Quantcast
Channel: Huffington Post Germany Athena
Viewing all articles
Browse latest Browse all 40759

Social Media Weekly: Kein Verständnis für Piloten-Streiks bei Lufthansa

$
0
0
Ausnahmezustand mit Ankündigung - aber das machte die Situation für die 425.000 betroffenen Flugreisenden nicht besser. Rund 18.000 Tweets, Posts und Kommentare sind zum Thema Streik versendet worden. Dabei haben die Reisenden nicht nur ihrem Ärger über die Piloten Luft gemacht. Auch der Service der Lufthansa gerät in Turbulenzen.

Dreitägiger Pilotenstreik bei der Lufthansa - und Deutschland ist im Ausnahmezustand. „Nonstop You", der Werbeslogan von Europas größter Fluggesellschaft, hat während des bislang größten Streiks in der Unternehmensgeschichte der Airline mit dem Kranich für die Flugreisenden eine neue Bedeutung bekommen. Tausende von Tweets und Facebook-Kommentare haben sie geschrieben, um Informationen zu den etwa 3.800 gestrichenen Flügen zu erhalten, Alternativen auszuloten, das Umbuchungsprocedere zu schaffen und nicht zuletzt ihre Meinung zu den Streiks und das Handling durch den Kundenservice der Lufthansa kund zu tun. Insgesamt sind seit dem Beginn des Streiks am Dienstag 00:00 Uhr mehr als 11.000 Tweets und knapp 6.000 Kommentare und Post auf Facebook dazu geschrieben worden. Die Lufthansa hat ebenfalls rund um die Uhr gepostet und getwittert; allein auf ihrer Facebook-Seite hat sie fast 400 Mal Informationen als Post oder Kommentar zum Streik veröffentlicht.

2014-04-04-aAttensityHuffingtonPostLHStreik04042014Zeitverlauf.JPG

Verständnis - Kein Verständnis

Das Verständnis für die Forderungen der Pilotengewerkschaft Cockpit hält sich bei den Verfassern im Social Web sehr in Grenzen. Die Gewerkschaft fordert ein Plus bei den Tarifgehältern von bis zu 10 Prozent und insbesondere die Beibehaltung der Übergangsrenten für den Vorruhestand ab 55 Jahre. Am häufigsten nutzen die Kommentarschreiber zwar den emotionalen Begriff „Verständnis", der im Allgemeinen positiv besetzt ist. Bei dem Lufthansa-Streik allerdings mehrheitlich nicht, wie die Analyse mit unserem Social Intelligence-Tool Attensity Analyze offenlegt. Zwei Mal häufiger setzen die Schreiber den Begriff „Verständnis" negativ als positiv ein, was durch die Analyse der gesamten Satzstruktur erkennbar wird.

2014-04-04-aAttensityHuffingtonPostLHStreik04042014.JPG

In jedem zehnten negativen Facebook-Beitrag äußern sie ihr Unverständnis für den Streik und die Forderungen der Gewerkschaft - und zwar oft in einem hämischen oder sarkastischen Ton: „Die armen Piloten, hart an der Armutsgrenze..." oder „Ein Pilot gerade im Heute-Journal: "Es ist sehr anstrengend, wir fühlen uns wie eine ausgepresste Zitrone! Wir haben mehr Ausgleich verdient." Liebe Piloten, ihr bekommt mehr Lohn als die Bundeskanzlerin!!!! Was wollt ihr noch??? Oh Gott seid ihr so lächerlich! Ihr seid sowas von respektlos!".




Große Emotionen - Sprachliche Entgleisungen

Ebenfalls sehr häufig verwenden die Schreiber auf der Facebook-Seite der Lufthansa die Begriffe „Frechheit" mit Blick auf die Forderungen von Cockpit und fordern die Piloten auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen - als fliegende und nicht streikende Flugzeugführer. Und sie weisen darauf hin, dass andere Berufsgruppen ebenfalls eine sehr hohe Verantwortung für andere Menschen tragen, wie zum Beispiel Busfahrer oder Pflegekräfte. Dabei schießen manche Kommentatoren in ihrem Ärger auch übers Ziel hinaus, indem sie beleidigen oder in die Vulgär-Sprache abrutschen. Ein Facebook-Beispiel: „SORRY, BUT YOU SUCK...big time!! Immer derselbe Ärger mit euch. Gehts euch noch gut??? Noch mehr Geld? Ein Flugpilot trägt lange nicht so viel Verantwortung wie ein Busfahrer. Der Busfahrer ist umgeben von Verkehr und Idioten. Ein Pilot startet und landet.......Sorry, aber das ist absolut nicht akzeptabel! ...". Diese sprachlichen Ausrutscher finden sich ebenso häufig auf Twitter: „Als Lufthansa-Chef würde ich den Piloten drohen: "Hört sofort auf zu streiken, sonst fliegt ihr!" (22 Retweets).

2014-04-04-aAttensityHuffingtonPostLHStreik04042014Begriffe.JPG

Streikrecht - Reisendenrecht

Das Urteil zum Streik fällt eindeutig aus: Mehr als drei Viertel der deutschsprachigen Äußerungen auf Twitter und Facebook sind negativ. Dabei wird sogar die Lufthansa aufgefordert, den Forderungen der Piloten nicht nachzugeben. So schreibt ein Vielflieger: „Liebe Lufthansa, haltet durch, gebt dieser Erpressung der Pilotengewerkschaft nicht nach!!! Ich bin Vielflieger bei euch und ebenfalls betroffen, aber ich habe vollstes Verständnis, wenn ihr dem nicht nachgebt! Wachsender Wettbewerbsdruck und unverhältnismäßig steigende (Lohn-) Kosten hält kein Unternehmen auf Dauer durch! Lasst sie streiken!!!". Positive Äußerungen zu den Forderungen sind in der Minderzahl, wie zum Beispiel „Ich verstehe die Piloten. Sie haben auch ein Recht auf Streik. Deren Verantwortung wächst und wächst und das sollte sich im Lohn wiederspiegeln. Ich kann nicht fassen was ich hier für ekel hafte Kommentare lese." oder „Ich verstehe und unterstütze die #LH-Piloten. Streik ist ein Grundrecht unserer Gesellschaft. Auch wenn Manager jammern bzw. gerade dann.". Das Thema Pilotenstreik ist für die meisten Schreiber einfach zu emotional. Der Ärger verschafft sich Luft.




LH - BER

Distanz genug für ironische Posts oder Tweets war denn auch kaum vorhanden. Wenn, dann standen dabei Scherze mit Blick auf den künftigen Flughafen in Berlin im Mittelpunkt oder Vergleiche mit der Deutschen Bahn („++ Lufthansa Streik ++ DB jubelt ++ Endlich ein Unternehmen mit größeren Verspätungen ++"). Immerhin verschaffte sich Stefan Raab mit dem „Tweet #Raab des Tages: Der Pilotenstreik legt den Flugverkehr lahm. Überall ist Chaos, nur am neuen Berliner Flughafen ist alles wie immer." 45 Weiterversendungen. Den Streik als Anlass für einen Seitenhieb auf den Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt" (BER), dessen Eröffnung sich immer wieder verschiebt, nutzte auch Tim Zeelen, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhaus, für den Tweet „Gute Nachrichten, der #BER ist vom #Streik der @lufthansa nicht betroffen!". 25 Retweets konnte er sich sichern. Die meisten Likes (42) hat dagegen einer der wenigen Kommentatoren, der das Thema „Streik" auf eine grundsätzlichere Ebene gehoben hat: die Wettbewerbssituation im Airline-Markt. „Mir macht da eine ganz andere Entwicklung Sorgen. Das Billigflugsegment setzt die etablierten Airlines, die ihren Service- und Sicherheitsstandard halten wollen, doch immer mehr zu. Ich kann mir persönlich nicht erklären wie eine Airline für 80 € kostendeckend z.B. nach London fliegen kann, wo der ach so "geizistgeil"-sparsame Kunde dann über 100 € für die Taxifahrt in die Innenstadt ausgibt ... Auch wir Konsumenten sollten uns manchmal fragen ob nicht Weniger (Auswahl an Airlines) mehr wäre.".




Beschuldigung - Entschuldigung

Im Fokus der Äußerungen auf Twitter und Facebook standen zwar die Cockpit-Forderungen, der Ärger und die Suche nach Informationen, aber auch die Reaktion von der Lufthansa selber bei diesem Ausnahmezustand haben die Schreiber thematisiert. Lufthansa hatte auf ihrer Facebook-Seite am 28. März den Pilotenstreik mit einem Post angekündigt und einen Link für weitere Informationen mit dem Hinweis auf kostenlose Umbuchungen von Flugtickets angehängt. Fortlaufend hat sie weitere Informationen gepostet und auf Kommentare reagiert. Die Anzahl der Äußerungen auf Facebook zum Lufthansa-Kundenservice ist die fünfhöchste bei der gesamten Facebook-Kommunikation; beim Twitter-Account der Lufthansa werden die Leute gebeten, Lob oder Kritik über „http://t.hl.com/MZ3g" zu äußern und direkt an Lufthansa zu senden.

2014-04-04-aAttensityHuffingtonPostLHStreik04042014FBAnkndigungStreik.JPG

Die Zahl der lobenden und kritischen Kommentare auf Facebook zum Kundenservice der Lufthansa hält sich zwar in etwa die Waage. Allerdings zeigte sich in den Äußerungen auch ein Problem des Service: die Überlastung der Telefonleitungen, über die Reisende ihre Fragen interaktiv stellen konnten. „Ich versuche seit 9 Stunden Ihre Hotline zu erreichen, die sollte ich ja laut Ihrer Mail anrufen, weder die beiden deutschen Hotlines (Lufthansa und Frequent Traveller) als auch die US Hotline funktionieren...", lautete eine typische Anfrage via Facebook von Reisenden, die auf einen anscheinend vollkommenen überlasteten Telefon-Service geroutet wurden. Dabei hat die Lufthansa dieses Ärgernis für die Kunden billigend in Kauf genommen. Bereits einen Tag vor Streikbeginn hatte sie Kunden in einer E-Mail darauf hingewiesen: „Auch ist uns bewusst, dass Sie uns über unsere telefonischen Rufnummern in diesen Tagen zum Teil nur schwer erreichen können. Obwohl wir alle Kapazitäten in unseren weltweiten Call Centern für Sie mobilisiert haben, kommt es durch die hohe Anzahl von Anrufen zu Wartezeiten." Vielleicht hat sich Lufthansa-CEO Dr. Christoph Franz ja auch deshalb am 3. April via Facebook und Twitter für die „Unannehmlichkeiten" entschuldigt.

2014-04-04-aAttensityHuffingtonPostLHStreik040402014CEO.JPG

Viewing all articles
Browse latest Browse all 40759

Trending Articles



<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>