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Helene Fischer: Ein bisschen Differenziertheit ist angebracht

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An Helene Fischer kommt derzeit keiner vorbei. Journalisten überbieten sich täglich mit Lobeshymnen über die Sängerin, Schlagermuffel finden plötzlich gefallen an dem Musik-Genre, dieser deutschen Hommage an die schmalzige Biederkeit (als Schweizerin darf man das schreiben), und wo vor etwa zwei Jahren schon nur das zufällige mitanhören eines Schlagerliedchens verpönt war, wird das Autofenster heute nicht mehr beschämt hochgekurbelt: Atemlos, die neuste Fischer-Schmonzette, wird bis zur Atemlosigkeit lautstark mitgeträllert.

Helene Fischer ist unbestritten der deutsche Superstar, bekannt geworden als Schlagerkönigin, jetzt Pop-Prinzessin, früher Musicaldarstellerin. Eigentlich ist sie eine Schauspielerin, die in der Rolle der Freude-bringenden Strahlefrau perfekt besetzt wurde. Sie hat den Schlager aus der biederen Ecke geholt und auf ein höheres Level gehoben.

Dennoch ist es legitim, den Fischer-Hype mit etwas Differenziertheit zu betrachten.

Seufzen und Frohlocken
Fischers Happy-Liedchen klingen alle ähnlich, die Melodien zeichnen sich weder durch ausserordentliche Kreativität noch Originalität aus. Fischers Stimme, so gut sie ist, hebt sich kaum von den Stimmen ihrer Art-Genossinnen ab; mit einer Augenbinde auf könnte man die Deutsche wahrscheinlich nicht von einer Britney Spears unterscheiden, würden beide denselben Song auf Englisch singen. Auf der Bühne trägt das Wunderwesen Fischer, wie sie von der deutschen Presse ehrfurchtsvoll genannt wird, wie die Rihannas und Shakiras dieser Welt die immer gleichen, pailletten-besetzten Outfits, die das zarte Figürchen betonen und Stückchen des gebräunten Bäuchleins freilegen, oder ultra-kurze Hot Pants, bei deren Anblick Männer das Rascheln von Bettlaken hören (und sich bei uns Frauen vor Neid der Magen kräuselt).
Ihre Lieder trägt Fischer mit einer Mischung aus Seufzen und Frohlocken vor, dazwischen lächelt sie, manchmal zwinkert sie uns zu. Dann schwingt sie ihre Beine in die Höhe und verdreht sexy die Hüften. Immer wieder streicht sie sich mit dieser pathetischen Geste, welcher sich nur die Schlagerszene bedient, schwülstig ums Gesicht, gibt einen dramatischen Augenaufschlag nach dem anderen zum Besten, und zwinkert wieder. Ach, dieses Zwinkern....Wenn ich ein Mann wäre (und Schlager-Fan), ich wäre in Helene Fischer verknallt.

Helene Fischer vs Beyoncé
Und jetzt die gute Nachricht: Fischers gesamte Performance ist so professionell, jeder Hüftschwung, jedes Blinzeln in die Kamera sitzt so perfekt, dass sie locker mit internationalen Topstars mithalten kann. Was sie aber von den Beyoncés unterscheidet, ist ihre Natürlichkeit. Fischer versprüht Sexappeal, ohne ständig den verruchten, männerverschlingenden Vamp zu geben. Das macht sie so sympathisch, auch beim weiblichen Publikum (trotz Hot Pants und Samthaut!). Der Star auf der Bühne ist nicht ihr kreisender Po, sondern ihr Gesicht, ihr Strahlen, ihre bezaubernden Augen. Fischer sagte „Bild": „Mein Geheimnis ist, dass ich das Mädchen von nebenan geblieben bin. Ich kann gar nicht anders." Damit hat sie uns, die Schlagermuffel, die Nörgler, die Neid-Frauen, alle im Sack. „Atemlos durch die Nacht...trälläla trälallääää!"

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