Gestern habe ich an der Bayerischen Akademie für Werbung und Marketing im Rahmen der Sommerakademie vor rund 100 Marketing-Professionals und -Interessierten einen dreieinhalbstündigen Vortrag gehalten: über "Social Media" und "Strategisches Content Marketing". Ich war beeindruckt, wie sehr die Zuhörer mitgegangen sind - trotz 150 Folien und einem durchaus komplexen Thema.
Die Leute waren engagiert, haben mitdiskutiert und waren bis zum Schluss aufmerksam. Sie spüren offensichtlich, dass sich etwas ändert, und auch, dass diese Änderung etwas fundamentaler ist, als bisher. Und sie spüren, dass sich auch in den Unternehmen etwas "fundamentaler" ändern muss. Hier nun eine Zusammenfassung der wesentlichen Aussagen Vortrags in sieben Kernthesen.
Wenn Sie die Vortragsfolien interessieren, finden sie die hier: "Vortrag: Content Marketing"
1. Es gibt einen "Markt" für Content - mit allen Konsequenzen
Es gibt ihn tatsächlich, den "Content Shock": Aktuell sind mehr als eine Milliarde Websites online. Jeden Tag werden fünf Milliarden Videos auf YouTube angeschaut. Bis heute Abend werden 500 Millionen Tweets abgeschickt worden sein. Nur heute. Das Internet, vor allem aber Social Media, ist ein unglaublich großer "Markt für Content": ein Ort, an dem Angebot und Nachfrage nach Content zusammentreffen: Texte, Bilder, Videos, Meinungen, Musik,... Und die Größe des "Angebots" ist in wenigen Jahren regelrecht explodiert.
Es gab schon immer viele Websites, aber durch Social Media ist für "kommerziellen Content" jeder Post eines Freundes ein potenzieller Wettbewerb. Der Konsument kann zwar durch die Technik "mehr" Content aufnehmen, aber die Grenzen sind längst erreicht. Der Markt wird zu einem massiven "Käufer Markt": Der "Preis", den man für Content erzielen kann (von wirklichem Geld bis hin zu Aufmerksamkeit), sinkt dramatisch, die Anbieter werden immer mehr von den Abnehmern abhängig.
Dazu ist dieser Markt hochdynamisch: Die Algorithmen sorgen dafür, dass Content, der Interaktion erzeugt, massiv an die Oberfläche gespült wird. Und so bekommt jedes Unternehmen, das nicht "oben mitspielt", immer weniger ab vom Kuchen - wie ja alle schmerzhaft festgestellt haben, als die organischen Reichweiten bei Facebook massiv eingebrochen sind. Und das Schlimme in diesem Wettbewerb: Alle spielen in einer Liga! Wer "Content" nicht nur als Hobby betreibt, muss hohe Ansprüche erfüllen.
2. Unternehmen werden zunehmend "machtlos"
Aber was können die Unternehmen tun? Die herkömmlichen Kommunikationsformen werden immer mehr regelrecht blockiert. Durch Werbeblocker. Durch die Fernsteuerung am Fernseher. Durch immer mehr "on demand" anstatt Broadcasting. Durch die selektive Wahrnehmung. Die Statistiker in den Mediaagenturen, die fast nur messen, was "ausgesendet", nicht aber was auch "aufgenommen" wurde, lügen sich und der Branche in die Tasche.
Wenn man "Macht" definiert als die Fähigkeit, die eigenen Interessen durchsetzen zu können, ohne auf die Interessen anderer Rücksicht zu nehmen, schwindet genau diese Macht der Unternehmen. Denn genau so hat Kommunikation über Jahrzehnte funktioniert, insbesondere in der Werbung und im Vertrieb.
Es wird aber auf die auch Dauer nichts mehr helfen, wenn Werber immer lauter schreien. "Werbedruck" funktioniert noch immer, aber er wird immer teurer und immer ineffizienter. Die Marktsituation führt dazu, dass jetzt der Konsument quasi eine unbeschränkte Macht bekommt: Was er (an Content) nicht konsumieren will, konsumiert er nicht.
Das einzige, was noch die Informationen steuert sind die Algorithmen von Google und Facebook, die für ihn vorfiltern. Unternehmen müssen begreifen, dass ihnen nur noch dann jemand zuhört, wenn er/sie es auch will.
3. Google weist den Weg für die gute Kommunikation
Herkömmlich meint man, Google sei nur "für SEO" interessant. Das ist ein Irrtum. Ein riesengroßer Irrtum. Kommunikatoren können extrem viel von Google lernen - und von den SEO'lern. Wer heute an etwas interessiert ist, googelt. Und das sind heute fünf Milliarden Suchvorgänge. Pro Tag! Es gibt nichts und niemanden, der so gut analysiert und verstanden hat, wie Menschen nach Informationen suchen.
Es gibt nichts und niemanden, wer so viel über "Relevanz" versteht. Googles Ziel ist, Antworten für die Menschen zu finden, die nach etwas suchen. Unternehmen müssen verstehen, dass sie Antworten bereithalten müssen. Google macht das in erster Linie technisch, aber wir Kommunikatoren können davon viel lernen.
Das ist der "Shift" in der Kommunikation. Nicht nur "Zuhören", sondern auch "Antworten" geben. Nicht wie Politiker, dass sie eine Frage nur nutzen, um das zu erzählen, was sie sagen wollten. Sondern wirklich auf die Frage antworten. Dazu müssen Sie aber die Fragen kennen. Und Sie müssen lernen, die Fragen klug zu beantworten. Nämlich so, dass der Frager zufrieden gestellt ist. Aber gleichzeitig auch so, dass sie selbst dadurch gewinnen.
Stattdessen hören die Unternehmen nicht zu . Denn sie sind viel zu sehr damit beschäftigt, ihre eigenen Botschaften loswerden zu wollen. Das ist dumm. Denn Google zeigt auch, dass es trotz des Content Shocks mehr als genug Bedarf gibt an guten Antworten - vor allem im Longtail.
4. "Redaktionen" aufzubauen oder "wie Verlage zu handeln" ist nicht die Lösung
Ich spreche immer wieder mit Menschen, die "Content Marketing" oder "Corporate Blogging" wie ein Journalist betreiben. Viele sagen auch, Unternehmen müssten wir Verlage handeln. Beides ist nur zum Teil richtig - oder anders herum gesagt: zu einem großen Teil falsch. "Journalisten" können nur einen Teil des Jobs. Sie wissen, was für den Leser relevant ist. Sie haben aber (als Journalisten) nie wirklich gelernt, auch im Sinne der Unternehmen zu denken.
"Journalismus" und "Content Marketing" sind zwei unterschiedliche Disziplinen. Ebenso wie "Journalismus" und "PR" zwei unterschiedliche Disziplinen sind. Aber auf die Synthese dieser beiden Disziplinen kommt es an - und noch mehr.
Denn der Content Marketer wie auch der PR'ler muss auch die Interessen des Unternehmens bedienen, der Journalist nur die Interessen der Leser. Journalisten und Verlage haben in den letzten Jahren bewiesen, dass sie dieses Feld nicht beherrschen - bis auf wenige Ausnahmen.
Nicht umsonst sind die "Medien" in einer schwerer Krise. Es braucht andere Konzepte, vor allem Ideen, wie "redaktionelle" Themen mit kommerziellen Themen verknüpft werden. Der Journalismus bietet eine sehr gute Grundlage. Aber er muss sich weiter entwickeln um als "Content" erfolgreich zu werden. Dann werden sie von Content Marketeers.
5. Erfolgreiches Content Marketing braucht Marketeers als Leiter, nicht Journalisten
Statt Journalisten braucht es echte Marketeers - also nicht "Marketingleiter", die meine ich nicht. Ich meine Menschen, die etwas von "Marketing" verstehen. Von Märkten. Von ihren Mechanismen. "Content" und "Marketing" zusammenzubringen hat viel Kluges. Allerdings nicht in dem Sinne, dass man "Marketing mit Content" macht. Sondern in dem Sinne, dass man "Marketing für Content" braucht.
Was ich damit meine? Das wird deutlich, wenn sich die Geschichte des Marketings anschaut. In den 50er Jahren gab Produktionsorientierung: Die Nachfrage war hoch, Unternehmen mussten nur dafür sorgen, die Nachfrage zu bedienen, also genügend Produkte zu produzieren.
Mit sinkender Nachfrage wandelte sich das zur Vertriebsorientierung: Man musste Produkte aktiv verkaufen. Das führte dazu, sich darüber Gedanken zu machen, welche Produkte denn die Menschen wirklich wollten, also eine Marktorientierung, die eine Kenntnis des Wettbewerbs mit einschloss, damit man Bedürfnisse des Marktes besser erfüllen kann als der Wettbewerb.
All diese Mechanismen gelten auch für "Content". Es braucht ein Produktmanagement, eine Kanalmanagement, es braucht Content Promotions und es braucht selbst eine Preispolitik - das sind die klassischen 4 P des Marketing. Markteers können das. Journalisten haben das nie gelernt. Marketeers müssen nur noch lernen, das auf "Content" anzuwenden - aber natürlich können Journalisten auch "Marketing" lernen.
6. Unternehmen müssen sich umorganisieren
Kommunikation ist noch immer geprägt von alten Zöpfen. Die Welt ändert sich. So wie es für ein Handy heute nicht mehr ausreicht, dass man damit telefonieren kann und dass es ein buntes Display hat, reicht es für Content Marketing nicht mehr aus, einen Text zu schreiben und dann ein Bild aus einer Bildagentur dran zu hängen.
Es braucht für Content keine reinen Redaktionen - es braucht ein Produktmanagement. Der Produktmanager heißt im Bereich Content "Content Stratege".
Und in der neuen Welt reicht auch nicht mehr der Redakteur. Um erfolgreiche Produkte entwickeln zu können, braucht es Mediendesigner. Und es reicht auch nicht mehr, nur irgendwelche Texte in ein CMS zu stellen, was ein Redakteur noch könnte - es braucht viel mehr Technik, die dann auch ein "Kanalmanager" umsetzen kann.
Die Teams müssen heute anders zusammengesetzt werden. Ebenso wie heute bei Autoproduzenten nicht mehr nur Blechbieger und Automechaniker ihren Job tun. Es gibt Informatiker und Strömungstechniker und Sounddesigner und vieles mehr. Märkte ändern sich. Und Unternehmen müssen sich mit ändern. Das kostet nicht zwingend mehr Geld. Es erfordert (nur) eine Umorganisation. Und das gilt auch für kleine Unternehmen. Denn sie nehmen am gleichen Markt teil.
7. Es braucht technische Lösungen
"Content" ist ein ähnlich komplexes Thema wie Finanzen. "Content" ist ein Asset. Wer keinen guten Content entwickelt, der wird nicht wahrgenommen werden - oder muss noch mehr Geld dafür zahlen. Wer nicht wahrgenommen wird, kann nicht überleben.
Aktuell wird "Content" aber nicht einmal annähernd angemessen behandelt. Die Redakteure meinen immer noch, sie "hätten es im Bauch". Die SEO'ler setzen zwar viel Technik und Analytics ein, sie sprechen aber gedanklich nur mit einer Maschine.
Wer sich als Kommunikator der Technik verweigert, hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden. Es braucht die Integration von Technologie. Nicht aus Selbstzweck. Sondern weil erst die Technik eine Steuerung erlaubt. Nicht umsonst gibt es im Finanzwesen Spezialsoftware wie SAP, welche die Geldströme analysieren kann, und über die man steuern kann. Und das braucht es auch: Das "SAP" für Content, über das Content analysiert und gesteuert werden kann.
Ist "Content Marketing" nun überbewertet?
Ja, heute vielleicht. Vor allem, wie "Content Marketing" überwiegend verstanden wird: Als "Marketing mit Content" anstatt als "Marketing für Content". Aber es gibt eine ganz klare Entwicklung. Wenn es Unternehmen nicht schaffen, Botschaften zu transportieren, werden sie nicht überleben. Sie müssen kommunizieren.
Damit sie aber mit ihren Botschaften durchdringen, müssen sie sich dem "Markt" stellen. Dem Markt für Content. Der "Markt" für Content wird weiter von hohem Wettbewerb bestimmt sein. Und wer wettbewerbsfähig sein will, der muss die Regeln dieses Marktes beherrschen.
Die anderen können allerdings ruhig weiterbloggen und facebooken und twittern. Aber sie werden sich ewig weiter fragen, warum sie so wenig Fans haben und warum ihr Content zu wenig konvertiert. Aber was soll's? Bloggen macht ja auch Spaß. Und es muss ja nicht immer alles auf das Business einzahlen. Oder?
Die Leute waren engagiert, haben mitdiskutiert und waren bis zum Schluss aufmerksam. Sie spüren offensichtlich, dass sich etwas ändert, und auch, dass diese Änderung etwas fundamentaler ist, als bisher. Und sie spüren, dass sich auch in den Unternehmen etwas "fundamentaler" ändern muss. Hier nun eine Zusammenfassung der wesentlichen Aussagen Vortrags in sieben Kernthesen.
Wenn Sie die Vortragsfolien interessieren, finden sie die hier: "Vortrag: Content Marketing"
1. Es gibt einen "Markt" für Content - mit allen Konsequenzen
Es gibt ihn tatsächlich, den "Content Shock": Aktuell sind mehr als eine Milliarde Websites online. Jeden Tag werden fünf Milliarden Videos auf YouTube angeschaut. Bis heute Abend werden 500 Millionen Tweets abgeschickt worden sein. Nur heute. Das Internet, vor allem aber Social Media, ist ein unglaublich großer "Markt für Content": ein Ort, an dem Angebot und Nachfrage nach Content zusammentreffen: Texte, Bilder, Videos, Meinungen, Musik,... Und die Größe des "Angebots" ist in wenigen Jahren regelrecht explodiert.
Es gab schon immer viele Websites, aber durch Social Media ist für "kommerziellen Content" jeder Post eines Freundes ein potenzieller Wettbewerb. Der Konsument kann zwar durch die Technik "mehr" Content aufnehmen, aber die Grenzen sind längst erreicht. Der Markt wird zu einem massiven "Käufer Markt": Der "Preis", den man für Content erzielen kann (von wirklichem Geld bis hin zu Aufmerksamkeit), sinkt dramatisch, die Anbieter werden immer mehr von den Abnehmern abhängig.
Dazu ist dieser Markt hochdynamisch: Die Algorithmen sorgen dafür, dass Content, der Interaktion erzeugt, massiv an die Oberfläche gespült wird. Und so bekommt jedes Unternehmen, das nicht "oben mitspielt", immer weniger ab vom Kuchen - wie ja alle schmerzhaft festgestellt haben, als die organischen Reichweiten bei Facebook massiv eingebrochen sind. Und das Schlimme in diesem Wettbewerb: Alle spielen in einer Liga! Wer "Content" nicht nur als Hobby betreibt, muss hohe Ansprüche erfüllen.
2. Unternehmen werden zunehmend "machtlos"
Aber was können die Unternehmen tun? Die herkömmlichen Kommunikationsformen werden immer mehr regelrecht blockiert. Durch Werbeblocker. Durch die Fernsteuerung am Fernseher. Durch immer mehr "on demand" anstatt Broadcasting. Durch die selektive Wahrnehmung. Die Statistiker in den Mediaagenturen, die fast nur messen, was "ausgesendet", nicht aber was auch "aufgenommen" wurde, lügen sich und der Branche in die Tasche.
Wenn man "Macht" definiert als die Fähigkeit, die eigenen Interessen durchsetzen zu können, ohne auf die Interessen anderer Rücksicht zu nehmen, schwindet genau diese Macht der Unternehmen. Denn genau so hat Kommunikation über Jahrzehnte funktioniert, insbesondere in der Werbung und im Vertrieb.
Es wird aber auf die auch Dauer nichts mehr helfen, wenn Werber immer lauter schreien. "Werbedruck" funktioniert noch immer, aber er wird immer teurer und immer ineffizienter. Die Marktsituation führt dazu, dass jetzt der Konsument quasi eine unbeschränkte Macht bekommt: Was er (an Content) nicht konsumieren will, konsumiert er nicht.
Das einzige, was noch die Informationen steuert sind die Algorithmen von Google und Facebook, die für ihn vorfiltern. Unternehmen müssen begreifen, dass ihnen nur noch dann jemand zuhört, wenn er/sie es auch will.
3. Google weist den Weg für die gute Kommunikation
Herkömmlich meint man, Google sei nur "für SEO" interessant. Das ist ein Irrtum. Ein riesengroßer Irrtum. Kommunikatoren können extrem viel von Google lernen - und von den SEO'lern. Wer heute an etwas interessiert ist, googelt. Und das sind heute fünf Milliarden Suchvorgänge. Pro Tag! Es gibt nichts und niemanden, der so gut analysiert und verstanden hat, wie Menschen nach Informationen suchen.
Es gibt nichts und niemanden, wer so viel über "Relevanz" versteht. Googles Ziel ist, Antworten für die Menschen zu finden, die nach etwas suchen. Unternehmen müssen verstehen, dass sie Antworten bereithalten müssen. Google macht das in erster Linie technisch, aber wir Kommunikatoren können davon viel lernen.
Das ist der "Shift" in der Kommunikation. Nicht nur "Zuhören", sondern auch "Antworten" geben. Nicht wie Politiker, dass sie eine Frage nur nutzen, um das zu erzählen, was sie sagen wollten. Sondern wirklich auf die Frage antworten. Dazu müssen Sie aber die Fragen kennen. Und Sie müssen lernen, die Fragen klug zu beantworten. Nämlich so, dass der Frager zufrieden gestellt ist. Aber gleichzeitig auch so, dass sie selbst dadurch gewinnen.
Stattdessen hören die Unternehmen nicht zu . Denn sie sind viel zu sehr damit beschäftigt, ihre eigenen Botschaften loswerden zu wollen. Das ist dumm. Denn Google zeigt auch, dass es trotz des Content Shocks mehr als genug Bedarf gibt an guten Antworten - vor allem im Longtail.
4. "Redaktionen" aufzubauen oder "wie Verlage zu handeln" ist nicht die Lösung
Ich spreche immer wieder mit Menschen, die "Content Marketing" oder "Corporate Blogging" wie ein Journalist betreiben. Viele sagen auch, Unternehmen müssten wir Verlage handeln. Beides ist nur zum Teil richtig - oder anders herum gesagt: zu einem großen Teil falsch. "Journalisten" können nur einen Teil des Jobs. Sie wissen, was für den Leser relevant ist. Sie haben aber (als Journalisten) nie wirklich gelernt, auch im Sinne der Unternehmen zu denken.
"Journalismus" und "Content Marketing" sind zwei unterschiedliche Disziplinen. Ebenso wie "Journalismus" und "PR" zwei unterschiedliche Disziplinen sind. Aber auf die Synthese dieser beiden Disziplinen kommt es an - und noch mehr.
Denn der Content Marketer wie auch der PR'ler muss auch die Interessen des Unternehmens bedienen, der Journalist nur die Interessen der Leser. Journalisten und Verlage haben in den letzten Jahren bewiesen, dass sie dieses Feld nicht beherrschen - bis auf wenige Ausnahmen.
Nicht umsonst sind die "Medien" in einer schwerer Krise. Es braucht andere Konzepte, vor allem Ideen, wie "redaktionelle" Themen mit kommerziellen Themen verknüpft werden. Der Journalismus bietet eine sehr gute Grundlage. Aber er muss sich weiter entwickeln um als "Content" erfolgreich zu werden. Dann werden sie von Content Marketeers.
5. Erfolgreiches Content Marketing braucht Marketeers als Leiter, nicht Journalisten
Statt Journalisten braucht es echte Marketeers - also nicht "Marketingleiter", die meine ich nicht. Ich meine Menschen, die etwas von "Marketing" verstehen. Von Märkten. Von ihren Mechanismen. "Content" und "Marketing" zusammenzubringen hat viel Kluges. Allerdings nicht in dem Sinne, dass man "Marketing mit Content" macht. Sondern in dem Sinne, dass man "Marketing für Content" braucht.
Was ich damit meine? Das wird deutlich, wenn sich die Geschichte des Marketings anschaut. In den 50er Jahren gab Produktionsorientierung: Die Nachfrage war hoch, Unternehmen mussten nur dafür sorgen, die Nachfrage zu bedienen, also genügend Produkte zu produzieren.
Mit sinkender Nachfrage wandelte sich das zur Vertriebsorientierung: Man musste Produkte aktiv verkaufen. Das führte dazu, sich darüber Gedanken zu machen, welche Produkte denn die Menschen wirklich wollten, also eine Marktorientierung, die eine Kenntnis des Wettbewerbs mit einschloss, damit man Bedürfnisse des Marktes besser erfüllen kann als der Wettbewerb.
All diese Mechanismen gelten auch für "Content". Es braucht ein Produktmanagement, eine Kanalmanagement, es braucht Content Promotions und es braucht selbst eine Preispolitik - das sind die klassischen 4 P des Marketing. Markteers können das. Journalisten haben das nie gelernt. Marketeers müssen nur noch lernen, das auf "Content" anzuwenden - aber natürlich können Journalisten auch "Marketing" lernen.
6. Unternehmen müssen sich umorganisieren
Kommunikation ist noch immer geprägt von alten Zöpfen. Die Welt ändert sich. So wie es für ein Handy heute nicht mehr ausreicht, dass man damit telefonieren kann und dass es ein buntes Display hat, reicht es für Content Marketing nicht mehr aus, einen Text zu schreiben und dann ein Bild aus einer Bildagentur dran zu hängen.
Es braucht für Content keine reinen Redaktionen - es braucht ein Produktmanagement. Der Produktmanager heißt im Bereich Content "Content Stratege".
Und in der neuen Welt reicht auch nicht mehr der Redakteur. Um erfolgreiche Produkte entwickeln zu können, braucht es Mediendesigner. Und es reicht auch nicht mehr, nur irgendwelche Texte in ein CMS zu stellen, was ein Redakteur noch könnte - es braucht viel mehr Technik, die dann auch ein "Kanalmanager" umsetzen kann.
Die Teams müssen heute anders zusammengesetzt werden. Ebenso wie heute bei Autoproduzenten nicht mehr nur Blechbieger und Automechaniker ihren Job tun. Es gibt Informatiker und Strömungstechniker und Sounddesigner und vieles mehr. Märkte ändern sich. Und Unternehmen müssen sich mit ändern. Das kostet nicht zwingend mehr Geld. Es erfordert (nur) eine Umorganisation. Und das gilt auch für kleine Unternehmen. Denn sie nehmen am gleichen Markt teil.
7. Es braucht technische Lösungen
"Content" ist ein ähnlich komplexes Thema wie Finanzen. "Content" ist ein Asset. Wer keinen guten Content entwickelt, der wird nicht wahrgenommen werden - oder muss noch mehr Geld dafür zahlen. Wer nicht wahrgenommen wird, kann nicht überleben.
Aktuell wird "Content" aber nicht einmal annähernd angemessen behandelt. Die Redakteure meinen immer noch, sie "hätten es im Bauch". Die SEO'ler setzen zwar viel Technik und Analytics ein, sie sprechen aber gedanklich nur mit einer Maschine.
Wer sich als Kommunikator der Technik verweigert, hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden. Es braucht die Integration von Technologie. Nicht aus Selbstzweck. Sondern weil erst die Technik eine Steuerung erlaubt. Nicht umsonst gibt es im Finanzwesen Spezialsoftware wie SAP, welche die Geldströme analysieren kann, und über die man steuern kann. Und das braucht es auch: Das "SAP" für Content, über das Content analysiert und gesteuert werden kann.
Ist "Content Marketing" nun überbewertet?
Ja, heute vielleicht. Vor allem, wie "Content Marketing" überwiegend verstanden wird: Als "Marketing mit Content" anstatt als "Marketing für Content". Aber es gibt eine ganz klare Entwicklung. Wenn es Unternehmen nicht schaffen, Botschaften zu transportieren, werden sie nicht überleben. Sie müssen kommunizieren.
Damit sie aber mit ihren Botschaften durchdringen, müssen sie sich dem "Markt" stellen. Dem Markt für Content. Der "Markt" für Content wird weiter von hohem Wettbewerb bestimmt sein. Und wer wettbewerbsfähig sein will, der muss die Regeln dieses Marktes beherrschen.
Die anderen können allerdings ruhig weiterbloggen und facebooken und twittern. Aber sie werden sich ewig weiter fragen, warum sie so wenig Fans haben und warum ihr Content zu wenig konvertiert. Aber was soll's? Bloggen macht ja auch Spaß. Und es muss ja nicht immer alles auf das Business einzahlen. Oder?