041714
Höhenweg der Schwierigkeiten
Vortragsabend (II) der Klavierklassen
Prof. Markus Groh (HMTM Hannover)
im Joseph-Joachim-Konzertsaal Berlin
Der zweite Vortragsabend des Vorstellungsmeetings der Klavierklassen von Prof. Markus Groh (HMTM Hannover), der seine Lehrtätigkeit ab Sommersemester 2014 als Professor an der Musikfakultät der Berliner UdK fortsetzen wird, bestand aus einer Höhenwanderung über einen Weg, der mit den größten Schwierigkeiten der romantischen und modernen Klavierliteratur gespickt war. Gleichermaßen faszinierend und beeindruckend war die Perfektion, mit der diese hochgradigen technischen und stilistischen Schwierigkeiten von drei südkoreanischen Nachwuchskünstlern gemeistert wurden.
Der Abend beginnt mit der "Kreisleriana" op. 16 von Robert Schumann, komponiert im Jahre 1838. Die Pianistin Dasul Jung spielt die acht Charakterstücke ausdrucksstark und mit großer Gefühlsskala, die springenden und galoppierenden Passagen sehr gewandt. Die großen Aufschwünge wie auch die eher versonnenen Zwischenüberlegungen werden angemessen gestaltet, einfühlsam bis hin zu ersterbenden Gedanken. Der Vortrag wirkt wie eine märchenhafte Erzählung aus alter Zeit, die fester und härter wird wie Glockenschläge. In feinster dynamischer Abstufung folgt dann ein behutsamer Trab. Die alte Sage verzaubert die Hörer und endet überaus sanft.
Es folgt die Pianistin Jaekyung Joo, zunächst mit Robert Schumanns Toccata op. 7, von manchen für die Komposition mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad aus der gesamten romantischen Klavierliteratur gehalten. Schumann hat das Werk 1834 während seines Jurastudiums in Heidelberg niedergeschrieben. Die junge Künstlerin spielt es mit stupender Gewandtheit rasch und entschieden, motorisch kraftvoll, brillant und vital, flink und bewundernswert behende. Die thematische Struktur wird klarsichtig betont. Der Vortrag fasziniert durch den ungestüm vorantreibenden Duktus.
Ohne große Atempause schliessen sich dann die sechs Etüden aus dem 1. Heft von György Ligeti an, komponiert in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Der erste Satz "Désordre" wirkt durch die stetige virtuose Anschlagsbrillanz, die der Komposition fast den Charakter einer synkopierten Jazzpassage verleiht. Der zweite "cordes à vide" beginnt ganz leicht, als ob Tropfen fielen. Dann folgt eine Steigerung von explosiver Kraft, verklingend im Bass. Der dritte Satz "Touches bloquées" klingt ungarisch, sehr gewandt und farbig in den Griffkombinationen. Im vierten "Fanfares" herrscht ein repetitives Motiv vor, von anderen überlagert. Eine frappante Differenzierung der Anschlagsstärke bringt Dimensionsgewinn. Schwierigste Rhythmen werden mühelos gemeistert. Der fünfte Satz heisst "Arc-en-ciel" und baut einen Regenbogen auf: erst die Tropfen, dann die Farben. Auch in der Sprödigkeit der Melodieführung überzeugt die zielgerichtete Gestaltung, hauchzart in der Höhe verklingend. Schließlich der fünfte Satz "Automne à Varsovie", Warschauer Herbst, der wie ein Ausflug in den Impressionismus wirkt. Poetisch in der Farbwahl, durchaus lebhaft in der szenischen Darstellung. Man hört ein leises Flirren wie von Sonnenlicht, das durch Herbstlaub leuchtet. Moderne Klanggestalt in romantischer Verkleidung mit virtuoser Zuspitzung.
Nach der Pause dann ein weiterer pianistischer Schwierigkeitsgipfel: Franz Liszts Sonate h-moll aus dem Jahre 1853, Robert Schumann gewidmet. Vielfalt in der Einsätzigkeit, unterteilbar in Exposition, den langsamen Mittelteil sowie Reprise und Coda. Der Pianist Dongkyu Kim spielt das Stück mit einer faszinierenden Ausdrucksskala und breit ausladender, sonorer Gestaltungskraft. Liszts weit ausgreifende Seelenwanderungen fesseln den Zuhörer, in denen jäh aufragende Felsspitzen und schroffe Abstürze eine ebenso bedeutende Rolle spielen wie eine verzehrende Läuterungssehnsucht und die Hoffnung auf Tröstungen im Jenseits. Man hört zarte Lyrik, Hartes und Grandioses, Perlendes über dem Abgrund und rasend virtuoses Prestissimo. Am Ende leuchtet ein hoffnungsvolles Licht.
Langer Beifall für einen Klavierabend mit ausgesucht komplexen Werken.
Höhenweg der Schwierigkeiten
Vortragsabend (II) der Klavierklassen
Prof. Markus Groh (HMTM Hannover)
im Joseph-Joachim-Konzertsaal Berlin
Der zweite Vortragsabend des Vorstellungsmeetings der Klavierklassen von Prof. Markus Groh (HMTM Hannover), der seine Lehrtätigkeit ab Sommersemester 2014 als Professor an der Musikfakultät der Berliner UdK fortsetzen wird, bestand aus einer Höhenwanderung über einen Weg, der mit den größten Schwierigkeiten der romantischen und modernen Klavierliteratur gespickt war. Gleichermaßen faszinierend und beeindruckend war die Perfektion, mit der diese hochgradigen technischen und stilistischen Schwierigkeiten von drei südkoreanischen Nachwuchskünstlern gemeistert wurden.
Der Abend beginnt mit der "Kreisleriana" op. 16 von Robert Schumann, komponiert im Jahre 1838. Die Pianistin Dasul Jung spielt die acht Charakterstücke ausdrucksstark und mit großer Gefühlsskala, die springenden und galoppierenden Passagen sehr gewandt. Die großen Aufschwünge wie auch die eher versonnenen Zwischenüberlegungen werden angemessen gestaltet, einfühlsam bis hin zu ersterbenden Gedanken. Der Vortrag wirkt wie eine märchenhafte Erzählung aus alter Zeit, die fester und härter wird wie Glockenschläge. In feinster dynamischer Abstufung folgt dann ein behutsamer Trab. Die alte Sage verzaubert die Hörer und endet überaus sanft.
Es folgt die Pianistin Jaekyung Joo, zunächst mit Robert Schumanns Toccata op. 7, von manchen für die Komposition mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad aus der gesamten romantischen Klavierliteratur gehalten. Schumann hat das Werk 1834 während seines Jurastudiums in Heidelberg niedergeschrieben. Die junge Künstlerin spielt es mit stupender Gewandtheit rasch und entschieden, motorisch kraftvoll, brillant und vital, flink und bewundernswert behende. Die thematische Struktur wird klarsichtig betont. Der Vortrag fasziniert durch den ungestüm vorantreibenden Duktus.
Ohne große Atempause schliessen sich dann die sechs Etüden aus dem 1. Heft von György Ligeti an, komponiert in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Der erste Satz "Désordre" wirkt durch die stetige virtuose Anschlagsbrillanz, die der Komposition fast den Charakter einer synkopierten Jazzpassage verleiht. Der zweite "cordes à vide" beginnt ganz leicht, als ob Tropfen fielen. Dann folgt eine Steigerung von explosiver Kraft, verklingend im Bass. Der dritte Satz "Touches bloquées" klingt ungarisch, sehr gewandt und farbig in den Griffkombinationen. Im vierten "Fanfares" herrscht ein repetitives Motiv vor, von anderen überlagert. Eine frappante Differenzierung der Anschlagsstärke bringt Dimensionsgewinn. Schwierigste Rhythmen werden mühelos gemeistert. Der fünfte Satz heisst "Arc-en-ciel" und baut einen Regenbogen auf: erst die Tropfen, dann die Farben. Auch in der Sprödigkeit der Melodieführung überzeugt die zielgerichtete Gestaltung, hauchzart in der Höhe verklingend. Schließlich der fünfte Satz "Automne à Varsovie", Warschauer Herbst, der wie ein Ausflug in den Impressionismus wirkt. Poetisch in der Farbwahl, durchaus lebhaft in der szenischen Darstellung. Man hört ein leises Flirren wie von Sonnenlicht, das durch Herbstlaub leuchtet. Moderne Klanggestalt in romantischer Verkleidung mit virtuoser Zuspitzung.
Nach der Pause dann ein weiterer pianistischer Schwierigkeitsgipfel: Franz Liszts Sonate h-moll aus dem Jahre 1853, Robert Schumann gewidmet. Vielfalt in der Einsätzigkeit, unterteilbar in Exposition, den langsamen Mittelteil sowie Reprise und Coda. Der Pianist Dongkyu Kim spielt das Stück mit einer faszinierenden Ausdrucksskala und breit ausladender, sonorer Gestaltungskraft. Liszts weit ausgreifende Seelenwanderungen fesseln den Zuhörer, in denen jäh aufragende Felsspitzen und schroffe Abstürze eine ebenso bedeutende Rolle spielen wie eine verzehrende Läuterungssehnsucht und die Hoffnung auf Tröstungen im Jenseits. Man hört zarte Lyrik, Hartes und Grandioses, Perlendes über dem Abgrund und rasend virtuoses Prestissimo. Am Ende leuchtet ein hoffnungsvolles Licht.
Langer Beifall für einen Klavierabend mit ausgesucht komplexen Werken.