Natürlich: Rainer Brüderle sieht sich als Opfer. Keine Chance habe er gehabt. Eine „Lawine“ sei über ihn herabgegangen, die „Medien“ seien gegen ihn gewesen, die Frauenrechtlerinnen sowieso.
Am Donnerstagabend sprach der frühere FDP-Spitzenkandidat bei Markus Lanz erstmals offen über den Sexismusskandal, der vor einen Jahr mit der Reportage einer stern-Journalistin ins Rollen gekommen war. Doch Einsicht bewies er nicht.
Brüderle hatte in einigen Punkten Recht
Es war dennoch ein spannendes Gespräch: Weil man den Eindruck gewinnen konnte, dass Brüderle nach seinem Scheitern bei der Bundestagswahl nun ohne rhetorische Bremse reden kann.
Und natürlich hatte der Liberale auch in einigen Punkten Recht: Immer noch hinterlässt die publizistische Strategie des "Stern" höchst zwiespältige Gefühle. Das Interview, in dem Brüderle einer Journalistin attestiert, sie könne „ein Dirndl ausfüllen“, fand ein Jahr vor der Veröffentlichung statt. Und die Veröffentlichung im Heft wurde mit einem Online-Artikel begleitet, in dem die beiden Autoren anfangs auch eine unappetitliche Bemerkung an die Adresse von Brüderles Ehefrau gemacht hatten. Der betreffende Passus wurde später wieder gelöscht.
Und dann fiel eben der Satz
Über die angebliche „Kampagne“ sagte Brüderle: „Ich bin fest davon überzeugt: Es war Absicht und Strategie, mich und meine Partei zu schädigen.“
Doch als es um den konkreten Vorfall ging, versuchte Brüderle wieder zu verharmlosen. Er habe abwiegeln wollen, nachdem die Journalistin ihn gefragt habe, ob er nicht zu alt für eine Kandidatur sei. Und dann sei eben dieser Satz gefallen.
Lanz fragt nach: Sie sollen ja der Journalistin auch eine Tanzkarte angeboten haben? Brüderle tut das als Witz ab, Tanzkarten gebe es seit Jahrzehnten nicht mehr. Und wenn, dann seien sie in Besitz der Frauen gewesen.
Dass Sexismus im politischen Berlin zum Alltag für Journalistinnen gehört, dass schon eine Woche vor dem "Stern"-Artikel ein ähnlicher Fall publik wurde und, überhaupt, wie schwer sich Frauen in der männerdominierten Politikerwelt mit solchen ranzigen Annäherungsversuchen tun müssen – kein Wort darüber. „Was ich gemacht habe, halte ich für in Ordnung“, sagte Brüderle. „Ich sehe da nichts Anstößiges, für das ich mich entschuldigen müsste.“
Markus Lanz war gut vorbereitet
Lanz hatte einen sehr guten Abend erwischt. In seinen besten Momenten wirkte er wie der britische Talkmaster David Frost, der den ehemaligen US-Präsidenten Richard Nixon zu dem Geständnis bewegte, die Öffentlichkeit betrogen zu haben.
Der ZDF-Moderator schien hervorragend vorbereitet, ganz anders als noch vor Wochen im Gespräch mit Sahra Wagenknecht. Immer wieder hakte er bei Brüderle nach: „Haben Sie geflirtet?“ „Tut es Ihnen leid?“ „Können Sie verstehen, dass sich da jemand auf den Schlips getreten fühlt?“ Doch der FDP-Politiker blieb hart: Er fühle sich nach dem Skandal als „noch viel freierer Freidemokrat“. Was wenigstens als wortloser Ausweis von Verbohrtheit ein sehr starkes Statement war.
Diskursverweigerung der anderen Lanz-Gäste
Ins Absurde glitt die Sendung erst wieder ab, als Lanz die Runde öffnete. Fernsehkoch Horst Lichter machte fröhlich Herrenwitze, und Schauspielerexgattin Natascha Ochsenknecht ließ mit spitzen, bonbonfarben geschminkten Lippen verlauten, dass sie den Skandal eh nie verstanden habe.
Da war sie dann wieder, die bizarre Welt im Paralleldeutschland des Plauderfernsehens, in dem zwirbelbärtige TV-Prominente und gequält näselnde Möchtegern-It-Grannys offenherzig Diskursverweigerung betreiben dürfen, ohne dafür von Femen oder wenigstens den Ghostbusters mit lauten Kriegsgeschrei in den Maskenraum zurückgejagt zu werden. Mehr Werbung für einen neuen #Aufschrei geht nicht.
Am Donnerstagabend sprach der frühere FDP-Spitzenkandidat bei Markus Lanz erstmals offen über den Sexismusskandal, der vor einen Jahr mit der Reportage einer stern-Journalistin ins Rollen gekommen war. Doch Einsicht bewies er nicht.
Brüderle hatte in einigen Punkten Recht
Es war dennoch ein spannendes Gespräch: Weil man den Eindruck gewinnen konnte, dass Brüderle nach seinem Scheitern bei der Bundestagswahl nun ohne rhetorische Bremse reden kann.
Und natürlich hatte der Liberale auch in einigen Punkten Recht: Immer noch hinterlässt die publizistische Strategie des "Stern" höchst zwiespältige Gefühle. Das Interview, in dem Brüderle einer Journalistin attestiert, sie könne „ein Dirndl ausfüllen“, fand ein Jahr vor der Veröffentlichung statt. Und die Veröffentlichung im Heft wurde mit einem Online-Artikel begleitet, in dem die beiden Autoren anfangs auch eine unappetitliche Bemerkung an die Adresse von Brüderles Ehefrau gemacht hatten. Der betreffende Passus wurde später wieder gelöscht.
Und dann fiel eben der Satz
Über die angebliche „Kampagne“ sagte Brüderle: „Ich bin fest davon überzeugt: Es war Absicht und Strategie, mich und meine Partei zu schädigen.“
Doch als es um den konkreten Vorfall ging, versuchte Brüderle wieder zu verharmlosen. Er habe abwiegeln wollen, nachdem die Journalistin ihn gefragt habe, ob er nicht zu alt für eine Kandidatur sei. Und dann sei eben dieser Satz gefallen.
Lanz fragt nach: Sie sollen ja der Journalistin auch eine Tanzkarte angeboten haben? Brüderle tut das als Witz ab, Tanzkarten gebe es seit Jahrzehnten nicht mehr. Und wenn, dann seien sie in Besitz der Frauen gewesen.
Dass Sexismus im politischen Berlin zum Alltag für Journalistinnen gehört, dass schon eine Woche vor dem "Stern"-Artikel ein ähnlicher Fall publik wurde und, überhaupt, wie schwer sich Frauen in der männerdominierten Politikerwelt mit solchen ranzigen Annäherungsversuchen tun müssen – kein Wort darüber. „Was ich gemacht habe, halte ich für in Ordnung“, sagte Brüderle. „Ich sehe da nichts Anstößiges, für das ich mich entschuldigen müsste.“
Markus Lanz war gut vorbereitet
Lanz hatte einen sehr guten Abend erwischt. In seinen besten Momenten wirkte er wie der britische Talkmaster David Frost, der den ehemaligen US-Präsidenten Richard Nixon zu dem Geständnis bewegte, die Öffentlichkeit betrogen zu haben.
Hier finden Sie die Lanz-Sendung in der ZDF-Mediathek.
Der ZDF-Moderator schien hervorragend vorbereitet, ganz anders als noch vor Wochen im Gespräch mit Sahra Wagenknecht. Immer wieder hakte er bei Brüderle nach: „Haben Sie geflirtet?“ „Tut es Ihnen leid?“ „Können Sie verstehen, dass sich da jemand auf den Schlips getreten fühlt?“ Doch der FDP-Politiker blieb hart: Er fühle sich nach dem Skandal als „noch viel freierer Freidemokrat“. Was wenigstens als wortloser Ausweis von Verbohrtheit ein sehr starkes Statement war.
Diskursverweigerung der anderen Lanz-Gäste
Ins Absurde glitt die Sendung erst wieder ab, als Lanz die Runde öffnete. Fernsehkoch Horst Lichter machte fröhlich Herrenwitze, und Schauspielerexgattin Natascha Ochsenknecht ließ mit spitzen, bonbonfarben geschminkten Lippen verlauten, dass sie den Skandal eh nie verstanden habe.
Da war sie dann wieder, die bizarre Welt im Paralleldeutschland des Plauderfernsehens, in dem zwirbelbärtige TV-Prominente und gequält näselnde Möchtegern-It-Grannys offenherzig Diskursverweigerung betreiben dürfen, ohne dafür von Femen oder wenigstens den Ghostbusters mit lauten Kriegsgeschrei in den Maskenraum zurückgejagt zu werden. Mehr Werbung für einen neuen #Aufschrei geht nicht.
Auch auf HuffingtonPost.de: Markus Lanz verkündet das Ende von “Wetten, dass..?”