Wenn am Sonntag Europawahl wäre, könnte die AfD schon einmal den Sekt kalt stellen: Laut einer Umfrage des Nachrichtenmagazins „Focus“ kämen die Eurogegner auf 7,5 Prozent der Stimmen. Es wäre der Durchbruch für die Partei von Bernd Lucke. Die AfD könnte damit erstmals bei einer deutschlandweiten Wahl CSU und Linke überholen - und damit zur vierstärksten Kraft werden.
Gleichzeitig rückt die AfD immer mehr in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit: Dazu hat auch beigetragen, dass AfD-Chef Bernd Lucke am Donnerstag unter Protest die Talksendung „Studio Friedman“ verließ, weil ihm die Fragen von Moderator Michel Friedman zu aggressiv waren. Immer wieder üben führende Vertreter der Partei Kritik am Staat und seinen Institutionen. Beobachter glauben, dass sich unter dem liberalen Deckmantel der AfD Kräfte sammeln, die den Kern einer deutschen „Tea Party“ ausmachen können.
Die Huffington Post nennt vier Gründe, warum der Erfolg der AfD so gefährlich ist.
Die AfD ist eine Partei ohne echtes Programm - und damit Sammelbecken für Sektierer
Knapp ein Jahr nach ihrer Gründung hat die AfD immer noch kein echtes Grundsatzprogramm. Auf der Partei-Website stehen noch die Stichpunkte zum Download bereit, die bereits vor der Bundestagswahl 2013 verabschiedet wurden. Ein Programm zur Europawahl soll auf dem Parteitag Ende März in Erfurt beschlossen werden.
Selten wird die AfD bisher in irgendeiner Form konkret. Das verstehen viele Sektierer als Einladung. Und die wird sogar ganz offen in dem Stichpunkte-Programm ausgesprochen: „Wir setzen uns dafür ein, dass auch unkonventionelle Meinungen im öffentlichen Diskurs ergebnisoffen diskutiert werden, solange die Meinungen nicht gegen die Werte des Grundgesetzes verstoßen.“
Unklar bleibt, was nach Meinung der AfD gegen „die Werte des Grundgesetzes“ verstößt. Und „unkonventionelle Meinungen“ können eben auch jene Standpunkte sein, die in der Öffentlichkeit zurecht nicht gehört werden, weil sie Menschenwürde und Gleichheitsgrundsätze verletzen. AfD-Vordenker Roland Vaubel etwa trat wiederholt für den Schutz der „Leistungseliten“ durch eine Veränderung des Wahlrechts ein.
Manche wollen darin die Forderung nach Abschaffung des Wahlrechts für Arbeitslose gelesen haben, Vaubel bestreitet das. Auch das AfD-Vorstandsmitglied Konrad Adam stellte infrage, ob ärmere Menschen in Deutschland wählen dürfen sollten. AfD-Unterstützer Peter Oberender ist für eine Legalisierung des kommerziellen Organhandels.
Die AfD weckt stumpfe Ressentiments im deutschen Bürgertum
Manchmal ist es auch interessant zu beobachten, was Politiker der AfD nicht sagen. Zum Beispiel Parteichef Bernd Lucke, der nach dem Coming-Out des Fußballspielers Thomas Hitzlsperger anmerkte, es gehöre kein Mut mehr dazu, sich zu seiner Homosexualität zu bekennen.
Später stellte er klar, dass er damit ja eigentlich nur Medienkritik üben wollte. Dafür, dass Hitzlsperger tagelang für sein Interview „gefeiert“ worden sei.
In der Erklärung heißt es weiter, dass Lucke dann von Mut sprechen würde, wenn Hitzlsperger sich auch zu Ehe und Familie bekennen würde. Warum der Ex-Nationalspieler das als schwuler Mann tun sollte – dazu schweigt der AfD-Chef. Lucke braucht nicht offen gegen Homosexuelle zu hetzen. Er wird auch ohne platte Parolen von seinen Wählern verstanden.
Ebenso klar sind die Anknüpfungspunkte, wenn Lucke – in vorgeblich logischer Gedankenfolge – über das Fortpflanzungsverhalten von Asylbewerbern doziert, wie kürzlich in der Sendung „Menschen bei Maischberger“. Sinngemäß sagte der AfD-Chef, dass abgelehnte Asylbewerber sich unter bereits eingebürgerten Landsleuten Geschlechtspartnerinnen suchen würden, mit denen sie dann Kinder zeugten, um den eigenen Aufenthaltsanspruch zu sichern. Natürlich sagt Lucke nicht, dass er bestimmte Menschen für minderwertig hält. Sein Gedankengang spricht jedoch für sich selbst. Die Frage ist zudem, wie man überhaupt auf solche kruden Ideen kommt.
Offener ist da bisweilen Luckes Parteikollegin Beatrix von Storch, die auf Platz vier der AfD-Liste für die Europawahl steht. Sie gerät immer wieder wegen nationalkonservativer Thesen in die Kritik.
Nun ist es nicht neu, dass das deutsche Bürgertum anfällig für stumpfe Ressentiments ist. Vor zwölf Jahren hatte die FDP unter der Möllemann-Affäre zu leiden, der frühere Wirtschaftsminister äußerte unter anderem Verständnis für palästinensische Selbstmordattentate und finanzierte ohne Rücksprache mit dem Parteivorstand ein israelkritisches Flugblatt, das in einer Auflage von acht Millionen Exemplaren an die Haushalte in Nordrhein-Westfalen verteilt wurde.
Zielgruppe, damals wie heute: All jene Bürgerlichen, die sich von der bundesdeutschen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts und ihren Diskursen abgehängt fühlen. Zeitweise hatte Möllemann mit seiner Strategie Erfolg. Und der Niedergang der FDP dürfte wohl auch damit zusammenhängen, dass die rechtsliberalen Wutbürger heute eher AfD wählen.
Die AfD übt Fundamentalkritik an Eliten - wird aber von Professoren, Managern und Anwälten angeführt
Die AfD ist eine Partei der Eliten-Hasser. Nur so kann sie als Protestpartei Erfolg haben. Im Fokus stehen dabei weniger die traditionell konservativen Machteliten in Justiz, Wirtschaft und Militär, sondern vor allem die vermeintlich linken Eliten in Staat, Kultur und Medien.
Ein Beispiel dafür ist der Auftritt samt Abtritt von Bernd Lucke in der Talkshow „Studio Friedman“ am vergangenen Donnerstag. Der AfD-Chef verließ wütend die Sendung, weil er sich von Moderator Michel Friedman zu Unrecht diffamiert sah.
Im Nachhinein deutet die AfD Luckes Flucht zur Medienkritik um. „Friedman beharrte auf wertende Fragen, doch wollte er anscheinend die erläuternden Antworten von Herrn Lucke nicht hören, da er immer wieder zu seiner einseitig formulierten Ausgangsfrage auf unverhältnismäßig penetrante Art zurückkehrte“, heißt es in einer Pressemitteilung. Dahinter steckt Kalkül: Die AfD-Spitze weiß, dass ein Teil der Bevölkerung Medienschelte als Kritik an der gesellschaftlichen Elite in Deutschland empfindet. Vor allem die eigenen Wähler. Das fortlaufende Medienbashing ist Teil einer Fundamentalkritik am Staat und denen, die ihn gestalten.
Das geht auch aus dem bisher im Netz veröffentlichen Wahlprogramm hervor. So will die AfD das stramm liberale Steuermodell von Paul Kirchof umsetzen, mit dem Angela Merkel 2005 beinahe den Wahlkampf verloren hätte. Der „zentralisierte Europastaat“ (wer fordert ihn eigentlich?) muss dieser Logik zufolge verhindert und der Euro abgeschafft werden.
Im Wahlprogramm finden sich außerdem versteckte Seitenhiebe gegen das, was als „Political Correctness“ wahrgenommen wird (zum Beispiel die bereits erwähnte Einladung, dass bei der AfD auch „unkonventionelle Meinungen“ gehört werden). Es ist das komplette Sarrazin-Repertoire: „Altparteien“, „Meinungsterror“, „Manwirdjawohlnochsagendürfen“. Das wirklich Verstörende an der AfD: Ihre Protagonisten gehören den Machteliten an. Sie sind Professoren, Manager oder auch Anwälte. Gleichzeitig fühlen sich von anderen Angehörigen der gesellschaftlichen Eliten unterdrückt.
Auch der Durchschnittswähler der AfD ist weder ungebildet noch arm. Das jedenfalls legen die Wählerstatistiken der Forschungsgruppe Wahlen zur Bundestagswahl 2013 nahe. Demnach konnte die AfD vor allem bei den 18- bis 44-jährigen Wählern. Sechs Prozent der Männer haben die Partei gewählt, vier Prozent der Frauen. Zudem anteilig doppelt so viele Hochschul- wie Hauptschulabsolventen.
Wirklich bemerkenswert ist aber, dass neben der FDP vor allem die Linkspartei Wähler an die AfD verloren hat: Von den knapp zwei Millionen Menschen, die am 22. September 2013 ihr Kreuz bei der Alternative für Deutschland gemacht haben, wählten 2009 noch 360.000 die Linke. Politologen sehen solche inhaltlich kaum erklärbaren Wählerwanderungen übrigens als ein typisches Kennzeichen für populistische Parteien.
Populisten und Eurogegner könnten EU-Parlament lahmlegen
Noch ist der Ausgang der Europawahl im Mai relativ unklar. Zu viele Faktoren spielen eine Rolle – nicht zuletzt die Tatsache, dass das innenpolitische Klima in insgesamt 28 verschiedenen Ländern Auswirkungen auf die jeweiligen Wahlergebnisse haben könnte.
Ein Trend zeichnet sich jedoch jetzt schon ab: Eurogegner von links und rechts sowie populistische Parteien könnten einen überwältigenden Wahlsieg feiern. Bis zu 27 Prozent der Stimmen werden ihnen vorausgesagt. Erstmals seit 20 Jahren könnte es zudem sein, dass auch deutsche Abgeordnete sich einer rechten oder populistischen Fraktion anschließen.
Ende Januar sollen Landessprecher der AfD bereits eine eventuelle Zusammenarbeit mit der britischen Unabhängigkeitspartei (Ukip) sondiert haben. Die Ukip setzt sich unter anderem für einen Austritt Großbritanniens aus der EU und eine radikale Steuerreform ein. Sie ist Teil der Eurogegner-Fraktion EFD im Europäischen Parlament.
Die EFD-Fraktion könnte mit der kommenden Wahl rasant wachsen. Zudem wäre es möglich, dass sich eine zweite rechte oder populistische Fraktion bildet. Sollten die Gegner von Europa wirklich knapp ein Viertel der Stimmen holen, wäre die Arbeitsfähigkeit des Europäischen Parlamentes in Gefahr. Die übrigen Parteien müssten näher zusammenarbeiten, um eine Selbstblockade zu verhindern. Das einzige direkt demokratisch legitimierte EU-Organ hätte dann perspektivisch gesehen Probleme, beschlussfähig zu bleiben.
Der AfD-Anhängerschaft wäre das wahrscheinlich gar nicht unrecht. Der großen Mehrheit jedoch kann das nicht gefallen.
Gleichzeitig rückt die AfD immer mehr in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit: Dazu hat auch beigetragen, dass AfD-Chef Bernd Lucke am Donnerstag unter Protest die Talksendung „Studio Friedman“ verließ, weil ihm die Fragen von Moderator Michel Friedman zu aggressiv waren. Immer wieder üben führende Vertreter der Partei Kritik am Staat und seinen Institutionen. Beobachter glauben, dass sich unter dem liberalen Deckmantel der AfD Kräfte sammeln, die den Kern einer deutschen „Tea Party“ ausmachen können.
Die Huffington Post nennt vier Gründe, warum der Erfolg der AfD so gefährlich ist.
Die AfD ist eine Partei ohne echtes Programm - und damit Sammelbecken für Sektierer
Knapp ein Jahr nach ihrer Gründung hat die AfD immer noch kein echtes Grundsatzprogramm. Auf der Partei-Website stehen noch die Stichpunkte zum Download bereit, die bereits vor der Bundestagswahl 2013 verabschiedet wurden. Ein Programm zur Europawahl soll auf dem Parteitag Ende März in Erfurt beschlossen werden.
Selten wird die AfD bisher in irgendeiner Form konkret. Das verstehen viele Sektierer als Einladung. Und die wird sogar ganz offen in dem Stichpunkte-Programm ausgesprochen: „Wir setzen uns dafür ein, dass auch unkonventionelle Meinungen im öffentlichen Diskurs ergebnisoffen diskutiert werden, solange die Meinungen nicht gegen die Werte des Grundgesetzes verstoßen.“
Unklar bleibt, was nach Meinung der AfD gegen „die Werte des Grundgesetzes“ verstößt. Und „unkonventionelle Meinungen“ können eben auch jene Standpunkte sein, die in der Öffentlichkeit zurecht nicht gehört werden, weil sie Menschenwürde und Gleichheitsgrundsätze verletzen. AfD-Vordenker Roland Vaubel etwa trat wiederholt für den Schutz der „Leistungseliten“ durch eine Veränderung des Wahlrechts ein.
Manche wollen darin die Forderung nach Abschaffung des Wahlrechts für Arbeitslose gelesen haben, Vaubel bestreitet das. Auch das AfD-Vorstandsmitglied Konrad Adam stellte infrage, ob ärmere Menschen in Deutschland wählen dürfen sollten. AfD-Unterstützer Peter Oberender ist für eine Legalisierung des kommerziellen Organhandels.
Die AfD weckt stumpfe Ressentiments im deutschen Bürgertum
Manchmal ist es auch interessant zu beobachten, was Politiker der AfD nicht sagen. Zum Beispiel Parteichef Bernd Lucke, der nach dem Coming-Out des Fußballspielers Thomas Hitzlsperger anmerkte, es gehöre kein Mut mehr dazu, sich zu seiner Homosexualität zu bekennen.
Später stellte er klar, dass er damit ja eigentlich nur Medienkritik üben wollte. Dafür, dass Hitzlsperger tagelang für sein Interview „gefeiert“ worden sei.
In der Erklärung heißt es weiter, dass Lucke dann von Mut sprechen würde, wenn Hitzlsperger sich auch zu Ehe und Familie bekennen würde. Warum der Ex-Nationalspieler das als schwuler Mann tun sollte – dazu schweigt der AfD-Chef. Lucke braucht nicht offen gegen Homosexuelle zu hetzen. Er wird auch ohne platte Parolen von seinen Wählern verstanden.
Ebenso klar sind die Anknüpfungspunkte, wenn Lucke – in vorgeblich logischer Gedankenfolge – über das Fortpflanzungsverhalten von Asylbewerbern doziert, wie kürzlich in der Sendung „Menschen bei Maischberger“. Sinngemäß sagte der AfD-Chef, dass abgelehnte Asylbewerber sich unter bereits eingebürgerten Landsleuten Geschlechtspartnerinnen suchen würden, mit denen sie dann Kinder zeugten, um den eigenen Aufenthaltsanspruch zu sichern. Natürlich sagt Lucke nicht, dass er bestimmte Menschen für minderwertig hält. Sein Gedankengang spricht jedoch für sich selbst. Die Frage ist zudem, wie man überhaupt auf solche kruden Ideen kommt.
Offener ist da bisweilen Luckes Parteikollegin Beatrix von Storch, die auf Platz vier der AfD-Liste für die Europawahl steht. Sie gerät immer wieder wegen nationalkonservativer Thesen in die Kritik.
Nun ist es nicht neu, dass das deutsche Bürgertum anfällig für stumpfe Ressentiments ist. Vor zwölf Jahren hatte die FDP unter der Möllemann-Affäre zu leiden, der frühere Wirtschaftsminister äußerte unter anderem Verständnis für palästinensische Selbstmordattentate und finanzierte ohne Rücksprache mit dem Parteivorstand ein israelkritisches Flugblatt, das in einer Auflage von acht Millionen Exemplaren an die Haushalte in Nordrhein-Westfalen verteilt wurde.
Zielgruppe, damals wie heute: All jene Bürgerlichen, die sich von der bundesdeutschen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts und ihren Diskursen abgehängt fühlen. Zeitweise hatte Möllemann mit seiner Strategie Erfolg. Und der Niedergang der FDP dürfte wohl auch damit zusammenhängen, dass die rechtsliberalen Wutbürger heute eher AfD wählen.
Die AfD übt Fundamentalkritik an Eliten - wird aber von Professoren, Managern und Anwälten angeführt
Die AfD ist eine Partei der Eliten-Hasser. Nur so kann sie als Protestpartei Erfolg haben. Im Fokus stehen dabei weniger die traditionell konservativen Machteliten in Justiz, Wirtschaft und Militär, sondern vor allem die vermeintlich linken Eliten in Staat, Kultur und Medien.
Ein Beispiel dafür ist der Auftritt samt Abtritt von Bernd Lucke in der Talkshow „Studio Friedman“ am vergangenen Donnerstag. Der AfD-Chef verließ wütend die Sendung, weil er sich von Moderator Michel Friedman zu Unrecht diffamiert sah.
Im Nachhinein deutet die AfD Luckes Flucht zur Medienkritik um. „Friedman beharrte auf wertende Fragen, doch wollte er anscheinend die erläuternden Antworten von Herrn Lucke nicht hören, da er immer wieder zu seiner einseitig formulierten Ausgangsfrage auf unverhältnismäßig penetrante Art zurückkehrte“, heißt es in einer Pressemitteilung. Dahinter steckt Kalkül: Die AfD-Spitze weiß, dass ein Teil der Bevölkerung Medienschelte als Kritik an der gesellschaftlichen Elite in Deutschland empfindet. Vor allem die eigenen Wähler. Das fortlaufende Medienbashing ist Teil einer Fundamentalkritik am Staat und denen, die ihn gestalten.
Das geht auch aus dem bisher im Netz veröffentlichen Wahlprogramm hervor. So will die AfD das stramm liberale Steuermodell von Paul Kirchof umsetzen, mit dem Angela Merkel 2005 beinahe den Wahlkampf verloren hätte. Der „zentralisierte Europastaat“ (wer fordert ihn eigentlich?) muss dieser Logik zufolge verhindert und der Euro abgeschafft werden.
Im Wahlprogramm finden sich außerdem versteckte Seitenhiebe gegen das, was als „Political Correctness“ wahrgenommen wird (zum Beispiel die bereits erwähnte Einladung, dass bei der AfD auch „unkonventionelle Meinungen“ gehört werden). Es ist das komplette Sarrazin-Repertoire: „Altparteien“, „Meinungsterror“, „Manwirdjawohlnochsagendürfen“. Das wirklich Verstörende an der AfD: Ihre Protagonisten gehören den Machteliten an. Sie sind Professoren, Manager oder auch Anwälte. Gleichzeitig fühlen sich von anderen Angehörigen der gesellschaftlichen Eliten unterdrückt.
Auch der Durchschnittswähler der AfD ist weder ungebildet noch arm. Das jedenfalls legen die Wählerstatistiken der Forschungsgruppe Wahlen zur Bundestagswahl 2013 nahe. Demnach konnte die AfD vor allem bei den 18- bis 44-jährigen Wählern. Sechs Prozent der Männer haben die Partei gewählt, vier Prozent der Frauen. Zudem anteilig doppelt so viele Hochschul- wie Hauptschulabsolventen.
Wirklich bemerkenswert ist aber, dass neben der FDP vor allem die Linkspartei Wähler an die AfD verloren hat: Von den knapp zwei Millionen Menschen, die am 22. September 2013 ihr Kreuz bei der Alternative für Deutschland gemacht haben, wählten 2009 noch 360.000 die Linke. Politologen sehen solche inhaltlich kaum erklärbaren Wählerwanderungen übrigens als ein typisches Kennzeichen für populistische Parteien.
Populisten und Eurogegner könnten EU-Parlament lahmlegen
Noch ist der Ausgang der Europawahl im Mai relativ unklar. Zu viele Faktoren spielen eine Rolle – nicht zuletzt die Tatsache, dass das innenpolitische Klima in insgesamt 28 verschiedenen Ländern Auswirkungen auf die jeweiligen Wahlergebnisse haben könnte.
Ein Trend zeichnet sich jedoch jetzt schon ab: Eurogegner von links und rechts sowie populistische Parteien könnten einen überwältigenden Wahlsieg feiern. Bis zu 27 Prozent der Stimmen werden ihnen vorausgesagt. Erstmals seit 20 Jahren könnte es zudem sein, dass auch deutsche Abgeordnete sich einer rechten oder populistischen Fraktion anschließen.
Ende Januar sollen Landessprecher der AfD bereits eine eventuelle Zusammenarbeit mit der britischen Unabhängigkeitspartei (Ukip) sondiert haben. Die Ukip setzt sich unter anderem für einen Austritt Großbritanniens aus der EU und eine radikale Steuerreform ein. Sie ist Teil der Eurogegner-Fraktion EFD im Europäischen Parlament.
Die EFD-Fraktion könnte mit der kommenden Wahl rasant wachsen. Zudem wäre es möglich, dass sich eine zweite rechte oder populistische Fraktion bildet. Sollten die Gegner von Europa wirklich knapp ein Viertel der Stimmen holen, wäre die Arbeitsfähigkeit des Europäischen Parlamentes in Gefahr. Die übrigen Parteien müssten näher zusammenarbeiten, um eine Selbstblockade zu verhindern. Das einzige direkt demokratisch legitimierte EU-Organ hätte dann perspektivisch gesehen Probleme, beschlussfähig zu bleiben.
Der AfD-Anhängerschaft wäre das wahrscheinlich gar nicht unrecht. Der großen Mehrheit jedoch kann das nicht gefallen.