Eine Machtdemonstration kann so einfach aussehen. Beinahe minimalistisch. Wladimir Putin nahm bei seiner lang erwarteten Pressekonferenz ganz allein auf einem Sessel Platz, neben ihm ein Tischchen mit Unterlagen, hinter ihm Fahnen der russischen Föderation. Kein Pult, hinter dem er sich hätte verstecken können. Kein Pressesprecher, der ihm als Mittler zur Seite gestanden hätte. Breitbeinig sitzend beantwortete Russlands Präsident die Fragen, und er sah ein wenig aus wie John Wayne nach einem gewonnenen Duell. Immer wieder kanzelte er kritische Journalisten ab, so wie einst den bedauernswerten WDR-Journalisten Jörn Schönenborn bei seinem peinlich gescheiterten Interview-Versuch im Frühjahr 2013. Putins Körpersprache ließ keinen Zweifel: Er sieht sich als Gewinner.
Tatsächlich hat er in der Krim-Krise aus seiner Sicht vieles richtig gemacht. Er nutzte das Machtvakuum in der Ukraine geschickt aus, um seine eigenen Interessen durchzusetzen. Und er profitierte von der Unentschlossenheit der EU, die viel zu spät tätig wurde und die Lage gleich mehrfach falsch einschätzte. Putin ergriff die Chance, die ihm der Moment bot, und isolierte die Krim politisch und militärisch vom Rest der Ukraine. Die Unruhen im Osten des Landes bieten ihm derzeit noch weitere Handlungsoptionen. Er ist es, der derzeit bestimmt, wie es weitergeht. Daran ließ er auch während der Pressekonferenz keinen Zweifel.
Putin hat militärische Drohungen nicht mehr nötig
„Es gibt nur eine Bewertung: Das war eine bewaffnete Machtübernahme. Das kann niemand abstreiten“, kommentierte Putin die Ereignisse in Kiew. Viktor Janukowitsch sei für ihn der „legitime“ Präsident der Ukraine, wenngleich dieser keine politische Zukunft mehr habe. Was Putin nicht so deutlich sagt: Janukowitsch ist für ihn kaum mehr als ein Steigbügelhalter, der ihm einen wilden Ritt durch die geopolitische Szenerie ermöglicht. Weiterhin behält er sich alle militärischen Optionen vor. Und weil Putin derzeit ziemlich gute Karten hat, hält er sich mit weiteren Drohungen zurück. Der mögliche Marschbefehl für seine Truppen sei für ihn nur das äußerste Mittel.
Putin hat auf der Krim Fakten geschaffen. Ende des Monats wird es ein Referendum geben, bei dem die Bürger über die Frage abstimmen können, ob sie „eine staatliche Selbstbestimmung der Krim im Bestand der Ukraine auf der Grundlage internationaler Verträge und Abkommen“ unterstützen. Die Fragestellung ist weniger verwirrend, als sie sich auf dem ersten Blick anhören mag: Am Ende, so das Kalkül des Kremls, soll die russischstämmige Bevölkerungsmehrheit für mehr Selbstbestimmung votieren. Wochen, bevor in der Ukraine ein neuer Präsident gewählt wird. Und genau das ist es, was Putin derzeit ins Konzept passt.
Die Krim als "eingefrorener Konflikt"
Das Ziel ist klar: Russland will verhindern, dass sich eine neu gewählte ukrainische Regierung nach Westen orientiert und sich in den europäischen Integrationsprozess einklinkt. Damit verbunden wäre mittelfristig in den Augen der russischen Führung auch eine Mitgliedschaft in der Nato. Und genau das ist der Worst Case für Putin.
Die Krim ist für ihn dabei Mittel zum Zweck. Der jetzige Status der Halbinsel reicht ihm dabei völlig aus, Putin muss die Auseinandersetzung gar nicht weiter eskalieren lassen. Alexander Graf Lambsdorff, Spitzenkandidat der FDP bei der Europawahl im Mai, sprach heute im ZDF-Morgenmagazin von einem „eingefrorenen Konflikt“, den Russland schaffen wolle, von dem eine leise, aber latente Drohung ausgehe.
Putin kann Annäherung der Ukraine an den Westen verhindern
Faktisch könnte das so aussehen: Wenn sich die Ukraine Richtung EU orientiert, wird aus dem eingefrorenen Konflikt wieder ein Krisenfall. Die Folge könnte sein, dass sich die Ukraine entscheiden muss zwischen ihrer territorialen Integrität und einer Einbindung in westliche Allianzen. Das könnte mittelfristig auch die Gebiete in der Ostukraine betreffen, in denen derzeit Proteste stattfinden. So hätte Russland die Möglichkeit, indirekt und ganz ohne Waffengewalt weitere Entscheidungen zu blockieren.
Der Westen täte also gut daran, den Fokus von einer möglichen Kriegsgefahr zu lösen. Russland mit Sanktionsdrohungen unter Druck zu setze, ist derzeit der falsche Weg, weil Putin eigentlich schon erreicht hat, was er wollte. Das strategische Dilemma von EU und USA: Obwohl die faktische Besetzung der Krim wohl völkerrechtswidrig war, muss Russland in jede weitere Lösung mit eingebunden werden. Putin hat den Westen in seiner Hand. Und das haben sich die Politiker in Washington, Berlin und anderswo selbst zuzuschreiben.
Verfolgen Sie die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine-Krise in unserem LIVE-BLOG.
Tatsächlich hat er in der Krim-Krise aus seiner Sicht vieles richtig gemacht. Er nutzte das Machtvakuum in der Ukraine geschickt aus, um seine eigenen Interessen durchzusetzen. Und er profitierte von der Unentschlossenheit der EU, die viel zu spät tätig wurde und die Lage gleich mehrfach falsch einschätzte. Putin ergriff die Chance, die ihm der Moment bot, und isolierte die Krim politisch und militärisch vom Rest der Ukraine. Die Unruhen im Osten des Landes bieten ihm derzeit noch weitere Handlungsoptionen. Er ist es, der derzeit bestimmt, wie es weitergeht. Daran ließ er auch während der Pressekonferenz keinen Zweifel.
Putin hat militärische Drohungen nicht mehr nötig
„Es gibt nur eine Bewertung: Das war eine bewaffnete Machtübernahme. Das kann niemand abstreiten“, kommentierte Putin die Ereignisse in Kiew. Viktor Janukowitsch sei für ihn der „legitime“ Präsident der Ukraine, wenngleich dieser keine politische Zukunft mehr habe. Was Putin nicht so deutlich sagt: Janukowitsch ist für ihn kaum mehr als ein Steigbügelhalter, der ihm einen wilden Ritt durch die geopolitische Szenerie ermöglicht. Weiterhin behält er sich alle militärischen Optionen vor. Und weil Putin derzeit ziemlich gute Karten hat, hält er sich mit weiteren Drohungen zurück. Der mögliche Marschbefehl für seine Truppen sei für ihn nur das äußerste Mittel.
Putin hat auf der Krim Fakten geschaffen. Ende des Monats wird es ein Referendum geben, bei dem die Bürger über die Frage abstimmen können, ob sie „eine staatliche Selbstbestimmung der Krim im Bestand der Ukraine auf der Grundlage internationaler Verträge und Abkommen“ unterstützen. Die Fragestellung ist weniger verwirrend, als sie sich auf dem ersten Blick anhören mag: Am Ende, so das Kalkül des Kremls, soll die russischstämmige Bevölkerungsmehrheit für mehr Selbstbestimmung votieren. Wochen, bevor in der Ukraine ein neuer Präsident gewählt wird. Und genau das ist es, was Putin derzeit ins Konzept passt.
Die Krim als "eingefrorener Konflikt"
Das Ziel ist klar: Russland will verhindern, dass sich eine neu gewählte ukrainische Regierung nach Westen orientiert und sich in den europäischen Integrationsprozess einklinkt. Damit verbunden wäre mittelfristig in den Augen der russischen Führung auch eine Mitgliedschaft in der Nato. Und genau das ist der Worst Case für Putin.
Die Krim ist für ihn dabei Mittel zum Zweck. Der jetzige Status der Halbinsel reicht ihm dabei völlig aus, Putin muss die Auseinandersetzung gar nicht weiter eskalieren lassen. Alexander Graf Lambsdorff, Spitzenkandidat der FDP bei der Europawahl im Mai, sprach heute im ZDF-Morgenmagazin von einem „eingefrorenen Konflikt“, den Russland schaffen wolle, von dem eine leise, aber latente Drohung ausgehe.
Putin kann Annäherung der Ukraine an den Westen verhindern
Faktisch könnte das so aussehen: Wenn sich die Ukraine Richtung EU orientiert, wird aus dem eingefrorenen Konflikt wieder ein Krisenfall. Die Folge könnte sein, dass sich die Ukraine entscheiden muss zwischen ihrer territorialen Integrität und einer Einbindung in westliche Allianzen. Das könnte mittelfristig auch die Gebiete in der Ostukraine betreffen, in denen derzeit Proteste stattfinden. So hätte Russland die Möglichkeit, indirekt und ganz ohne Waffengewalt weitere Entscheidungen zu blockieren.
Der Westen täte also gut daran, den Fokus von einer möglichen Kriegsgefahr zu lösen. Russland mit Sanktionsdrohungen unter Druck zu setze, ist derzeit der falsche Weg, weil Putin eigentlich schon erreicht hat, was er wollte. Das strategische Dilemma von EU und USA: Obwohl die faktische Besetzung der Krim wohl völkerrechtswidrig war, muss Russland in jede weitere Lösung mit eingebunden werden. Putin hat den Westen in seiner Hand. Und das haben sich die Politiker in Washington, Berlin und anderswo selbst zuzuschreiben.
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