang über den Google Play Store aufs Smartphone geladen werden konnte, wie die Seite „The Atlantic“ berichtete.
Die App bewirkte, dass von ISIS-Leuten geschriebene Botschaften auf dem Twitter-Account jedes App-Nutzers gepostet wurden. Eine Botschaft wurde also auf Hunderten Accounts veröffentlicht. Der Algorithmus von Twitter, der so eine Spamaktion normalerweise verhindert, griff so nicht.
ISIS knockte die Schutzfunktion von Twitter aus
Als die ISIS-Terroristen in Mossul einmarschierten, sollen sie dem Bericht zufolge an nur einem Tag 40.000 Tweets in die Welt gesetzt haben. Auch beim Marsch auf Bagdad verursachte die App, die seit April weit verbreitet ist, eine gigantische Propagandaflut.
Je öfter ein Stichwort oder Hashtag getwittert wird, desto eher taucht er in aktuellen Hitlisten auf und wird so noch öfter gefunden. Wie „The Atlantic“ berichtet, ist es ISIS auch gelungen, seine Begriffe in die Top-Liste von @ActiveHashtags zu bringen, einem beliebten arabischen Account, der die am meisten verwendeten Tags anzeigt. So seien Tweets bis zu 72 Mal retweetet worden.
Wer auch immer auf Twitter also nach Informationen suchte, sah die Gräuelbotschaften von ISIS. Wer im Sommer „Bagadad“ eintippte, bekam ein ein Foto von Kämpfern, die ihre Fahne schwenkten. Der Text: „Bagdad, wir kommen!“
Der Sturm auf Bagdad wurde wie in einem Liveticker in die Welt posaunt.
Angst als Waffe.
Instagram, WhatsApp, KiK Me, Soundcloud
Natürlich beschränkt sich das Getöse von ISIS nicht auf Twitter, genutzt werden alle denkbaren Portale. Instagram für Fotos. JustPaste für Kampfzusammenfassungen in Wort und Bild. Soundcloud wirbt damit, dass man dort die Klänge der Welt hören könne – und ISIS ist mit Audioreports dabei. WhatsApp und Kik Me werden für privatere Botschaften auf Smartphones eingesetzt, etwa dann, wenn neue Kämpfer vor Ort in Syrien erste Anweisungen bekommen.
"Welche Schuhe, gibt es Zahnbürsten?"
Auf der Plattform ask.fm haben britische Kämpfer laut „New York Times“ Hunderte Fragen von Sympathisanten beantwortet, die auch in den Dschihad ziehen wollten „darunter, welche Schuhe man mitbringen sollte und ob es Zahnbürsten gebe“.
Videos sind professionell aufbereitet, eine einstündige ISIS-Dokumentation zeigte laut „NYT“ Aufnahmen eines ISIS-Konvois, die von Drohnen aus gemacht wurden.
Soziale Netzwerke als Waffen
Weil der ISIS-Terror längst auch ein medialer Terror ist, sind die sozialen Netzwerke zu Waffen geworden.
Die Betreiber der Seiten verbieten zwar solche Gewaltfotos oder –videos, schließen zwar immer wieder Accounts. Aber wo ein Account geschlossen wird, entsteht der nächste.
Allerdings können die Betreiber die schlimmsten Auswüchse eindämmen – wenn sie wollen. Das Enthauptungsvideo von James Foley hatte sich zunächst explosionsartig verbreitet – das zweite Video dieser Art, vom Tod Steven Sotloffs, dagegen nicht mehr. Er war nach Angaben der Agentur AP zunächst auf einer anderen Webseite online gestellt, dann auf Youtube kopiert und dort aber schnell wieder gelöscht worden.
Ein Insider aus dem Silicion Valley sagte der Agentur, diesmal seien die Plattformbetreiber besser vorbereitet gewesen. Offiziell will kaum einer der Großen der Branche Stellung nehmen, die Giganten verweisen auf ihre Nutzungsbedingungen, die solche Inhalte brandmarken.
ISIS-Werbung ist in Deutschland erlaubt
Apropos illegal.
In Deutschland ist ISIS noch immer nicht verboten. Wie die „Welt“ am Donnerstag berichtet, könnte das auch schwierig werden – dazu brauche man sozusagen eine Adresse, eine feste Organisationsstruktur von ISIS.
Und ISIS darf seine Symbole dem Bericht nach immer noch legal verwenden. Und Anhänger tun das auch, vor der US-Botschaft in Berlin, vor dem Brandenburger Tor ...
Der Grund für diesen Irrsinn ist dem Bericht zufolge eine Gesetzeslücke von 2002, die von den Grünen so gewollt gewesen sein sollte. Werbung für ausländische Terrorvereinigungen ist nur verboten, wenn es um gezielte Unterstützung oder Mitgliedschaft geht. Imagewerbung, oder im Bürokratendeutsch „Sympathiewerbung“ ist erlaubt.
Im Irak hat die Regierung in ihrer Not zu ganz anderen Mitteln gegriffen. Und beim Vormarsch von ISIS soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook gesperrt.
Die USA versuchen, medial gegenzusteuern. Das Zentrum für Terrorismusbekämpfung des Außenministeriums twittert etwa unter dem Hasthag #ThinkAgainTurnAway Horrorgeschichten über ISIS. Die Aktivitäten wirken teils hilflos. Vielleicht sollten die „Experten“ sich mal an ISIS ein Beispiel nehmen.
Also alles, was sich ein Internetnutzer wünscht. Das liefert ISIS.
"How does this one work?" Huraira needs muaskar pic.twitter.com/8uZfaJ34b1
— Abu Fulan al-Muhajir (@Fulan2weet) 12. Juni 2014
Work hard, rest and enjoy a little pic.twitter.com/Yb4p1l1qXD
— Abu Fulan al-Muhajir (@Fulan2weet) 7. Juni 2014
Die Terroristen haben ein Imperium aufgebaut, mit Brutalität im Irak und in Syrien. Und ein weltweites, in den sozialen Medien. Eines, das in seiner perfiden Perfektion selbst Experten überrascht.
Wer nur einmal kurz die Nachrichten anschaltet, stolpert über das Paradoxon, dass die Terroristen des Islamischen Staates (ISIS, IS, ISIL) mit einer höchst modernen Medienkampagne ein Leben wie vor 1300 propagieren. Aber die bislang in der Geschichte einzigartige Dimension dieses Medienkampagne lässt sich erst erahnen, wenn man sie in wenig genauer ansieht.
Osama bin Laden: Zeit der langweiligen Weitwinkelaufnahmen
Dass Dschihadisten ihre Botschaften über Medien verbreiten, hat Tradition. Man erinnere sich an das bärtige Gesicht des Al-Qaida-Bosses Osama bin Laden, der sitzend und mäßig belichtet seine Botschaft ins Weitwinkelobjektiv sprach.
ISIS nutzt Social Media strategisch: "Das war kein nachträglicher Einfall"
Aber diesmal sieht es so aus, als würden die Islamisten ihre Medienarbeit in nie dagewesener Form strategisch ausarbeiten und nutzen.
„Ich finde, es war schon sehr früh offensichtlich, dass sie ihre Offensive mit einer im Voraus sehr gut geplanten Social-Media-Kampagne gestartet haben. Das war kein nachträglicher Einfall“, sagte John Little, der solche Art von Kommunikation seit zwölf Jahren analysiert, dem US-Sender CBS. Und der auf Extremismus und soziale Medien spezialisierte Autor J. M. Berger sagte in CBS: „Große Firmen wünschen sich, auf diesem Gebiet so gut zu sein wie ISIS.“
ISIS arbeitet zielgruppenorientiert. Und die Zielgruppe der Terroristen sind nicht nur sunnitische Muslime in Nahen Osten oder der arabischen Halbinsel. Es ist die Welt.
Passend zu ihrem Machtanspruch. So haben sie mit fortschreitendem Erfolg auch ihren Namen geändert. Sie nennen sich nicht mehr „Islamischer Staat im Irak und (Groß-)Syrien“, sondern nur noch „Islamischer Staat“.
Multilinguale und regionalisierte Propaganda
Während die Kommunikation von Bin Laden noch in Hocharabisch lief, ging sein Nachfolger Anwar al-Awlaki schon zu Ansprachen in Englisch über. ISIS veröffentlichte wichtige Ansprachen in sieben Sprachen.
Abu Bakr al-Janabi, ein ehemaliger Unterstützer der Terroristen, sagte dem Portal „Vice“, es gebe verschiedene Social-Media-Bereiche bei ISIS. Im offiziellen Kanal würden alle Videos veröffentlicht, in den Provinz-Kanälen würden Lifefeeds und Bilder der örtlichen Aktivitäten publiziert, und dann gebe es noch die Accounts der einzelnen Kämpfer, die über ihren Alltag berichteten, und die Accounts der Unterstützer, die „Propagandalügen“ von Westlern und Schiiten entlarvten.
Tweets mit Schokoriegeln und Getränkeflaschen
Nicht immer dürfte das, was Anhänger publizieren, im Sinne von ISIS sein. Bilder von Schokoriegeln oder Getränkeflaschen und ähnlichem passen wohl kaum zum propagierten Lebensstil. Aber letztlich wird das in Kauf genommen.
Argumentation für den Dschihad passend zur Zielgruppe
Zu den „offiziellen“ Publikationen von ISIS zählt das Hochglanzmagazin „Dabiq“ – es ist im August erstmals in deutscher Sprache erschienen. Darin werben die Radikalen um „Ärzte, Ingenieure, Richter und Spezialisten mit militärischen Sachkenntnissen“.
Die Botschaften sind nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich angepasst. Laut einer Analyse der „New York Times“ (NYT) sind britischen Videos immer noch grausam, aber nicht so grausam etwa wie jene fürs arabische Publikum. Um Ausländer für den Dschihad zu gewinnen, wird offenbar mit der zu erwartenden persönlichen Erfüllung argumentiert, Arabern wird der Kampf als religiöse Pflicht präsentiert.
Erfolg produziert mehr Erfolg
Allen Videos gemeinsam ist, dass der Erfolg von ISIS betont wird. Und Erfolg wirkt auch hier anziehend. Emile Nakhleh, ein ehemaliger Analyst der CIA, sagte der Zeitung, Osama bin Laden habe 20 Jahre lange davon gesprochen, ein Kalifat errichten zu wollen. „Junge Leute sehen ISIS und sagen: ,Mann, die machen das.’“
Der Erfolg ist Rekrutierungsargument – und Drohung. Jeder kann sehen, was die Terroristen mit jenen machen, die sie hassen. Die Enthauptung des Journalisten James Foley ist nur eines von vielen Beispielen, aber eben eines, das die ganze Welt kennt.
Wer sich detailliert über die Erfolge der Terroristen informieren möchte, kann er das in einer Art statistischem Jahrbuch tun. Die „New York Times“ hat sich das Machwerk vorgenommen – und konstatiert, dass sich die Terroristen, die einen gigantischen Staat regieren wollen. minutiös über eingenommene Städte, Morde mittels Messer oder anderer Waffen referieren. Bürokratisch, wie man es von einem Staat gewohnt ist.
ISIS programmierte eine eigene App für Twitter
Gefährlicher, weil schneller und viel schlechter kontrollierbarer sind die ISIS-Aktivitäten in sozialen Netzwerken. Es scheint kein einziges Netzwerk, keine Seite zu geben, auf der sie ihre Saat nicht ausstreuen.
Natürlich ist da Twitter, der Kurznachrichtendienst. Dutzende Accounts sind inzwischen gesperrt, Dutzende neue eröffnet.
Für Twitter haben die Terroristen eine eigene arabischsprachige App programmiert, Dawn (Dämmerung), die eine Zeit lang über den Google Play Store aufs Smartphone geladen werden konnte, wie die Seite „The Atlantic“ berichtete.
Die App bewirkte, dass von ISIS-Leuten geschriebene Botschaften auf dem Twitter-Account jedes App-Nutzers gepostet wurden. Eine Botschaft wurde also auf Hunderten Accounts veröffentlicht. Der Algorithmus von Twitter, der so eine Spamaktion normalerweise verhindert, griff so nicht.
ISIS knockte die Schutzfunktion von Twitter aus
Als die ISIS-Terroristen in Mossul einmarschierten, sollen sie dem Bericht zufolge an nur einem Tag 40.000 Tweets in die Welt gesetzt haben. Auch beim Marsch auf Bagdad verursachte die App, die seit April weit verbreitet ist, eine gigantische Propagandaflut.
Je öfter ein Stichwort oder Hashtag getwittert wird, desto eher taucht er in aktuellen Hitlisten auf und wird so noch öfter gefunden. Wie „The Atlantic“ berichtet, ist es ISIS auch gelungen, seine Begriffe in die Top-Liste von @ActiveHashtags zu bringen, einem beliebten arabischen Account, der die am meisten verwendeten Tags anzeigt. So seien Tweets bis zu 72 Mal retweetet worden.
Wer auch immer auf Twitter also nach Informationen suchte, sah die Gräuelbotschaften von ISIS. Wer im Sommer „Bagadad“ eintippte, bekam ein ein Foto von Kämpfern, die ihre Fahne schwenkten. Der Text: „Bagdad, wir kommen!“
Der Sturm auf Bagdad wurde wie in einem Liveticker in die Welt posaunt.
Angst als Waffe.
Instagram, WhatsApp, KiK Me, Soundcloud
Natürlich beschränkt sich das Getöse von ISIS nicht auf Twitter, genutzt werden alle denkbaren Portale. Instagram für Fotos. JustPaste für Kampfzusammenfassungen in Wort und Bild. Soundcloud wirbt damit, dass man dort die Klänge der Welt hören könne – und ISIS ist mit Audioreports dabei. WhatsApp und Kik Me werden für privatere Botschaften auf Smartphones eingesetzt, etwa dann, wenn neue Kämpfer vor Ort in Syrien erste Anweisungen bekommen.
"Welche Schuhe, gibt es Zahnbürsten?"
Auf der Plattform ask.fm haben britische Kämpfer laut „New York Times“ Hunderte Fragen von Sympathisanten beantwortet, die auch in den Dschihad ziehen wollten „darunter, welche Schuhe man mitbringen sollte und ob es Zahnbürsten gebe“.
Videos sind professionell aufbereitet, eine einstündige ISIS-Dokumentation zeigte laut „NYT“ Aufnahmen eines ISIS-Konvois, die von Drohnen aus gemacht wurden.
Soziale Netzwerke als Waffen
Weil der ISIS-Terror längst auch ein medialer Terror ist, sind die sozialen Netzwerke zu Waffen geworden.
Die Betreiber der Seiten verbieten zwar solche Gewaltfotos oder –videos, schließen zwar immer wieder Accounts. Aber wo ein Account geschlossen wird, entsteht der nächste.
Allerdings können die Betreiber die schlimmsten Auswüchse eindämmen – wenn sie wollen. Das Enthauptungsvideo von James Foley hatte sich zunächst explosionsartig verbreitet – das zweite Video dieser Art, vom Tod Steven Sotloffs, dagegen nicht mehr. Er war nach Angaben der Agentur AP zunächst auf einer anderen Webseite online gestellt, dann auf Youtube kopiert und dort aber schnell wieder gelöscht worden.
Ein Insider aus dem Silicion Valley sagte der Agentur, diesmal seien die Plattformbetreiber besser vorbereitet gewesen. Offiziell will kaum einer der Großen der Branche Stellung nehmen, die Giganten verweisen auf ihre Nutzungsbedingungen, die solche Inhalte brandmarken.
ISIS-Werbung ist in Deutschland erlaubt
Apropos illegal.
In Deutschland ist ISIS noch immer nicht verboten. Wie die „Welt“ am Donnerstag berichtet, könnte das auch schwierig werden – dazu brauche man sozusagen eine Adresse, eine feste Organisationsstruktur von ISIS.
Und ISIS darf seine Symbole dem Bericht nach immer noch legal verwenden. Und Anhänger tun das auch, vor der US-Botschaft in Berlin, vor dem Brandenburger Tor ...
Der Grund für diesen Irrsinn ist dem Bericht zufolge eine Gesetzeslücke von 2002, die von den Grünen so gewollt gewesen sein sollte. Werbung für ausländische Terrorvereinigungen ist nur verboten, wenn es um gezielte Unterstützung oder Mitgliedschaft geht. Imagewerbung, oder im Bürokratendeutsch „Sympathiewerbung“ ist erlaubt.
Im Irak hat die Regierung in ihrer Not zu ganz anderen Mitteln gegriffen. Und beim Vormarsch von ISIS soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook gesperrt.
Die USA versuchen, medial gegenzusteuern. Das Zentrum für Terrorismusbekämpfung des Außenministeriums twittert etwa unter dem Hasthag #ThinkAgainTurnAway Horrorgeschichten über ISIS. Die Aktivitäten wirken teils hilflos. Vielleicht sollten die „Experten“ sich mal an ISIS ein Beispiel nehmen.
#Iraq kids can’t start school year; schools sheltering refugees from #ISIS http://t.co/wLuU7CROa2 #thinkagainturnaway pic.twitter.com/Sk8ilqEaGk
— Think AgainTurn Away (@ThinkAgain_DOS) 2. September 2014
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