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Bochum droht die nächste Haushaltssperre - Bund will 5,6 Mio. von der Stadt zurück

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Und wieder droht ein neues gewaltiges Loch im städtischen Haushalt. Der Bund fordert jetzt 5,6 Mio. von der Stadt aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zurück, weil diese das Geld 2011 (3,5 Mio.) und 2012 (2,1 Mio.) nicht an die bedürftigen Bochumer und Wattenscheider Kinder und Jugendlichen ausbezahlt hat (haufe vom 11.04.14). Das Problem: Da die Stadt das zunächst nicht ausgegebene Geld mittlerweile bereits anderweitig verbindlich verplant hat, kann sie es gar nicht mehr einfach zurück überweisen.

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Rechtstreit um die Rückzahlung

Daher hat das Land in diesem Monat stellvertretend für Bochum und andere Städte Klage gegen die Rückzahlungsforderung des Bundes erhoben (RP vom 17.08.14).

Worum wird gestritten? Die Stadt meint, sie hätte die nicht ausgezahlten Gelder aus 2011 und 2012 auf die Folgejahre und andere Projekte übertragen können, der Bund sieht das anders. Sollte die Klage verloren gehen, dann müssten aus dem notorisch klammen Stadthaushalt 5,6 Mio. bereitgestellt werden, die dort weder bisher eingeplant noch sofort verfügbar sind.

Das würde zwingend Kürzungen in anderen Bereichen z.B. bei Schulen, Schwimmbäder oder der freien Kultur nach sich ziehen oder hätte sogar eine erneute Haushaltssperre zur Folge, wobei aktuell nicht mal absehbar ist, wann die bisher bestehende wieder aufgehoben werden kann.

 

Auf 100 Euro Auszahlung kommen 70 Euro Bürokratiekosten

Schaut man sich näher an, wie es zu der Rückforderung von 5,6 Mio. kommen konnte, versteht man überdies, warum Bürger immer weniger Lust verspüren Stadt, Land und Bund ihre Steuern zu überlassen.

Am Anfang steht eine gute Idee. Kommunen, Länder und Bund wollen Kindern aus finanziell schlecht gestellten Familien mehr Geld zukommen lassen, für Schulbedarf, Schulausflüge, Schulmittagessen, Sport- und Musikvereine u.ä.. Darüber hinaus soll die Schulsozialarbeit gefördert werden.

Doch das gemeinsam vereinbarte Umsetzungskonzept ist eine idiotische Farce. Die Stadt bekommt vom Bund jährlich 4,9 Mio.* für Bildungs- und Teilhabeleistungen und weitere fast 2,5 Mio. für die Schulsozialarbeit (Mitteilung der Verwaltung 20120065). Anders als Hamburg und Bremen schaffen es die Kommunen in NRW aber 2011 und 2012 nicht eine effiziente Bürokratie aufzubauen, um das gesamte vom Bund an die Stadt überwiesene Geld an die Bedürftigen zu verteilen.

2011 werden von verfügbaren 7,4 Mio. (4,9 + 2,5 Mio.) nur 1,4 Mio. ausgezahlt. Das Geld für die Schulsozialarbeit bleibt gänzlich unangetastet.

Im Jahr 2012 werden von der Stadt zumindest 2,8 Mio. von den gesamten Zuweisungen in Höhe von 4,9 Mio. für Bildung und Teilhabe auszugeben. Die Mittel für die Schulsozialarbeit wurden sogar vollständig verausgabt.

Die 2,8 Mio. für Bildung und Teilhabe aus 2012 teilten sich wiederum wie folgt auf: 1,2 Mio. erhielten die Kinder aus Familien die Leistungen nach SGB II beziehen ohne Antrag automatisch als so genanntes Schulbedarfspaket vom Jobcenter. 100 Euro pro Kind und Jahr.

Die restlichen 1,6 Mio. konnten nur umständlich nach Antrag an die Bedürftigen ausgezahlt werden. Für Schulbedarf, Schulausflüge, Schulmittagessen, Sport- und Musikvereine u.ä. flossen Mittel nur ab, wenn ein Antrag vorlag. Um der Antragsflut Herr zu werden, schaffte die Stadt 16 Stellen. Und verbraucht dafür den unfassbaren Betrag von 1,1 Mio. an Bürokratiekosten (Mitteilung der Verwaltung 20120065).

Auf 100 Euro Leistung entfallen 2012 nochmals zusätzliche fast 70 Euro Verwaltungskosten für die Bearbeitung und Prüfung des Antrages sowie die Auszahlung der Beträge und die Überprüfungen der Mittelverwendung. 2013 und 2014 sind es immer noch unglaubliche 35 Euro. In diesen Verwaltungskosten noch gar nicht enthalten sind die Bürokratiekosten, die an den Schulen und in den Vereinen mit der Bearbeitung der Anträge entstanden sind.

Diese einzigartige Verschwendung von Steuergeld, nimmt die Verwaltung klaglos hin und organisiert die für die Auftragsbearbeitung erforderliche Geldvernichtungsmaschinerie. Ein Aufschrei über diese organisierte Geldverschwendung bleibt aus, denn das Prozedere hatten die Städte ja genau so mit Land und Bund vereinbart.

Hätten jedem der 17.000 bedürftigen Kindern 2012 rein rechnerisch 350 Euro zugestanden (6 Mio. = 4,9 + 1,1 Mio. / 17.000), wurden am Ende in diesem Jahr im Schnitt nur etwas über 160 Euro pro Kind ausgezahlt (2,8 Mio. / 17.000).

Also wollte man es 2013 besser machen und es wurden immerhin 4,3 Mio. Euro ausgekehrt. Und auch für 2014 wird es laut Verwaltung zu einem Auszahlungsbetrag in gleicher Größenordnung. kommen.

 

2,1 Mio. Deckungslücke beim Bildungs- und Teilhabepaket für 2013 und 2014

Was die städtische Verwaltung jedoch nicht bedachte, der Bund kürzte die Mittel für Bildung und Teilhabe für 2013 und 2014 nachträglich von 4,9* auf 3 Mio. Euro, da die Verwaltung ja 2011 gar keine und 2012 nur 2,8 Mio. abgerufen hatte (Mitteilung der Verwaltung 20141077). Bedarfsanpassung nennt man das. Der Bund behauptet diese Anpassung sei so mit Ländern und Kommunen vereinbart gewesen, diese geben vor, davon nichts gewusst zu haben.

Das Problem, in 2013 und 2014 gibt die Stadt jetzt 1,3 Mio. mehr aus als sie vom Bund bekommt. Über beide Jahre ergibt sich also eine Finanzierungslücke von 2,6 Mio.. Da die Stadt aber 2012 2,1 Mio. der Gelder nicht abgerufen hatte, versucht die Stadt nun, den Fehlbetrag durch einen Übertrag dieser Gelder zumindest zum größten Teil zu decken hatte (Mitteilung der Verwaltung 20141077). Doch da macht der Bund nicht mit. Er will die 2,1 Mio. aus 2012 zurück.

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3,5 Mio. Deckungslücke bei der Schulsozialarbeit

Bei der Schulsozialarbeit ergibt sich indes eine weitere Deckungslücke. Da der Bund 2013 die Zahlungen für die Schulsozialarbeit einstellte, entwickelte die Verwaltung einen eigentlich guten Plan (Mitteilung der Verwaltung 20131325), wie 25 Schulsozialarbeiterstellen dauerhaft erhalten werden können: Dazu sollen bis 2017 25 andere Stellen aus dem Bereich des Jugendamtes wegfallen und dafür 25 neue Planstellen für Schulsozialarbeiter eingerichtet werden. Für den Zeitraum von 2014 bis 2017 sollten die 25 Stellen aus den Mitteln finanziert werden, die von der Stadt für 2011 für die Schulsozialarbeit und das Bildungs- und Teilhabepaket nicht ausgegeben wurden. Das waren 2,5 Mio. für die Schulsozialarbeit und 3,5 Mio. für die Bildung- und Teilhabe, insgesamt also 6 Mio.. In der Hoffnung auf die Übertragung dieses Geld wurden die 25 Planstellen zur Fortsetzung der Schulsozialarbeiter bereits geschaffen.

Nun aber will der Bund nicht nur die ausgezahlten Gelder für die Bildung- und Teilhabe aus 2012 zurück, sondern auch die für 2011. Das bedeutet, für die 25 Stellen stünden statt 6 Mio. nur 2,5 Mio. zur Verfügung. 3,5 Mio. müssten also woanders im Haushalt eingespart werden.

 

Was passiert, wenn die Stadt 5,6 Mio. zurück erstatten muss?

Insgesamt beträgt die Deckungslücke, wenn der Bund das Geld zu Recht zurückfordert, bei 5,6 Mio. Woher nimmt die Stadt das Geld, wenn der Bund im laufenden Rechtsstreit Recht bekommt? Ein Kaufmann müsste für diesen Fall eine Rückstellung bilden. Die Stadt muss das zwar nicht. Trotzdem macht es Sinn, dass sich die Stadt bereits jetzt auf diesen Fall vorbereitet. Wenn die 5,6 Mio. fällig werden, eine Hauspaltssperre zu verhängen und dann 5,6 Mio. ungeplant kurzfristig irgendwo durch den Aufschub von dringend notwendigen Sanierungen oder Stellenbesetzungssperren zu sparen, ist jedenfalls keine Alternative.

Das städtische Handeln muss geplant stattfinden und nicht unter dem ständigen Zwang ungeplanter Ereignisse und Haushaltssperren. Nur geplantes Handeln bringt die Stadt gezielt voran. Ungeplante Notmaßnahmen richten regelmäßig Schäden an, die nur schwer wieder gut zu machen sind und weitere ungeplante Folgekosten nach sich ziehen.

Entsprechend ist die Stadt nun aufgefordert einen Notfallplan für den Fall vorzulegen, wie die fehlenden 5,6 Mio. aufgebracht werden sollen, wenn diese an den Bund zurückgezahlt werden müssen.

Alternativ könnte die Stadt vom Land NRW eine Garantie verlangen, dass dieses für die Stadt im Fall der Fälle die Rückzahlungsverpflichtung übernimmt.

 

Konsequenzen aus dem dargestellten Bürokratenlehrstück

Was sollten sonst noch aus dem dargestellten Bürokratenlehrstück für Konsequenzen gezogen werden: Alle Gelder, die Bund oder Land zur Verfügung stellen, müssen unbedingt sofort vollständig verausgabt werden. Anders kann nur vorgegangen werden, wenn ausdrückliche Regelungen für deren Übertragbarkeit existieren und sicher gestellt ist, dass zukünftige Budgets nicht aufgrund zu geringer Ausgaben für die Zukunft gekürzt werden können.

Wenn für 100 Euro Ausgabe 70 Euro Bürokratiekosten entstehen, dann ist es die Pflicht von Verwaltung und Politik öffentlich vehement deutlich zu machen, dass man solchen Unsinn ablehnt und nur unter schärfstem Protest den geforderten Bürokratieapparat organisiert. Anderenfalls setzt man sich dem Verdacht aus, man würde solche Art Steuerverschwendung gut heißen.

 

* In den Mitteilungen der Verwaltung ist teilweise von 4,9 Mio. (Mitteilung der Verwaltung 20120065), teilweise von 4,8 Mio. (Mitteilung der Verwaltung 20141077) die Rede, die der Bund an die Stadt überwiesen hat. In dem Beitrag wird von 4,9 Mio. ausgegangen.

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