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Investorensuche beim Tech-Festival "South by Southwest": Gründer werden in Deutschland "schneller als Spinner verschrien"

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AUSTIN - Die texanische Hauptstadt Austin ist derzeit im Ausnahmezustand. Zehntausende Technik-Freaks, Filmfans, Marketingleute und Musikbegeisterte toben sich bei "South by Southwest" (SXSW) aus, einem US-Festival der Superlative. Durchs Kongresszentrum schieben sich zumeist junge Leute zu Vorträgen von Stars aus der Internetbranche und Popkultur.

Von Bühnen auf Parkplätzen und den vollen Kneipen dröhnt den ganzen Tag Livemusik, vor den Kinos und Party gibt es lange Schlangen.

Im "Stützpunkt" der deutschen Teilnehmer geht es etwas beschaulicher zu. Das sogenannte "German Haus" liegt etwas abseits vom Trubel. In einem Holzhaus mit Bar und angeschlossenem Biergarten präsentieren sich noch bis Donnerstag deutsche Vertreter den rund 70.000 SXSW-Besuchern - oder zumindest denen, die den Weg zu den Deutschen finden. Bei einem Festivalprogramm mit gut 1000 Veranstaltungen steht das bei vielen nicht auf der Prioritätenliste. Die ist gefüllt mit Google-Bossen und Hollywood-Schauspielern.

Hohes Ziel: In den USA ganz groß rauskommen

Dennoch herrscht Leben im "German Haus", das unter anderem von Hamburg, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg finanziert wird. Bei Podiumsdiskussionen über den NSA-Skandal oder den Behördenwahnsinn in Europa ist der kleine Raum gefüllt, die Zuschauer machen gut mit. Zwar wirkt es hier neben all dem Grellen bei SXSW etwas rustikal - statt amerikanischer Event-Stimmung macht sich eher deutsche Gemütlichkeit mitten in Texas breit. Doch die Organisatoren sind zufrieden mit dem Anklang.

south by southwest

Wer als Deutscher zu "Southby" kommt, so die geflügelte Abkürzung, der will oft internationale Kontakte knüpfen, vielleicht sogar Investoren finden und im besten Fall in den USA ganz groß rauskommen.

Das gilt für Gründer von Startup-Firmen genauso wie für Bands, Videospiele-Produzenten oder Filmemacher. Doch bei einem Festival, bei dem Tausende um Aufmerksamkeit buhlen und die sozialen Netzwerke mit unzähligen Tweets, Fotos und Videos geflutet werden (hashtag #sxsw), kann das in Ernüchterung enden.

"German Haus" bündelt Kräfte

Er habe es "total unterschätzt", wie gewaltig die Veranstaltung sei, sagt etwa Panos Meyer, der im vergangenen Jahr mit seinem Team die Smartphone-App Flying für Vielflieger auf den Markt gebracht hat.

Als ausländisches Startup ohne echtes Werbebudget könne man im Meer kreativer Erfindungen bei SXSW keine Aufmerksamkeit erzielen. Meyer ist mit Förderung der Stadt Hamburg nach Austin gereist, sonst hätte er sich wegen der Kosten gescheut, meint er. Es sei Zufall, hier die richtigen Menschen zu treffen - diesmal habe es vereinzelt geklappt.



Genau solchen Leuten wie Panos wollen die deutschen Förderer mit dem "German Haus" auf die Sprünge helfen. "Wenn Du SXSW allein anpacken willst, dann gehst Du einfach unter", sagt die Projektleiterin Evelyn Sieber vom Hamburger Reeperbahn Festival, das hier auch um Teilnehmer für die eigene Konferenz wirbt. Ohne eine gute amerikanische PR-Agentur treffe man nicht die richtigen Ansprechpartner, komme nicht auf die richtigen Gästelisten. "Man muss seine Kräfte bündeln."

Doch auch wer ohne hilfreiche Visitenkarten heimkehren müsse, könne von der SXSW-Teilnahme lernen, meint Jörg Land. Er stellt in Austin seine Software Tinnitracks vor, die mit Musik die Ursache eines Tinnitus therapieren helfen soll. So habe er hier beobachtet, dass man seine Ideen beherzter gegenüber Investoren verkaufen müsse. "Die Amerikaner sind sehr enthusiastisch bei ihrer Überzeugungsarbeit." Allerdings werde man in Deutschland bei ähnlichem Gebaren auch "schneller als Spinner verschrien".

Kinoteil des Festivals wie das dritte Rad am Wagen

Sehr viel Einsatz werde auch von Filmemachern bei dem Festival erfordert, wenn man nicht gerade eine Hollywood-Produktion zeige, weiß die Regisseurin Anja Marquardt. Sie steht bei SXSW als einzige Deutsche in der Konkurrenz mit ihrem Debütfilm "She's Lost Control", der jüngst bei der Berlinale den Preis der internationalen Filmkunsttheater gewann.

Anders als in Berlin scherten sich die Macher hier nicht besonders um die kleineren Filme - und überhaupt wirke der Kinoteil wie das dritte Rad am Wagen. "Man hat das Gefühl, Filme gehen hier eher unter."

Dennoch spricht auch Marquardt von einer wichtigen Erfahrung. So funktioniere ihr Werk offensichtlich auch in einem Kino, in dem Milchshakes und Pizza während der Vorführung serviert würden. "Es war uns wichtig, verschiedene Arten von Festivals anzupacken", sagt sie. Das Publikum sei jünger und die Reaktion in sozialen Medien stärker.

Aber die Deutschen haben bei SXSW auch so einige Asse im Ärmel. Der Messestand der Bundesrepublik im Kongresszentrum, für den sich mehr als 100 Aussteller zusammengetan haben, erhält von vielen Besuchern große Komplimente. Das mag an den grellpinken Kuckucksuhren liegen, die an den Wänden hängen. Oder an den Flaschen mit kühlem deutschen Bier, die nachmittags kostenlos ausgegeben werden.

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