Luke Skywalker: „Ist die dunkle Seite stärker?"
Yoda: „Nein. Nein ... nein. Schneller, leichter, verführerischer."
Es gehört mittlerweile - so denke ich - zum Allgemeinwissen, dass sich das menschliche Gehirn seit der Steinzeit nicht wirklich stark verändert hat. Meistens merken wir davon nicht besonders viel - wir funktionieren auch im 3. Jahrtausend nach Christus in der Regel ganz passabel mit unserem prähistorischen Oberstübchen. Kritisch wird es regelmäßig dann, wenn wir durch unsere kulturellen Errungenschaften überlebenskritische Prozesse aus dem Gleichgewicht bringen. Z.B. gilt mittlerweile deutlich mehr als die Hälfte der Bundesbürger als übergewichtig, was zum einen einem Mangel an Bewegung, vor allem aber einer falschen Ernährungsstrategie im Angesicht des heutigen Überflusses von fett- und zuckerreichen Lebensmitteln anzulasten ist.
Eine spannende Frage lautet: Was, wenn unser Gehirn uns nicht nur fett macht (weil wir nicht kapieren wollen, dass das nächste Stück Wildschweinbraten im Kühlregal auf uns lauert und nicht erst aufwendig gejagt werden muss) - sondern uns außerdem vorgaukelt, dass die Welt ein wesentlich schlechterer und gefährlicherer Ort sei, als sie es tatsächlich ist?
Für diese These gibt es sehr stichhaltige Belege: Einer der meistzitierten Psychologen unserer Zeit, Roy Baumeister, hat zusammen mit einigen Kollegen einen umfassenden Fachartikel namens „Bad is stronger than Good" veröffentlicht. In diesem trägt er eine hohe Zahl an Studien zusammen, die Belege für den Titel des Artikels liefern, konkret: dass unser Gehirn negative (also z.B. unangenehme oder gefährliche) Reize schneller, eingehender und nachhaltiger verarbeitet als positive.
Einige Beispiele:
Diese Liste könnte noch deutlich ausgeweitet werden - und es gibt fast keine Gegenbeispiele. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass unsere Informationsverarbeitung (automatisch!) bemüht ist, negativen Reizen deutlich mehr Aufmerksamkeit zu schenken, diese eingehender zu verarbeiten, und leichter wieder zur Verfügung zu stellen. Baumeister et al. argumentieren, dass diese Funktionsweise adaptiv, also evolutionär nützlich ist. Vor 15.000 Jahren war es vermutlich überlebenskritisch, zuerst den Säbelzahntiger hinter dem Brombeerbusch (negativer Reiz), als die Beeren auf dem Busch (positiver Reiz) zu erkennen.
Ich frage mich allerdings: Ist das immer noch so? Ist es in der „modernen Welt" immer noch adaptiv, zuerst und vor allem das Negative zu sehen? Oder lässt sich vielleicht eine Analogie aufmachen zur Übergewichtsepidemie? Viele von uns werden fett, weil unser Gehirn uns antreibt, möglichst energiereiche Nahrung aufzunehmen.
Was ist mit unserer medialen Diät?
Depressionen, Angststörungen und artverwandte Syndrome wie Burn-Out mutieren spätestens im Hinblick auf die letzten 20 Jahre - ebenso wie Übergewicht - zur Volkskrankheit. Und obwohl es töricht wäre, hierfür eine einzelne Ursache finden zu wollen (eine andere nenne ich z.B. hier), glaube ich, dass unser Medienkonsumverhalten einen bedeutenden Anteil an dieser Entwicklung hat. Denn die Medien spielen uns allenthalben einen mordsgefährlichen, Betrübnis, und Besorgnis erregenden Ort vor. Die Argumentationslinie verläuft so (für Details bitte den Links folgen):
Daraus folgt: Wir konsumieren mehr und mehr Medien, die einen stark ins Negative verzerrten Ausschnitt der Welt präsentieren - und zwar mit einem Organ, welches darauf getrimmt ist, aus diesen bereits hochgradig verzerrten Informationen das Negative besonders stark herauszufiltern. Gewissermaßen Negativität zum Quadrat. Halleluja!
Nun könnte man etwas lakonisch sagen: „Ja gut, muss eben jeder selbst aufpassen, was er guckt..." Das wäre allerdings zu kurz gegriffen. Im Zeitalter von Social Media und den ubiquitären Share-Buttons sind wir am Ende des Tages alle nicht nur Essende, sondern immer gleichzeitig auch Koch (oder zumindest Kellner). Daher lautet eine essentielle Frage:
Welche Diät lasse ich meinen Mitmenschen zukommen?
Ich persönlich glaube, dass es an der Zeit ist, gezielt einen „Positivity Bias" in den Medien zu kreieren. Die Evolution denkt in Äonen. Bis unsere Gehirne kapiert haben, dass es zwar immer noch Brombeerbüsche, aber längst keine Säbelzahltiger mehr gibt, werden wahrscheinlich noch ein paar tausend Generationen das Zeitliche segnen. Aber wir haben es bereits jetzt in der Hand, unseren Medienkonsum wie auch unsere Informationsweitergabe aktiv zu steuern.
Es geht mir übrigens mitnichten darum, alles durch eine rosarote Brille zu betrachten. Die Welt ist an vielen Orten eine ökonomische, moralische, und ökologische Baustelle. Und es ist zwingend notwendig, darüber zu berichten. Aber lasst uns doch der Empfehlung folgen, die man auch in jedem Ernährungsratgeber findet. Das dort meistgenutzte Adjektiv lautet:
Ausgewogen.
In diesem Sinne empfehle ich für heute den Genuss dieses kleinen Films hier. Ich bin selbst junger Papa - und so etwas lässt mein Herz aufgehen...
Yoda: „Nein. Nein ... nein. Schneller, leichter, verführerischer."
Es gehört mittlerweile - so denke ich - zum Allgemeinwissen, dass sich das menschliche Gehirn seit der Steinzeit nicht wirklich stark verändert hat. Meistens merken wir davon nicht besonders viel - wir funktionieren auch im 3. Jahrtausend nach Christus in der Regel ganz passabel mit unserem prähistorischen Oberstübchen. Kritisch wird es regelmäßig dann, wenn wir durch unsere kulturellen Errungenschaften überlebenskritische Prozesse aus dem Gleichgewicht bringen. Z.B. gilt mittlerweile deutlich mehr als die Hälfte der Bundesbürger als übergewichtig, was zum einen einem Mangel an Bewegung, vor allem aber einer falschen Ernährungsstrategie im Angesicht des heutigen Überflusses von fett- und zuckerreichen Lebensmitteln anzulasten ist.
Eine spannende Frage lautet: Was, wenn unser Gehirn uns nicht nur fett macht (weil wir nicht kapieren wollen, dass das nächste Stück Wildschweinbraten im Kühlregal auf uns lauert und nicht erst aufwendig gejagt werden muss) - sondern uns außerdem vorgaukelt, dass die Welt ein wesentlich schlechterer und gefährlicherer Ort sei, als sie es tatsächlich ist?
Für diese These gibt es sehr stichhaltige Belege: Einer der meistzitierten Psychologen unserer Zeit, Roy Baumeister, hat zusammen mit einigen Kollegen einen umfassenden Fachartikel namens „Bad is stronger than Good" veröffentlicht. In diesem trägt er eine hohe Zahl an Studien zusammen, die Belege für den Titel des Artikels liefern, konkret: dass unser Gehirn negative (also z.B. unangenehme oder gefährliche) Reize schneller, eingehender und nachhaltiger verarbeitet als positive.
Einige Beispiele:
- Wir schenken bereits auf dem vorbewussten Level negativen Reizen mehr Aufmerksamkeit als positiven.
- Negative Informationen werden eingehender verarbeitet; dies lässt sich auch auf der neuronalen Ebene nachweisen.
- Wenn wir uns einen Eindruck von etwas oder jemandem bilden, haben negative Informationen ein deutlich höheres Gewicht (eine Lüge macht uns potenziell für immer zum „Lügner"; für die Wahrheit gilt das nicht im gleichen Maße).
- Schlechte Erinnerungen werden im Allgemeinen dauerhafter abgespeichert und können einfacher abgerufen werden.
- Es „schmerzt" psychologisch deutlich mehr, 100 Euro zu verlieren, als es uns freut, den gleichen Betrag zu gewinnen. Für diese Erkenntnis (etwas vereinfacht gesagt) haben Daniel Kahneman und Amos Tversky 2002 den Nobelpreis erhalten.
- Negative Erlebnisse haben typischerweise einen stärken Effekt auf unser Leben als positive. Das kann man unter anderem daran erkennen, dass wir ein eigenes Wort für die Auswirkungen sehr negativer Erlebnisse haben („Trauma"), ein positives Gegenstück jedoch fehlt.
- Negatives Feedback beeinflusst uns meist deutlich stärker als positives.
- ...
Diese Liste könnte noch deutlich ausgeweitet werden - und es gibt fast keine Gegenbeispiele. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass unsere Informationsverarbeitung (automatisch!) bemüht ist, negativen Reizen deutlich mehr Aufmerksamkeit zu schenken, diese eingehender zu verarbeiten, und leichter wieder zur Verfügung zu stellen. Baumeister et al. argumentieren, dass diese Funktionsweise adaptiv, also evolutionär nützlich ist. Vor 15.000 Jahren war es vermutlich überlebenskritisch, zuerst den Säbelzahntiger hinter dem Brombeerbusch (negativer Reiz), als die Beeren auf dem Busch (positiver Reiz) zu erkennen.
Ich frage mich allerdings: Ist das immer noch so? Ist es in der „modernen Welt" immer noch adaptiv, zuerst und vor allem das Negative zu sehen? Oder lässt sich vielleicht eine Analogie aufmachen zur Übergewichtsepidemie? Viele von uns werden fett, weil unser Gehirn uns antreibt, möglichst energiereiche Nahrung aufzunehmen.
Was ist mit unserer medialen Diät?
Depressionen, Angststörungen und artverwandte Syndrome wie Burn-Out mutieren spätestens im Hinblick auf die letzten 20 Jahre - ebenso wie Übergewicht - zur Volkskrankheit. Und obwohl es töricht wäre, hierfür eine einzelne Ursache finden zu wollen (eine andere nenne ich z.B. hier), glaube ich, dass unser Medienkonsumverhalten einen bedeutenden Anteil an dieser Entwicklung hat. Denn die Medien spielen uns allenthalben einen mordsgefährlichen, Betrübnis, und Besorgnis erregenden Ort vor. Die Argumentationslinie verläuft so (für Details bitte den Links folgen):
- Das Volumen unseres Medienkonsums nimmt ständig zu. Demnach ist unser „Bild von der Welt" zunehmend medial geprägt.
- Gerade weil (professionelle) Medienmacher um unsere Vorliebe fürs Negative wissen (zumindest implizit), wählen sie im fiktionalen wie non-fiktionalen Bereich negative Geschichten überproportional häufig aus, um ihre Reichweite erhöhen.
Daraus folgt: Wir konsumieren mehr und mehr Medien, die einen stark ins Negative verzerrten Ausschnitt der Welt präsentieren - und zwar mit einem Organ, welches darauf getrimmt ist, aus diesen bereits hochgradig verzerrten Informationen das Negative besonders stark herauszufiltern. Gewissermaßen Negativität zum Quadrat. Halleluja!
Nun könnte man etwas lakonisch sagen: „Ja gut, muss eben jeder selbst aufpassen, was er guckt..." Das wäre allerdings zu kurz gegriffen. Im Zeitalter von Social Media und den ubiquitären Share-Buttons sind wir am Ende des Tages alle nicht nur Essende, sondern immer gleichzeitig auch Koch (oder zumindest Kellner). Daher lautet eine essentielle Frage:
Welche Diät lasse ich meinen Mitmenschen zukommen?
Ich persönlich glaube, dass es an der Zeit ist, gezielt einen „Positivity Bias" in den Medien zu kreieren. Die Evolution denkt in Äonen. Bis unsere Gehirne kapiert haben, dass es zwar immer noch Brombeerbüsche, aber längst keine Säbelzahltiger mehr gibt, werden wahrscheinlich noch ein paar tausend Generationen das Zeitliche segnen. Aber wir haben es bereits jetzt in der Hand, unseren Medienkonsum wie auch unsere Informationsweitergabe aktiv zu steuern.
Es geht mir übrigens mitnichten darum, alles durch eine rosarote Brille zu betrachten. Die Welt ist an vielen Orten eine ökonomische, moralische, und ökologische Baustelle. Und es ist zwingend notwendig, darüber zu berichten. Aber lasst uns doch der Empfehlung folgen, die man auch in jedem Ernährungsratgeber findet. Das dort meistgenutzte Adjektiv lautet:
Ausgewogen.
In diesem Sinne empfehle ich für heute den Genuss dieses kleinen Films hier. Ich bin selbst junger Papa - und so etwas lässt mein Herz aufgehen...
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