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Geht es mit der politischen Bildung der Jugend bergab? Schon immer. Und immer weiter

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Für die Kulturpessimisten steht fest: Früher war alles besser. Das gilt besonders, wenn es um den Bildungsstand der Jugend geht. In den 50er-Jahren verdarb die junge Generation angeblich am Rock’n’Roll, in den 60er-Jahren an der „Beatmusik“.

Ganz zu Schweigen von den gesellschaftlichen Kollateralschäden, die nach Ansicht der Kulturpessimisten durch die vielen unnötigen Fragen der 68er-Generation an ihre Eltern entstanden sind. Es gab damals Ärzte, die Jugendlichen allen Ernstes empfahlen, mehr Sport zu treiben statt Flugblätter zu verteilen.

Und wie schön konnte man noch in den 70er-Jahren die Spießereltern mit ein wenig grüner Haarfarbe zu Tode erschrecken. Der anarchistische Impuls der Punks, erst einmal alles Arrivierte scheiße zu finden, führte in den Bürgerstuben dieses Landes zu rauschhaftem Gebissklappern.

Der Untergang des Abendlandes

Doch es kam noch schlimmer. New Wave (Kerle mit Kajalstift!), Grunge (vertonter Drogentod!), HipHop (Gewaltverherrlichung!) und schließlich der jährlich zelebrierte Untergang des Abendlandes in Form der Loveparade. Das Ende war in jedem Jahr aufs Neue so nah wie noch nie.

Glaubt man Reinhard Mohr, sind wir jetzt einen Schritt weiter. In der „Welt am Sonntag“ beklagt er, dass die politischen und historischen Kenntnisse der jungen Deutschen „besorgniserregend schlecht“ seien. Und es gehe noch weiter bergab.

Zitiert wird eine Umfrage, wonach nur noch 32 Prozent der unter 30-Jährigen wüssten, was am 13. August 1961 geschah. Ein Autor kommt zu Wort, der in aller Differenziertheit behaupten darf, dass „alles, was wir Allgemeinbildung nennen“ eine „einzige Katastrophe“ sei. Der Mann ist in Neukölln tätig und darf mal wieder über den Bezirk wüten.

Neukölln als Sehnsuchtsort der Kulturpessimisten

Überhaupt scheinen Kulturpessimisten eine fast zärtliche Beziehung zu Neukölln zu pflegen. Während auf der Sonnenallee und an der Herrmannstraße fleißig gentrifiziert wird und die ärmeren Familien in die Randgebiete Berlins verdrängt werden, ereifern sich Bildungsbürger mit Absturzangst und einem Buschkowsky-Buch unterm Arm immer noch leidlich über die angeblichen Zustände in meistbesprochenen Bezirk der Hauptstadt.

Dass man dort mittlerweile viel eher Hipster als Hilfsarbeiter trifft – geschenkt. Und auch, dass Mohr fast die Hälfte seines Textes darauf verwendet, dass antiquierte Klagelied auf Neukölln zu wiederholen.

Mohrs zentrale Kritik: Ohne fundierte politische Bildung ist die Demokratie gefährdet. Einen Beleg dafür, dass es damit wirklich bergab geht, bleibt er schuldig. Wussten die jungen Deutschen vor 60 Jahren mehr über die Funktionsweise von Bundestag und Bundesrat? Oder vor 25 Jahren mehr über die Funktionsweise des Bundesverfassungsgerichtes?

Ach, Weltschmerz

Man ahnt es – den Nachweis für den Verfall deutscher Oberstübchen zu führen wäre etwa so einfach wie einen Pudding an die Wand zu nageln. By the way: Die Bundeszentrale für Politische Bildung wurde in den 50er-Jahren bestimmt auch nicht aus Zeitvertreib gegründet.

Doch zu viele Fakten würden nur den latenten Weltschmerz betäuben. Und das wäre für die Kulturpessimisten das Allerschlimmste.

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