"Ist Rot eine gute Farbe für eine Yoga-Matte?", fragte mich neulich eine Yoga-Schülerin. Ich hielt kurz inne, um zu überlegen: Rot, Rot...was gibt es über diese Farbe zu sagen? Schlechtes Karma? Gute Vibes? Feurige Flows? Was weiß man eigentlich über die Farbe Rot und ihrem Verhältnis zu Yoga? Wir halten beide inne und studieren andächtig die gelben und lila Yoga-Matten in der Vitrine. Keine verlockenden Alternativen. Aber soll es deshalb wirklich eine rote sein? Mit Rot hatte ich nichts mehr am Hut, seit Pink modern wurde - und das war noch lange vor meinem Yoga-Dasein. "Nimm' doch die in Türkis", höre ich die meeresverliebte Yoga-Queen in mir trällern. Seit ich denken kann, übe ich auf türkisfarbenen Yoga-Matten. Oder auf meiner ozeanblauen "Travelmat", die man zusammenfalten kann wie ein Handtuch. Und wäre es nicht so schrecklich fern jeglicher Erleuchtung, würde ich mir eine Matte kaufen, auf der ein Surfboard abgedruckt ist? Ja, so etwas existiert. Käuflich zu erwerben um teures Geld und schlechte Karma-Punkte. "Geht nicht", sagt sie und senkt enttäuscht den Kopf ,"dann passt die Yoga-Matte nicht zum Sofa, das ist nämlich orange." Wenn das mal kein Argument ist.
Yogis, die nach Farben fragen
Ein Argument, das mich zum Grübeln bringt: Muss die Yoga-Matte zum Interieur, zur Duftkerze oder zu den Räucherstäbchen passen? Muss sie überhaupt zu irgendetwas oder zu irgendjemandem passen? Da könnte ja jede Farbe daherkommen, um ihre wahre Bestimmung auf zwei Quadratmetern Öko-Kautschuk zu finden. Warum sind Yoga-Matten eigentlich nicht grau oder schwarz? So eintönig wie Neoprenanzüge bisher waren, bis jemand darauf kam, dass Surfer in bunt bedruckten Neos ein längeres Leben führen, weil Haie sie nicht mehr mit Robben verwechseln.
Wird die Praxis durch eine quietschbunte Yoga-Matte eine bessere oder fröhlichere? Führt sie schneller zur Erleuchtung? Denn ist das nicht das erklärte Ziel aller Yogis, Erleuchtung zu erlangen? Samadhi, das höchste zu erlangende Ziel auf dem Yoga-Pfad, die achte Stufe gemäß Pantanjalis Yoga-Sutren. Unser aus den Fugen geratenes Leben lässt uns die acht Stufen schnell vergessen. Nicht auszuschließen, dass der durchschnittliche Yoga-Praktizierende noch nie davon gehört hat. Und welches Ego da draußen denkt schon an Erleuchtung nach einem harten Arbeitstag? Doch vielleicht wäre sie plötzlich da, die Erleuchtung, würde man sich endlich trauen, den Inhalt der gesamten Mailbox zu löschen - und ja, ganz mutig, auch die brisanten Mails mit den roten Fähnchen.
Nur siebeneinhalb Stufen ins Yoga-Studio
Hat man denn nicht schon mindestens siebeneinhalb Stufen auf einmal genommen, wenn man nach Feierabend nicht bei einem Bier vor dem Fernseher versackt, sondern seinen geschundenen Körper mit der Form einer Bürostuhllehne noch ins Yoga-Studio schleift? Muss man sich denn ernsthaft die Yoga-Sutren reinziehen? Oder tun es vielleicht auch ein paar Seiten aus Michael Stones "Yoga for a world out of balance"? Darf man jetzt nicht mal mehr Freude haben an quietschbunten Yoga-Matten? Und wenn auch nur, um sie durch den grauen Alltag zu tragen, um der Welt zu signalisieren: Hey, ich bin ein Yogi und hab' schon einen Fuß auf wer weiß welcher Stufe!
Mein Sofa ist übrigens beige. Passt bestens zur türkisfarbenen Yoga-Matte, die fast immer im Wohnzimmer liegt. Wie ein Teppich mitten im Raum, damit sie mich im Vorbeigehen erinnert, mal schnell in den Hund zu gehen. Ein Hund ist schließlich besser als gar keiner. So erzähl' ich das meinen Yoga-Schülern, um sie für die eigene Praxis bei Laune zu halten, und so ist es auch.
Das Ego stellt Fragen, die von selbst verblassen
Kommen wir also zurück zur essenziellen Frage: Muss die Farbe meiner Yoga-Matte zum Sofa passen? Ebenso könnte man fragen: Bin ich ein nichtsnutziger Yogi, weil ich mich in meiner extra aus London mitgebrachten "Lululemon-Pants" so viel besser fühle als in der grauen H&M-Leggings? Bin ich noch zu retten, wenn ich zum zehnten Mal auf der Oberfläche eines schweißtreibenden Power-Yoga-Kurses treibe, nur um dem kollektiven Om oder befremdlichen Mantren zu entkommen? Entferne ich mich vom Pfad der Erleuchtung, wenn ich - und jetzt einmal tief atmen - meine Zehennägel gar in dem Farbton meiner Yoga-Matte lackiere?
Auf Basis meiner eigenen, mittlerweile fast 15-jährigen Yoga-Geschichte - und ja, ich gehörte zu jenen Störenfrieden, die vor Shavasana gelangweilt den Raum verließen - sage ich: Auf die bunte Yoga-Matte zu kommen, ist immer noch besser, als es gar nicht zu versuchen. Ein einziges Samasthiti ist ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn sich das Ego vorläufig noch hinter chicen Yoga-Klamotten verstecken mag. Viele kleine Schritte machen einen Flow, viele bewusste Atemzüge führen vielleicht irgendwann zur Erleuchtung. Doch vielleicht sollten wir uns die Frage nach der Erleuchtung nicht unbedingt heute stellen. Und auch nicht morgen. Schließlich ist der Weg das Ziel. Und auf diesem Weg wird die Frage nach der Farbe der Yoga-Matte allmählich von ganz alleine blasser. Um es mit den Worten von David Swenson (der weise Yogi aus Texas mit den eindrucksvollsten O-Beinen, seit es den Lotussitz gibt) zu sagen:
Yogis, die nach Farben fragen
Ein Argument, das mich zum Grübeln bringt: Muss die Yoga-Matte zum Interieur, zur Duftkerze oder zu den Räucherstäbchen passen? Muss sie überhaupt zu irgendetwas oder zu irgendjemandem passen? Da könnte ja jede Farbe daherkommen, um ihre wahre Bestimmung auf zwei Quadratmetern Öko-Kautschuk zu finden. Warum sind Yoga-Matten eigentlich nicht grau oder schwarz? So eintönig wie Neoprenanzüge bisher waren, bis jemand darauf kam, dass Surfer in bunt bedruckten Neos ein längeres Leben führen, weil Haie sie nicht mehr mit Robben verwechseln.
Wird die Praxis durch eine quietschbunte Yoga-Matte eine bessere oder fröhlichere? Führt sie schneller zur Erleuchtung? Denn ist das nicht das erklärte Ziel aller Yogis, Erleuchtung zu erlangen? Samadhi, das höchste zu erlangende Ziel auf dem Yoga-Pfad, die achte Stufe gemäß Pantanjalis Yoga-Sutren. Unser aus den Fugen geratenes Leben lässt uns die acht Stufen schnell vergessen. Nicht auszuschließen, dass der durchschnittliche Yoga-Praktizierende noch nie davon gehört hat. Und welches Ego da draußen denkt schon an Erleuchtung nach einem harten Arbeitstag? Doch vielleicht wäre sie plötzlich da, die Erleuchtung, würde man sich endlich trauen, den Inhalt der gesamten Mailbox zu löschen - und ja, ganz mutig, auch die brisanten Mails mit den roten Fähnchen.
Nur siebeneinhalb Stufen ins Yoga-Studio
Hat man denn nicht schon mindestens siebeneinhalb Stufen auf einmal genommen, wenn man nach Feierabend nicht bei einem Bier vor dem Fernseher versackt, sondern seinen geschundenen Körper mit der Form einer Bürostuhllehne noch ins Yoga-Studio schleift? Muss man sich denn ernsthaft die Yoga-Sutren reinziehen? Oder tun es vielleicht auch ein paar Seiten aus Michael Stones "Yoga for a world out of balance"? Darf man jetzt nicht mal mehr Freude haben an quietschbunten Yoga-Matten? Und wenn auch nur, um sie durch den grauen Alltag zu tragen, um der Welt zu signalisieren: Hey, ich bin ein Yogi und hab' schon einen Fuß auf wer weiß welcher Stufe!
Mein Sofa ist übrigens beige. Passt bestens zur türkisfarbenen Yoga-Matte, die fast immer im Wohnzimmer liegt. Wie ein Teppich mitten im Raum, damit sie mich im Vorbeigehen erinnert, mal schnell in den Hund zu gehen. Ein Hund ist schließlich besser als gar keiner. So erzähl' ich das meinen Yoga-Schülern, um sie für die eigene Praxis bei Laune zu halten, und so ist es auch.
Das Ego stellt Fragen, die von selbst verblassen
Kommen wir also zurück zur essenziellen Frage: Muss die Farbe meiner Yoga-Matte zum Sofa passen? Ebenso könnte man fragen: Bin ich ein nichtsnutziger Yogi, weil ich mich in meiner extra aus London mitgebrachten "Lululemon-Pants" so viel besser fühle als in der grauen H&M-Leggings? Bin ich noch zu retten, wenn ich zum zehnten Mal auf der Oberfläche eines schweißtreibenden Power-Yoga-Kurses treibe, nur um dem kollektiven Om oder befremdlichen Mantren zu entkommen? Entferne ich mich vom Pfad der Erleuchtung, wenn ich - und jetzt einmal tief atmen - meine Zehennägel gar in dem Farbton meiner Yoga-Matte lackiere?
Auf Basis meiner eigenen, mittlerweile fast 15-jährigen Yoga-Geschichte - und ja, ich gehörte zu jenen Störenfrieden, die vor Shavasana gelangweilt den Raum verließen - sage ich: Auf die bunte Yoga-Matte zu kommen, ist immer noch besser, als es gar nicht zu versuchen. Ein einziges Samasthiti ist ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn sich das Ego vorläufig noch hinter chicen Yoga-Klamotten verstecken mag. Viele kleine Schritte machen einen Flow, viele bewusste Atemzüge führen vielleicht irgendwann zur Erleuchtung. Doch vielleicht sollten wir uns die Frage nach der Erleuchtung nicht unbedingt heute stellen. Und auch nicht morgen. Schließlich ist der Weg das Ziel. Und auf diesem Weg wird die Frage nach der Farbe der Yoga-Matte allmählich von ganz alleine blasser. Um es mit den Worten von David Swenson (der weise Yogi aus Texas mit den eindrucksvollsten O-Beinen, seit es den Lotussitz gibt) zu sagen:
"Sind wir erleuchtet?" ist die falsche Frage. "Werden wir allmählich zu besseren Menschen?" ist die richtige.