Bei den kommenden Europawahlen droht ein Wahltriumph der Europaskeptiker. Auch in Deutschland sind euro-kritische Parolen populär geworden. Die CSU pflegt ein distanziertes Verhältnis zu Europa, ebenso die Linke, die AfD ohnehin.
In der öffentlichen Diskussion tauchen dabei immer wieder Scheinwahrheiten auf, wenn es um Europa geht. Die Huffington Post zeigt die Wahrheit hinter acht europäischen Mythen.
1. Deutschland ist der Zahlmeister der EU
Es ist zwar richtig, dass Deutschland der größte Netto-Zahler der Europäischen Union ist. Das bezieht sich aber nur auf die Gesamtsumme: Im Jahr 2012 gab die Bundesrepublik 11.95 Milliarden Euro mehr in den EU-Haushalt, als sie von dort aus zurückbekam. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt zahlt Deutschland nur den drittgrößten Anteil. Bei der Summe pro Kopf liegt Deutschland hinter Schweden, Dänemark und Luxemburg sogar nur auf Rang vier. Im Gegenzug profitiert Deutschland übrigens auch am stärksten von allen EU-Ländern vom europäischen Binnenmarkt.
2. „Unser ganzes Geld geht nach Griechenland“
Diese Behauptung hat die AfD in ihrem neuen Wahlkampfspot in die Welt gesetzt. Unter den Netto-Empfängerländern (in Euro pro Kopf) liegt Griechenland aber nur an fünfter Stelle - gemessen an der Gesamtsumme auf Platz drei, jedoch weit hinter Polen und mit klarem Abstand zu Portugal.
Richtig ist, dass Griechenland in den vergangenen vier Jahren etwa 130 Milliarden Euro an Krediten aus dem Euro-Rettungsschirm bekommen hat. Deutschland trägt daran gut 28 Prozent. Den deutschen Anteil der Kredite hat die staatliche KfW-Bankengruppe gewährt, die Bundesregierung hat vorerst nur die Bürgschaft übernommen. Direkten Einfluss auf den Bundeshaushalt hatten die beiden Griechenland-Rettungspakete also noch nicht. Zudem konnte Griechenland im April erstmals seit vier Jahren wieder Staatsanleihen verkaufen. Kanzlerin Angela Merkel sprach von einem „Aufbruchssignal“, andere sind da skeptischer. Wie auch immer, es besteht weiterhin die Chance, dass die Euro-Krise für die nördlichen und westlichen EU-Länder glimpflich abläuft. Dass „unser ganzes Geld“ nach Griechenland geht, ist schlicht und ergreifend Unsinn.
3. Deutschland leidet unter Einwanderung in die Sozialsysteme
Anfang des Jahres brach die CSU eine Debatte über angebliche Armutseinwanderung aus Rumänien und Bulgarien los. Die These: Durch die Öffnung des europäischen Binnenmarktes sei zu befürchten, dass massenhaft Menschen aus Südosteuropa kämen, um deutsche Sozialleistungen abzuschöpfen. Das war damals schon sachlich falsch, weil die persönliche Freizügigkeit zu diesem Zeitpunkt schon galt, und Selbstständige schon längere Zeit Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt hatten. Betrüger hätten also schon viel früher kommen können.
Aktuelle Zahlen und Studien deuten ebenfalls nicht darauf hin, dass es so etwas wie massenhafte Armutszuwanderung aus Rumänien und Bulgarien gäbe. Die Bundesanstalt für Arbeit hat Zahlen für Dezember 2013 veröffentlicht, wonach knapp zehn Prozent der Bulgaren und Rumänen in Deutschland Unterstützung vom Jobcenter bekommen haben. Das ist zwar ein wenig mehr als der Schnitt der deutschen Bevölkerung, aber deutlich unter der Arbeitslosenquote der übrigen Migranten (16 Prozent). Eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung geht ferner davon aus, dass es zwar eine hohe Zuwanderung aus Südosteuropa gibt, die meisten Migranten aber hochqualifiziert seien. Von einer eventuellen Armutsmigration sei wenig zu spüren.
4. „Osteuropäer“ ziehen immer dahin, wo es das meiste Geld zu holen gibt
Schon 2004, als sich die Europäische Union nach Osten erweiterte, schlugen Politiker verschiedener Parteien Alarm. Zuwanderung werde spätestens nach dem Beitritt Polens zum Schengen-Raum ein großes Problem werden. Apokalyptiker waren davon überzeugt, dass Millionen von Polen, Tschechen und Ungarn die Grenzen der Bundesrepublik überrennen würden. Als Argument führten sie die Einkommensunterschiede auf. Auch damals war von der Erschleichung von Sozialleistungen die Rede.
Konsequenterweise schottete der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder den deutschen Arbeitsmarkt ab, Zuwanderer aus den acht Erweiterungsstaaten bekamen nur begrenzte Arbeitsgenehmigungen. Ein historischer Fehler. Denn die oftmals gut ausgebildeten und polyglotten Polen gingen zu Hunderttausenden nach Großbritannien, wo es zwar weniger Sozialleistungen gab, dafür aber Arbeit und die Chance auf sozialen Aufstieg. So halfen Polen mit, das britische Wirtschaftswunder zustande zu bringen, das bis zur Finanzkrise dauerte. Eine Massenauswanderung fand dennoch nicht statt, viele pendelten mit Billigfliegern nach Großbritannien oder nahmen nur zeitlich befristete Jobs an.
Mittlerweile steigen die Löhne in Polen rasant an. Es soll die ersten Deutschen geben, die nach Polen einpendeln, um Arbeit zu finden.
5. Der EU-Haushalt ist ein Fass ohne Boden
Der EU-Haushalt betrug im Jahr 2012 etwa 136 Milliarden Euro. Im gleichen Jahr waren die Staatsausgaben Belgiens fast doppelt so hoch. Deutschland gab gut neunmal mehr Geld aus, ebenso Frankreich.
6. Die größten Feinde Europas sitzen in den armen, frustrierten Ländern
Man könnte denken, dass die Menschen in Portugal, Spanien, Irland oder Griechenland nach den von Brüssel verhängten Sparmaßnahmen zu EU-Hassern geworden sind. Ein Blick auf die letzten Wahlergebnisse jedoch verrät, dass vor allem in der Mitte und im Osten des Kontinents die anti-europäischen Parteien Auftrieb bekommen haben.
Das Land mit dem größten Stimmanteil für euroskeptische oder rechtsextreme Parteien ist Österreich. FPÖ und BZÖ kommen auf insgesamt 24,5 Prozent. Auf Platz zwei folgt Ungarn, wo die faschistische Jobbik-Partei 20,6 Prozent bei den Parlamentswahlen bekommen hat. Erst dann kommt Griechenland, wo neben der nationalsozialistischen „Goldenen Morgenröte“ auch die Linkspopulisten Erfolge feiern konnten. In Finnland, den Niederlanden, Lettland und Frankreich kamen die Euro-Gegner ebenfalls auf über zehn Prozent der Stimmen.
7. Die Brüsseler Richtlinien gängeln die heimische Wirtschaft
Alle denken gleich an die Glühbirne. Oder an die Gurkenkrümmung. Tatsächlich ist die Geschichte der Brüsseler Bürokratie lang und reich an sinnlosen Verordnungen, die Menschen in Europa zum Teil das Leben eher schwerer als leichter gemacht haben.
Vereinheitlichung macht jedoch in einem gemeinsamen Binnenmarkt in gewissen Bereichen Sinn, etwa, wenn es um Transportstandards geht. Eines der bekanntesten Beispiele dafür dürfte die Europalette sein, die Anfang der 60er Jahre auf Basis eines Vertragswerks zwischen mehreren europäischen Eisenbahngesellschaften entstand und mittlerweile nach offizieller Europäischer Norm gefertigt wird. Übrigens wäre auch der 2013 gültig gewordene Wegfall von überteuerten Roaminggebühren bei Auslandsgesprächen ohne gemeinsame Normen nicht möglich gewesen.
8. Die „Osteuropäer“ schieben sich beim Eurovision Song Contest gegenseitig die Punkte zu
Auch das ist so nicht. Eine im „Europa-Atlas“ der Heinrich-Böll-Stiftung veröffentlichte Studie zeigt, dass der ehemalige „Ostblock“ in mindestens zwei Lager zerfällt, wenn es um die Punktvergabe geht: zum einen die Nachfolgestaaten Jugoslawiens, auf der anderen Seite die der Sowjetunion. Untereinander haben beide Seiten zwischen 1994 und 2009 eher selten Punkte ausgetauscht.
Übrigens neigen auch die Länder Skandinaviens dazu, sich gegenseitig hohe Punktzahlen zu geben. Deutschland dagegen nutzt die Lage in Mitteleuropa weniger, als dass sie schadet. Das gilt aber nur für den Eurovision Song Contest.
In der öffentlichen Diskussion tauchen dabei immer wieder Scheinwahrheiten auf, wenn es um Europa geht. Die Huffington Post zeigt die Wahrheit hinter acht europäischen Mythen.
1. Deutschland ist der Zahlmeister der EU
Es ist zwar richtig, dass Deutschland der größte Netto-Zahler der Europäischen Union ist. Das bezieht sich aber nur auf die Gesamtsumme: Im Jahr 2012 gab die Bundesrepublik 11.95 Milliarden Euro mehr in den EU-Haushalt, als sie von dort aus zurückbekam. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt zahlt Deutschland nur den drittgrößten Anteil. Bei der Summe pro Kopf liegt Deutschland hinter Schweden, Dänemark und Luxemburg sogar nur auf Rang vier. Im Gegenzug profitiert Deutschland übrigens auch am stärksten von allen EU-Ländern vom europäischen Binnenmarkt.
2. „Unser ganzes Geld geht nach Griechenland“
Diese Behauptung hat die AfD in ihrem neuen Wahlkampfspot in die Welt gesetzt. Unter den Netto-Empfängerländern (in Euro pro Kopf) liegt Griechenland aber nur an fünfter Stelle - gemessen an der Gesamtsumme auf Platz drei, jedoch weit hinter Polen und mit klarem Abstand zu Portugal.
Richtig ist, dass Griechenland in den vergangenen vier Jahren etwa 130 Milliarden Euro an Krediten aus dem Euro-Rettungsschirm bekommen hat. Deutschland trägt daran gut 28 Prozent. Den deutschen Anteil der Kredite hat die staatliche KfW-Bankengruppe gewährt, die Bundesregierung hat vorerst nur die Bürgschaft übernommen. Direkten Einfluss auf den Bundeshaushalt hatten die beiden Griechenland-Rettungspakete also noch nicht. Zudem konnte Griechenland im April erstmals seit vier Jahren wieder Staatsanleihen verkaufen. Kanzlerin Angela Merkel sprach von einem „Aufbruchssignal“, andere sind da skeptischer. Wie auch immer, es besteht weiterhin die Chance, dass die Euro-Krise für die nördlichen und westlichen EU-Länder glimpflich abläuft. Dass „unser ganzes Geld“ nach Griechenland geht, ist schlicht und ergreifend Unsinn.
3. Deutschland leidet unter Einwanderung in die Sozialsysteme
Anfang des Jahres brach die CSU eine Debatte über angebliche Armutseinwanderung aus Rumänien und Bulgarien los. Die These: Durch die Öffnung des europäischen Binnenmarktes sei zu befürchten, dass massenhaft Menschen aus Südosteuropa kämen, um deutsche Sozialleistungen abzuschöpfen. Das war damals schon sachlich falsch, weil die persönliche Freizügigkeit zu diesem Zeitpunkt schon galt, und Selbstständige schon längere Zeit Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt hatten. Betrüger hätten also schon viel früher kommen können.
Aktuelle Zahlen und Studien deuten ebenfalls nicht darauf hin, dass es so etwas wie massenhafte Armutszuwanderung aus Rumänien und Bulgarien gäbe. Die Bundesanstalt für Arbeit hat Zahlen für Dezember 2013 veröffentlicht, wonach knapp zehn Prozent der Bulgaren und Rumänen in Deutschland Unterstützung vom Jobcenter bekommen haben. Das ist zwar ein wenig mehr als der Schnitt der deutschen Bevölkerung, aber deutlich unter der Arbeitslosenquote der übrigen Migranten (16 Prozent). Eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung geht ferner davon aus, dass es zwar eine hohe Zuwanderung aus Südosteuropa gibt, die meisten Migranten aber hochqualifiziert seien. Von einer eventuellen Armutsmigration sei wenig zu spüren.
4. „Osteuropäer“ ziehen immer dahin, wo es das meiste Geld zu holen gibt
Schon 2004, als sich die Europäische Union nach Osten erweiterte, schlugen Politiker verschiedener Parteien Alarm. Zuwanderung werde spätestens nach dem Beitritt Polens zum Schengen-Raum ein großes Problem werden. Apokalyptiker waren davon überzeugt, dass Millionen von Polen, Tschechen und Ungarn die Grenzen der Bundesrepublik überrennen würden. Als Argument führten sie die Einkommensunterschiede auf. Auch damals war von der Erschleichung von Sozialleistungen die Rede.
Konsequenterweise schottete der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder den deutschen Arbeitsmarkt ab, Zuwanderer aus den acht Erweiterungsstaaten bekamen nur begrenzte Arbeitsgenehmigungen. Ein historischer Fehler. Denn die oftmals gut ausgebildeten und polyglotten Polen gingen zu Hunderttausenden nach Großbritannien, wo es zwar weniger Sozialleistungen gab, dafür aber Arbeit und die Chance auf sozialen Aufstieg. So halfen Polen mit, das britische Wirtschaftswunder zustande zu bringen, das bis zur Finanzkrise dauerte. Eine Massenauswanderung fand dennoch nicht statt, viele pendelten mit Billigfliegern nach Großbritannien oder nahmen nur zeitlich befristete Jobs an.
Mittlerweile steigen die Löhne in Polen rasant an. Es soll die ersten Deutschen geben, die nach Polen einpendeln, um Arbeit zu finden.
5. Der EU-Haushalt ist ein Fass ohne Boden
Der EU-Haushalt betrug im Jahr 2012 etwa 136 Milliarden Euro. Im gleichen Jahr waren die Staatsausgaben Belgiens fast doppelt so hoch. Deutschland gab gut neunmal mehr Geld aus, ebenso Frankreich.
6. Die größten Feinde Europas sitzen in den armen, frustrierten Ländern
Man könnte denken, dass die Menschen in Portugal, Spanien, Irland oder Griechenland nach den von Brüssel verhängten Sparmaßnahmen zu EU-Hassern geworden sind. Ein Blick auf die letzten Wahlergebnisse jedoch verrät, dass vor allem in der Mitte und im Osten des Kontinents die anti-europäischen Parteien Auftrieb bekommen haben.
Das Land mit dem größten Stimmanteil für euroskeptische oder rechtsextreme Parteien ist Österreich. FPÖ und BZÖ kommen auf insgesamt 24,5 Prozent. Auf Platz zwei folgt Ungarn, wo die faschistische Jobbik-Partei 20,6 Prozent bei den Parlamentswahlen bekommen hat. Erst dann kommt Griechenland, wo neben der nationalsozialistischen „Goldenen Morgenröte“ auch die Linkspopulisten Erfolge feiern konnten. In Finnland, den Niederlanden, Lettland und Frankreich kamen die Euro-Gegner ebenfalls auf über zehn Prozent der Stimmen.
7. Die Brüsseler Richtlinien gängeln die heimische Wirtschaft
Alle denken gleich an die Glühbirne. Oder an die Gurkenkrümmung. Tatsächlich ist die Geschichte der Brüsseler Bürokratie lang und reich an sinnlosen Verordnungen, die Menschen in Europa zum Teil das Leben eher schwerer als leichter gemacht haben.
Vereinheitlichung macht jedoch in einem gemeinsamen Binnenmarkt in gewissen Bereichen Sinn, etwa, wenn es um Transportstandards geht. Eines der bekanntesten Beispiele dafür dürfte die Europalette sein, die Anfang der 60er Jahre auf Basis eines Vertragswerks zwischen mehreren europäischen Eisenbahngesellschaften entstand und mittlerweile nach offizieller Europäischer Norm gefertigt wird. Übrigens wäre auch der 2013 gültig gewordene Wegfall von überteuerten Roaminggebühren bei Auslandsgesprächen ohne gemeinsame Normen nicht möglich gewesen.
8. Die „Osteuropäer“ schieben sich beim Eurovision Song Contest gegenseitig die Punkte zu
Auch das ist so nicht. Eine im „Europa-Atlas“ der Heinrich-Böll-Stiftung veröffentlichte Studie zeigt, dass der ehemalige „Ostblock“ in mindestens zwei Lager zerfällt, wenn es um die Punktvergabe geht: zum einen die Nachfolgestaaten Jugoslawiens, auf der anderen Seite die der Sowjetunion. Untereinander haben beide Seiten zwischen 1994 und 2009 eher selten Punkte ausgetauscht.
Übrigens neigen auch die Länder Skandinaviens dazu, sich gegenseitig hohe Punktzahlen zu geben. Deutschland dagegen nutzt die Lage in Mitteleuropa weniger, als dass sie schadet. Das gilt aber nur für den Eurovision Song Contest.