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"Uns kann man nicht kaufen" - wie sich die Krim-Tataren gegen Putin wehren

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BACHTSCHISSARAI - Gebannt schaut die Weltöffentlichkeit dieses Wochenende in Richtung der ukrainischen Halbinsel Krim. Deren Einwohner entscheiden am Sonntag über den Verbleib ihrer Heimat in der Ukraine oder den Anschluss an Russland. Doch nicht alle Bewohner der Halbinsel wünschen sich einen Wechsel in das Land des östlichen Nachbarn. Gerade die Minderheit der Krimtataren erinnert sich gut an die Schrecken in der UdSSR.

Angst vor gefälschten Ergebnissen

Schnell schwillt die Menge an, von überallher eilen Menschen herbei. "Die Krim gehört zur Ukraine", rufen sie. Und: "Das Referendum ist illegal!" Alte und Junge schwenken ukrainische Fahnen, recken Plakate in die Höhe. Es sind muslimische Krimtataren, mit insgesamt 300.000 Menschen eine wichtige Minderheit auf der Halbinsel - etwa zwölf Prozent der Bevölkerung von insgesamt gut zwei Millionen.



Sie wollen die umstrittene Volksbefragung an diesem Sonntag über einen Beitritt zu Russland boykottieren. "Das Referendum ist in nur zwei Wochen beschlossen worden", kritisiert der 19-jährige Eldar. "Und überhaupt: Das Ergebnis steht doch schon längst fest, es wird gefälscht sein." Die Mehrheit der ethnischen Russen wird aller Voraussicht nach für den Beitritt stimmen.

Kein Vertrauen in pro-russische Regionalregierung

Der selbst ernannten pro-russischen Krim-Führung glaubt hier in Bachtschissarai niemand. "Das sind Verbrecher", empört sich Bahitgul Kachka. Regierungschef Sergej Aksjonow wird von Kritikern mit mafiösen Strukturen in Verbindung gebracht, was er zurückweist. "Goblin" (Kobold) soll sein Spitzname in den 1990er Jahren gewesen sein.

Am Straßenrand in Bachtschissarai stehen ganze Familien zusammen, die Kleinsten auf dem Arm. Aus voller Brust schreien sie ihre Parolen an diesem milden Tag hinaus. "Wir haben Angst vor der Zukunft", meint Bahitgul, die in der Stadt rund 30 Kilometer südwestlich von Simferopol ein Hotel betreibt. Sie erzählt von Markierungen an Türen, die wie zufällige Kratzer aussehen.

Schlechte Erinnerungen an Russland

Sowjetdiktator Josef Stalin hat die Krimtataren während des Zweiten Weltkriegs als Helfer von Nazi-Deutschland deportieren lassen. "Meine Schwiegermutter ist als kleines Mädchen weggebracht worden. Jetzt ist diese Angst wieder da", erzählt Bahitgul. "Aber dies hier ist unser Land. Wir lassen uns kein zweites Mal vertreiben." Ihre braunen Augen füllen sich mit Tränen.

Plötzlich ertönt scheppernd die russische Nationalhymne. Eine Autokolonne fährt vorbei, die Fahrzeuge mit der russischen Trikolore und Krim-Fahnen geschmückt. Viele haben die ukrainische Fahne am Nummernschild mit den russischen Farben überklebt. Siegessicher winken die Insassen den Tataren zu.

Wettbewerb um die Zustimmung der Mindeheit

Rund 60 Prozent der Krim-Bewohner sind ethnische Russen. Auch deshalb hat die moskautreue Führung keinen Zweifel daran, dass am Sonntag der Beitritt zu Russland entschieden wird. Mit 85 Prozent Zustimmung rechnet Parlamentspräsident Wladimir Konstantinow. Und Regierungschef Aksjonow wischt die Boykottdrohungen der Tataren beiseite. Mindestens jeder Zweite werde abstimmen, sagt er.

So viel Aufmerksamkeit haben die Tataren selten bekommen. Im Krim-Parlament verabschieden die Abgeordneten in aller Eile eine Erklärung, die den Krimtataren 20 Prozent aller öffentlichen Ämter verspricht, darunter auch Ministerposten. Tatarisch soll zweite Amtssprache neben Russisch sein, Sonderprogramme für die oft in armen Verhältnissen lebenden Mitglieder des Turkvolks sind geplant. Konkrete Schritte sind zu erkennen. "Wir haben das Dorf Kamenka an die Gasversorgung angeschlossen", betont Vizeregierungschef Rustam Temirgalijew.

Lage der Krim-Tataren erfährt internationale Aufmerksamkeit

Auch international stehen die Tataren plötzlich im Mittelpunkt. Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan setzt sich bei einem Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin für die Sicherheit der Krimtataren ein. Auch der krimtatarische Abgeordnete Mustafa Dschemilew telefoniert mit Putin. "Nicht einmal getroffen hat er ihn, nur kurz den Hörer abgenommen", schimpfen die Menschen in Bachtschissarai. Er, Dschemilew, sei hart geblieben. Seine Ehefrau demonstriert in Bachtschissarai.

Dass Misstrauen aber bleibt

"Uns hat niemand gefragt, als das Referendum vorbereitet wurde", begründet Refat Tschubarow, der Vorsitzende des Tatarenrats Medschlis, die Position. Nun kann es vielen in Moskau nicht schnell genug gehen. Auch Föderationsratschefin Valentina Matwijenko - formell die drittwichtigste Politikerin im Land - betont, das Turkvolk habe selbstverständlich dieselben Rechte wie alle.

Und der Fraktionsvorsitzende der kremltreuen Partei Gerechtes Russland, Sergej Mironow, kündigt sogar ein Gesetz zur Rehabilitierung der einst verbannten Tataren an. Er hoffe, so Mironow, dass sein Vorschlag gewisse "Spannungen" vor dem Referendum lösen könne.

Im Hof des malerischen Khan-Palasts von Bachtschissarai sitzt Murat Rafimow auf einer Bank und spuckt verächtlich durch seine Zahnlücke aus. "Sie denken, sie können uns kaufen", sagt der Greis und schiebt seine Mütze zurecht. "Aber wir sind ein stolzes Volk. Und ukrainische Patrioten noch dazu."

AUSSERDEM BEI DER HUFFINGTON POST










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